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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 23.06.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-06-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-189906234
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-18990623
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-18990623
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-06
- Tag1899-06-23
- Monat1899-06
- Jahr1899
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 23.06.1899
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Riesaer H Tageblatt Freitag, SS Juni 1899 Abend- Brehm. AU 4» 1 un G 99 für d«< »Riesa« ra-eblait" erbitten mG bi» spätestnM SormittaD» V Uhr de» jeweilige» Ausgabetage«. Die GeschLfttßlelt. Auf Kol. 4» de« Handelsregister« für den Bezirk de« vormaligen «mtSgericht« Strehla ist heute verlautbart worden, daß die Firma Paul Bäge in Strehla erloschen ist. Riesa, am 22. Juni 18SS. Königliches Amtsgericht. Heldner und Anzeiger sEMlitt Md Alyki-tt). .,.^77.',. Awtsötatt der König!. AmtShanptmmmschast Großenhain, des König!. Amtsgerichts «nd des Stadtraths zu Riesa. 14». Freitag, SS Juni 1899 Abend«. SS. Jahr«? »a» West« Tageblatt «scheint jede» Lag Abend« mit AnWa-m, der Son«, und Festtag«. BtertrljLtzrltcher BezugSpre!» bet Abholung In den «kpedttton» in Rief« und ob« durch um«, rrt^m tu« Ha», 1 Mart bO Pfg.< »ei Abholung am Schalt« d« 1M,«l. Postanfialt« 1 Start W Pfg., durch de» »riqvng« fttt M, Hm, 1 «att SS P^ Am»,« Mr di, Ammn« »M Ausgabetage« bl« vormittag S Uhr ohne SerrLhr. v«» mW Verlag von »anger » »interlich tu Riesa. — SeschajtSstell, Kastanienstraß, SV. — Mr di, Wdaetio» mrantwortlich: Her«,» Gchmtb» tu Aicha. Ueber Wohlfahrtspflege auf dem Laude hielt Herr AotShauvtwatin Dr. Üble wann-Großenhain einen hochwichtigen u. hochinteressanten Vortrag in der vorgestern in Großenhain im Hotel de S»xe ftaltgefundenrn Dtö- -esan-Versammlung. Der Herr AmtShavptwann legte zunächst, wie wir de« Berichte de« . Großenhainer Tageblatt' entnehmen, in der Einleitung seine« Bortrage- dar, in wel chem wettzreifenden, alle socialpolitischen und volkserzieherifchen Momente umfassenden Ginne der Begriff Wohlfahrtspflege zu verstehen sei und beleuchtete anschließend an der Hand . werthvollen statistischen Material« die von jedem natronal gesinnten Lolkswirth so bedauerlich und bedenklich empfun dene Thrtsache, daß der Bevölkrrung«»uwach« auf dem plat- tiN Lande in Deutschland stillsteht resp. zurückzrht, während der Zuwach« in den Städte« rapid steigt. So waren uo. 71 noch 73 Prcc, der Bevölkerung de« deutschen Reiche« in ländlichen Bezirken beschäftigt, so SS nur noch 35 Proc. und in Sachsen nährten sich 1843 35 Proc. der Bevölkerung von der Land« und Forstwirthschrft, 1895 nur noch 15 Prcc., mit andern Worten, wir nähern uns mit immer bedenklicherer ' Schnelligkeit englischen Verhältnissen mit all ihren Schatten seiten, Sprciell in der Amtthavptmannschast Großenhain > zeig« sich auch diese Erscheinung der Landflucht. Richt we- ' Niger al« S4 Gemeinden find von 1890 bi« 1895 im Br- völkerung«rßckgang begriffen, nicht weniger al« 76S Einwohner ' hat in den gedachten Jahren da« platte Land drr Amtt Haupt- ' »annftaft Grohevhain verloren. Welche« find nun, so fragte der Herr Vortragerstatter, die Ursachen dieser Entvölkerung de« platten Landes, welcher ihre Folgen, welche« vielleicht ihre Heilmittel? Der Ursachen find mancherlei: die Vervollkommnung, aller Verkehrsmittel, die eine