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Sächsische Volkszeitung : 12.08.1921
- Erscheinungsdatum
- 1921-08-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192108120
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19210812
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19210812
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungSächsische Volkszeitung
- Jahr1921
- Monat1921-08
- Tag1921-08-12
- Monat1921-08
- Jahr1921
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 12.08.1921
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«r. 184 2V. Jahrg. F„«svrecher: Mdakti,n 32723 - «eschäftsftelle 32722 Postscheck»««»»: Dresden Nr 14797 SLMsche Freitag, 12. August 1821 Redaktto« ««d Grschästostell«: Dresden-A. I«, Holbeinftrohe 4» DEsmiuna v«z»a»preIS» ViertelMrttch irei Hau» AuSgab« t mit illustrierter Beilage >».Vg> z». Aufgabe v 11.SS ^ einschUehNch Postbestellgeid. Preis der Einzelnummer so 4. Pie Süchstsch« LollSzeitung erjcheint an allen Wochentagen nachm. — Sprechstunde der Redaktion: 8 bis « Uhr nachm. ««zeigen, Nnn-Hme von »eschtistSanzeigen »iS 10 Uhr. von Familien«,»-,,«, bis II Uhr vorn,. - P-°iS di» Vetit-SvaUzeil, aller «„zeigen 1.1« ^ >m Rcklameteil »8«^. - Für undeutlich geschriebene, sowie durch Fernsprecher aufgegebene Rn,eigen kSnnen wir die Verantwortlichkeit stlr die Nichtigkeit de» Lege» nicht vbernehmen Oberschlestsche Stimmungen währen- der Pariser Konferenz Die Polnische Begleitinusik zur Tagung des Obersten Rates. — .Wie erobern wir die Städte?" — „Wie entwaffnen wir die Eng länder?" — Polnische Siegeszuversicht. — Der Kampf um Königshütte. (Bon unserem oberschlesischen Mitarbeiter) Vruthen, 9. August Das Spiel hat begonnen. In Paris verhandelt man über die Entscheidung um Oberschlesiens Schicksal und in Oberschlesien bemühen sich die Polen um die entsprechende Begleitinusik. Schon am Sonntag fanden in zahlreichen Orten von ganz Oberschle- ieit polnische Versammlungen statt, die zwar streng geheim sein ollten, jedoch nicht so geheim waren, baß man nicht den Gegen- tand der Verhandlung und den Verlauf der Besprechungen er- uhr. An, Montag, also am Tage des Zusammentritte« de« Obersten Rates in Parts fanden weitere polnische Versammlun gen, z. B. in Kattowih, wo ein Rhbniker Redner sprach, statt und für heute sind weitere Geheimversammlnngen vorgesehen. In allen Orten, die in der Nähe größerer Städte liegen, die im Mai und Juni nicht „genommen" werden konnten, befaßte man sich in erster Linie mit der Frage: „Wie ist der Mißerfolg des 3. Polenaufstandes gut zu machen, wie bringen wir die Städte in unser» Besitz?" Es gab hierüber polnische Referate und im Anschluß hieran zahlreiche Aeußerungen von polnischen Unterführern. In den Versammlungen, die im Land kreise Benthen stattfanden, z. B. in Lipine, BtSmarckhütte, Ro- kittnitz bat man, daß sich die Insurgenten für die Nacht vom kommenden Donnerstag zum Freitag für den näch- sten Putsch bereit halten sollen. Au» zahlreichen anderen Orten wird übereinstimmend und zuverlässig berichtet, daß da» zweite Thema der polnischen Geheimversammlungen war: „Wie vcrmei- den wir blutige Zusammenstöße mit den Engländern und w i e entwaffnen wir sie, wenn sich Zusammenstöße nicht ver meiden lassen?" Auch die Diskussion über diese Frage war eine sehr „anregende". Ursprünglich war der 4. Polenaufstand für die Morgen stunden de» gestrigen Montag» vorgesehen. Er sollte durch