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Sächsische Volkszeitung : 28.04.1926
- Erscheinungsdatum
- 1926-04-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192604283
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19260428
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19260428
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungSächsische Volkszeitung
- Jahr1926
- Monat1926-04
- Tag1926-04-28
- Monat1926-04
- Jahr1926
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 28.04.1926
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Nummer 93 — 25. Jahrgang «mal wöch. vez««»7ret» für TlprU S M. etnschl. Bestell««!-. «nze1,euprelst: Di« tgesp. Prtitzeil« «L, Stellengesuch« W L. Dt« Petitteklame^eUe. 3V Mills- meter breit. 1 ^t. Offrrtengebühren für Selbstabholer Lü bei Uebersendung durch di« Post außerdem Porlozuschla«, Einzel-Nr 10 H. Sonntaqs-Nr 18^. Geschäfts. Teil: I. Hillebrand in Dresden. polrmoüvn ltwsiweüung stepurstur ^nibevvebmnß /^i. Vonien l)te-,ciei, 8t>eii!ener8tr.8 ttui 43477 ÄülMsüle Mittwoch. SS. April ISS« ruf übermitt. Anzeigen übernehmen wir kein« Vev WeichanefteUe, »»d »Verlag, «axonia- Buchdrucker«, GmdH., Dresden-A. l, PoUerltrakc 17. Fernrm 2IUIL. Polpchecklonio Dresden >4787 -iiUomo: Vnssrnac 6 Frlolche. Dresden. Für christliche Politik un» Kultur Redaktion der SltchNsche» volkS,«>tuug Dresden. AUliadt 1, Polierftratze 17. Ferner» LMl und 2IVI3. Anker1»«uns elegsnter Ksrl vrsuelsn »LekneiclermeiLler a, Se»,Ioa,»e»as 17, I. «u» 171S7 Qutokleielung - 5por1 - Livree rovise Umsrdeitungen Zurück nach Rapallo Unter den Fabeln des klassischen Altertums findet sich die sinnige Geschichte vom König Midas, dem sich alles, was er berührte, in Gold verwandelte. Der Außen minister des Deutschen Reiches. Dr. Gustav Strese- m a n n. dem Glück und Geschick von keiner Seite ab gesprochen wird, besitzt eine ähnliche merkwürdige Eigen schaft: Alles, was er in die Hände nimmt, erhält natio nalen Charakter. So bekam unter seiner Reichskanzler- schaft jene Außenpolitik, die man wenige Monate vorher als „Erfüllungspolitik" gebrandmarkt hatte, das Prädi kat „nationale Realpolitik". Vor wenigen Tagen ist in Berlin ein Vertrag mit Rußland geschlossen wor den, der schon der Form nach eine Ergänzung des Ver trages von Rapallo bildet. Und nun gilt, was man gestern noch als ein Paktieren mit den bolschewi stischen Umstürzlern bezeichnet Hütte, als ein erfreuliches Zeichen für die Wiedererlangung der nationalen Bewe gungsfreiheit. Was ist der Inhalt der Vereinbarungen, die am vergangenen Sonnabend von Dr. Stresemann und dem russischen Botschafter Krestinski unterzeichnet worden sind? Der Wortlaut liegt heute vor. jDen Text des Vertrages bringen wir auf Seite 3.) Deutschland und Rußland versichern, daß sie in allen politischen und wirt schaftlichen Fragen miteinander Fühlung halten werden, um eine Verständigung jeweils zu ermöglichen. Für den Fall, daß eine der Mächte in einen bewaffneten Kon flikt verwickelt wird, sichern sie sich Neutralität zu. An einem Boykott auf wirtschaftlichem oder finanziellem Gebiete, den etwa andere Staaten gegen einen der Ver tragschließenden unternehmen sollten, wird sich die an dere vertragschließende Macht nicht beteiligen. Die Mächte werden baldmöglichst einen Schiedsvertrag schlie ßen, in dem die Beilegung etwaiger Konflikte zwischen ihnen geregelt wird. Dieser „Berliner Vertrag" bildet also eine Art Kommentar zu dem Vertrage von Rapallo, den Wirth und Rathenau 1922 auf der Konferenz von Genua mit den russischen Delegierten, die unter der Führung Tschitscherins standen, geschlossen haben. Der Berliner Vertrag hat gestern im Auswärtigen Ausschuß die ein hellige Billigung aller Parteien gefunden; die