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Dresdner Nachrichten : 08.09.1876
- Erscheinungsdatum
- 1876-09-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-187609086
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18760908
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18760908
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1876
- Monat1876-09
- Tag1876-09-08
- Monat1876-09
- Jahr1876
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- Dresdner Nachrichten : 08.09.1876
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l». «d,»» ieiiniltpnt» »,,rt«Ut»r- tt„t«l.rru»n,«n, w-f,«. 3O000 2r»l. »llr dt» Nllckg»d« «,«,«» fandt» vennulcriptt ««»« «ich die Medac«»» »ich» verbindlich. Inseraten-dlnnal,me »nd» wart»: U««wi«,i» »»4 V»^»r t» Hamdura, Ber lin, dllien, lleiptln, valel, vretlau, tzranNvrt« M. — Lach »o»»« In Berlin, >et»ti«. külen, Hamburg, granksurl ». M.. Mün chen — v»nd« ch O». >n granlfurt a. M. — Pr, V»i»e in »demnitz.— S»- »ul»« ch e» t» Varl». Tageblatt für Mlitik, Ztnterhaltung, Geschäftsverkehr, Börsenbericht nnd Isremdmkiste. Druck und Eigenthum der Herausgeber: Eiepsch Neilhardt in Dresden. Derantw. Redacteur: Frit)r. G-Ldslste in Dresden. Mnferat» »crdev I « ratze ,» anar»»»»m«n »t« «ld, » U»r, «»MN,»» Ild Udr. S» Nrultadl: a„tz, »laiier- gafle ü di» Siachm. ch Uhr. — Der Raum einer ei», »valiiaen Pkiligeile tollet v» Pfge. Sinaelandt di« Aeil« ra Pfge. Mine Baranii« für dr» »iichütiigige llrfchei- »»n »er Jnleiaie tvird nicht gegeben. «»«wiirlige Annoncen. Ansirüge von un» undi» lannienitlrinen imdPer« fönen injeriren loir nur gegen Pranumcronde» «»dlung durch Lrief- marte« oder Poilcintoi» tu».,, Achl eUdcn kotze» lö Pige^ Jnierale iür die Monlag». Ngnlinir »der nach einem Fetzloa- die PetlUeilr 20 Pfge. M.ZS2. Einnildzwanrigster Jahrgang. Mitredarteur: vr. Le»U »t«r«zr- Für daö Feuilleton: «»rein»»». Dresden, Freitag, 8, September1876. Politisches. „Itowovsä srow pover", „von der mächtigen Stellung gänz lich verdrängt" soll nach dem Wunsche des Londoner Blatte» „Spectator", der frühere englische Premier Diüraeli, der neue Graf von Beaconsfield werden. Mehr und mehr findet dieser Wunsch in dem größten Thcil der englischen Presse beredten Widerhall und auf zahllosen Versammlungen zu Gunsten der gemißhandclten Christen der Balkan-Halbinsel energischen Ausdruck. Hervorragende Männer, wie Lord Rüssel, Gladstonr, Bright und Darwin bekennen sich frei als entschiedene Gegner der bisher von England in dcr orientalischen Frage befolgten Politik. Aber nicht bloS das Mitleid der britischen Nation mit dem entsetzlichen Elend der armen Bulga ren hat die Wandlung der öffentlichen Meinung in England erzeugt, ebenso mächtig wirkt die panische Furcht der Geschäftswelt vor einem ernstlichen, zum Kriege führenden Zerwürfniß mit Rußland. Dian sieht endlich ein, daß Rußland, nachdem es für Serbien und Mon tenegro Geld, Mannschaften und seinen diplomatischen Einfluß ge opfert, niemals zugcbcn kann, daß die Türkei als Sieger auf der Balkan-Halbinsel wirthschafte. Ebenso klar liegt es aber, daß die türkische Negierung, nachdem der Fanatismus der Muselmänner auf das Höchste gesteigert ist, sich mitten im Siegesläufe nicht