einen Generalstreik eingeleitet werden, dessen Vorarbeiten die neu gegründeten Geheimbünde der Insurgenten eifrig betrieben hat ten. Diese Geheimbündler erlitten ihre erste empfindliche Nieder lage: Sse fanden bei den oberschlesischen Arbeitern keine Gegen liebe. Man ging zur Arbeit und kümmerte sich nicht um die geheim ausgegebene Stretkparole. Der sozialdemokratische „Volks- Wille" von heute sagt dazu: „Ob die Arbeitsniederlegungen aus wirklicher Abneigung der polnischen Arbeiter gegen neue Streiks unterblieben sind oder ob der Aufstand lediglich „abgepfisfen" wurde, muß bi« kommende Zeit lehren:" Zugleich sagt da» Blatt in Uebereinstimmung mit den obigen Mitteilungen über den Verlauf der letzten polnischen Geheimversammlunaen: „Viel fach hört man. daß die Polen erst die Pariser Entscheidung ab- warten wollen." Die Polen gaben sich bisher der Hoffnung hin, daß diese Entscheidung bi» spätestens Donnerstag früh hier be kannt sein würde. Zu den neuen Kampfmitteln der Jnsurgentenbanden gehört auch das Arrangement von großen und zahlreichen Waldbrän den. Gewiß gibt es zur Zeit in Deutschland überall Waldbrände, aber doch nicht in so gehäufter Form, und auch keine Waldbrände, bei denen Sachverständige nicht den geringsten Zweifel haben, daß sie systematisch angelegt wurden. Daß die Polen hinter diesen Waldbränden stehen, geht auch daraus hervor, daß städtische Feuerwehren in den verschiedensten Teilen Obcrschlesieüs mehr fach in der letzten Woche beschossen wurden! So wurde auch di» städtische Feuerwehr Kattowitz, als sie von Löscharbeiten in den späten Abendstunden heimkehrte, in Bogutschütz beschossen, ob wohl Bogutschütz neuerdings so sicher sei» wollte, daß die Flücht ling« off,zielt aufgefordert wurden, nach dort zurück-,»kehre», da jetzt wieder völlige Ruhe herrsche. Beachtenswert ist auch, daß die Franzosen trotz des Ernstes der Pariser Verhandlungen sich zu einer gründlichen neuen Unterstützung der Polen aufrafften. Cie ließen durch den Mund der Interalliierte» Kommission feierlich erklären, daß der neu gegründete „Deutsche Ausschuss" nicht anerkannt werde» könne! Damit will man den Deutschen Ober schlesiens für die kommenden schweren Tage die Vertretung rau ben. Man will sie restlos vvgelfrei machen! Es soll keine Or ganisation da sein, die sich der deutschen Bevölkerung annimmt und in ihrem Namen bas Wort ergreift. Die Franosen wisse», daß der einzelne Deutsche in den meisten Fällen es nicht wagen kann, selbständig beschwerdefühcend vorzugeheu. So glaubt man für die kommende» Tage mit einem Schlage die deutschen Klagen los zu sein, man glaubt den Sainmelpunkt deutscher Klagen be seitigt zu haben. Dieses mehr als eigenartige Verhalten der Interalliierten Ko»,Mission in dem Augenblick, Ivo das ober schlesische Volk auf eine wirklich gerechte Entscheidung der Staats männer in Paris wartet, muß um so merkwürdiger berühren, als nicht auch der kürzlich von den Polen gegründete „Oberste Bolksrat für Oberschlesien" seine Nichtanerkennung gesunden hat! Trotz dieses Zwischenspiels tu Oberschlesien selbst hofft man hier zur Stunde immer noch auf eine einigermaßen gerechte Enischcidmig. Diese Hoffnung ist dadurch gewachsen, daß selbst die Polen mit Eifer zu», Ansdruck bringen, daß das Industriege biet — Pkeß und Rybnik gehören auch dazu! — nicht geteilt werden könne. Auch die Warschauer „Rzeczpospolita" verkün det in einer ihrer letzten Nummern nochmals: „Der oberschle