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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 09.04.1905
- Erscheinungsdatum
- 1905-04-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-190504094
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19050409
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19050409
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1905
- Monat1905-04
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BezngS-VreiS in der Haaptexpeditton oder der« U««qab— stelle« abgeholtt vterlAjührltch ^l L.—, bet zwrtmattq« tLgltcher Zustellung tn« Ha»s ^l S.7K. Durch dl» Post bezöge« für Deutsch« land u. Oesterreich vierteljährlich ^l 4ck0, für die übrigen Länder laut Zettunq-vrrttllst«. Diese Nummer kostet aus alle« Bahnhöfen «ad III 1^1 bei den ZeitungS-Berkäufer» I * Neöaktton und Expevtttom 1Ü3 Fernsprecher W2 JohanuiSgafse S. Haugl-Stliale Drrädeur Marirnstratz« 34 (Fernsprecher Amt I Nr. 1718Z> Haupt-Filiale Verlinr T a r l L « n ck e r, Hrrzg t.BayrHosbuchhaadlg, Lützowsiraße 10 (Fernsprecher Amt VI Nr. 4603X Nr. 181. KiMM TllgMM Handelszeitung. Ämtsvlatt des Llönigk. Land- und des Höingk. Ämtsgerrchtes Leipzig, des Aatks und des Votizeiamtes der Ltadt Leipzig. Sonntag den d April 1905. An zeigen-Preis die 6 gespaltene Petitzeile 2b Familien- «nd Stellen-Anzeigen 20 Finanzielle Anzeigen, GeschLstsauzelgen unter Text oder an belonvrrer Stelle nach Tarif. Die 4 gespalten« Reklamezrile 7b Z. Annahmeschlutz für Auiet««»: Abend-Au-gabe: vormittag- 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: nachmittag- 4 Uhr.' > Anzeigen sind stet- an die Expedition zu richten. Extra-Beilage« <uur mit der Morgen- Au-gabe) nach besonderer Vereinbarung. Tie Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abend« 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig «Inh. l>r. R. » W. Klink» ardtt. Herausgeber: Vr. Victor Minkhardt. SS. Jahrgang. Var llsicktlgrle vom rage. * DaS preukischeAbaeor-netenhau» hat sich gestern bis zum 10. Mai vertagt. (S. Bericht.) "PrinzFrie-rickLeopoldvonPreuken ist in Petina einaetrofsen und gestern vom Kaiser empfangen worden. * Der Könia und dieKöniain von England sind, wie aus Marseille gemeldet wird, gestern nach, mitwa an Bord der JE „Lictorira and Albert", die von dem Kreuzer Suffolk" begleitet wird, nach Port Mahon abgereist. * Die französische Kammer hat gegen oppositionelle Anträge für die Dringlichkeit der LrennungSvorlage gestimmt. (S. Ausland.) * In Madrid sind am Sonnabend beim Ein- stürz eine» im .Bau befindlichen Wasser! ei. tungS-Reservoir» etwa 400 Menschen ver unglückt; bO Leichen sind bereit- geborgen. (S. Neuigkeiten.) * Der schwedische Staatsminister Bostroem hat sein Abschiedsgesuch eingereicht. politische Wochenschau. Eine Politik des Schweigen» nennt der Berliner Korrespondent des „Standard" die Haltung der franzö sischen Regierung in der Marokkofrage. Man könnte sie noch besser eine Politik deS Schmollens nennen. Herr Delcass4 hat im vorigen Jahre, als er den Vertrag mit England schlofz, da» deutsche Reich ignoriert. DaS war ein grober Verstoß gegen die internationale Höflich- keit, der höchsten» dadurch eine gewisse Rechtfertigung er hielt, das; wir ihn rrnS gefallen liehen. Aber so wenig man vom deutschen Standpunkte aus die damalige Hal tung unserer