hemmen lassen kann, ohne die Alt-Türken auf das Gefährlichste zu reizen und zu dem blutigsten Bürgerkriege zu Hetzen. Eine Vermittelung ist da schwer möglich und bestürzt sieht die englische Nation, daß das erst bejubelte energische Auftreten ihres Ministers und seines Agen ten Elliot den orientalischen Knoten so sehr geschürzt hat, daß ihn der moderne russische Alexander früher oder später mit demSchwerte zerhauen muß. Wenn von einer türkischen Negierung die Rede ist, so ist darunter nur das Ministerium zu verstehen, denn Sultan Abdul Hamid ist so wenig wie sein Vorgänger Murad im Stande, auf die sich entwickelnden Ereignisse seinen wirksamen Einfluß auszuüben. Wenn Murad in den letzten Tagen seiner Negierung dcn Großvezier stets für den herrschenden Sultan hielt, so lag in diesem Wahnsinn wenigstens Methode. IGwovvä Irom povor, aus dcr Machtsphäre verdrängt, verbringt Murad unter strengster Bewachung ein kläg liches Leben. Das Leben eines Wahnsinnigen ist dem Muselmanne 'heilig, so daß ein Selbstmord Murads die Pforte in die übelste Lage brächte. Abdul Aziz starb den türkischen Ministern sehr gelegen, Murad V. ließen sie rechtzeitig noch von dem Sturz in das große Bassin des Palastes von Tolma Bagdsche zurückhalten. Resolute Leute sind diese Minister, das muß ihnen selbst der Gegner lassen und der neue Sultan Abdul Hamid wäre der Letzte, dcr ihnen die Macht entzöge Drüben in der Vorstadt Peru bcrathcn die euro päischen Gesandten über einen gemeinsamen Vorschlag eines cin- monatlichen Waffenstillstandes, den man der Pforte gewissermaßen aufzwingen will. Hüben im Serail tagen die türkischen Minister und wechseln die Rollen, lassen Savet Pascha, den jetzigen Minister des Auswärtigen das Portefeuille mit Khalil Pascha, dem jetzigen Justizminister, tauschen, weil der Letztere noch mehr Unbeugsamtcit besitzt als der Erstere. Den Frieden wollen jetzt alle Großmächte, auch England und Rußland, nur will Rußland ernste Bürgschaften für die Christen auf der ganzen Halbinsel und England den unver letzten Fortbestand der türkischen Hoheitsrcchte. Vor den Siegcs- Nachrichten von Alexinatz hätte die Türkei sich noch gefügig gezeigt, jetzt will sie den Frieden erst im Herzen von Serbien abschließen. Wen Gott verderben will, den schlägt er mit Blindheit! Könnten Midhat Pascha und seine Genossen an den Thüren des Palastes von Warschau lauschen, sie würden vielleicht erschreckt vernehmen, was v. Manteuffel mit dem russischen Kaiser im Auf träge des deutschen Kaisers verhandelt. Verstünden sie deutsch und zwischen den Zeilen zu lesen, sie würben Fürst BiSmarck'S orienta lische Politik aus dcr „Norddeutschen Altg. Ztg." und der „Berliner Post" hcraussindcn und die Ueberzeugung gewinnen, daß unab hängig von den Wcstmächten zwischen Rußland, Oesterreich und Deutschland darüber völliges Einverständnis! herrscht, das; die Herze gowina und Bosnien der türtischen Tyrannei nicht ausgcliescrt und Serbien und Montenegro bei einen» Frieden nicht zu größerer Ab hängigkeit als vor dem Kriege verdammt werden dürfen. In Frankreich ist die Sympathie für den Bestand des Oömanen- reicheü auch im Schwinden begriffen. Der Herzog von Aumale nnd die Herzogin von Morny betätigen den Serben