stsche Jndnstriebezirk stellt ein unteilbares Ganzes dar. Das Eisenbahnnetz ist in Oberschlesien so dicht und so durch den Per sonen- und Güterverkehr beansprucht, daß größere Eisenba.hu- manöver außerhalb des Industriegebietes durchgeführt werden müs sen. Die Schmalspurbahnen verbinden fast alle Jndustrie-Unter- nebmungei, miteinander. Von den Hütte» und Grubenwerken gibt es keines, das von Unternehmungen, die in anderen Kreisen gelegen sind, lischt abhängig wäre." Die deutschen Blätter drin nen „och einmal geschlossen zum Ansdrnck, daß nur ein gerechter Spruch dem Lande den Friede» zurttckgeben kan». Und dieser gerechte Spruch kau» immer nur lauten: „Oberschlesien bleibt ungeteilt bei Deutschland! DaS muß auch für Rybnik und Pies, gelte», das die Polen schon glauben, fest tu der Lasche zu habe». Erst der jüngste Notruf der Ratiborer Deutschcu weist noch ein- tnak darauf hin, daß eine Abtrennung von Rybnik und Pleß zur sxinjchaftlichen Erdrosselung weiter Gebiete führen würde, die zweisellos bei Deutschland bleiben werden. 30 000 Arbeiter sah- reu täglich zur Arbeit in die Kreise Rybnik und Pleß. Sie ver- lieren ihre Existenz, wenn diese Kreise abgetrennt werden, und mit ihnen werden weitere Tansende von Mittelstandsangehöri gen ihre Existenz verlieren, wenn diese 30000 Arbeiter der Kreise Ratibor und Leobschütz um Arbeitsstätte und Brot kommen. Die Polen markieren Siegessreude! Markieren! Denn desto größere Siegesfreude man jetzt heuchelt, desto mehr hofft man die polnische Bevölkerung zu enttäuschen, wenn schließlich die polnischen Wünsche doch nicht ersnllt werden, und desto leichter hosst man dan»^ diese Kreise für den neuen Ausstand trotz der Enttäuschung des letzten zu gewinnen. Aus dieser Erwägung heraus bringt das Benthener Organ Korsantys, der „Weg weiser", riesige Ueberschrifien wie „Frankreich unerschütterlich" oder „Deutschlands Spiel verloren". Einen sachlichen Grund für derartige Reklametriks hat die polnische Presse natürlich nicht. Der erste Tag der Pariser Verhandlungen am Montag hat keinerlei bestimmte Anhaltspunkte für die einzelnen Wünsche hin sichtlich der Grenzziehung ergeben. Lediglich in einem Havas- Satze kann man positive Angaben finden: Er lautet: „Der fran zösische Sachverständige Laroche gab der Ansicht Ausdruck, daß das Industriegebiet geteilt und znm größten Teil mit Ein schluß von Königs Hütte an Polen fallen »lüsse. Also: „mit Einschluß von Köuigsl,litte". Das ist ein französischer Wunsch, dessen Gerechtigkeit beleuchtet wird durch das Ergebnis der Volksabstimmung. Am 20. März gab es nämlich in Königs hütte 3l 848 deutsche Stimmen und nur 10 764 polnische. Die Stadt ist zu 75 Prozent deutsch, und dennoch soll sie nach fran zösischen Wünschen den Polen ausgeliefert werden! Wir glauben zur Stunde noch nicht, daß solche Gewaltakte gegen das geringste GerechttgkeitSempfinden Wirklichkeit werden könntenl Trimborns Vermächtnis an die Deutsche Zenirumspartei Heute, da unser verewigter Trimborn nicht mehr unter unS weilt, wissen wir erst recht, was wir an ihm verloren haben. In ihm ist ein Mann dahingegange», der besser als irgend einer wußte, wie ernst die Lage unseres Vaterlandes und Volkes ist, und welche außerordentliche Bedeiitung eine einheitliche Führung der Zentrilmspartei auf ihrer alten Grundlage hat. Trimborn wußte sich als Hüter der Zentrumsideale, wie sie ihm von den Vätern unserer Bewegung überkommen waren, aber er