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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.01.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-01-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020102017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902010201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902010201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-01
- Tag1902-01-02
- Monat1902-01
- Jahr1902
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Anzeigen-Preis die 6gespaltene Petitzeile 25 Reclame« unter dem RedaetionSstrich (4 gespalten- 77, H, vor den Familiennach- richten (t> gespalten) 50 L,. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 25 H (excl. Porto). Extr«-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Au-gabe, ohne Postbesörderung 60.—, mit Postbesörderung 70.-. A«nahmeschl»ß für Anzeigen: Abend-AuSgabe: Bormittags 10 Uhr. Margen-Au»gabe: Nachmittag» 4 Uhr. Bei deu Filiale« und Annahmestellen je eine halbe Stund« früher. Anzeigen sind stet» an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 96. Jahrgang. Nr. 2 Donnerstag den 2. Januar 1902. Amtlicher Theil. Bekanntmachung. Die im Jahre 1872 gelösten Doppelgräber, sowie di» im Jahre 1887 mit Erwachsenen und 1892 mit Kindern belegten rejp. auf eine weitere UmgrabungSperiode verschonten Gräber aus dem Neuen Johannis-, sowie auf dem Nord- und dem Südfriedhofe verfalle» im laufenden Jahr», und zwar nicht erst am JabreSschluß, sondern mit dem Tage, an welchem die Eoneesfion»,ett ab- liinst. Die Erneuerung dtesnc Gräber kann — jedoch nur nach Beibringung der seiner Zeit ausgestellten LoncessionSschrin« — bei unserer Friedhofskaffe, Ritterstraße 28, I., Zimmer Nr. 20, erfolgen. Gleichzeitig bringen wir zur Kenntniß, daß in diesem Jahre auch die im Jahr« 1882 aus den Reudnitzer Friedhöfen belegten resp. gelösten oder verschonten Gräber verfallen. Ihre Erneuerung ist im Rathhaus zu L -Reudnih, — Dresdnerstraße Nr. 43, I. Stock werk, Steuerhebrstell« Nr. Va — zu bewirken. Leipzig, den 2. Januar 1902. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Tröndltn. Zjchörner. Brennholz-Auctiou. Donnerstag, den 9. Januar Ivos, sollen in Abth. 24 und 27 des Burgauer Reviers von varmittagS 9 Nhr an ea. 200 starke «eist Sichen-DtirchsorstungShaufen gegen Baarzahlung und unter den im Termin« öffentlich aus hängenden Bedingung«» meistbietend an Ort und Stelle verkauft werden. Zusammeuknnft: an der Thüringer Eisenbahn am Ueßergang nach der großen Eiche. Leipzig, am 27. Dezember 1901. Des RathS Forftdepntation. Bekanntmachung, die Bezahlung des Schulgeldes skr die städtischen Schulen detresfend. Am 2. Januar 1902 ist das für die städtischen Schulen aus die Mouat« Januar, Februar und März 1902 zu zahlende Schulgeld fällig. Dasselbe ist in der Seit da« 2. bi» 31. Januar 1902 an den betreffenden Zahlstellen zu entrichte». Die Höhe des Schul- geldbetragS ist aus deu ia Len Händen der Zahlungspflichtigen befindlichen gedruckten Zetteln zu ersehen. Dieselben sind zur Zahl- stelle mitzubringen. Nach Ablauf der obige» Zahlungsfrist habe» sich die jenigen, welche da» Schulgeld nicht berichtigt habe», der Einleitung des