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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 01.10.1891
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1891-10-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18911001028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1891100102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1891100102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1891
- Monat1891-10
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An einem Tbeil dieser Presse, namentlich der süddeutschen, 'Legen sich die alten bösen Gefühle des ParticulariSmuS und PreußeiihasscS mit einer Offenheit und Dreistigkeit, wie man cö seit den sechziger Jahren nicht mehr gewohnt war und nach unfern nationalen Großlbalen aus den französischen Schlachtfeldern, wo die deutschen Stämme auf ewig ihren Frieden geschlossen zu haken schienen, nicht mehr hätte erwarten sollen. In bayerische» Blättern wird offen die Zertrümmerung dcS Reichs und Preußens »nd eine neue Gestaltung Europas auf Grundlage der früheren Schwäche und Zerrissenheit unserer Nation gefordert; ultramontane bayerische Blätter von gemäßigterer Richtung weisen diese Ungeheuerlichkeiten zwar zurück, aber doch mit sehr süßsaurer Miene und einem gewissen Bedauern, daß man nun einmal an die Vertrage gebunden sei. Selbst ein einflußreiches Blatt des preußische» CentrumS, die Bonner „RcichSzeitung", sucht Stimmung für die ReichS- zcrsetzung und Reich-zcrstörung zu machen. Es hat, wir erkennen da« mit Genugthuung an, in dem angesehensten Theil der norddeutschen Eentrumspreffe nicht a» scharfen Zurückweisungen der Acußerungen dieser alle Scheu und Scham abwerfenden antinationalen und rcichsfeindlichen Gesinnung gefehlt. Die Worte: reichs- seindlich und undeutsch, welche, wenn sie je von liberaler Seile gegen gewisse Richtungen dcS UltramonlaniS- mnS gebraucht worden, von klerikaler Seite mit Ent rüstung und Hohn zurückgewiesen wurden, werden jetzt von einem Theil der Crntrunispresse selbst gegen einen anderen Tbeil geschleudert. Wir nehmen solche Aeußcrungen einer mit »euer Kraft erwachenden antinaticnalen Gesinnung nicht tragischer, als sie eS verdienen. Wir wissen Wohl, daß, wenn da« Vaterland ernstlich in Gefahr kommt, auch diese Gegensätze verschwinden. Aber muß r« nicht das Ausland gertzdezu herausfordern, di« deutsche Einheit als einen morschen, künstlich aufrecht erhaltenen Bau zu betrachten, wenn e« derartige Kundgebungen aus einer Partei vernimmt, welche die Entscheidung im Reichstag in der Hand hat und sich als Stütze der Reich-Politik ausspirll? Man kann unter Ziesen Umständen nur mit schweren Besorg nissen allen parlamentarischen Entscheidungen über nationale Lebensfragen in dein gegenwärtigen Reichstag entgcaenseken. Windthorst hat in seinen letzten Jahren in richtiger Erkennt- »iß von den wahren Interessen seiner Partei wiederholt in solchen Lebensfragen den Ausschlag im Sinne der NcicbS- regierung und der nationalen Parteien gegeben. Werden seine schwächliche» Nachfolger, angesichts solcher Strömungc» in ihrer eigenen Partei, die Kraft und den Mnth haben, die Bahnen, die der verstorbene Parteiführer in der zweiten Hälfte seiner parlamentarischen Wirksamkeit eingeschlagc», weiter zu verfolgen? Unseres Erachten- wird da» Centrum, wenn eS auch immerhin äußerlich noch zusammenhält, innerlich immer mehr auch in den allerwichtigsten Grund- und Principienfragen der Zerklüftung entgegengehen. . ES birgt Gegensätze in sich, die jede- Ausgleichs spotten und auch durch dir kirchlichen Interessen nicht mehr über- brückt werden können. Bei diesen bösartigen