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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 27.05.1853
- Erscheinungsdatum
- 1853-05-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-185305278
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18530527
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18530527
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1853
- Monat1853-05
- Tag1853-05-27
- Monat1853-05
- Jahr1853
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 27.05.1853
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Leipziger Tageblatt und Anzeiger. 147. Freitag den 27. Mai. 1853. Die nächste Ankunft! Wir lebt», wer wollte die« nicht zugestehen, in einer höchst merkwürdigen Zeit. Auf der einen Seite will man Stillstand und Rückgang, auf der andern ungewöhnlichen Fortschritt bemerken. Während es weder im Gebiete der eigentlichen und höheren Wissen schaften, noch in dem der Politik im Vergleiche mit der Zeit der letzten Hälfte des vorigen und de- Anfangs dieses Jahrhunderts so hervorragende Größen giebt, als damals, die Geister sich vielmehr verflacht zu haben scheinen, weil wir Schaaren von Versmachern, Bucherschreibern, falsch speculirenden, viel sprechenden und wenig handelnden Politikern, sogenannten Volksbeglückern, und Gelehrten wunderlicher Art rc. haben, — hat die geistige Thätigkeit der Men schen sich so weit auf praktische Dinge geworfen, hat sich die Mechanik und Technik und die Kenntniß der Natur, so weit sie für diese brauchbar und bis jetzt erkennbar, in einer Weise erwei tert und vervollkommt, daß uns das gerechteste Staunen über den hier erfolgten Fortschritt erfassen muß. Betrachten wir nur, was in Betreff der Eisenbahnen, der Dampfschifffahrt, Vervollkomm nung der Feuerwaffen, durch Erfindung von Maschinen für ge werbliche Zwecke geleistet worden ist, sehen wir hin auf die unde- rechnenbaren Wirkungen, welche die Erfindung des elektromagnetischen Telegraphen auf alle unsere Verhältnisse äußern muß, beobachten wir die zur Zeit noch unbegreiflichen Dinge, welche die anscheinende Belebung lebloser Gegenstände durch Auflegung der Hände nach den Versicherungen glaubhafter Männer zu bemerken gegeben hat, — so drängt sich «ns unwillkührlich der Gedanke auf, daß schon die nächste Zukunft eine viel versprechende und weit wirkende sein muß. Die Völker der Erde rücken einander näher, und Reisen, welche sonst die Lebenszeit vieler Menschen erforderten, kann künftig ein Mensch in der Hälfte seiner Lebensdauer zurücklegen. Bewährt fich daS Ericson'sche calorische System für Dampfschiffe und die aN-estellte Erforschung der Luftströmungen auf den Meeren, dann giebt es keine eigentliche Auswanderung mehr, dann findet nur ein gewöhnlicher Umzug der Menschen auf der Erde von einem Orte zum andem statt, bei welchem auf die Entfernung der Orte von einander nicht viel ankommt. Fast scheint es, als gäbe es in irdi schen Dingen kein Hinderniß mehr, als gäbe eS keine Unmöglich keit mehr, die in Bezug auf Zeit und Raum nicht zu besiegen wäre. Nach den in neuerer Zeit gemachten Erfahrungen kann man in der angedeuteten Beziehung Alles für möglich halten, ja wir dürfen selbst die Luftschifffahrt endlich noch entstehen sehen könnm. Frankreich und England sind durch den Telegraphen verbunden, und in England lebt bereit- der Techniker, welcher England und Amerika in gleicher Weise zu verbinden gedenkt. Schon besitzt er die Mittel dazu, und zur Ausführung ist er blos deshalb noch nicht geschritten, weil sein Ruf noch nicht so weit begründet ist, daß er nicht zu fürchten brauchte, es könnte da- Unternehmen am ersten mißlungenen Versuche scheitern. Asien und Afrika werden flch der Cultur wieder össtren und in's gelobte Land wird man über Steppe« und Wüsten mit der Eisenbahn fahren, und wa bern mehr ist. Erwägt man die hier im Allgemeinen angedeuteten Erscheinun gen, so kommt uns der Gedanke von selbst, was haben wir zu rhun, um