Diplomatie besonders weitblickend finden kann, so muh man doch feststellen, dak in einem proviso rischen Schweigen noch lange keine Zustimmung zu fin den ist. Es ist natürlich eine Fiktion. dak wir von dem englisch-französischen Abkommen nichts gewuszt hätten, weil e» un» nicht offiziell mitgeteilt worden war: aber dak cs uns nicht mitgeteilt worden ist, das ist nun ein- mal eine Tatsache. Herr Delcassö suchte diese Tatsache zu verschleiern, ohne sie leugnen zu können. Zum lieber- fluk ist sie am Donnerßtag im englischen Unterhause aus drücklich festgestellt worden. Der Unterstnatsiekretär Earl of Percv erklärte mit dürren Worten: „Die englisch- französische Erklärung vom 8. April 1904 ist der deut- schen Regierung offiziell nicht mitgeteilt worden." Da- gegen konnte er die Antwort erteilen, dak unserer Diplo matie eine Mitteilung über da» Dekret deS Khedive. also über den äghpischen Teil deS Abkommens, gemacht war- den sei. Unsere Regierung hat deshalb zweifellos ein Recht zu handeln, al» existierte der Marokkovertrag nicht. Herr Delcass6 sieht e» nicht ein. „Mit Deutschland läkt man sich in kein Gespräch ein", schreibt ein französisches Blatt Herrn Dclcasss höhnisch ins Stammbuch. Diese kühle Zurückhaltung deS offiziellen Frankreich mag im ersten Augenblick. alS die Reise deS deutschen Kaiser» noch Tanger angekiindigt wurde, verständlich gewesen sein. Aber wenn sie wochenlang fortgesetzt wird, dann wirkt sie lächerlich. Und man darf nicht übersehen, dak Graf Bülow sich bemüht hat. seinem französischen Kollegen eine goldene Brücke zu bauen. Graf Radolin mukte. während der Kaiser in Tanger war. zu seiner Erholung in Monako weilen. Jetzt ist er nach Paris auf seinen Posten zurückqekehrt, aber nun will wieder Herr Delcassö seine Ruhe nicht stören und ignoriert seine An wesenheit. Die lange soll diese Schmollpolitik eigentlich noch dauern? Zudem muk Herr Delrassä sehen, wie ihm ein Atout nach dem andern weggestochen wird. In der französischen Presse ist man langst schon recht unzufrieden mit seiner Haltung, und wenn nicht alles trügt, glaubt auch die französische Kammer nicht mehr an seine Un fehlbarkeit. Seine Ausstreuungen sind auch durch die Tatsachen allzuschnell Lügen gestraft worden. Er tat so. als ob die Antwort auf die Kaiserreise nach Tanger in einer englisch-französischen Flottendemonstration bestehen würde. Aber der Austausch von Flottenhöflichkeiten blieb zunächst au», und wenn er wirklich im Gommer stattfinden sollte, so hätte er jedenfalls mit Marokko nicht» zu tun. Dann kam die Reise des Königs von Eng- land über Paris nach Marseille, die Herrn Delcgssä Ge- legenbeit geben sollte, seine Intimität mit König Eduard zu dokumentieren. Die Reis« ist auch von statten ge gangen und Präsident Loubet hat den König eine halbe Stunde in seinem Salonwagen von Pierrefitt» bis Pari» begleiten dürfen: nur Schade, dak Herr Delcassö zu die- ser Begegnung nicht zugezogen wurde. Öffenbar wollt, König Eduard alle» vermeid«», was dieser Begegnung «in antideutsche» G»vrä«» -ätt« g«d«n kdnn«n. Ebenso schwach ist der Trost der französischen Diplo- matie. dak Deutschland isoliert fei. Graf Bülow hat nicht ohne Geschick an den Madrider Vertrag von 1880 angeknüpft, um die damaligen Signatcrrmächte zu einSm gemeinsamen Zusammengehen in der Marokko frage zu bewegen. Dor