Regungen des süddeutschen ParticulariSmuS und PreußenhasseS kommt aber auch wieder die ganze Kurzsichtigkeit und Verblendung des „entschiedenen Liberalismus", auch de» norddeutschen. z»>» Vorschein. Jetzt eben geht wieder durch die ganze deutscb- sreifianige Presse Helle« Frohlocken, weil eS gelungen ist, durch da« Zusammengehen mit den Ultraniontanen dem badischen Nationalliberalismus, ebenso wie bei den Reichs tag-Wahlen, so jetzt bei den Landtag-Wahlen eine Nieder lage zuzufügen; Demokraten und Freisinnige gewinnen dabei blutwenig, aber die Position de- UltramontaniSmuS wird auch an diesem wichtigen Punct mächtig gestärkt, Grund genug für ein „echtlibcralcs" G'emülh, sich den ungezügeltsten Frrudrergüssen hinzugeben. Wenn der süd deutsche UltramontaniSmuS neuerdings wieder Ziele anstrcbt und sich einer Sprache bedient, wie cö seil zwei Jahr zehnten nicht mehr erlebt worden, so sind daran auch die jenigen anderen Parteien schuld, welche überall daran arbeiten, ihm die beherrschende Stellung einzuränmen. Leipzig, 1. Oktober. * Die Rückkehr de» Kaisers aus Ostpreußen dürfte voraussichtlich am Abend des 8. Octobcr stattfinde». Dem nächst ist die Abhaltung von Hosjagtcn in der Schorfhaite in Aussicht genommen. * Die Durchreise de« Zaren durch Berlin hat, wie bereit« erwähnt, zu den vagsten Gerüchten Veran lassung gegeben. Der „Hamburgische Correspondcnt" hält c« für nöthig, einigen dieser Gerüchte mit formellen Deinen tiö cntgegenzutrcten. DaS genannte Blatt läßt sich aus Berlin melden: „Die Angabe, daß der Zar seinen baldigen Besuch in Aussicht gestellt habe, entbehrt nach gutem Vernehmen jeder Begründung. Auch von einer Bekundung der Absicht, den nächstjährigen deutschen Manövern beizubringen, ist in unterrichteten Kreisen nicht- bekannt." * Der StaatSsccretair von Bötticher ist ^»n Urlaub nach Berlin zurückgckehrt. In nächster Zeit werden nunmehr auch die Plenarsitzungen dcS BundcSrath« zur Vorbereitung auf die RcichStagSsesflon wieder beginnen. * Ans Berlin, 20. September, wird der „Allgemeinen Zeitung" geschrieben: Gleichzeitig mit der am 26. eingclaufenen vstafrikanischen Post Pnd auch einige Herren von der ost- afrikanischen Schutztruppt bicr angekommen. Erst in Port-Ssid yaben sie von dem Unglück erfahren, das die ZelewSki'sche Expedition betroffen bat, nnd ebenso bat die Post nur Nachrichten gebracht, die älter sind als jene Katastrophe. Dagegen ist man jetzt über die Ausrüstung der Expedition und über die Vorgeschichte derselben wohl orientirt. Nach den bei diesen Herren eingezogcnen In formationen ist die Niederlage keineSsaUS darauf zurück- zusührra, daß die Ziffer de« verwrndelen Thrilc« der Schutztruppe zu gering gewesen ist; vielmehr er scheint wahrscheinlich, daß, so paradox e« klingen mag, gerade die »»gewöhnliche Stärke der Expedition ihre» Unter gang herbeiführle. Die Wahehes, die sich wohl am treffendsten als ein räuberischer Noiiiakciistamm bezeichnen lassen, sind offenbar des Glaubens gewesen, daß man sic mit Etninpf »nd Stiel auSziirottcn gedenke, und habe» in der Ueber- zeugung, daß cö sich für sie ui» „Sein oder Nichtsein" bandle, mit ganzer Macht a» ungünstigster Stelle die Expedition auf dem Marsch überfallen. Einer auf engem Pfade inarschirendkli Truppe ist in dem undurchdringlichen afrika nischen Walde die Vertbcidignng gegen einen »»sichtbaren Feind so gut wie unmöglich, und die Annahme ist glaublich, daß unsere schwanen Krieger im Glied von den Specrcn der WaheheS nicdergcstoße» worden sind. Jeder Wahche pflegt am Schilde sechs Wurfspeere von etwa l>/, in Länge zu tragen, und nebenbei einen Stoßspecr zu