Zwangsverfahrens zu gewärtige». Leipzig, am 31. Drceinber 190l. Der Rath der Stadt Leipzig. Vr. Tröndlin. Lehnert. Bekanntmachung, die Anmeldung der Ostern 1902 schulpflichtig werdenden Kinder betreffend. Zu Ostern 1902 werden alle Kinder schulpflichtig, dir bis dahin daS 6. Lebensjahr erfüllt haben. Außer diesen können aber auch solche Kinder Ostern 1902 in die Schule ausgenommen werden, die bis zum 30. Juni 1902 daS 6. Lebensjahr vollenden. Alle diese Kinder, die gesetzlich schulpflichtigen sowohl, wie die zuletzt erwähnten Kinder, dasern diese schon Ostern 1902 in die Schule eintreten sollen, sind demnächst zur Schule anzumelden, und zwar bei dem Direktor der Schule, in deren Bezirk sie wohnen. Eltern und Erzieher, welche zur Bezahlung von Bürgerschulgeld vermögend sind, haben ihre Kinder in eine Bürgerschule zu schicken, dafern sie in einem Bürgerschulbezirke wohnen. Die Anmeldungen haben für sämmtliche hiesige Volksschulen in der Zeit vom 7. bis st. Januar 1902 vsrmtttag» 10 bis 12 Uhr und nachmittags 2 bis 4 Uhr zu erfolgen. Bei der Anmeldung ist für jede? anzumeldende Kind eine standcS- amtliche Geburtsbescheinigung oder daS vom Standesamt beglaubigte Familien-Stammbuch sowie ein Impfschein, außerdem aber für alle der christlichen Religion angehörenden Kinder auch ein Tauszeugniß vorzulegen, dasern durch daS Familien-Stammbuch die Dause nicht nachgewiesen ist. Für die Kinder solcher Dissidenten, die keiner NeliqionSgesell- schäft angebören, ist eine schriftliche Erklärung darüber beiznbringen, in welcher Religionslehre diese Kinder unterrichtet werden sollen. Die Eltern und Erzieher solcher Kinder, welche zwar nach ihrem Alter schulpflichtig sind, jedoch wegen Kränklichkeit oder sonstiger körperlicher und geistiger Gebrechen einer Schule nicht oder nicht rechtzeitig zugesührt werden können, werden hierdurch aufgefordert, hierüber unter Beifügung eine- ärztlichen Zeugnisse- binnen obiger Frist Anzeige an un» zu erstatten. Leipzig, am 3l. Dezember 1901. Der Schul« usschuh der Stadt Leipzig. Vr. Wagler. Lehnert. Katholische Bürgerschule. Stammschule zu Alt-Leipzig, Aleranderstraflc Sä S7, —Zweig schule zu L.-Neudnitz, Wiihelmftratzc, St VincentinSstift, — und Zweigschulr zu L.-Ltndenau, Friedrich August-Stratze Zu Ostern >902 werden alle diejenigen Rinder schulpflichtig, welche bi- dahin das 6. Lebensjahr erfüllt haben. Ausnahme könne» Ostern 1902 aber auch solche Kinder finden, welche bis zum 30. Juni 1902 das 6. Lebensjahr vollenden. Die Anmeldung dieser Kinder, der gesetzlich schulpflichtigen wie der zuletzt ermähnten, dasern diese schon Ostern 1902 in die Schule «inireien sollen, hat zu erfolgen in der Zeit vom 7. bis 9. Januar 1902, vormittags 10—12 Nhr und nachmittag» 2—4 Uhr im Amtszimmer der genannten Schulen. Bei der Anmeldung sind beizubringen: die standesamtliche Geburtsbejcheinlgung oder das vom Standesamt beglaubigte Familien stammbuch, der Impfschein und das Tauszeugniß, dasern lm vor gelegten Familienstammbuche die Tausbrscheinigung nicht enthalten ist. Diejenigen Kinder römisch-katholischer Konfession, welche in Alt- Leipzig oder in Gohlis-Eutrttzsch bcz. Connewitz wohne», sind in der Stammschnle zu Alt-Leipzig, Alcxandcrftr. Sr» S7, die in den Ost-Vororten (Reudnitz u. f. w^ wohnenden in der Zwcigschule ;» V -Rcndnit;, Wilhelmftratzc, St. VtneentinS- fttft, die in den West-Vororten (Lindenau, Plagwitz, Schleuß,«, Kleinzschocher) wohnenden in der Zweigschule zu L.