ihre» guten Willen durch namhafte Spenden. Die Stunde ist nicht fern, wo England seine Flotte aus den türkischen Gewässern zurüctziehcn wird, aber die türkischen Minister sehen nichts, weil sie nichts sehen wollen. Mit dem ächt muselmännischen Fatalismus treiben sie dem Kriege mit Rußland entgegen. „Faktisch", sagen sie und damit haben sie eigentlich Recht, „befinden wir uns doch bereits mit Rußland im Kriege, denn im serbischen Morawagebiete haben ivir es fast nur noch mit russischen Gegnern unter serbischer Fahne zu thun." In Eile werden Karö «nd Erzeruin in Kleinasien befestigt, ein sicheres Zeichen, daß die Türkei ein offcneSHerauStrcten Rußlands erwartet. In dieser kritischen Lage, welche die Türkei durch den Fanatismus der Mohamedaner, Rußland durch den Einfluß der Slavcn und der griechisch-katholischen Geistlichkeit zum Aeußersten treibt, können nur Deutschland und Oesterreich den europäischen Frieden retten, wenn sie rechtzeitig eingreifen. Zu dem Frieden, den die Türken hasten, muß man s-e jetzt zwingen, und zum Ersatz für die Mühe aus Bosnien und der Herze gowina entweder österreichische Provinzen oder unabhängige christ liche Staaten unter Herrschaft deutscher Prinzen machen. Die wirk liche Ohnmacht des österreichischen Kriegsministers, GrafenBylandt, bei dem Manöver in FcldSberg u.rd die figürliche des Grafen Andrasty bei den bisherigen diplomatischen Verhandlungen gehen zu Ende oder die Herren werdm bald „rsmovsä trom povvr" ihrer Stel lung beraubt sei». Der Vertreter der deutschen Regierung empfängt ^ j mit zweideutigem Lächeln aus den Händen Edhem Paschas im Ver laufe von wenigen Wochen das dritte Beglaubigungsschreiben. Erst trat er im Namen Abdul Aziz', dann im Namen Murad'S und schließlich in dem seines früheren Zöglings, deS jetzigen Sultans Abdul Hamid, auf, und nun soll man ihm die Friedensliebe und Reformenfreundlichkeit seines Herrschers glauben! „Weg damit!" würde ein berühmter Mann sich über die fernere Schutzhcrrschaft der Türken über Serbien und Montenegro und ihre unbedingte Herrschaft über Bosnien und die Herzegowina sagen. In ganz Europa, neuerdings aber auch sogar in ganz England macht sich die Ueberzeugung geltend, Schachmatt anzusagen und den fanatischen Islam in Europa „rvmovcck trom pover" der Machtstellung be raubt zu machen. Locales and Sächsisches. — I. M. die Königin Marie ist gestern früh nach Posten hofen gereist. — Dein Ortsrichter Johann Gotthclf Sohr in Kleinvoigtsberg ist das allgemeine Ehrenzeichen verliehen worden. — Der deutsche Kaiser In Leipzig. Um an der Freude der Leipziger über den Besuch dieses Ehrengastes, neben welchem eö einen höheren nickst gickst, Theil zu nehmen, ver sagte sich auch unser Reserent nach dem geschmückten Pleiß Athen, denselben Zug am Dienstag Morgen benützend, welcher Ihre Majestät die Königin und Ihre künigl. Hoheit Frau Prinzessin Georg nach Leipzig sührtc. Velde hohe Damen wurden aus dein Dresdner Bahnhof In Leipzig von Sr. Malestät dem König Albert empsangen. An der Ecke bcSHauscS der Deutschen Kredit anstalt beim Dresdner Vahnhoie, an der Straße zum tönigl. Palalö, prangte eine Ehrenpforte mit der Inschrift: „Heil König Albert, Hell!" Leipzig selbst war kaum wieder zu