führen, dcrimNabe- kampf eine furchtbare Waffe ist. Nimmt inan Hinz», daß, wie wahrscheinlich ist. die Gepäckträger ihre Lasten abmarsen und die Flucht ergriffe», so ist leicht verständlich, wie der langgestreckte Zug der Unsrige» in Verwirrung gerathcn und schließlich kein Feinde erliegen mußle. Die Ansicht scheint nicht obne Grund zu sein, daß eine Expedition wie die ZelewSki'sche nicht geeignet war, die WabehcS nicdcrzuwcrfen, baß vielmehr der Kampf gegen diese Räuber sich erfolgreich nur durch die fortschreitende Anlage von Forts sichren läßt, in ähnlicher Weise etwa, wie die Römer es in ihren Kämpfen gegen die germanischen Stämme thatcn. — Dir Nachrichten von einer weiteren Ausbreitung de- Aufstande« sind, wie ich schon früher berichten konnte, durchweg falsch. ES bestätigt sich vielmehr, daß die gesammte Küste in Ruhe und Gehorsam verharrt. Was über eine bevorstehende Ver mehrung der Schutztruppe verbreitet wird, ist daher mit Vor sicht auszunehmen; fürs Erste wenigstens liegt eine derartige Absicht nicht vor. Dagegen werden, da die Contracte mit 500 Sudanesen in diesen Tagen ablaufen, neue Anwerbungen in gleicher Höhe stattsindcn, da dieser Ausfall natürlich ersetzt wird. Die in der „Kreuzzeitung" angestellten Bereciinungen sind vorläufig nur Muthmaßungen. Wenn dasselbe Blatt die Einberufung des Colonialraths als bevorstehend meldet, so ist da« richtig, noch ganz unsicher aber der Termin dieser Ein berufung. * Wie die „Nat.-Lib. Corr." hört, sollen im nächsten ReichSetat nicht unerhebliche Mehrfordernngen für die Ver waltung von Ostasrika vorgesehen sein. Doch wird voraussichtlich erst noch der Colonialrath sein Gutachten hierüber abzugeben haben. * Der Umstand, daß gegenwärtig in Deutschland wenig von Streiks zu hören ist, überhaupt eine verbältnißmäßigc Ruhe unter den Arbeitern herrscht, wird jetzt nicht selten, unter Hinweis auf die im Lager der Socialtciiiokralen statl- sindciiden Zänkereien, als ein Beweis für den Niedergang der Arbeiterbewegung und für daS Schwinde» der Gefa hre» betrachtet, welche für die gegenwärtige Gesellschaft »nd für das Wirth schaftslcben der Nation aus den Organisationen dep Arbeiter »nd de» von diesen verfolgten Zielen bervor- aebcn. Solche Schlußfolgerung ist, wie die „Bert. Politisch. Nachr." sehr richtig betonen, trügerisch; denn die Arbeiter werden jetzt nur durch den ihnen sebr wohl bekannten Nieder gang der wirthschaftliche» Verhältnisse in Ruhe gehalten, sic erkennen, daß jetzt die Inscc»iru»g von Streiks unsinnig wäre. Dagegen arbeiten sie, wie jedem aufmerksamen Beobachter dieser Zustände bekannt ist, rastlos an der Ausbreitung und Vcrvollständigiing ihrer Organisationen, vo» denen sie sicher bei einer wieder ansstcigenden Bewegung, zum Schade» derselbe», de» ausgiebigsten Gebrauch machen werten. E« wird in Deutsch land so gehen, wie jetzt in England Kaum hat da« Echiff- fahrtSgewerbe dort in Folge der MasscntranSporte von Ge treide auS den Vereinigte» Staaten nach tiefem Niedergänge einen geringe» Aufschwung genommen, kaum haben die Frachten wieder etwas angczogen, so treten auch schon die betreffenden Arbeiter wieder mit unerhörte» Forderungen auf, die sie auf dem Wege der Streik« durchzubringen suchen. Ein lehrreiches Beispiel ist der Streik der Carron und Hermitage Wersten in Hüll, von dem wir bereits berichtet haben. * Die fünfte Generalversammlung des Evangelischen Bundes beschloß, an Sk. Majestät den Kaiser folgendes Huldignngötelegramiu zu senken: „Ew. Kaiserlichen und König lichen Majestät bringt die in Cassel tagende fünfte General Versammlung des Evangelische» Bundes ihre allerunterlhänigste