-Lindenau, Friedrich Angust-Ttratze, zur Anmeldung zu bringen. Leipzig, am 2. Januar 1902. Direktor vr. OroUmusg. Oeffcntliche Zustellung. Die Firma H. Lot; L Keiner in Benshausen, vertreten durch den Rechtsanwalt vr. Rosentbol in Leipzig, klagt gegen Len Kauf mann Wilhelm Max Thieme, früheren alleinigen Inhaber der Firma W. Thieme L Sohn in Leipzig, jetzt unbekannten Aufenthalts, aus einem Wechsel vom 4. Juni 1901 über 341 70 und einer Protesturkunde vom 7. Oktober 1901 mit dem Anträge, den Be klagten unter solidarischer Haftung mit dem am 5. Dezember 190l verurteilten Beklagten Otto Heine zu verurteilen, der Klägerin 341 70 nebst 6"/» Zinsen seit 7. Oktober 1901, sowie 9 10 Protestkosten, 3 42 zA fremde und 1 14 -iL V» ° a eigene Provision zu bezahlen. Sie ladet den Beklagten zur münd lichen Verhandlung des Rechtsstreits vor die IV. Kammer für Handelssachen des Königlichen Landgerichts zu Leipzig auf den 20. Februar 1902, Vormittags 9 Nhr, mit der Aufforderung, einen bei dem gedachten Gerichte zugelassenen Anwalt zu bestellen. Zum Zwecke der öffentlichen Zustellung wird dieser Auszug der Klage bekannt gemacht. Leipzig, den 21. Dezember 1901. Königliches Landgericht. « Ueber das Vermögen des Kaufmann Tally Joseph, Inhabers deS Hercenconfections- nnd Schuhwaarengeschästs unter der Firma: S. Joseph in L.-Plagwitz, Zschochersche Straße 53, in L.-Reudnitz, Dresdner Straße 33, und in Leutzsch, Hauptstraße 27, Wohnung in L.-Plagwitz, Zimmerstraße I, ist heute, am II. Dezember 1901, nachmittags '/,7 Uhr das Konkursverfahren eröffnet worden. Verwalter: Herr Kaufmann Paul Gottschalck in Leipzig, Floß- platz 24. Wahltermin am 4. Januar 1902, vormittags 11 Uhr. Anmeldefrist bis zum 18. Januar 1902. PrnsungStermin am 31. Januar 1902, vormittags 11 Uhr. Offener Arrest mit Anzrigefrist bis zum 11. Januar 1902. Königliches Amtsgericht Leipzig, Abt. II ä?, Nebenstelle, JohanniSgasse 5, den II. Dezember 1901. Möbel-Versteigerung. Heute de» 2. Januar 1902, Borm. von 10 Nhr ab, sollen MM- Ranftäbter Steiuweg 10 im Auftrage des Herrn A. Mettzner die Restbestäude der aus dem Schnetdknbach'schcn Konkurse stammenden Möbel und einige« An dere als: hochfeine Talongarnituren, Ottomanen, Trumean- spiegel, Bettstellen mit Matratzen, SalonschrSnke, vertikows, Tische, Büffet», Kommoden, Schreib-ulte rc^, ferner Möbelstoffe und Posamenten, 1 Handwagen und div. Gefchäftsntenftlieu öffentlich gegen sofortige Vaarzahlung versteigert werden. Leipzig, den 28. December 1901. Lübeck«, Loralrichter. Konkiirs-Wein-AuSverkanf. Im Austrage -eS Herrn Rechtsanwalt» Haut- als Ver walters im Konkurs des Weinhändlers lilorllr LiEl hier verkaufe ich das vorhandene bebentenbe Lager, bestehend in guten Rhein-, Moselweinen nnd süßen Weinen, täglich von 9 bis 12 und 2 bi» V Uhr und zwar in der seitherigen Weinstube zum Erdener Treppchen, Brühl 2S, zu ermäßigten Preisen ans. Lokalrichter Iruwmlitr. Vie Leopoldinisch - Larolinische Akademie der Naturforscher. Die berühmte wissenschaftliche Akademie Leopoldina- Carolina in Halle feiert das Fest ihres 250jähr!gen Bestehens. Abgesehen von dem Interesse, das die wissenschaftliche Welt Leipzigs dieser Jubelfeier in der Nachbaruniversitätsstadt ent- gegenbringt, berührt diese Leipzig auch noch besonders in sofern, als zwei berühmte Söhne unserer Stadt, der Gynäko löge Carus und der Botaniker und Zoologe Reichenbach, unmittelbar hinter einander von 1862 bis 1878, als die Aka demie ihren Sitz vor der Uebersiedelung nach Halle in Dres den hatte, dort deren Präsidenten waren. Der Name der „Leopoldina-Carolina" hat seit Jahr hunderten in der gesummten wissenschaftlichen Welt einen gar guten Klang und dürfte ihn menschlichem Ermessen nach stets behalten. Am 1. Januar 1652 nach dem Muster der berühmten italienischen Akademien auf bescheidenem Grund aufgedaut und gegründet von den Aerzten Bausch, Fehr, Metzger und Wohlfahrt in Schweinfurt als ein rein privates Unternehmen, wuchs sich dies Institut bald zu einer der an gesehensten gelehrten Gesellschaften aus und hatte bei dem am 17. November 1665 erfolgten Ableben seines ersten Präsidenten Johann Lorenz Bausch bereits 30 Mitglieder. Besonders aber wuchs seine Entwickelung unter dem zweiten Präsidenten Philipp Jacob Sachs von Lewenheimb in Breslau, der 1670 die Herausgabe einer periodischen Denkschrift anregte. Diese erschien zunächst unter dem Titel: „Uiseellallea curivsa Leurlletsn. Ver GrenMeit. Ncwelette von V i c t o r 'G a r i e n. Deutsch von Wilhelm Thal. Nachdruck »erboten. I. Wer kennt nicht Horace Champverdier, den geistsprühenden Dramatiker, dessen moderne Sittenstückc stets Casse machen und zum größten Theil ihre dreihundertste Aufführung erreicht haben? In diesen nach allen Regeln der Kunst gearbeiteten Stücken findet Jeder sein« BefriediAUng. Da sind gefühlvolle Stellen für die Frauen, Bonmots für die Kenner, komische, burleske, ge wagt« Situationen für das Gros der Zuschauer. Und da soll Horace Champverdier nicht der Abgott des Publi cum- geworden sein? All« Welt schätzt ihn. Man reißt sich um ihn und ladet ihn in der Gesellschaft ein. Man geht sogar bis in sein Privatlrben zurück, um dem Publicum irgend eine picant« Nruigkeit über ihn aufzutischen. Das sind die Schattenseiten der Berühmtheit. Vergeblich hat Horace in der Umgegend von Paris einen sicheren Zufluchts ort gesucht, wo er, unbehelligt von Störenfrieden, ruhig an seinen Werken arbeiten kann. Es giebt in der Umgegend der Hauptstadt keine ländliche Ein samkeit, die man nicht in weniaen Stunden oder Minuten mit der Eisenbahn, Tramway oder Schiff erreichen kann. Der Be griff Wüste wird immer mehr zur Chimäre; selbst daS Wort wird bald aus dem Lexikon verschwinden. Deshalb finden wir Horace Champverdier heute in einem unbekannten Bezirke der Saintonge auf der Suche nach einem Erdenwinkel, einem Mittelding zwischen Schloß und Pachthos, das er zu kaufen entschlossen war. An einem köstlichen Frühlingsmorgen betrat Horace am AuS- gantzr eines Gehölzes, das die ersten grünen Sprossen auswies, ein offenes Terrain, das den entzückendsten Anblick bot. Zur Rechten erschien in einem Nußbaumbosquet