erkennen, Er. Wartung, Erregung pulsirle durch die Einwobnerschait, Fahnen wehten von allen Seiten, Gnirlandc» n»d Blumen rraf man in bcn Hnupttheilen der Stadt aller Orte»; besonders reich decorlrt waren die Grlmmaische und die PetcrSstrahe, ti prachtvolle Ehren pforten waren errichtet nnd aus dem Augnstusplatz erhoben sich außer bcn besonders kunstvoll ausgeführten Ebrenpiorten zwei Siegessäulen, auf denen Siegesgöttinnen thronten. Leider hätte eine davon großes Unglück anrteistcn können, denn am Mittwoch stürzte ist, während bcö Gewlttersturmeö, herab. Zum Glück stand Niemand am Fuße dcr Säule und so vernichtete sich die Figur nur selbst; trotzdem sie hobt und mit Strob und Heu gestopft gewesen, sott Ihr Gewicht doch 15, Eentncr betragen haben. Die Fertigstellung der zahlreichen und imponlrenden Dekorationen war nickst überall vollständig geglückt, denn noch am Mittwoch Abend arbeiteten einzelne Zlmmerieute und Dekorateure an dem hölzernen Schmuck; an der Pcteröstraße war man mitten In der Deearntlon stecken geblieben und batte nicht einmal Zelt gefunken, biS zur Vorübersabrt des Kaisers ein großes Gerüst zu entfernen. Doch diese Kleinigkeiten sollen nicht erwähnt sein, um die Anstrengungen, welche Leipzig in wahrhaft imponircndcr Welse gemacht bat, zu verdunkeln, sic konnten nur a» Ort und Stelle nicht überleben werden. Durch die Güte eines Leipziger GeschästeircunteS fand Referent einen Platz ani der kircustlibüne am Königsplatz. Vom bairischen Bahnhöfe aus bis zum kenigi. Schlosse hatten sich in all den Straßen, die der Kaiser mit seinem Gefolge passirte. die sämmtlichen Korporationen der Kauimann- schait und des Gewcrbcstankcö mit Fahnen und Insignien aus gestellt und bildeten so Spalier; berittene Schutzleute hielten die Ordnung, die muslerbast war, aufrecht, selbst der durch de» Karneval viel bekannte Sparig durchschritt die Kolonnen in Femrwchruniiorm. In den Häusern einiger Straßen sind die Fen ster bis zu 12 Mark vcrmicthet worben. An verschiedenen Inter mezzos ichltc cö natürlich, wie nirgend bei einem Zusammenfluß so großer Menschenmengen, auch nicht: z.B. fuhr, che der Kaiser kam. eine Eguipage, in welcher einige Generäle saßen, durch die Menge und ward mit stürmischen Hochs begrüßt, weil Einige gemeint hatten, König Albert sei einer der Insassen; trotz dcr abwinkciitcn lebhaften Bewegungen elneö der gestierten Herren beruhigte sich dir zum Enthusiasmus geneigte Menge nur erst langsam. Aus der CircuStribünc war trotz beö ausdrücklich erlassenen Verbotes geraucht und dadurch das sctdne Kleid einer orientalischen Dame derartig in Brand gesetzt worden, daß die Acrmsle ani dem Boden gerollt und mit 2 Gläsern Bier — ein anderer Löschstofs war nicht da - begossen werken mußte. Leib lich blieb die Dame glücklich unverletzt, klagte aber mit stark südlichem Accent über „der guten Robe". Uhr langte Se. Malestät dcr Kaiser, im offenen Wagen neben Sr. Malestät dem König Albert sitzend, auf dem AiiguituSplatzc an, bcarüßt durch Hochs und Tücherschwenken. Vorb-r in dcr WIndmüblenstraße, von der Tribüne herab, welche der Besitzer der Bach'scbeti Kunst anstalt in seinem Grundstücke errichtet batte, war der Hobe Gast nebst imserm König ans eigene und beste Herrscher