allem scheint hier Präsident Roosevelt die Gelegenheit benutzt zu haben, um uns zum Dank für die vielen ihm erwiesenen Liebenswürdigkeiten aus der Patsche zu helfen. Er hat erklärt, dak er mit der .Haltung Deutschlands in der Marokkofrage sympathi- siert, was ihm ja auch nicht schwer werden konnte, so lange und so weit wir in Marokko gegen die von Frank reich beanspruchte „singuläre Stellung" die Politik der „offenen Tür" verfolgen. Ebenso darf man wohl ohne weiteres annehmen, dak Spanien im Grunde seine? Her zen» mit uns übereinstimmt, da eS ihm natürlich nicht gleichgültig sein kann, wenn sich jetzt Frankreich dort fest setzt. wo eS selbst durch Jahrhunderte einen dominieren den Einfluk ausgeübt l-at. ES ist deshalb durclxms möglich, 'dak der Gedanke einer von Spanien ein- zuberufenden Marokkokonferenz Form und Ge stalt gewinnt. Ja. vielleicht ist Linser Plan schon weiter fortgeschritten, als die spärlichen Nachrichten, die darüber bisher an die Oesfentlickkeit gedrungen sind, vermuten lassen. Es würde sich dann eine recht stattliche Koalition von Mächten ergeben, die an dem freien Handel in Marokko ein mehr oder weniger grokeS Interesse haben: und eS ist doch recht zweifelhaft, ob Herr Delrasscf auch diesen geeinten Mächten gegenüber mit seiner Taktik des Totschweigens auskommt. Vor allem aber dürfte die Begegnung des deutschen Kaisers mit dem König von Italien in Neapel der deutschen Diplomatie eine wesentliche Rückenstärkung gebracht haben. Gerade in diesen: ettvaS gespannten Augenblicke ist eS von nicht zu unterschätzender Bedeutung, dak der König von Italien das gegenseitige Band der innigen Freundschaft betont. Gewik wird man in diesen Trinksprüchen um so weniger eine Bedrohung Frankreichs zu erblicken haben, als die friedlichen Ziele des Bundes nun schon durch eine lange Reihe von Jahren bestätigt worden sind. Aber dak in ihnen eine Bezugnahme auf Marokko liegt, und dak darüber hinaus die Monarchenentrevue in Neapel zu einer Verständigung über dte Marokkofrage benutzt wurde, ist wohl selbstverständlich. Nein, Herr Delcassö. isoliert sind wir auch in der marokkanischen An- gelegenheit nicht. Es will uns sogar scheinen, als ob gerade bei diesem heiklen Anlak sich die angenehmen Wirkungen unserer konsequenten Friedenspolitik er- geben haben. Die Versicherungen de» Königs von Italien haben insofern jetzt eine erhöhte Bedeutung gewonnen als das neue Kabinett Forti» der Dreibundpolitik einen starken Rückhalt gewähren wird. Dafür bürgt nicht blök Herr Fortis, der kluge Schüler ErißviS, selbst, sondern ebenso seine auS dem Ministerium Giolitti übernomme nen Kollegen und die liberale Mehrheit der Kammer. Wenn auch da» neue Kabinett in erster Linie das Ziel der sozialen Versöhnung verfolgt, so hat dock Herr Fortis in seiner programmatischen Erklärung keinen Zweifel ge lassen. daß er die Verstärkung deS Militärbudgets und die Dergrökerung der Flotte herbeiführen wird. Da mit gewinnt auch für unS der verbündete Staat eine er höhte Bedeutung. Don dem dritten im Bunde, von Oesterreich- Ungarn, läkt sich leider eine ähnlich günstige Wen- düng noch immer nicht erhoffen. Die Versuche, in Un garn ein Koalitionsministerium zu schaffen, sind wieder an -en selbstmörderischen Forderungen der Unabhänaig- keitSpartei gescheitert. Kaiser Franz Josef ist mit