Westmächte haben ihn zwar mit sauren Mienen, aber doch ruhig hin- genommsn. Bei dem Vertrage von Rapallo war das keineswegs de.' Fa -- Der damalige britische Außen minister war weit entfernt davon, nur „mit Vergnügen" die deutsch-russische Annäherung zu sehen. Und im In nern entrüstete man sich über die deutschen Delegierten, die auf so tölpelhafte Weise die Konferenz von Genua in Verwirrung gebracht Hütten. Damals mußte die deut- slhe und außerdeutsche Oeffentlichkeit erst mit der Mög lichkeit einer Annäherung zwischen dem neuen Rußland und dem neuen Deutschland vertraut gemacht werden. Heute wird selbst von Blättern der Rechten zugegeben, daß der Vertrag von Rapallo ein „Schachzug von großer Kühnheit" war. aber ein Schachzug, der zum Erfolg geführt hat. Genua und Rapallo sind heute noch die Leitsterne der deutschen Außenpolitik: Verständigung mit dem Westen auf der Grundlage des deutschen Willens zur Erfüllung. Freundschaft mit dem Osten, um gemein sam wirtschaftlich voranzukommen. Es ist dies die zeit gemäße Form der von Bismarck einst verfolgten Koali tionspolitik, ein System der wirtschaftlichen Rückversicherung nach beiden Seiten. Man darf heute sagen, daß die letzten Jahre einen geradezu glänzenden Beweis für die Richtigkeit der Außenpolitik erbracht haben, die seinerzeit von Wirth und Rathenau vorgezeichnet worden ist. Deutschland ist gezwungen, in seiner Außenpolitik das Gleichgewicht zwischen dem Westen und Osten zu halten. Jeder Ver such, nach der einen oder anderen Richtung das Schwer gewicht zu verschieben, ist während der letzten Jahre zum Schaden des Reiches ausgeschlagen. Unter der Negierung Cuno ist das Experiment gemacht worden, die Fäden nach dem Westen, die Poinearös Gewaltpolitik zerstört hatte, zerrissen liegen zu lassen. Dieser Versuch hat kei nen anderen Erfolg gehabt, als daß der nächste Kanzler, eben Dr. Stresemann, gezwungen war. seine Aufmerk samkeit nur dem Westen zuzuwenden. Auch die folgende Regierung Marx mußte in erster Linie ihre Aufmerk samkeit der Regelung der Verpflichtungen nach dem Westen, die durch das Dawes-Gutachten auf eine neue Grundlage gestellt waren, widmen. Die Regierung Luther aber ging einen starken Schritt weiter. Sie ließ zu, daß es den Anschein gewann, als könnte der Locarno-Vertrag eine Spitze gegen Rußland gewinnen. Zeitweise schienen die Beziehungen zwischen Moskau gänzlich zu ruhen. Die deutsche Negierung schien sich Chamberlain »nicht eifersüchtig* London. 27. April. Auf einem Festessen der Vereinigten englisch-französischen Verbünde nahm Chamberlain am Montag im Beisein des französisckien Botschafters Gelegenheit zu Ausführungen über den deutsch-russischen Vertrag. Er betonte zunächst allgemein die Notwendigkeit englisch-französischer Zusammenarbeit und er klärte dann: „Gerade setzt sind wir alle etwas verstört und besorgt durch diplomatische Verhandlungen, die in anderen Teilen Europas vor sich gehen. Es ist kein Zweifel, daß neue Verträge unsere Wachsamkeit verlangen. Die Welt ist so eng geworden, daß wir nicht mehr sagen können, was hier oder dort geschieht, geht uns nichts an. Wir würden aber einen großen Fehler begehen, wenn mir diese Verhandlungen mit Eifersucht oder Argwohn betrachteten. Für die brititsche Regie rung kann ich nur sagen, während ivir in unserem tiefen Gefühl durch gemeinsame englisch-französische Erinnerungen un sere Freundschaft Hochhalten, sind wir nicht eifersüchtig gegen über den Bestrebungen anderer Staaten, ihre gegenseitigen Be ziehungen zu verbessern. Wir setzen dabei immer voraus, saß' die Verträge, über die verhandelt wird, ihrem Wesen nach eine friedliche und freundliche Regelung darst-eileu. die den Frieden zwischen den beteiligten Ländern sichert, und daß sic