sichtlich seist fesselnde Weile begrüßt worden. Dort waren nämlich die gegen wärtig in Leipzig weilenden Afrikaner placirt worden. IniFest- gcwande ihrer Heimatv, die Haut und die Haare frisch mit Hammeltalg cingcricben, neigst» nnd beugten sich die aussallcn- dcn Erscheinungen und brachten den „Sultanen" nach ihrer Landcssitte durch Bewegungen dcr Hände ihre Begrüßung dar. AIS weiteres Kuriosum sei erwäbnt, daß sich inmitten der dreiien Straße vor dem Zuge ein kleines schwarzes Hündchen trollte, bas bis zum königl. Schlosse mitaelauicn ist und vielfach Heiter keit erregt bat. Der Dienstag Abend brachte kann die große Illumination, deren Glanz wir schon in gestriger Nummer eonstatirtcn; Leipzig batte sich in das beste Licht gesetzt. Nament lich waren cS wieder dlciGrimmalschc nnd Pcteröstraße. die voran slrahlte», die Universität, Frege'ö Hans, das Thomasgäßchen mit präckstlgen GaSguirlanken, der Markt mit dem Rathbauö und dcr Augustuöplatz mit dem neuen Theater, Alles war herr lich erleuchtet; ans den Ehrenpforten loderten große Klammen aus Pechbecken empor, blutig roth und unangenehm mit ihrem Oualm iür die Ricchorgane. Ein reizendes Bild entfaltete sich in den Anlagen beim Schwanenteich. in und um dessen GaS- rabatten zahllose Flammen und Flämmchen flackerten, geschmack volle Arabesken bildend, unter denen die Form deö eisernen Kreuzes mehrfach hcrvorlcuchtete. Die durch die Straßen wogende Menge war lebhaft bewegt, im Ganzen und mit Hilst dcr thätlaen Vollzci- oraane eine achtbare Haltung bewahrend. nur wo die Afrikaner erschienen. die in ihrer malerischen Tracht in mehreren Wagen durch die Stabt fuhren, da warb eü mitunter bedenklich. Wir sahen verschiedene Zudringlichkeiten und hörten Gemeinheiten, die zum Glück die schwarzen Leute nicht verstehen konnten. ES war überdies mit Vergnügen wahrzunehmen, wie ruhig und taktvoll sich die Afrikaner in dem Lärm benahmen und mit wie sichtlicher Freude sie die prachtvolle Illumination anstaunten. Der Mitt woch Morgen ries schon frühzeitig zur großen Kaiserparade wach. Bereits i» der 5. nnd 6. Stunde brachen Hunderte von Wagen, Lausende von Fußgängern aus der Umgebung aus nach Pul ks ar, etwa drlttebalb Metien von Leipzig. Die Fahrpreise der Fiaker waren enorm, für eine Droschke zahlte mau 25 Mark, iür eine Egnlpage 100—150 Mark, die bairische Bah», die aller zehn Minuten Züge abgehcn ließ, beförderte aus der Strecke nach Böh len bis srlih 10 Uhr über 20,000 Menschen. Eü sei hier erwähnt, daß die Hinfahrten überaus erakt von Statten ginge», daß aber bei den Rückfahrten nach derParade denn doch einige Stockungen unvermeidlich wurden. Draußen aus dem weiten Paradeplatzehielten wiederum berittene GcnSdarmen die Ordnung ausrecht, die auch hier musterhaft blieb. Bei der Anfahrt zur Parade sand in den, Dorfe Vulgär ein festlicher Empfang des Kaisers durch die Krlegervercine aus ca. 40 Landgemeinden statt. - Aus den Tribünen wurden resthe Zettel auögctheltt, durch welche bas Komitee bekannt machte, daß in dem Augen blicke, ln dem der Kaller unmittelbar vor den Tribünen Stellung nehmen werke, von der Mlttcltrlbüne aus ein Hoch ausgebraclst würde nnd daß man in Rücksicht daraus bis kabln bas Hochrufen unterlassen, dann