leeren Händen auS Pest nach Wien zurllckgckehrt. Der lebte Grund liegt natürlich darin, dak die Ungarn los von Oesterreich wollen, nicht blök wirtschaftlich, sondern auch auf dem Gebiete der Armee. Der Vorwand wird aber in den Nüstung»kroditen gefunden, die in Höbe von 4bO Millionen gefordert wurden. Auf diese Kredite soll jetzt die Regierung verzichten, waS sie einfach deshalb nick: kann, weil sie zum arökten Teil schon ausgegeben wur- den. Da» ist ja dort ganz begreiflich, da keine Negie rung. die ihre Aufgabe ernst nimmt, mit der militärischen Fürsorge warten kann, bis eS dem Parlamente beliebt, seine Pflicht zu tun. Die Unabhängigen tun freilich so, alS ob ein furchtbares Verbrechen begangen sei: sie wollen nicht blök das Kabinett Tissa in den Anklagezustand ver- setzen, sondern auch wegen -er Ausgaben der Kriegs- und Marineverwaltung gegen die gemeinsame Negierung vorgeben. Dabei kommt schwerlich etwas anderes herau». als dak die beiden Reichshälften einander zerflei schen. Dak damit auch der Vündni-wert Oesterreich-Un- garn» herabgedrückt wird, ist leider nickt zu bezweifeln. Auf dem mantschurischen Kriegsschau, platze ziehen sich di« Russen, von den Japanern ver- folgt, langsam weiter noch Norden zurück. Di« Hoff- nungen aus FriodenSverhandlungen, die in der letzten Zeit bestimmtere Gestalt zu gewinnen schienen, haben sich wieder in blausn Dunst aufgelöst. Kaiser Nikolaus, schwach im Glück und starrköpfig im Unglück, will dte Dinge nicht sehen, wie sie wirklich sind, sondern wie er sie haben möchte. Dabei tastet er doch ratlos hin und her. von einem Extrem inS andere springend. Wäre Konse quenz in seinen Handlungen, so könnte man aus dem be- vorstehenden Rücktritt des Oberprokuratvrs des Stmod PobjedonoSzew eine gewisse Hoffnung schöpfen. Denn dieser starke und fanatische Geist wurde tvohl nicht mit Unrecht als des Zaren Beeinflusser an gesehen. Aber ob nun wirklich eine Zeit freierer Geistesregunq kommen wird, das wagt niemand zu hoffen. Bisher bat sich noch immer gezeigt, dak der Zar, wenn er wirklich einmal einen Schritt vorwärts wogte, gleich wieder zwei zurück tat. Auch diesmal wird inan gut tun. die Erwartung kirchlicher Reformen in Nukland auf ein Minüestmak zu beschränken. (ZuiÜLM. Vie Marolrlrsstage. Urteile über Deleassö. Nack einer Preßiibersicht deS WolffbureauS sind die Er klärungen De leas iss über Marvils bisher nur kurz er örtert worden. Die „N^publique Frangaise" sagt: „Die Erklärungen entsprechen den Gefühlen derjenigen Fran- Wien, die ihre Mäßigung bewahrt haben und auf Wahrung der nationalen Ebre bedacht sind." Die „Hu- inanits" deS Deputierten Jaurös schreibt: „Falls Herr DelcassS nicht innerhalb weniger Tage Verhandlungen mit ver deutschen Reaierung angekiiiipft baden wird, um alle Mißverständnisse über Marokko ru zerstreuen, wird die Frage von neneni aufgeworfen und gründlich er örtert werden. Der „Figaro" schreibt: „Nack den Erklärungen DelcassSS bleibt nichts andere- übrig, als die Debatte über die Interpellation wegen Marokko- auf eine bessere Zeit zu vertchieben. linier „besserer Leit" ist der Augenblick zu verstehen, in dem die Erörterung selbst gegenstandslos geworden sein wird. Man wird DclcassS für feine Haltung überall Dank wissen unv einsehen, daß bei den ständigen Begehungen zwischen der deutschen und der