hier nicht hinter der Zeit zurück zu bleiben? — Thätig sein müssen wir in dem Kreise, der uns für unsere Wirksamkeit angewiesen ist. Daraus folgt, wo nicht für jeden Einzelnen, doch gewiß und vorzugsweise für die StaatsrrgierUngen und die Obrigkeiten einzelner Corporation-« (Städte), weil gerade sie nicht wie (wenigstens meistentheilS) das einzelne Individuum blos für die Gegenwart, sondern noch für die feme Zukunft leben, d. h. wirken müssen, die Verpflichtung, auch für die Zukunft z« arbeiten. Wollte z. B. die Obrigkeit einer Handelsstadt nur ebm die laufenden Geschäfte besorgen und nicht an die Erweiterung, Verschönerung und Vergrößerung der Stadt, de- Handel- und des Verkehrs, so wie aller dahin einschlagenden Verhältnisse denken und in letzterer Beziehung der Zukunft in nicht- vertrauen, gewiß sie würde bei noch so ängstlicher Erfüllung der ihr eben zur Zeit aufliegenden Pflichten nur wenig erreichen und nicht die Stellung ausfüllen, die ihr angewiesen ist. In dem unS angewiesenen Ge schäftskreise in der hier bezeichneten Art gilt es daher, unausge setzt das Höchste zu erstreben, und jede Gemeinschaft hat sich Glück zu wünschen, wenn ihre Vorsteher sich einen erweiterten Blick aneignen und erhalten. Kleinstädtisch und spießbürgerlich ist es, wenn jeder Einzelne sich anmaßt, über jede- Unternehmen der Gemeindevorstände, dessen Zweck ihm nicht sofort einleuchtet, zu richten. Da könnte man wohl zu ihm sagen: „Schuster, bleibe bei deinem Leisten" und überlasse das, waS nicht deines Amtes ist, dem, der weiter sehen muß als von dir verlangt werden kann, denn dir würde eS auch nicht gefallen, wollte man dichin deinem Geschäfte, in welchem du unbeschränkter Herr und Meister sein willst, Hofmeistern. Wie es erfreulich ist, wenn der Einzelne in seinem Geschäfte vorwärts kommt und darüber sich jede gute Obrig keit aufrichtig freut, eben so ist's erfreulich, wenn eine Gemeinde als solche fortschreitet, und muß sich darüber auch jeder einzelne Bürger freuen, denn er ist ja ein Glied derselben und es gilt ja seinem und seiner Nachkommen Wohle! Was hätte z. B. aus Leipzig werden sollen, wäre nicht die Leipzig-Dresdner Eisenbahn gebaut worden?! Den Männern, welche dieses Unternehmen projectirt und durchgeführt haben, wird man einst noch ehrende Monumente setzen müssen! Weil nun aber durch da- entstandene Eisenbahnnetz der Stadt Leipzig der Handel gesichert ist und weil durch die in sicherer Aussicht stehende Aoll- einigung sich der Handel in Leipzig bedeutend erweitern wird, so ist es die Verpflichtung der Behörden dieser Stadt, all den Be dürfnissen, welche daraus für daS handeltreibende Publicum hier entstehen werden, auf daS Bereitwilligste entgegen zu kommen und eifrigst, sowohl in dieser als in mancher anderer Beziehung, das Ihrige dazu beizutragen, daß Leipzig die große Stadt auch wirklich werden kann, die sie zu werden verspricht. Gehe man nur nach Hamburg und in andere Hafenstädte und sehe zu, waS da für den Handel gethan werden muß, und man wird über die verhält- nißmäßig kleinen Opfer, die Leipzig bis jetzt gebracht hat, nicht mehr so viele leere Worte machen. Darum nur muthig vorwärts, dem Zaghaften, dem Klein- müthigen wird die Palme, die hier zu erringen ist, nicht gereicht! Einer umsichtigen Obrigkeit kann man schon zutrauen, daß sie nicht durch unüberlegte und zu große Spekulationen die Kräfte der Gemeinde überschätzen und Unausführbares oder gar Schädliches unternehmen wird. Freilich fordert ein so hohe- Streben seine Opfer, ein guter Bürger seiner Stadt muß aber diese willig dar- bringen. Stillstand ist bekanntlich Rückgang, und gilt dies namentlich in unserem Falle. Niemals dürfen wir die Zustände, in welchen wir leben, für hoffnungslos erklären, wir müsse« immer redlich nach dem Besseren und Tuten streben und hoffen. Hätte Columbus verzagm wollen, nie würde er Amerika habe« entdecken könne».
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