betrachtete sie nicht als etwas Starres, sondern als lebendige Größe», die der jeweiligen Wirklichkeit und Notwendigkeit angepaßt werden müssen. Wie tief er in den Gedankenkreisen de» Zentrums aber wurzelte, hat besonders ergreifend sein letzter Aufsatz tm „Zen trum" (Nr. 4 vom 1. Juli d. I.) bewiesen. Er sagt da n. a.: Unsere Politik ist auf lange Sicht eingestellt. Dabei ver gessen wir aber nicht die praktischen Aufgaben de« nächsten Tages. Gerade dadurch, daß wir Schritt für Schritt um die politische und rechtliche Erhaltung der christlichen Kulturgüter kämpfen, fördern wir den organischen Gesundungsprozeß, sichern wir vor allem die christliche Familie, die Keimzelle der lebensfähigen deutschen Volksgemeinschaft. Je mehr aber christlicher Oieist unser ganzes öffentliches, nationales und internationales Leben durch- dringt, desto mehr wird die opferbereite Arbeit, die gegenseitige Verständigungsmöglichkeit und die reibungslose Entwicklung ge fördert. Das aber bedeutet weiterhin Einkehr von Frieden und tOlnck, vor alleic Dingen von einer weitgehenden Beendigung in unser deutsches Familienleben Gerade auch die Sorge für die Neubclebnng der guten deutschen Familie liegt uns in aller unserer politischeil Arbeit zunächst am Herzen. Wir wis se», baß wir damit eine Wechselbeziehung wieder Herstellen, die recht eigentlich deutsch ist, und unter deren segensreichen Folgen Deutschland groß geworden ist. Die Kräfte des Ewigen befruchten das heimatliche Familienleben, und auf dem Grnnde deS reinen deutschen Familienglücks gedeihen am besten die Kräfte des Ewigen." Einen .wesentlichen Teil unserer Arbeit, man darf wohl sagen, das Herz derselben, Hai Tcimborn seiner Partei mit schönen und tiefen Worten noch einmal vor Angen geführt. Trimborn, der in Wort und Schrift den Stil zu meistern verstand, hat nur selten Zeit gehabt, die Feder zu führen. Jnr Vordergrund seiner Pflichten standen die Fragen der Organisa tion. Auf diesem Gebiete liegt sein Hauptvermächtnis an die Deutsche Zentrilmspartei. Das Reichsgeneralsekretariat per Deutschen Zcntrumspartei, das er von seinem Vorgänger, dem Abg. Gröber, übernahm, hat er in mustergültiger Weise ausge- baut. Alls kleinen Anfängen ist ein schlagfertiger Apparat daraus geworden, der sich gerade jetzt erst recht bewähren dürfte, da Trimborn nicht mehr ist. Unter Trimborn ist an die Spitze deS Neichsgeucralsckretariats Dr. jnr. et Phil. Katzcnberger berufen worden. Alsbald wurde ei» besonderes Dezernat für Akademiker- und Jugendfragen geschaffen. Dies wurde dem Dr. rer. pol. " Vockel übertragen. In überraschend kurzer Zeit lebten und blühten die Akndemikerqrnppen und die Windthorstbunde auf. Auch für die evangelischen Interessen im Zentrum wußte Tcim- born zu sorgen. Evangelische gab es in unserer Partei seit deren Gründung. Auch Abgeordnete dieser Konfession hatten wir zu allen Zeiten. Wenn nunmehr ein evangelisches Dezernat ge schaffen wurde, so geschah eS wegen des leidenschaftlichen Kampfes gerade mn diesen Zweig unserer Arbeit von seiten unserer Gegner. Dies Dezernat erhielt bekanntlich Otto Timmermann, der seit dem in Wort und Schrift unermüdlich die evangelischen Inter essen im Zentrum vertreten hat. Timmermailil wurde zugleich der Hanptschriftleiter am „Zentrum". In dieser hervorragenden Halbmonalsschrist dürfte Trimborn dem Zentrum sein bestes Vermächtnis gegeben .haben. Sowohl von hervorragenden Mit arbeitern als auch von' den Lesern