nicht dazu bestimmt sind, ein feindliches Bündnis zum Zwecke des Angriffs gegen andere Nationen zu bilden. Wir setzen ferner voraus, daß diese neuen Verpflichtungen strikte vereinbar sind mit den Verpflich tungen, die diese Staaten haben oder, wie ich hoffe, in kurzer Zeit haben werden, gegenüber dem Völkerbund und seine» Sat zungen. Unter diesen Boronssetzungen können wir nur mlt Vergnügen auf solche Fortschritte in der gegensei tigen Verständigung blicken und mit der Hoffnung, daß andere Nationen ebenso wie wir. Frankreich und Großbritan nien. -danach trachten, alte Freundschaften warm und eng zu halten und auf der alten Freundsämst die Versöhnung mit frü- Heren Feinden aufzubauen." Der Beisatt -er Berliner Presse Berlin, 27. April. Die „Tägliche Rundschau" schreibt: Man wird er warten dürfen, daß der Vertragsabschluß seinen Zweck erfüllt, eine Brücke friedfertiger Entwicklung und gemeinschaftlicher Zu sammenarbeit zwischen dem Westen und dem Osten zu sein. Die „Germania" sagt: Die Vereinbarungen brauchen das Tages licht nicht zu scheuen, enthalten sie doch nichts, inas als ein Vor stoß gegen die anderen Mächte gegenüber eingegangenen Ver pflichtungen aufgefoßt werden könnte. Die „Voss. Ze ! tun g" weist darauf hin, daß es sich wirklich nicht um ein Abkommen handle, das gegen Geist und Wortlaut des Vertrages von Locarno und des Völkerbundspaktes verstößt: im Gegenteil bedeute oer Vertr-ag eine Erweiterung des internationalen Fricdcnswerkss, weil Rußland nicht zum Völkerbund gehöre. Das ..Verl. Ta- geblatt" nennt den Vertrag eine selbstverständliche Ergänzung der Locarnoverträge. Die ..Deutsche Allgemeine Zei- t u n g" nimmt an, daß durch diesen Vertrag die dcutsclie Position in der Welt nicht unwesentlich gestärkt worden ist. Die „Deutsche Zeitung" bedauert, daß der Vertrag nicht einen Bruch mit der Locarno- und Nölkerbundspolitik bedeutet. Der „Vorwärts" sagt: Dis Sozialdemokratie hat den neuen Ver- einer reinen Westorientierung verschrieben zu haben. Es sollen nicht im einzelnen die Gründe untersucht werden, die zu dieser Entwickelung geführt hatten. Mag sein, daß man in deutschen Wirtschaftskreisen sich Ge schäfte mit Rußland etwas leichter vorgestellt hatte. Sicher wirkten auch einzelne Verstimmungen, wie der Zwischenfall in der Berliner russischen Handelsdelegatur oder die Affäre der drei deutschen Studenten in Moskau mit. Das Entscheidende war jedenfalls die grundsätzliche Einstellung der Regierung, die auf einen möglichst raschen Eintritt in den Völkerbund zielte. — Es war nicht obne Bedeutung, daß gerade Dr. Wirth, der Mann des Ra pallo-Vertrages, die Regierung Luther vor einer „über hitzten" Völkerbundspolitik warnen mußte. Als Luther und Stresemann nach Genf fuhren, gab Dr. Wirth in einem Gespräch der Ueberzeugung Ausdruck, daß man bei dieser Tagung nicht zum Ziel kommen werde. Er hat recht behalten. Auch Stresemann und Luther aber haben offenbar auf dem Wege nach Genf erkannt, daß sie zu weit west lich gegangen waren. Der deutsch-russische Handelsvertrag, am Vorabende von Genf geschlos- trog gebilligt unter der Voraussetzung, daß der Eintritt Deutsch lands in den Völkerbund erfolgt und der Pakt von Locarno i« Kraft tritt. Dann erst wird das richtige Gleichgewicht der Ver träge hergestellt sein und Deutschland wird seine friedliche Mis sion als Mittler zwischen Ost und West erfüllen können Di« „Deutsche Tageszeitung" sieht in dem Vertrag einen Schritt auf dem Wege, die deutsche Handlungsfreiheit wieder herzustellsn Die „K r e u z z e i t u n g" weist darauf hin. daß der Vertrag in keiner Weise eine neu« Lage schafft oder rechtlich oder tatsächlich etwas an der Einstellung Deutschlands zu den Locmmomächtcn ändert. Sie begrüßt ihn aber, weil er das