Unterhaltungs- und Intelligenz-Blatt. — ' .MM.«», ...m, l > . 11. Stück. . XXIV. JahM Sonnabends, den 12. März 1836. Die Nemesis. Im Jahre 1611 war in Constantinopel unge wöhnlich viel Schnee gefallen. Der Ritter Glover befand sich damals dort als Botschafter Großbri tanniens. Seine zahlreiche Dienerschaft käm aus Langerweile und kindischem Muthwillen auf den Einfall, aus der Masse des Schnees eine große groteske Figur zusammenzuballen und aufzurichten. Sie erreichten auch ihren Zweck; das rohe Werk ihrer nichts weniger als kunstgeübten Fäuste ragte hoch empor als eine weiße Mißgeburt. Diese ganz neue Erscheinung erregte die Neugier der Türken; wer von ihnen des Weges kam, blieb stehen, und die Zahl der Gaffer mehrte sich mit jeder Minute; Alle stierten den Schneekoloß an. Der Andrang wurde immer großer. Diese Zudringlichkeit verdroß endlich Einige von den Bedienten des Gesandten, und damit sich der Haufe zerstreuen möchte, fingen sie an, ihr Machwerk wieder zu vernichten; da Andere von der Dienerschaft dies nicht gestatten wollten, so entstand darüber unter ihnen ein Streit, und er endete, mehr aus Muthwillen als im Ernste, damit, daß man sich wechselseitig mit Schneebällen warf. Dies war aber kein Mittel, die Türken zu entfernen ; eine solche neue Art zu kämpfen ver größerte noch die Volksmasse. Jetzt mischte sich bei den Engländern Eitelkeit in dieses Gefecht; Jeder wollte es dem Andern im Umfange des Schnee balls und in der Geschicklichkeit des Wurfs zuvor- thun. Die Schneebälle flogen daher in größerer Menge und verdoppelter Schnelligkeit umher; viele verfehlten daher ihre Richtung, Manche flogen auch wohl absichtlich unter die gaffenden Türken. Ein Schneeball, vorzüglich groß und fest geballt, traf einen der zuschauenden Janitscharen dergestalt in's Auge, daß er zur Erde siel. Anfänglich hielten es die Umstehenden für eine Betäubung, da sich aber s der Getroffene nicht wieder aufrichtete, so kamen ihm einige Janitscharen zu Hilfe, um ihn empor zu heben. Zu ihrem Schrecken fanden sie, daß ihr Waffengefährte sein Leben eingebüßt hatte. Sie erhoben ein furchtbares Geschrei, und hätten sich nicht die Bet M Gesandten nach diesem un- glücklichen Wurfe klüglich sogleich entfernt, so warm sie unstreitig Opfer der Volkswuth worden. Die Janitscharen trugen, unter fürchterlichen Drohungen der Rache, die Leiche ihres Cameraden fort und machten von drm Ereignisse ihrem Aga sogleich Anzeige. Voll Wuth drohten sie, sich für diesen verübten Frevel an der Dienerschaft des engl. Gesandten blutig zu rächen, und nur mit Mühe konnte der Aga feine Untergebenen dahin bringen, daß sie diesen Vorsatz nicht auf der Stelle zur Ausführung brachten; es gelang ihm nur, sie zu besänftigen, indem er ihnen das heilige Versprechen gab, sie sollten dafür vollständig Genugthuung er halten. Der Janitscharen-Aga verfügte sich auch sogleich zu dem Großvezier, erstattete ihm Bericht von dem Vorfälle, schilderte ihm die rachsüchtige Stimmung seines Corps mit den lebhaftesten Far ben und verlangte, daß der Großvezier auf die Auslieferung des Bedienten dringen sollte, der die sen mörderischen Wurf gethan hätte. Des Aga Antrag wurde bewilligt; der Groß vezier verlangte von dem Gesandten die Ausliefe rung des Schuldigen. Der Ritter Glover hatte zwar schon etwas von dem Vorfälle durch einen seiner Domestiken erfahren, aber sehr unvollständig, und welche Folgen der Wurf gehabt, der den Janit- »scharen getroffen, war geflissentlich mit Stillschwei gen übergangen worden. Der Botschafter erschrak darüber; er veranlaßte sogleich eine genaue Unter suchung. Der Thater war aber nicht zu ermitteln; er erwiderte daher dem Großvezier: sobald er vou