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Dresdner neueste Nachrichten : 27.03.1937
- Erscheinungsdatum
- 1937-03-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id490223001-193703277
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id490223001-19370327
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-490223001-19370327
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner neueste Nachrichten
- Jahr1937
- Monat1937-03
- Tag1937-03-27
- Monat1937-03
- Jahr1937
- Titel
- Dresdner neueste Nachrichten : 27.03.1937
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Sonnabend/Gonntag, 27./L8. März 1937 45. Jahrgang M.73 Attiefkeitpreffe: l8n>ndpr»lS: dl» 1 spalügt ww-Zelle Im An» -- - zelgenttil 14 Rpf., Stellengesuche und privat« Jamltlenanletgrn S Rpf„ die IS mm breite mw-Z«lle im Textt e il 1,1« NM . ... . .... Nachlaß nach Malffaffei l oder Mengensiaffel 0. Lstefgeblihi für Ziffer- Schrlftlettuns. Verlag vnd SaavtaeschWstelle: VreS-tN'A Zer-lnao-firafte 4 anzetgen Z0 Rps. au«schl. Porto. 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Entspannung zwischen England und Men Britisches Kabinett zeigt französischen Vorschlägen die kalte (Schulter - Oie Bedeutung des italienisch-jugoslawischen Abkommens „Politik der Zusammenarbeit" Telegramm unsres Korrespondenten London, 27. Mär, I» London ist dl« Erregung der letzte« Tage, die pach der Erklärung Grandis tm NichtelnmischungS- »usschnß entstanden «ar, sehr rasch abgeklnnge« und ruhiger Ueterlegnng gewichen. Zweifellos dürste dies, wie der diplomatische Korrespondent des „Daily Telegraph" «ittellt, daraus znrückznsühren sein, daß die italienisch« Regierung der britischen Negierung erneute Zusicherungen gegeben habe, daß Italien kein« neeitere» Freiwillige« mehr «ach Spanien zu schicke« beabsichtige. Der „Daily Telegraph" berichtet, »atz diese Information dem englische« Kabinett schon in seiner Mittwochsltzung vorgelrgen habe. Italien habe erklärt, «S hosse, auch bald an der Beratung über Mittel «nd Wege zur Znrücksührung der jetzt in Spanien kämpfende« Freiwillige« mitwirke« z« lönne«. Di« britische Regierung habe ihrerseits Italien versichert, Hatz England sein« Politik im Geist« d«r Freundschaft und Zusammenarbeit »eitrrsühren werde, wir das i« der englisch-italienischen Erklärung vom 2. Januar zpm Ausdruck gekommen sei. Zu der „ffvarnung" des französischen Außen Ministers vor weiteren ausländischen Truppenscndungen nach Spanien schreibt der diplo matische Korrespondent, daß DelboS den sranzüsischrn Botschafter in London vorher nicht befragt habe. Hätte er das getan, so hätte er erfahren, daß in Lon don schon beruhigende Erklärungen aus Rom vor gelegen hätten. So sei aber der Eindruck hervor gerufen worden, als ob England sich vollständig mit der Delbosschen Warnung an Italien identifiziere. TaS sei aber unrichtig. Man nehme an, baß DelboS dem englischen Bot schafter in Paris vorgcschlagen habe, England und Frankreich sollten gemeinsam Protest in Rom gegen die Teilnahme italienischer Truppen am spani schen Kriege erheben. ES sei ferner angeregt worden, daß beide Länder Pläne für eine Zusammen- arbeit der Flotten ausarbeiten sollten, um die Nichteinmischung wirksam zu gestalten. Diese An- regung sei aber in London nicht aus Gegenliebe gestoben. Man habe vielmehr daraus verwiesen, baß England entschlossen sei, in dieser Angelegenheit nur mit allen Mächten zusammen zu handeln. Die britische Regierung würde eine isolierte Aktion von einem oder zwei Partnern des Nichtetnmtschungsabkommens nicht begünstigen. Im Gegensatz zu dem diplomatische« Korrespo«, deuten deS „Daily Telegraph" beutet der politische Korrespondent der „Times" an, daß sür den Fall des Versagens des Richteinmischungsabkommens in biplo« matischen Gesprächen zwischen Frankreich nnd England schon der Vorschlag ausgestellt sei, daß die englische und französische Flotte bann eine vollständig« Nicht einmischung erzwingen sollten. Im Zusammenhang damit unterstreicht der Kor respondent der „Times", daß eine Aenderung in der Haltung Frankreichs zur Nichteln- m i s ch u n g ü p o l i t i k nur bei deren völligem Zu sammenbruch zu erwarten sei. Die Pariser Negierung sei sich der Gefährlichkeit der Lage völlig bewußt, die sich beim völligen Zusammenbruch jedes Versuchs er geben müßte, die Nichteinmischung sicherzustellcn, und aus diesem Grund gerade wünsche sie, jede weitere ausländische Einmischung zu verhindern, .und stell« die Frage der Zurückziehung der Freiwilligen zurück, bis dieses Ziel «reicht lei. Nach sranzöstscher Auf« sassung könne nur et«e w t r ks a in e K o n t r o l l e die Einmischung