Huldigung dar. Bei de» schweren Gefahren, welche unser Volk in seinen heiligste» Gütern bedroben.wciß sich der Evangelische Bund mit Ew. Kaiserlichen und Königliche» Majestät hochherzigem Bestreben freudig eins, durch iiiauiihastcs Bckcniitniß zu dem lebendigen Gott und seinem eiiigeboreiie» Sohn, dem alleinigen Gründer unserS Heils, der Verblendung zu wehre» und durch festes Eingreifen in die so vielen Schäden der Zeit von der Macht der christlichen Liebe Zeugin« zu gebe». Gott schütze, Gott stärke, Gott segcnc Eure Sraiscrliche und Königliche Majestät zum Heile der Kirche und des deutschen Vaterlandes!" Auch an Ihre Majestät die Kaiserin, Aller- böchstwclchc augenblicklich »och auf Wilhelm-Höhe weilt, wurde auf Beschluß der Versammlung ein Hnldigungstclegrami» gerichtet. — Die Hauptversammlung am Mittwoch erössnete im Namen de- CcntralvorstaiikeS Graf Wintzingerode mit einer längeren Ansprache. Gcneral-Supcrinicndeitt Lohr begrüßte die Versammlung im Namen des Kirchen,egimciitS, Bürger meister Kloessler im Namen der Stadt Catsel nndProsesior AcheliS i»i Namen der theologischen Hacultät der Universität Marburg. Fernere Grüße gingen ein von dem Ccntral- ausschuß der innere» Mission, dem Evangelisch-socialen Con- grcß und dem Evangelischen Arbeiterverein. Der Gcncral- vicar der deutschen Allkatholiken, Professor Weber-BreSlan, hielt ebenfalls eine Begrüßungsrede. * DaS Reich« Marineamt tßeilt jetzt den Angehörigen der in dem Gefecht mit den WabcheS gefallenen Soldaten der deutschen Schutztruppe vssiciell den Tod der Ihrige» mit. DaS vom StaalSsecretair Unter zeichnete Schreiben, da» nnS vorliegt, lautet: „Unter Bezug nahme auf mein Schreiben vom 17. d. M thrile ich Ihnen unter dem Ausdruck der aufrichtigste» Thcilnahme mit, wie e« nach neuerdings au« Ostafrika tingegangciien ainilichen Nachrichten al« feststehend angesehen werden muß, daß Ihr Sohn in dem am 17. v. M. stattgchabtcn Gefechte den Tod gefunden hat." * Wie der Correspoudent der „Weser-Zeitung" auS dein Munde des deutschen Delegirten, Generaldirector der Zolle und indirekten Steuern in Bayer», Herrn v. May. hörte. Ke» die Münchener Delegirten die feste Zuversicht, da» ptestenS bis Ende November dem Reichstag die neuen andelövcrträge vorgclcgt werden können. * Der langjährige CentruinS-Abgeordnete Gras Ferdinand von S ckmissing-Kersstiibrock, früherer Landrall, de« SreiscS Beckum, ist gestorben. Der Verstorbene vertrat lange Zeit den Wahlkreis Warendorf-Beckum-Lüdinghanse» im preußischen Abgeordnetenhaus«. Aufsehen erregte seiner Zeit die entschiedene Stellung, welche der Verstorbene gegen das Duell einnahm. Seine beiden Svknc, Officiere bei den Kardcregimentcrn, mußten wegen derselben Anschauung ihre» Abschied nehmen. >ti * » * Aus der Soiröe bei dem Grafen Waldsteiu zog der Kaiser Franz Joseph den Abgeordneten Plcner i» ei» ausfallend lange« Gespräch, worauf Plcner von dein Kaiser in besonders huldvoller Weise verabschiedet wurde. DaS Gespräch soll ausschließlich politischen Inhalte« gewesen sein .Nnd die Arbeiten der nächste» ReichSrathSsession betroffen haben. Im Deutschen Hause, wo sich »ach einer dem Kaiser oaraebrachlcn Serenade die Mitglieder der deutschen Vereine versammelt batten, waren Schnieykal und Plcner Gegenstand stürmischer Ovationen. * An«Prag wird vom l. Oktober gemeldet: Der Kaiser setzte gestern Mittag die Besichtigung in der Ausstellung fort, besuchte dabei eingehend die Abthcilung für Industrie, vie Maschinenhalle, dic"Pscrdcari«stellung, die Abtbeilungen für Landwirthschaft und Forstwesen, ferner die Fischerei- auSstclluna, spendete überall den