an der Spitze einer bewaldeten Anhöhe «ine kokette und behagliche Behausung. Zur Linken lag inmitten üppiger Felder ein andere» Haus, das einen nicht weniger anmuthigen Anblick bot und von Beeten umgeben hinter einem Vorhang prächtiger Bäum« halb versteckt lag. — Waren das zwei drrschiedene Besitzungen? Oder waren das da» Schloß und der dazu gehörige Pachthof- Plötzlich schlug das silberhelle Murmeln eines fließenden Ge wässer» an da» Ohr de» Wanderer». Er lies aus einen Erd- hiiqel, der ihm die Aussicht versperrt«, und entdeckte nun da» reizendste Bächlein, das man sich nur denken kann. „DaS ist die Einsamkeit, die ich mir geträumt", sagte er sich mit fröhlichem Lächeln. „Hier möchte ich mich niederlaffen. Was könnte man hier für schön« Stück« schreiben!" Gerade al» n dies» Worte zu sich sckber sprach, bemerkt« er «in Stück Holz, daS an «inen Baum ««nagelt war und auf dem die Wort« standen: „Diese Besitzung ist zu verlackssa!" „Holla!" rief der Aarrderer. .da hab« ich ja, was ich brauch«. Diese» Schild ist direkt für mich hier angebracht worden. Ich Hatz» »in« Ahnung, mein Schicksal wird sich hier erfüllen." II. Ein Stunde später stand unser Dramatiker in einem Salon der einen Behausung in Unterhandlung mit Herrn Arsöne Heuriot, einem ehemaligen Notar in Saintes, dec die Besitzung billig erworben hatte und sie jetzt zu recht hohem Preise los schlagen wollte. Der Schriftsteller, der sich die Freiheit seines Handelns durch ein vollständiges Jncognito zu sichern bemüht war, hatte sich unter dem Namen Philippe Verdier melden lassen. Es war dies sein richtiger Nam«, während Horace Champverdier nur das Pseudonym war, unter dem das Publicum ihn kannte. „Wie nennen Sie diese Besitzung?" fragte Philippe den Notar. „Hurlupian!" „Ein komischer Name!" „Ja, «in ehemaliges Ackerland, das zur herrschaftlichen Be sitzung umgewandelt worden ist. Wir haben nur dort unten eine große Wiese, auf der unsere Hammel weiden." ^lber das ist ja reizend! Und die Ländereien dort unten auf der anderen Seite, gehören die auch zu Ihrer Besitzung?" „O nein, mein Herr; das ist Arbousier. Der Bach dient als Grenze." „Und wem gehört Arbousser?" Der ehemalige Notar stieß einen tiefen Seufzer aus. „Es gehört der Frau Marquise de la Puisaye." „Sie sagen das in so eigenthümlichem Tone!" „Ja, mein Herr, die Marquise ist eine schreckliche Frau!" „Schrecklich?" „Ja, moralisch! Das versteht sich, denn körperlich ist sie jung und hübsch; sie ist sogar, wenigstens behauptet man das, intelligent und geistreich. Aber moralisch, mein Herr, ist sie eine Proceßsüchtige, zänkische Person!" „Was Sie sagen! Erzählen Sie doch!" „Ich muß Sie ja sowieso davon unterrichten", versetzte der frühere Notar, „denn Sie wollen die Besitzung ja kaufen. So wissen Sie denn, daß ich mit dec Frau Marquise einen Grenz- proceh führe." „Einen Grenzproceß?" „Ja, unter dem Vorwand«, meine Hammel drängen in ihre Besitzung und richteten dort Verwüstungen an, will sich Frau de la Puisaye abschließen und an dem Bach entlang, der uns trennt, eine Mauer errichten." Philippe Verdier erhob sich entrüstet. „Oh nein", rief er, „das dulde ich nicht! Das wäre eine Entheiligung! Mein Herr, ich zieh« alle