aber sich aus sämmtlichen Tribünen erheben und reckst tüchtig einstimmen solle. Und so geschah eS auch. — Das Wetter war herrlich, wenn auch etwas beiß, die Stimmung vor trefflich und nur ein Feind stellte sich recht unangenehm und au>- bringlich ein — der Staub. Der war groß! - Gegen ti Uhr erschien der Kaiser, von Pulgar kommend, an dcr Ehrenpforte, ritt die Fronten ab und nabm dann mit der ganzen Suite Auf stellung vor der Mitteltribünc und bas Denlircn begann, eröffnet von König Albert, der das gelammte sächsische Armeecorpö dein obersten Kriegsherrn verführte. AIS Kommandeur der Parade sunglrte Prinz Georg. Wir wollen hier nur ganz im Allgemeinen der Ausstellung, die natürlich in weißen Hosen im Paradeanzug, aber mit GcpäckerschicnenenTruppengetcnken.LieAufstellungeriolgteinzwri Treffen. In dem ersten standen sämmtliche 8 Infanterie-Regi menter der Jäger und Pionnire; bas zweite wurde von der Cavalcricdlvision, derArtiilcriebrigade und den, DivisionSbrücken- Train gebildet. Die beiden, das erste Treffen bildenden In fanterie-Divisionen Nr. 2:i und 24 befehligten Generalmaior von Abcntroth und Generallicutenant von Montbö; taS zweite Treffen cominanblrte Generallicutenant Senfft von Pilsach. Die Infanterie war bataillonvwetse. die Kavalerle in EscatronS und die Artillerie in Batterien auimarschirt. Der Parademarsch wurde zweimal ausgciüdrt Die Kaiser-Grenadiere <2. Grenadier Reg. Nr. 101) batten beide Maie die Ehre, von Sr. Majestät dem Kaiser persönlich vor ihrem König vorüdergcsührt zu werben, ebenso Mute der deutsche Kronprinz Friedrich Wilhelm, welcher in der Uniform seines sächsischen Regimentes, deS 2. Huiarcnregimentö Nr. 10, brillant auSiah, dasselbe persön lich an König Albert vorüber. König Albert, wie Kaiser Wil helm und der deutsche Kronprinz, welcher ebenso wie sein er lauchter Vater mit prächtigem Aplomv an die Spitze seines Re giment.ö ivrcngte, wurden, als sie den Säbel zogen, mit tausend fachem Huri ab und Hoch begrüßt. Nach Abnahme der Parade, die ve» i l d!ö v»2 Uhr währte, bildeten derGcneralstab und die Suite einen weiten KrclS um den Kaiser, welcher dort seine volle Zuststdenhenbeit über die musteehaste Haltung unserer Truppen ancgcsvrochcn haben soll. All' die anwesend gewesenen deutschen F-ümen, Herzöge. Prinzen u. s. w., unter denen auch I. K. H. Frau Prinzessin Georg zu Pferde ersichtlich war, können wir mehr nenne». Die Liste der fremden Offiziere, welche unter Führung deS Masors von USlar dcr Parade beiwohnten, zeigt folgende Länder Ivertreten: Baiern: Kriegsminister Genelal-Lcutnant von Mailltngcr, Generalmajor von FrieS: England: Herzog von Eonnaught und 5 b!ö 6 Offiziere; Frankreich: Leutnant-koloncl Human, Ehci de Bataillon de ScrreS, kbef b'Eöcadron kointe de Sermaisons, Capital,, kollarb. Mr. d'Orralt; Schweden: Leutnant Baron Leyonhnsoud, Leutnant Tornberg; Italien: Oberst deS Gencralslabcö Khev. korsst, Major Graf Luchino de Magno, Hauptmann Riva Palazzi, Militär-Bevollmächtigter in Berlin; Oesterreich: Feldmar- schall-Leutnant Freiherr von Dahlen. Oberst Edler von Kriegs- Hammer, Oberstleutnant Albori, Prinz Lichte,istein, Militär- Bevolimäckstigter; Rußland: Militär-Bevollmächtigter Baron von Reuter» ;Württemberq: 