französischen Re gierung von der Rue de Lille ,.ach dem Ouai d'Orsay e,n türzererWegistatSvonEuxhavennackTanger." Der „Eclair" meint, man müsse bedauern, datz Delcasse überhaupt gesprochen habe, denn so ein klägliches Aufgeben des Programms von, Oktober 1W4 bätte niemand für möglich ge halten. Vor 8 Monaten habe Delcassö geglaubt, die franzöfucke Prepondsrance gesickert zu habe», heule ve> kleinere er die Rolle und die Rechte Frankreicks, so daß diese in Frage gestellt würden. Elemenceau spricht in der „Aurore" die Hoffnung aus, daß der Ministerpräsident den Minister DelcassS >n die Notwendigkeit versetzen werde, daß von ihm ange stiftete Uebel soweit als möglich wieder gut zu machen. — Nach einer Zeitungsdeprsche findet selbst Rouviers Organ, der „Matin", man täte am besten, den Hochs lieg enden Marokkoplänen ehrlich zu entsagen; Frankreichs nationale« Leben habe von dieser zweifelhaften moralischen Eroberung keinen Segen zu erwarten. Die deutsch-französische Spannung. Vom Pariser Korrespondenten der „Frkf. Ltg." wird bestätigt, daß Delcass» eine lange Aussprache mit dem deutschen Botschafter über Marokko pflog. Fürst Radolin war am Dienstag von der Riviera zurückgekehrt und am Mittwoch zum diplomatischen Wochenempfang im Ministerium des Aeußcrn crickienen. Man erblickt in diesem Besuche ein Anzeichen, daß in Berlin keine Absicht besteht, eine Aussprache unmöglich zu machen, und man ist davon umso angenehmer berührt, als der Vertreter Radolins während dessen Abwesenheit nicht zum EmpsangStag Delcasi^S erschienen war. — Aus Tanger meldet die „Köln. Ltg." demonstrativ: „Die im Pariser Blatte „Le Journal" vom 3. d. veröffentlichte Depesche de« Bericht erstatters du Taillis über die Gründe der verspäteten Landung des Kaisers in Tanger beruht, wie ich an wohlunterrichteter Stelle festgeskellt habe, von Anfang bis zu Ende auf plumper Erfindung; insbesondere ist der Berichterstatter seit dem Kaiierbcsuch von keinem Mitglied der deutschen Gesandtschaft empfangen worden. Alles, was über schwebende deutsch französische Verhandlungen, die angeblich den Grund der verzögerten Landung bilden sollten, gesagt worden, ist, wie es ja für Eingeweihte ohne weiter« klar war, reiner Un sinn." Auf Grund einer Information wird uns aus Berlin mitgeteilt: Delcafss hat weitere Mit teilungen in der marokkanischen Angelegenheit in Aussicht gestellt. Diese müssen abgewartet werden. Der Hinweis des „Temps" auf die Haltung Bismarcks im Jahre 1880 trifft nickt das Nichtige. Bismarck wurde zu seiner damaligen Politik durch das freundliche Verhalten des französischen Ministers des Auswärtigen be stimmt. Wie sich Bismarck verhalten hätte, wenn Frankreich damals ein Abkommen mit Spanien und England getroffen Kälte, ohne Deutschland zu d«rücksichtigen, kann sich ver „TempS" selbst ausmalen. Eduard VH. nach Langer. Der Korrespondent des „Journal" in Marseille tele graphiert: „Man weiß nickt« über die Richtung der Kreuzer- sakrt, di« dte Jacht des Königs von England im Mittelmeer unternehmen wird. Ich habe indessen an Bord der „Viktoria and Albert" eine Mitteilung erhalten, der ich angesicktS der Persönlichkeit, von der sie stammt, Glauben beimessen muß. Danach würde König Eduard auf seiner Kreu zerfahrt Tanger besuchen." — Auch der Korrespondent deS „Figaro" verzeichnet dieses Gerücht, das, wie