Ausstellern huldvolle« Lob und verabschiedete sich von dem Grafen Zcdttvitz mit dem Au-drucke der Bewunderung für die Ausstellung, welche ein Beweis deS Fortschritte« sei, den das Land auf allen Ge bieten der LandcScultur, der Industrie und de« Gewerbes »«macht habe. ^ * Der Kaiser von Oesterreich empfing am Mittwoch eine Deputation der Stadt Prag unter Führung des Bürgcr- D»ist«rS und nahm von derselben eine Bittschrift um die Allerhöchste Inschutznahme verschiedener Interessen der Stadt, darunter der Regulirung der Moldau und die Wiederher stellung der Karlsbrücke, entgegen. Der Kaiser versicherte, da« Ausblühen der Stadt Prag liege ihm ganz besonders am Herren, die iiidcn letzte»TagenhervorgetretenenBeweise dynastischerGc- sinniing hätten ihn mit besonderer Befriedigung erfüllt. Früh 7 Ubr hatte der Kaiser die Cadeltenschnle einer l'/zstündigcn Besichtigung unterzogen, wohnte den ZöalingSprüsungen bei und richtete an dieselben eine Ansprache mit huldvoller Anerkennung ihres strammen »lililairischen Geistes. Dem Laiidcscominandircndc», dem A»stalisco»iina»da»tcn und dem Lehrkörper spracl, der Kaiser die vollste Befriedigung auS. Bei der Rückfahrt brachte die inzwischen angesammelle große Menschenmenge dem Kaiser stürmische Ovationen dar. * Nach dem „Pesti Hirlap" gallc» die letzten Confercuzen der Justizminister Schimborn und Szilagy der Vereinbarung einer StaalSacte Uber die Regelung der Thronfolge, die »och in diesem Jahre, spätestens Anfang >8!»2 erfolgen soll. Die Parlamente beider Staate» werden dann von der Resignation des Erzherzogs Karl Ludwig und der Pro ela- mirung des Erzherzog« Franz Ferdinand zum Thronfolge, verständigt werden; dann soll auch die Ver lobung des Thronfolgers proclamirl werde». * Der gewesene Ministerpräsident TiSza schilderte in einer Rede, die er bei dein ihm zu Ehre» von den Groß wardeiner Wählern veranstalteten Bankette hielt, die Ursache seiner ebemaligen Demission. Diese sei, daß er als Ministerpräsident seinen Willen nicbt mehr in der Weise durchzusetzen vermochte, als dies früher der Fall war. Selbst wenn er Kossulh Pa« Heinzathsrecht versprochen hätte, wäre er nicht im Stande gewesen, sein Versprechen ein- zulösen, weil Kossuth in einem veröffentlichten Briefe sich über die Gesetzgebung stellte TiSza erklärt, er wäre bereit« frübcr, nachdem er die sich selbst gestellte Aufgabe der Fusion und der Herstellung des Gleichgewichtes im Staats haushalte gelost kalte, von seinem Ministcrpoften zurück- gctreten, wenn nicht die bekannte» Straßendcmonstratioiieii die Ausführung dieser seiner Absicht verzögert hätten. Er verdiente nicbt de» Namen eine- ernsten Politikers, wenn er sich von der Straße hätte beeinflußen lassen. Von einer TiSza-Cligue zu sprechen, sei lächerlich, weil es Wahnsinn wäre, wenn er das Hauptwerk seines Lebens, die Be gründung der liberalen Partei, vernichlcn wollte. Die aus wärtige Lage sei gegenwärtig nicbt so bedrohlich als früher, jedenfalls aber müsse» Opfer für die Kriegsmacht und für die Machtstellung der Monarchie gebracht werden. Dieselbe» verzögerte» allerdings die Reformen, die Hauptsache sei aber, die Existenz de« Lande« zu sichern. Nur ein innerlich und äußerlich consolidirteS Ungarn könne seiner Ausgabe ent sprechen. TiSza gab der Hoffnung Ausdruck, die Nation werde bei den nächsten Wahlen die Haltung der Obstructionisten auf da« Entschiedenste verurtheilen. * Der dänische Minister des Auswärtigen Freiherr von Rosenörn-Lchn soll von seinem Posten zurncklrcten wollen. DaS fetzige agrar-conscrvative RcgierungSsystem Dänemarks pflegt seine Ministerien jener neue» oder „KammerralhS"- aristokralie ländlicher Großgrundbesitzer anzuvertraue», der auch der langjährige Ministerpräsident Herr Estrup angebört. bei dem Auswärtigen Amt indeß pflegt man die geschichtliche GeburtSaristokratie zu bevorzugen. Dem entsprechend werden jetzt auch als Nachfolger auf jenem Posten der coiiservatwe ReichStagSabgevrdiikle Frhr. v. Recdtz-Thott und der bisherige dänische Gesandte in Paris Gras Moltke-Hvitseldt genannt. Bei der augenblicklichen allgemeinen Lage würde 'ich der letzteren Ernennung eine gewisse großpolitischc Trag weite wohl kaum absprechen lassen. * Der französische Ministerratb beschloß, dem Präsidenten der Republik vorzuschlagcn, die Kammern am l5. Octobcr einzuberufrn. Um diese Zeit langt dir Volks vertretung gerade in der Mitte ihre« Mandat« au. Dir Geschichte der gegenwärtigen Kammer bietet eines der seltensten Beispiele »linisicrieller Langlebigkeit in den letztes 20 Jahren. DaS längste Cabinct war bisher jenes de- Herrn Jules Fcrry vom Februar 1883 bis zum März >885. DaS gegenwärtige Ministerium ist seit achtzehn Monaten in Function, seit dem 18. März 1890; aber man muß hinzusnge», daß fünf der gegenwärtigen Minister, die Herren Freycinet, Consta»«, Nouvier, Fallic-reS und AveS Guyot, bereits dem vorhergehenden Ministerium angehörte». Diese Minister sind feit dem 2.1. Februar >889, mithin seit mehr als 2>/, Jahren, in Function Herr Barbey ist seit dem November 1889, iilitbi» seit bald zwei Iakren, Minister. Ebenso bemerkenS- werth ist, daß de Freycinet da« KriegSiiiinisterium seit 3>/, Iabrcn ohne Unterbrechung leitet. Er übernahm dieses Portefeuille zum erste» Male am 3. April 1888 im Mini sterium Floquct und behielt es durch drei Cabinctle bis zum heutigen Tage. * Tie Kritiker der Ribot'schen Rede sind voll dcS LobcS ob der Mäßigung und staatSinäiinischcii Weisheit, von welcher der zeitige Leiter der sranzösische» AuSlandS- politik in Bapauine Zeugniß gegeben habe. Eine neue Situation, aber keine neue Politik — dieser Kern der AiiSfnhriingen des Herrn Ribot entspricht »ach dem Dafür halten der weitaus meisten Pariser ZeitungScoinnicntarc auf taS Glücklichste kcn heutigen Bedürfnissen »nd Wünschen der Nation. Frankreich ernte jetzt die Früchte seine« besonnenen und klugen Verhallens und werde nicht die Thorheil begehen, dieselben durch ein herausforderndes Ge bühren zu verscherzen. Damit ist Alles — oder auch nicht- gesagk. Man weiß ja, welchem Ziele die Gedanken und Wünsche der Franzose», ihre Vorbereitungen und Opfer während dcS lctztvcrflcsfencit. zwanzigjährigen Zeiträume« unverwandt ent- gegeiltrachten, und die öffentliche Meinung in Deutschland wenigsten-bedarf keiner Erläuterung jenes Passu« der Ribot'schen Rede, welcher die Continuilät der alten Politik auch nach Eintritt einer neuen Situation betont. Frankreichs principielle Stellung zu der internationalen Kriegs- und Friedensfrage hat keinerlei Aenderuna erfahren. So gewiß eS Herrn Ribot und seinen AmtSgenoffen mit ihrer augenblicklichen Fried fertigkeit Ernst ist, so wenig präjudiciren die Kundgebungen von Bapauine beziehungsweise von Vcndeuvre, wo Herr de Freycinet unlängst ein ähnliche- Thema in ähnlichem Sinne behandelte, . sich ... .... . paffen wird, umgekehrt d,e neue Situation sich in den Dienst der überlieferten Politik zu stellen hat, so liegt e« aus der Hand, daß die Ausrrchiervalkung des Weltfrieden-, welche für Deutschland und seine Bundesgenossen den Selbst, und Endzweck ibreS StrebenS ausmachsi für französische Staatsmänner nur da« Mittel zu einem anderen Zweck bildet, über den man jenseits der Vogesen nicht viel Worte zu verlieren nöthig