meine Vorschläge zurück. Ich nehme die Besitzung mit dem Bach, wie er jetzt ist, oder gar nicht!" „Das habe ich erwartet!" sagte der Besitzer verzweifelt. „Ich habe natürlich dagegen Einspruch erhoben. Der Bach bildet an sich eine genügende Barriör«, der weder zur einen, noch zur an deren Besitzung gehört, und Niemandes Eigenthum ist, hören Sie wohl, raz nnUina!" „Ganz recht, r«a vulliua!" „Ich habe in der ersten Instanz gewonnen und bei der zweiten verloren. Es bleibt mir also noch der Lassationshof." „Gehen Sie an den Caffcktionshof, Herr Arsene Heuriot, und »war unverzüglich! Wir müssen diesen reizenden Bach um keden Preis retten! Loch gtebt e» kein Mittel, Ihr« Gegnerin zur Dernuft -u bringen?" .Kein», mein Heu, di« Marquis, ist unzugänglich. Alle Mittel der Versöhnung sind gescheitert." „Nun, ich werde es versuchen. Ich werde bei ihr die Sache des . . . Wie nennen Sie den Bach?" „Solignon." „Des Solignon vertreten. Ich werde einen Eventualvertrag mit Ihnen schließen und versuchen, Ihnen einen neuen Proceß zu ersparen, indem ich Frau de la Puisaye zum Verzicht ver anlasse." „Aber wie?" „Das ist meine Sache!" „Sehr gut! Inzwischen werde ich Ihnen alle Acten des Falles übergeben, damit Sie sich mit der Sach« vertraut machen können." Philippe Verdier nahm die Acten La Puisaye gegen Henriot mit, kehrte nach der Stadt zurück und verbrachte einen Tbeil der Nacht, sowie den Rest des Tages damit, die Rechtspuncte und den Thatbestand genau zu studiren. IH. Schon am nächsten Morgen stellte sich Philippe Verdier in Arbousser vor und ließ Frau de la Puisaye seine Karte über bringen, mit der er in Angelegenheiten seines Processes zu sprechen wünschte. Man ließ ihn in einem kleinen Salon lvarten, der geschmack voll möblirt und decorirt war. Nachlässig auf den Tisch geworfen, lagen die literarischen Neuheiten des Tages, und darunter sein letztes Stück: „Die goldene Tulpe". Gin elfenbeinernes Papiermesier, das zwischen zwei Seiten lag, deutete darauf hin, daß das Werk gerade ge lesen wurde. Dec Dramatiker dachte noch geschmeichelt über dieses Zu sammentreffen nach, als die Marquise erschien. Man Katt« ihn nicht getäuscht. Clotilde, die junge und reizende Wittwe des Marquis de la Puisaye, war eine ent zückende Frau mit schlanker Taille, sprühenden Augen und natür lich gelockten, schwarzen Haaren. Obwokl von dieser Erscheinung entzückt, mußte Philippe doch den Grund seines Besuches erklären. „Madame", sagte er zu der Marquise, „ich stehe im Begriff, Hurlgpian zu erwerben, und möchte Ihnen ein Arrangement Vorschlägen. Ich bitte Sie um Gnade für diesen armen Bach, den Sie zu vermauern beabsichtigt, und dessen ganzen Zauber Sie damit vernichten werden." „Mein Herr", versetzte sie mit harmonischer Stimme, di« ein wenig mit ihren Worten contrastirt«, „gestatten Sie mir, Ihnen zu sagen, daß es mir vollständig gleich ist, was jenseits meiner Grenzen vorgeht. Allerdings werde ich entzückt sein, daß ich endlich von meinem gräßlichen Nachbar befreit Werse, aber leider, fürchte ich, ändert das an der Sache selbst gar nichts! Wollen Sie auf Ihre Hammel, die meine Felder verwüsten, und auf Ihre Ziegen, die meine Bäume anfressen, verzichten?" „Gewiß