dem „B. T." aus Paris gemeldet wirb, schon am Freitag in den Kamm«rkoulotr« umUef, aber von »itmanvem ernst genommen wurde. Vie stririr in fiurrlana. Einzeln* Meldungen. Nach einem Telegramm de- „D. T." aus P«t«rsbura wird Fürst Schirinkrn, bisher <ji»ef d«r Palastpolizr, zu« Gehilfe» de» Statthalter« das Kaukasus. Grafen Wo ronzow-Daschkow ernannt werden. — Die Petersburger Telegraphen-Ägeutur meldet aus BerdjanSk: Die Arbeiter aller industriellen Anstalten, die Lastträger an den Anlegeplätzen und die Gepäckträger am Bahnhof sind in den Ausstand getreten. Der Konflikt zwischen Pobjedonorzew nnd den, Heiligen Synod. Ueber die Vorgeschichte deS Beschlusses des Synods meldet der Petersburger Korrespondent der „Köln. Zig." inter essante Einzelheiten. Wie er schreibt, setzte nach dem Abschluß der Seltiererdebatten im Ministerkomitee der Präsident Witte in einer kurzen Rede auseinander, während die Sektierer Religionsfreiheit erhielten, bleibe die orthodoxe Kirche unter der Vormundschaft der weltlichen Obrigkeit, aber auch die Lage der orthodoxen Kirche müsse ein er Erörterung unter worfen werden. Die VolkSmassen hätten nur zwei Schätze, daS Land unv den Glauben, der ihnen Kraft und Leben gebe. Dieser wertvollste Schatz muffe dem Volk erhalten werden. Die Rede sand selbstverständlich Anklang. Der Metropolit AntoniuS beeilte sich, Witte von den Wünschen der Hierarchie in Kenntnis zu setzen; dann wurde unter der Leitung Wittes eine kurze Denkschrift über die Lage der Kirche entworfen, die die Ansichten der zeitgenössischen Theologen über die Kirchenreform PeterS de« Großen enthält, und fest stellt, diese Reform trage einen antikanonitchen Charakter und übe einen ungünstigen Einfluß auf das kirchliche Leben aus. Seit der gewaltsamen, nach protestantischen Mustern durch geführten Reform Peters deS Großen habe die russische Kirche das Band mit den kirchlichen Traditionen zerrissen, daher versumpfe das religiöse Leben. Ohne sonstig« Vorschläge zu machen, besteht die Denkschrift auf der Einberufung eines Konzils, das sich mit der Kirchenreform befassen soll: gleichzeitig haben Kanoniker, Professoren der Kirchengeschichte und Homiletiker der geistlichen Akademie ein Reform - Programm auSzearbeitet. Der Metropolit Antonius nannte WitteS Denkschrift vorzüglich. Als der Oberprokurator PobjedonoSzew von der ohne sein Wissen eingeleiteten Reform erfuhr, ergrimmte er tief und setzte beim Kaiser durch, daß die Frage der Kirchenreform dem Ministerkomitre entzogen und dein Synod übergeben oder seiner Verfügung ohne Kontrolle überlassen werde. Vor der Sitzung des Synods, in der di« Kirchenreform beraten werden sollte, sandte PobjedonoSzew eine Denkschrift ein, worin er versuchte, Wittes Aus führungen entgegenzutrelen. Wittes Behauptung, die Kirche trage gegenwärtig einen bureaukratischen Charakter, übergeht diese Denkschrift fast mit Stillschweigen, sie be; bauptct nur, die Kirche werde durch die weltliche Obrigkeit nickt beschränkt. Es muß fast angenommen werden, daß PobjedonoSzew bei der Abfassung dieser Gegenschrift von einem seiner Untergebenen hintergangrn worben ist, da sie Bruch stücke au« einer Dissertation eines gewissen Runk«witzsch dar stellt, und zwar au« den Kapiteln, die die Professoren der geistlichen Akademie al- tendenziöseDarstellungdes kirchlichenLcbens