förmliche dauernde Mobilifirung der Bevölkerung herbeigesührt hat, der gesammte in den letzten Jahrzehnten k eingetrrtene Umschwung aller wirthschaftlichen Verhältnisse, die Einstihrung der Maschinen auch in die landwirthschaftliche ! Produktionsweise, nicht zuletzt der Gang der Gesetzgebung, j wie z. B. da« Freizügigkeit«gesetz, da« da« alte gute Hri- s mathrgesktz, dr« noch da« Hängen an der Scholle ein H-tlig- thum gewesen, vernichtet habe. Wrrjhätte denn hrut zu Tage noch bei den jetzigen HeimathSrechiroerhältniffen im vollen Sinne de« Worte« eine Heimath? Und gerade der Verlust , der Heimath demoralifire förmlich den Menschen. In Shn- , lich bedenklichem Sinne wie die Schaffung der Freizügigkeit ; wirkten dir neuerlichen Bestimmungen über da« Gefindewesea und da« Diroftvrrmittelung«wesen. Auch die Eoncentrirung ! der Garnisonen in den Großstädten zeitige ihre bedenkliche« . Folgen. Der Landrekrut, der da« Großftadtlebcn schmecken ! gelernt, wolle nicht wieder zurück in die schlichten Verhältnisse . seiner ländlichen Heimath. Und die in den Großstädten be sonder« blüheadeJnduftrie wirke förmlich aufsaugrnd für de« Arbeitsmarkt. Männliche wie weibliche Dienstboten (Mägde) seien für die ländlichen Betriebe kaum mehr zu erhalten. Weiter zeige sich die anffalleodr Erscheinung, daß zu Industriearbeitern gewordene Landarbeiter lieber auch dann bei der Jndustriearbeit blieben, wenn infolge eintrctrudea firuereo Geschäftsgang« in einzelnen Industriezweigen die Löhne auch solcher industrieller Betriebe gedrückt wäre«. Käme e« aber vor, daß zu Industriearbeitern gewordene ? Landarbeiter doch wieder zu« landwirthschaftliche« Betriebe zurückkehrtra, so sei da« noch nicht einmal et« Segen, da gewöhnlich diese Arbeiter an der ländliche« Arbeit keine Freude mehr fänden. Der Drang nach dem freieren, un gebundenen Leben de« Industriearbeiter« sei ein übermächtiger. Der Retz de« Unbekannten, da« Flittergold der Großstadt lockt die Landarbeiter »ach den Jndnstrikcenircr:. Sie sehen nicht, wa« sie an wirklichem Glück verlieren, um dafür eia scheinbare« Glück «inzutauschen. Auch andere psychologische Momente wirken hierbei mit, der Zug, die Kinser „etwa« Besseret" wie der Vater werden zu lasten. Immerhin ist dieser Verlauf de« großen volkSbewegungSprozesse« ein na türlicher. Da« Land ist eben der stete Jungbrunnen der Städte, giebt nach eine« natürlichen Gesetze seine über schüssigen Kräfte an die Städte ab, in denen nachweislich Familien kaum bi« zu vier Generationen sich — Ausnahmen bestätigen die Regel — dauernd erhalten, während manche ländliche Familie seit Jahrhunderten nachweislich auf der selben Scholle fitzt und an ihrem Besitze kesthält. Aber — zur Zeit, heutzutage ist die Abgabe an Arbeitskräften vom platten Lande nach den Jndustriecentren eine übergroße, eine st- überstürzende und darum ungesunde. Ja den Siäbt.-n «xistirt ein Zuviel an Angebot von Arbeitskräften und infolge dessen herrscht LrbeitSmangel, ArbeitSlostgkeit, auf dem Lande dagegen herrscht Arbritermaagel, der den Rückgang-de« ge lammten landwirthschaftliche!, Betrieb« zur natürlichen Folge ha». Das ist nicht nur für de« Landwirth-stand, da; ist fü c den ganzen Staat bedenklich. Der rapide Rückgang der ländlichen Bevölkerung tnvoloirt auch einen (nachweislichen) Rückgang der Wehrkraft der Natioa (was Vortragerstrtter durch Zahle« beleg«), kurz, die Folgen der Landflucht, deren Ursachen skizzirt wurden, stad für den Staat, für die gesammte Nation hochbedrnkliche. Mau hat natürlich