nicht, Madame." „Dann bebau« ich, mein Herr! Der Gerichtshof hat mir Recht gegeben und anerkannt, daß der Solignon nur ein un bedeutendes Gewässer ist." „Gestatten Sie!" „Ein einfacher Wasserlauf, der nicht schiffbar ist und deshalb nicht als Grenz« Mischen zwei Besitzungen dienen kann. DeS- halb habe ich da» Recht, mich hier einzumauern." „Sie und der Gerichtshof", sagte Philippe, sich erhebend, .Sie sind Beide ungerecht gegen den Solignon. Prüfen Sie diese Papiere, und Sie werden sehen, daß er Anspruch auf Ihr« Achtung besitzt. Erstens trägt er einen Namen, der auf den Karten des Generalstabs verzeichnet sicht, und diesen Namen giebt er dem ganzen Territorium. Allerdings ist er wicht schiffbar, wie die Donau und der Rhein, und theilt keine Reiche, wohl aber zwei sogenannt- Orte. In Folge dessen kann er sehr wohl. . ." „Mein Herr", unterbrach die Mcrsqirisr »ziemlich trocken, „Sie pläidiren sehr gut und mit großer Wärme. Doch ich be- daure, Ihnen sagen zu müssen, daß mein« Ansicht feststeht." „Dann, Madame, gehen wir an den Cassationshof!" „Wie Sie wollen!" „Wenn Sie mir nicht Ihre Besitzung abtreten wollen!" „Sie ist nicht zu verkaufen!" Philippe raffte alle seine Documente zusammen und zog sich zurück, nachdem er sich vor der Marquise tief verneigt. Kaum hatte er den Salon verlassen, als diese auf dem Tisch- einen Brief bemerkte, den ihr Besucher verloren hatte. Derselbe trug die Aufschrift: Herrn Horace Champverdier, dramatischer Schriftsteller in Paris. „Sieh, sieh", sagte die Marquise; „er war's? Ob ich ihn zuriickrufe? Ah bah, er wird schon wiederkommen!" Er kam in der That nach acht Tagen wieder. Von seinem Mißerfolge tief verletzt, hatte er eine andere Lösung gesucht und sie schließlich auch gefunden. Doch dies« Lösung war im höchst-» Grade kühn. „Madame", sagte er, „ich habe den Ruhikon, das heißt, den Solignon, überschritten, und bringe Ihnen Frieden oder Krieg." „In den Falten Ihres Gehrocks?" „Ganz recht. Ich habe mir überlegt, das beste Mittel, den Streit, der uns trennt, zu beendigen, wär« eine gute Heirat, Auf diese Weise brauchte man sich nicht mehr um die Errich tung einer Barrivre zu kümmern, der Bach bleibt, wie er ist, und di« Sache ist erledigt." „Ah, das ist Ihr Ausweg?" „Ja; aber Sie müssen sich schnell entscheiden. Die Appells- tionsfnst läuft bald ab. Also, überlegen Sie, Madame, und wählen Sie: die Heirath oder der Caflaiionshof! — Sie haben vierzehn Tage Zeit zur Entscheidung." Die Marquise ärgerte sich nicht; sie lächelte sogar freundlich und sagte: „Was von Seiten des Herrn Philippe Verdier nur «ine Un verschämtheit gewesen wäre, wird bei Herrn Horace Ehamp- v-rdier, dem bewunderten Verfasser der „Goldenen Tulpe", ein amüsantes Paradox, . . . über das sich reden ließe. Besuchen Sie M'ch wieder; Sie werden in Arboussei willkommen sein." Horace verneigte sich und küßte Frau de la Puisaye die Hand. Vierzehn Tage später, bevor die vorgeschriebene Frist noch abgelaufen war, sagte er zu der liebenswürdigen Witttve, die seine Brant geworden war: „Ich werde daraus ein Stück machen!" „Und wie wollen Sie es betiteln?" ..Nun natürlich: Der Grentstntt!"
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