offiziell anerkannt haben. Ungeachtet des Einflusses der weltlichen Mitglieder de« Synod« beschloß dieser einstimmig, um die Erlaubnis zur Einberufung deS Konzils nachzusuchen. Die Hierarchen legten eine so große Entschlossenheit, ihre Wünsche iur Kenntnis deS Kaisers zu bringen, an den Tag, daß die Vertreter der weltlichen Obrigkeit sich jedes Einspruchs ent hielten, zumal der Synod erfahren hatte, der Kaiser selbst habe den Wunsch nach Einberufung des Konzils ausgesprochen, alS Witte idn von den Wünschen der Geistlickkeil brieflich benach richtigte. In den nächsten Tagen will ver Synod dem Kaiser ein Heiligenbild darbringen und gleichzeitig eine Adressr über reichen. Dann wird sich die Stellungnahme PobjedonoSzews klar Herausstellen. Entweder macht er gute Miene zum bösen Spiel, ober er versucht, den Empfang der Hierarchen in ZarSkoje Sselo zu verhindern. Der dem Genius der Reaktion wenig freundlich gegenüberstehende Slowo meint, wie sich Pobjevo- noszew zur Sache auch stellen möge, die begonnene Bewegung der Geistlichkeit werde nicht zum Stillstand kommen. Der „vertrocknete Götze" werde, wenn nickt heute, so morgen stürzen, in die so lange in Lethargie befindliche Kircke kehre das Leben zurück. Hoffentlich behält da« Blatt reckt; dem Frieden ist aber nicht recht zu trauen, solange daS Negierungs organ nickt gemeldet bat: PobjedonoSzew erbat aus Gesund heitsrücksichten seine Entlastung, die ihm gnädig bewilligt wurde. ver rurrirck-japanirche Krieg. Russische Rüstungen. Der Petersburger Berichterstatter der „Times" drahtet am 7. April: Im Lichte der neuesten Berichte scheine es sehr zweifelhaft, ob Linjewitsch versuchen werde, ernsten Wider stand südlich vom Sungarifluste zu leisten. Die Behaup tung, Rußlands Rüstungen bezweckten mehr, ehren volle Friedensbedingungen zu erlangen als eine Fortsetzung des Krieges finde allgemeinen Glauben. Rußland treffe unzweifelhaft ungewöhnliche Vorbereitungen. Jüngst seien im Auslände 200 Millionen Patronen bestellt. Weitere 300 Millionen sollen demnächst bestellt werden. Der Vertreter Ereusor« verließ Petersburg soeben mit Bestellungen für Kanonen und Munition im Werte von sieben Millionen Pfund. Die sibirische Eisenbahn wird an-gebessert. - Der Minister Fürst Chilkow geht nach Cbarbin, um mit Linjewitsch zu beratschlagen. Kurz, eS wird jede Anstrengung gemacht, um in möglichst kurzer Leit große Truppenmaffen im fernen Osten an,ufammrln. vom Kriegsschauplatz«. Nach der Petersburger Telegraphrn-Agentur hat Linse- witsch dem Laren unter dem gestrigen Datum gemeldet: Da« Gefecht bei Ehinchiatum am 4. April kauerte 12 Stunden. Der Feind hatte bedeutende Verluste. Auf unserer Seite sind gefallen 1 Offizier und 4 Kosaken, verwundet wurden 2 Offiziere und einig« 30 Kosaken. — Am L. April drängten unsere Borbutmannfchasten die japanische Vorhut bis Taipinlin zurück. Am 0. April b« fegte unser« Infanterie da« Dorf Kuyushu. Nachdem der Feind aus dem Dorfe vertrieben war, trat er eilig den Rückzug an. — Lus Gnnd schul in wird gemeldet: In den legten Tagen ist eine Bewegung der Japaner gegen den russischen linken Flügel zu bemerlen. Di« Weg« sind insola« d«s Tau- w»tt«rs in furchtbar«» Zustand«. Die chinesische Bevöl- k«rung von stirin ist ui grßßm L»«»tz«, v» »««
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