hat, weil auch ohnedies jeder mit Politik sich beschäftigende und im Strome der tagesgcschichtlichcn Ereignisse initschwinimende Franzose weiß, wa« im Werke ist. Damit siebt die Zurück weisung, welche die plumpen Ausfälle dcö „Intransigeant" und ähnlicher chauvinistischer, dcutsch-srcsserischcr Boulevard- Organe, seitens der angeseheneren französischen Preß- und BevölkerungSkrcisc erfahren haben, durchaus nicht im Wider spruch, denn aus ihnen spricht lediglich die nicht ganz grundlose Sorge, durch solche übereifrige Schwärmgeisler bei den neu gewonnenen Freunden und Gönnern zur Unzeit compromittirt zu werde». Alles in Allem erhält der unbefangene Leser de« Ribot'schen RcdeergufseS den Eindruck, daß sich weder in der Grundstinimung der leitenden Kreise, noch auch der Nation selbst das Geringste geändert hat, und daß die Sicherheit der Zukunft weit mehr auf der Erkenntniß der Schwierigkeiten, die e« für unsere westlichen Nachbaren hat, de» Frieden zu brechen, als auf ihrem guten Willen, ihn zu halten, beruht. * Lord Nandolph Churchill ist ein Unheilstifter. In seinen Briefen aus Südafrika bat er viele abfällige und bösartige Bemerkungen über die Boeren gemacht, was in der südafrikanischen Republik viel böse« Blut gemacht hat. AuS Prätoria, 8. September, wird jetzt ge meldet: Man glaubt, daß die journalistische Thatigkeit Lord Randolph'S die Lösung der Raffenfrage gerade in dem Moment, in welchem Boeren und Brite» Hand in Hand zu gebe» schienen, wieder auf Jahre hinaus ver schoben hat. Die „Bolkstem" vom 5. September sagt: „Die übereilte, böswillige und ungerechte Kritik, welche Lord Randolph Churchill an der Republik und den Boeren geübt, läßt sich nur mit einem Wort beantworten: „Majuba" «durch die Niederlage der Engländer am 27. Februar 1881 be rühmter Ort). — Sonnabend Nacht wurde ein Bild Lord Randolph'S in den Straßen unihergctraaen und später ange sichts einer großen Menge verbrannt. Die anwesenden Eng- jänder ließen Lord Randolph hochleben, worauf die Boeren mit Gezisch und Pfeiscn antworteten. Drei Hochs auf Präsident Krüger beendigten die erregte Scene. * Der Antrag, welchen Lord Salisbury in der letzten Parlamentssession bezüglich der britisch-o st afrikanischen Gesellschaft stellte, dessen Berathung aber SirW. Harcourt bintcrtrieb, gipfelt in der Forderung, derselben einmal 20 000 Pfund Sterling für Eiscnbabn-Vorarbcilen zu be willigen. Die Unterstützung, jetzt für notbwenbia erklärt, beläuft sich auf 40 000 Pfund Sterling jährlich. Ma» weist darauf hin, daß die Negierung der Capcolonic die Eisenbahnlinie der südafrikanischen Gesellschaft in ähn licher Weise unterstützt hat. * Die Führer der liberalen Partei England« setzen die Wahlbewegung mit Kraft und Eifer fort. Man meldet der „Vossischen Zeitung": London, 30. September. Lord Spencer hielt in Buxton vor einer Versammlung liberaler Mäkler eine Rede, ln welcher er sich über die auswärtige und innere Politik der liberalen Partei äußerte, für den Fall, daß sie wieder ans SloatSruder kommen werde. Die auswärtige Politik der Liberalen würde eine würdevoll, Nichteinmischung lein. Kgvplen würde geräumt werde», sobald die« gethan werden könnt», ohne die Sicherheit der Regierung de« »bedive z„ erschüttern oder dle großen Reformen zu unier- graben, welche unter englischen Auspicten eingeführt worden sei,». Die englischen Handel-gesellschalten in Afrika würden einer scharfen Tont rote unterzogen werden, um die Regierung nicht verantwortlich sür die Vorgänge im Innern Afrika» zu machen. Sa« dte Innere Politik betrifft, so würde das Vorgehen
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