schon auf Ab hilfe gesonnen. Um dem Leutrmangel auf dem Lande zu be gegnen, hat man Arbeiter au« dem Osten, namentltch au« Polen, iwportirt. Da« bat erst recht bedenkliche Folgen ge zeitigt. Da« katholische Element mehrt sich durch die Ein- Wanderung aus dem Osten immer bedenklicher In der Amt«hauptmannschaft Großenhain gab e« z. B. 1875: 48, 1895: 269, 1899: 426 Katboliken, ein Zuwachs, an dem auf dem Lande namentlich die O.te Gröditz, Kalkreuth und Adelsdorf participiren. Die ungesunde Verschiebung der Landbevölkerung in die Städte bedeutet aber überhaupt da« Grab einer Nation, die nur an« dem steten Kontakt mit der nährenden Matter Erde ihre jugendliche Lcs't sich erhalten kann. Der Bauernstand ist die Wurzel de« Volksthum«, verdorrt die Wurzel, geht drr ganze Baum zu Grunde. Darum handelt e« sich bei der Erhaltung der ländlichen Be- vö.keruug nicht lediglich um ein Klafsenintereffe, sondern um ein Interesse de« ganzen Staate«. Au« diesem StaatSin- teressr herau« gelte e«, die Wohlfahrt auf dem Lande zu för dern, und zwar zu fördern auf materiellem, ethischem und psychischem Gebiete. Al« materielle« Mittel in diesem Sinne würde eine Abänderung des Freizügigkeit«--setze« und de« Ge- setze« über den Unterstützungswohnfiy zunächst dienen. Doch sei e« unmöglich, darauf zuzukommen, an eine Abänderung der genannten beiden Gesttze fit in absehbarer Zett nicht zu denken. Wohl aber sei «ine Rrformirung der Gefindeordnung namentltch tu Bezug auf da« Kapitel: „Bruch dr« Arbett«- verhältnifse« durch den Arbeitnehmer", vor Allem eine strengere Kontrolle de« Gesinde- und Stellenvermittelung«»rsen« er forderlich und auch nicht aulfichtllo«, sei doch de« de. zeitigen Rrich«tage eine dte«bezügliche Vorlage zugegangen, die von de« hohen Hause hoffentlich noch verabschiedet werden würde. Wetter sei Bedacht darauf zu nehmen, daß die Vergünstigung der Arbeiter bet Benutzung der sogenannten „Arbetter'züge nicht zu weit gehe, d. h. die Benutzungszooe derartiger Züge dürfe nicht in'« ungemessene «»«gedehnt werden, damit sich der Einfluß, die Aaziehung«krast der so sehr leicht erreich bare« Städte nicht noch weiter in« platt« Land hinaus er strecke. Weiter gelte es, auf de« bereits beschrittenen Weg« fortzufahre«, von StaatSwegen Kapital zu« Bau von Ar- beiterwohrungea (keinen Miethrkaserneo, sondern wirklich ländlichen Anwesen) flüssig zu machen, damit drr Arbeiter zu eignem Hrtm «nd Herd, zu« Gefühl« der Zugehörigkeit zu dem Betriebe, in de« er arbeite, gelange. Den ländlichen Arbeftgebern sei zu empfehlen, daß sie zwecks der Erhaltung der Arbeitskräfte in den ländlichen Betrieben möglichst die Akkordlohnarbeit, ferner die Zahlung des Lohn« in sich stei gernden Raten elnführtrn, daß sie ferner dem üblichen Weih- nachtSg eschen! dr» Charakter eines Geschenk« beließen und dasselbe nicht a'S eine vertragsmäßig« Leistung stipultrte«. Tüchtige und langvrrdiente Arbeiter müßten zu« Ansporn für Andere noch mehr wie bisher durch Verleihung von Mrdatllru „kür Treue in der Arbeit" aurgezeichnrt Werder; in dieser Beziehung würde sprciell der weiblichen Dienstboten auch in den Städten eigentlich noch zu wenig gedacht. Kontrakt- brüchigen Arbeitern gegenüber gelte es, daß da« Solidarität«- gesühl der Arbeitgeber Noch viel mehr als bisher erstarke, wenn auch der Beitritt zu dem diesem SolidarttätSgesühl, besonders dienenden, neuerlich gegrüadetea Arbeitgebexbunde, der doch nur „ein neuer Verein" zu sowieso schon viel zu vielen alten sei, kaum ewpfehlenSwerth sein