Be- streben zeige, sich wenigstens nicht von den Westmüchten als Sturiybock gegen Rußland verwenden zu lassen. Gekeilte Meinungen in Paris Paris, 27. April. Der deutsch-russische Vertrag wird nur von einem Teil der Blätter eingehend besprochen, weil der Wortlaut des Vertrages erst spät abends in Paris bekannt wurde. „Petit Porisien" schreibt: Es muh vor allem sestgestellt werden, ob der Wortlaut des Vertrages und der in dem beige- fügten Schreiben ausgedrückten Idee nicht mit den Locarno- vertrügen und mit den Artikeln 18 und 17 des Völkerbunds paktes im Widerspruch stäuben. Im „Echo de Paris" sagt Per- tinax, daß Artikel 3 des Vertrages die Grundlage des Völker, blindes, den guten Glauben, verletze. „Oeuvre" ist der Ansicht, daß sich das Reich ebensowenig wie in Locarno für den Westen gegen den Osten in dem Vertrage mit Rußland für den Osten gegen den Westen aussproche. Schon seine geographische Lage verbiete ihm eine derartige Haltung. Das Reich bleibe ent schlossen, in den Völkerbund cknzutreten. Die Zustimmung -er Parlamente Berlin, 27. April. Der Auswärtige Ausschuß des Reichstags beschäftigte sich gestern mit dem deutsch-russi schen Vertrage, über die der Reichsminister des Aeußeren Dr. Stresemann nach Bekanntgabe des Inhalts der Verträge ausführliche Darlegungen machte. .Hieran schloß sich ein« längere Aussprache, an der sich Abgeordnete fast aller Fraktionen beteiligten. Sämtliche Fraktionen sprachen sich übereinstnnmcud für die Annahme des Vertrages aus. Da die Ratifikationsurkunden des Vertrages in Berlin ausgetauscht werden sollen, wird wohl der Vertrag in der Geschichte unter dem Namen „Berliner Vertrag" sortleben. Ob das Vertragsdokument, das gestern die einstimmige Zu- stimmung des Auswärtigen Ausschusses des Reichstages gefunden hat,'dem Plenum des Reichstages zur Annahme vvrgelcgt werden wird, ist noch eine offene Frage. Bo- tahcudensalls würde das Reichsparlament eine Einheits front der Partei en zeigen, wie bisher noch bei keiner Regierungsvorlage. Auch in keinem der Berliner Blätter, von der Deutschen Tageszeitung bis zur Roten Fahne, findet sich eine Ablehnung des Vertrages, wenn auch die deutschnationalen Zeitungen ihre Billigung mit der Ein schränkung versehen, daß der Vertrag ein Festhalten aa der von ihnen bekämpften Locarno- und Völkerbunds- Politik bedeutet. Moskau, 27. April. Das Zentralcrekutivkomitce der Sowjetunion nahm einstimmig nach dem Berichte LitwinvwS eine Resolution an, die die Außenpolitik der Regie rung vollauf gutheißt. Nach zweiwöchiger Tagung wurde dis Session geschlossen. sen, war das erste Zeichen einer Wiederherstellung des mestöstlichen Gleichgewichtes. Mit dem Berliner Vertrag ist der Rückweg nach Napalto gefunden. Das Echo, das dieser Vertrag bei den Westmüchten hervorgerufen hat. beweist, daß auch die Fühlung in i t Genf trotz oder gerade wegen des Berliner Ver trages nicht verloren zu gehen braucht. Ein Deutschland, das in lebendigem Freundschaftsverhältnis zu Rußland steht, hat in Genf eine stärliere Position, als wenn cs zum Völkerbund erst käme, um sich Freunde zu suchen. Noch mehr: Dieser Vertrag läßt Deutschland geeignet erscheinen, das politische Bindeglied Zwischen der Genfer Liga und der Union der Sowjet-Republiken zu werden, um auch dieses große Staatsgebilde in den Kreis fried licher Vereinbarungen, der van Genf ansgeht, in irgend einer Form einzubeziehen. So bedeutet die Tatsache, daß der Außenminister Stresemann den Rückweg nach Rapallo gefunden hat, einen Schritt näher zu dem Ziele, das nur auf der von Wirth und Rathenau gewiesenen Linie erreicht werden kann: Der Frieden in Europa unter Sicherung der Lebensmöglich- keit für Deutschland. Dyk.
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