aller Kreise und Parteien fand diese neue Halbmonatsschrift vom erstell Tage an /leinende Aner kennung und wachsende Beachtung. Endlich sei die jüngste Schöp fung Trimborns, da« Frauendezernat, nicht vergessen. ES ist bekannt, wie sehr der Ausbau der Arbeit »ach dieser Richtung unsenn Trimborn ani Herzen lag. Unvergeßlich aber wird allen Teilnehmern die letzte Zu sammenkunft führender ZeutrumSabgeordnetec und -Politiker sein, vle Lrlmvorn zu Ausgang ver ReichStag-sesfton tn Berlin noch «ilimal herbeifiihrte. Da legte «r besonderen wert darauf, daß die Abgeordneten untereinander künftig Gelegenheit haben möch ten. gesellschaftliche und sreundschaftliche Bande zu pflegen. Was Trimborn dabei im Auge hatte, konnte nur zunächst eine An- regung bleiben. Aber wer Trimborn kennt, weiß, daß eS sich hier um einen Lieblingsgedankeu unseres Parteiführers handelte, dem nicht znin geringsten auch eine große politische Bedeutung beizumessen ist. ES ist keine Frag«, daß da« Zentrum jetzt erst recht bestrebt sein wird, diesen letzten und höchsten Wunsch Tctm- born» in Erfüllung gehen zu lassen. Ein Mittelpunkt, in wel chem sich bas gesamte P-rrteileben konzentrieren kann, das wäre das schönste Vermächtnis unseres Trimborn. Eine neue Lohnbewegung der sozial demokratischen Gewerkschaften Aehnlich wie bei den Eisenbahnern beginnen sich die ersten Anzeichen für eine Lohnbewegung auch der deutschen Arbeiter- schaft zu zeigen. Auch sie nimmt «ebenso wie die Lohndewcgnng der Eisenbahner ihren Ausgangspunkt in der Erhöhung der Brotpreise wie überhaupt de: allgemein anziehenden Preise für Lebensmittel. Der Vorstand des Allgemeinen Deutschen Ge- Werkschaftsbundes hat einen Aufruf erlassen, der unter drr Ueberschrift ..Preissteigerung — Lohnerhöhungen" u. a. darauf hinweist, daß die Gewerksch»f>en keine Verantwortung dafür treffe, daß die Arbeiter nunniehr gezwungen seien, auf der gan- zen Linie neuerlich beträchtliche Lohnforderungen zu stellen und diese Forderungen mit Mitteln des gewerkschaftlichen Kampfes durchzuführen. Der Aufruf betont weiter, das; die Gewerkschaf, ten sich durchaus bewußt seien, daß die nun „leider nötig gewor- denen Lohnerhöhungen" aufs neue preissteigernd wirken müs- sen. Sie hätten schon früher nachdrücklich betont, daß sie nur mit Widerstreben diesen ungesunden Kreislauf mitmachen. Aber die Bemühungen, die weitere Entwicklung der Dinge so zu be- einflussen, daß wir endlich anS dem Zirkel herauskommen, seien bisher ohne Erfolg geblieben. Solange aber das nicht gelinge, bleibe der Arbeiterschaft kein anderer Weg, als der, durch aus reichende Lohnerhöhungen sich e-nen Ausgleich für die fortschrei tende Teuerung zu schaffen. Der Aufruf schließt damit, die Mitglieder der Gewerkschaften und alle Arbeiter und Arbeiterin- nen im ganzen Reiche zu einigem und geschlossenem Zusammen gehen in den Gewerkschaften anzueifern. ES ist natürlich nicht bon der Hand zu we:sen, daß die fort ' schreitende Teuerung der Lebenshalinngeu ibre Rückwirkung auf den Lohn haben wird und haben muß. Und so lange die sozialdemokratischen Gewerkschaften den legalen Weg nicht ver lassen, wird man ihnen wahrlich einen Vorwurf nicht machen können. Anders aber ist eS, wenn sie zur Verwirklichung ihrer Forderungen etwa Wege beschce'len wollten, wie sie die „Rote Fahne" unablässig ihren Anhängern predigt. Die „Rote Fahne" ist denn a»ch nicht recht zufrieden mit dem Aufruf de» GewerkschaftSbunbes. Sie