dürfte. Da« hauptsächlichste materielle Mittel zur Hebung der Wohlfahrt auf dem Lande aber sei die Förderung de« Genossenschafts wesen«. Kreditgenossenschaften, Ein- und BerkausSgenoffen- schäften, Spar- und DirlehnSgenoffevschaften (Kaffen), Mol- kereigenoffenschafteu, EierproduktionSgenoffeuschaften gelte r« zu schaffen, da deren Wirken da« denkbar segensreichste sei. Solche Schaffung sei auch gar nicht so schwierig, habe doch der letzt« sächsische Landtag erst wieder der Regierung zwei Mill Mark zur Förderung de« Genossenschaftswesens zur Verfügung gestellt. In Sachsen beständen und florirtru be reit« 104 ländliche Genossenschaften. Die einzigen, die drr - Bildung solcher Genossenschaften widerstreben »ürden, dürften - die Händler se o, durch die man sich aber nicht irre wachen j lass« dürfe bez. die schließlich in Verwaltungsposten der . Genossenschaften «nterzubriuge« und so schadlos zu halten sein würde». Sprciell in der Großenhainer Gegend liege noch ein große» Feld ländlicher Produktion brach, nämlich da« drr Geflügelzucht und der Eirrproduktion. Gerade diese« könne auf genossenschaftlichem Wege sicher mit bestem Erfolg, erschlossen werden. Durch solche Erschließung würden bedeu tende Mehreinnahmen au« den «eisten landwirthschaftliche» Betrieben zu erzielen sein. In Hannover z. B. beständen über dreißig solcher blühenden Genossenschaften und der Klub deutscher Geflügelzüchter habe zahlenmäßig die Rentabilitäts möglichkeit ja Sicherheit erwiesen, habe doch nach den sta- tisttschen amtlichen Zusammenstellungen Deutschland zur Deck ung seine« Bedarfs an Eiern (für Eier und G-flügel) au da« Ausland 150000000 M. »»«bezahlen müssen. Kerner gelte es L benSmittelbeschaffung«anstalten auf d-m Laase zu gründen, deren Vortheil nicht nur in der Verbilligung drr j Maaren beim Einkauf, sondern auch in der erfahrungsgemäß ! größeren Güte solcher genossenschaftlich gekaufte« Maaren ' bestehe. Besonders müsse da« ländliche Sparkaffenweirn ge- ! Hoven werde«. In manchen Gegenden fei in dieser Bezieh- ung schon eia hübscher Anfang gemacht, so beständen z. B. j in» amtShauptmannschafrlichen Bezirk« Dippoldiswalde sieben ! ländliche Sparkassen und die Sparkes« der Stadtgemriade Radeburg z. B. habe im Jahre 1898 eine« Sparkafsenrrto- gewinn von rund 36000 M. zu verzeichnen gehabt, von de« rund 22000 Mk. für gemeinnützige Zwecke hätten Bernsen- düng finden können. Der in Großenhain verwendete Spar kaffengewinn sei für diese Zeit 84000 M., der Riesaer 58000 M. gewesen, gewiß Zahlen, die zur Nacheiferung, d. h. zur Gründung von Sparkassen auch auf dem Lande ermuthigten. Für «ine manchmal au» ländlichen Kreisen gewünschte Ver kürzung 'er FortbilduagSschulunterrichtSrflicht oder gar für die Aufhebung drr Verpflichtung zu« Besuch« der Fsrtbil- dungsschule feiten» der jugendlichen Arbeiter auf dr« Sans« fei nicht einzutrete«, wohl aber wäre berechtigten Wünschen der Landwirthskreise in dieser Beziehung an- drrweit entgege« zu kommen durch geeignete Ord- nung der Schulferien, damit di« Kinder zur Einbringung der Ernte, inrbesoadere der Hackfrüchte, mit heran- gezogeu werde« könnten, vor Alle« aber gelte e« der Land flucht auch auf ideelle« Wege zu steuern. Der Landbewohner müsse wieder davon über,engt werden, daß fein Berns doch der herrlichst« von allen, daß da« Lebe« auf dem Land, doch da« angenehmste sei. Die Bebauung einer Wirthschaft, der Besitz eines Häuschen« mit Land, da« müsse für jeden länd-
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