3—4 Osficiere und Baden: 2—3 Oificicre. Wenn von den einzelnen Soldaten keiner be sonderes Interesse für sich In Anspruch nehmen konnte, da jeder als Glied eines nach vielen Tausenden zählenden Ganzen in diesem verschwand, so war eö mit dem Pauker der Eavalerie- Rcgtnientsmnsik etwas Anderes. Die Regimentsinusikchöre schwenkten, wie dies bekanntlich beim Deffliren Sitte, kurz vor den die Parate abnehmenden Fürsten und t cren Suite ab, stellten sich vis-ä-vi8 aut lind das Regiment zog an seiner Musik vorbei. Wie »,», StavStrompetcr Wagner mit seiner Kapelle ebenso vor der Suite nach links abschwenktc, da ritt der Paukenschläger, der allein vor der Kapelle reitet, rubig writerpaukcnd geradeaus, so daß nickst geringe Heiterkeit unter den Zuschauern entstand, die natürlich am,ahmen, der Mann habe entweder nicht bemerkt, daß hinter ihm seine Kapelle wo anberö bingcritten, oder er könne sein Picrd nickst zügeln, weil er die Wirbel in der Hand hat. AIS er aber ganz unbeirrt nach einer Weste prompt Kehrt machte und zurück zur Kapelle ritt und sich dies bei», zweiten Destlö wieder holte, da beruhigte man sich und sah ein, daß daö wohl so sein müsse, waö wir später übrigens bestätigen hörten. — Nachmittags 4 Uhr begann in; Schützen banse die kgl. Taiet »nd das Militär-Diner. Dort war im bekannten große» Saale die Tatel hergerictstet, zu welcher crtra die gciainmie kgl. Küche nach Leipzig versetzt war. Iiiglcichcn von der kgl. Kämmerei die prächtigsten und schwersten Schaustücke dcr kgl. Silbcrkamnier geliefert worden ivarcn, z. B. ein Auisatz von bcn, Gewicht eines kentnerS, die silberne Vast von Freiberg, dcr Tafelaufsatz, wel chen die Leipziger Bürgerschaft dem König für seine Helden- thaten lm Felde geschenkt u. s. w. — Die Zahl der Gedecke betrug 242; während die Speisen die kgl. Küche lieferte, kamen die Weine aud den Kellern des Herrn Holrestau- ratcnr Hoffman». Ein Blick aui diese Tastl war in dcr Tbat mehr als imponirend: 2t crlauckstc Häujster und eine von Gold, Orden und Ordensbändern strahlende Gesellschaft, in der nur hl», und wieder ein schwarzer Frack vereinzelt äui- tanckstc — nur die obersten Spitzen der Reichs-, Staats- und Stadtbcbördcn »varen geladen — saßen hier zusammen! Endlich erhob sich Se. Mat. König Albert und mit ihm sämmtliche An wesende. Der König wendete sich an den an seiner Seite sitzen den Kaiser und sprach bewegt: „Eure kaiserliche Majestät! Seit dem unvergeßlichen Tage von Villiers, den 7. März 187t. hat das sächsische Korps nicht die Ehre und Freude gehabt, seinen sieggckrönten Oberstlbhcrrn anS den großen Jahren 1870 7 > in seiner Mitte zu sehen. Damals wollten sich Eure Majestät hon dem Zustande deö Corps nach einem langen und blu- ttgen Feldzuge überzeugen, heute hoffen wir gezeigt zu haben, daß die fünf verflossenen FrtebenSjahre keine arbelt-ioien waren, daß unsere Waffen nicht gerottet sind und daß daö sächsische Corps bereit ist. jedem Ruse Eurer Majestät und jederzeit für die Ehre und Stcherbtzlt deö deutschen Vaterlandes freudig zu folgen. Durste ich damals als Führer dieser Truppen ihren Dank »r die anerkennenden W»rt«. dke Sure Majestät an sie richsetev.
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