sagr zwar, daß die gesamte Arbeit-r- schaft sich der Forderungen des ADGB. bemächtigen müsse, aber sie hetzt gleichzeitig ihre Anhänger und di: Arbeiterschaft in, all gemeinen dazu auf, iu Aktion zu trete». daS heißt mit anderen Worten, daß die „Rote Fahne" zur Durchsetzung dieser Forde rungen zur Gewalt aufforderr. Sie fordert, daß die Arbeiter schaft das, „was die mangelnde Energie ibrer Führer versäumt hat", dadurch wieder gut machen muß, daß sie einig und mit ge schlossenem Kampfeswillen »ergeht. In derselben Nummer, an der Spitze des Vlaiies. ver öffentlicht das koinmunistische Organ einen Aufruf, der sich be titelt: „Die Einheitsfront im Kampfe gegen Brotwncher und Steuerranb." Die übliche kommunistische Hetze feiert in diesem Aufruf Triumphe und zom Schlüsse wird die Arbeiterschaft anf- gefordert, am 11. Anglist zu demonstrieren ..gegen reaktionäre Kriegsgelnste, gegen morarchntische Treibereien, für die sozia listische Republik, gegen die Klassenjustiz, für die Freilassung der politischen Gefangenen, für die Aufhebung des Belagerungs zustandes, für die soziale Revolution und den Stur; des Kapi talismus". Das ist ein bißchen Niel auf einmal, aber die ..Rote Fahne" kann ja bekanntlich den Mund nicht voll genug nehmen, da koniint cS ans ein bißchen »lehr oder weniger »ich! au. Die Orientfiage vor dem Obersten Na e Paris, 10. August. Heute vormiilag setzte der Oberste Rat die Besprechung der im Orient zu beoixichtrudcn Neutra lität fort und »ahm einstimmig folgende Entschließung au: Die Verbandsmächte beschließe», ihre Haltung strengster Neutralität im griAchisch-türk'sche» Kriege heizubehalten; das heißt, die VerbandSregierunge» sind sich einig, mit keiner Hilfe leistung irgendwelcher Art i» den Kampf einzntreten, ob es sich nun um Truppen- oder WaffeaK'ndungen oder Gewährung vo» „Krediten handelt. Hierzu bemerk! Havas: Diese Entschließung ist selbstverständlich nicht so aofzufasien, daß sie irgendwie die Freiheit des privaten Handels beeinträchtigen könnte, w-e dieser nach der derzeitigen Gesetzgebung besteht. ES geht vielinehc aus dem Wortlaüte der Entschließung hervor, daß allerdings die Verbandsregierungen keinen der Kriegführenden in ihrer E gen- schaft als Regierung unterstützen können, daß aber Privatleute nach wie vor das Recht haben, glich fernerhin den G> echen wie den Türken Kriegsmaterial zu lwser». Der Oberste Rat erörtere sodann die Frage de: Frei heit der Meere ii gen. Ma i beschwerte sich e»e!iscl,erseiis. drß die Türken im Bosporus tun den BL.scyewistcn ma Waiien versorgt würden. Es wurde Scher ve.iang' daß amii die <^rre cke': ihrerseits den Bosporus für ihre Oper -wnen benüneu dürften. Im Gegensatz zu dieser Auffassung erklä-- der sran- zösische Vertreter, es sei sehr wichtig, daß keiner!- Kriegshand- lung im Bosporus auSgcsühr: werde. Cs wird ein gemein- samer Schritt der Verbantsregicrungen u. Frnrmmen. um die Freiheit der Meerengen zu sicher». Nach der Regelung dieser Frage erörterte der Oberste Rat d,e Möglichkeit einer Vermittelung. Auch hier wurde leicht eine vollständige Neberci»stim»n-»g erzielt und fl'gend: Ent- sch ließ» ng angenommen: Die VerbaudSregieniilgen behal te» sich jede Möglichkeit vor. ihre guten Dienste als Vermittte: anznbieten, sind aber der Ansicht, daß die Stunde noch nicht ge- kominen ist, um einen günstigen Erfolg eine» derartigen iPchrit» teS zu erhoffen.
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