beenden. lSiehr auch -te Meldung auf Leite 4) Angriff auf den Frieden gescheitert Gonderdtenst der Dresdner Neuesten Nachrichten Nom, 27. März. lDurch United Preß) Die italienische Presse stellt fest, daß sich die italienisch-englische Spannung, die in den letzten Tagen einen neuen Höhepunkt erreicht hatte, gelöst habe. Die Turiner „Gazetta del Popolo" schreibt, eö sei klar, daß sich Europa unversehens einem tm Schatten der Freimaurerei und der sozialdemo- kratisch-kommunistischen Verschwörergesellschast an gezettelten Angriff gegenüber sah, der gegen den Frieden und gegen Italien gerichtet gewesen sei. Die klare und feste Sprache des Duce habe die englische Negierung aiks der Gleichgültigkeit ausgeriittelt, mit der sie der schnellen Verschärfung der Lage gegenüber- stand. Der Angriff gegen Italien und den Frieden sei zusammengebrochen. Europa habe eine kritische Phase durchgemacht, und dabei sei bemerkens wert, mit welcher Leichtfertigkeit die französische Negierung den zerstörenden Kräften der extremistischen Strömungen Beistand geleistet habe. Durch Blutsbande verbunden Ministerpräsident Generaloberst Göring empfängt die schwedischen Gäste X Berkin, 27. März. sDurch Fnnklpruch) Ministerpräsident Generaloberst Göring gab am Karfreitag «inen Smpsang siir di« schwedischen Reichs, tagsabgeordnete«, Bauern «nd WirtschastSsührer, die sich ans Einladung der Nordischen Verbindungsstelle seit einer Woche in Deutschland besinden. Generaloberst Göring hieß seine Gäste in schwedi scher Sprache in seinem Heim herzlich willkommen. Er glaube, daß die schwedischen Gäste gesehen hätten, wie in Deutschland gearbeitet werb«, und hosse, daß die Reis« sesteBanb« zwischen den beiden Völkern knüpfen werde. In der letzten Zett habe eS zwar leider Störun« g e n gegeben, die nicht in diesem Sinne liegen. Beide Länder seien jedoch durch die Bande des Blutes verbunden: er hosse daher, daß die Schweden den Eindruck mit nach Hause nehmen, welche sreundschast- ltchen Gefühle man in Deutschland für Schweden habe. Der schwedische Gesandte Exzellenz Richert sprach sein« Dankbarkeit und Freude über die Ehrung aus, die seinen Landsleuten durch di« Einladung des Mini sterpräsidenten zuteil geworden sei. Es sei eine Quelle wahrer Freude, -u wissen, daß an so hoher und verant. wortungsvoller stelle im Deutschen Reiche ein Mann steh«, der ein trauer Freund des schwedtschen Volkes sei. fflach schwedischer Art brachte er ein vierfaches Hurres aus das Wohl Letz Gastgebers aus. Der schwedisch« RetchStagSabgeordnete, Minister a. D. PekderSson^Bjälbo, hob hervor, daß er und sein« Kameraden in der Deutschlandrrtse viele tiachhalttgen Eindrücke gtwonnen ' -Men.. MU Sturmschritten gehe es in Deutschland vor wärts. Sein stärkster Eindruck sei die Art, wie Deutschland seine Jugend erziehe, eine Art, die die größte Bewunderung der schwedischen Reisenden er regt habe. Sehr eindrucksvoll hob der alte schwedische Minister den herzlichen Empfang in Deutschland hervor: die schwedische Ansprache des Ministerpräsidenten Göring sei eine Krone der Gastfreundschaft. Man fühle sich als Schwede nicht als Fremder, sondern wie zu Hause. Minister Pettersson-Bjälbo schloß mit einem Hoch auf das Deutschtum. Außer den schwedischen Gästen befanden sich unter den Anwesenden ReichSmtnister Darrs, Staatsrat Meinberg, Oberst Loeb, Oberst Thomas und von der Nordischen Verbindungsstelle Präsident Dr. Draeger und Generalsekretär Dr. Klein. Riesiger Rüstungsauftrag an USA. X New Aork, 27. Mär» Die „Los Angeles Vulte« Atrplane Eorporation" erhielt von einer ausländischen Macht, die, wie di« Gesellschaft bemerkt, nicht genannt werben will, einen Auftrag znm Bau von besonder» schnellen Bombenslugzeugen im Gesamtwert von Mill. Dollar. TS sollen 40 leichtere Bombenmaschinen mit einer Stundenleistung von 860 Kilometer und einew Aktionsradius von 4060 Kilometer geliefert werden, die mit dres Mann Besatzung Bombe« «m Gewicht von insgesamt voll Kilogramm LesörLer« Untrer». Von Sonntag zu Sonntag Was im Ausland geschah — Gn Querschnitt durch die Wettpolitil der Woche Ostergeist in Europa? Osterzeit! Frühlingszeit! Das uralte Frühlingsfcst der Deutschen sind diese einst Oslara ge weihten, dann -um Symbol der Auferstehung alles Lebens gewordenen Tage, an denen die Lust lind wird, das Licht des Frühlings siegreich durch das winterliche Dunkel bricht und frisches Grün aus der erwachsenden Erde sprießt, Sendbote neuer Blüte und jungen Werdens. Ocstcrliche Gedanken, das sind Kinder der Hoffnung, der Zuversicht und des Friedens — haben solche Gedanken Hctmatrecht an diesem Ostern 1037? Es hat nicht allerorts diesen Anschein gehabt in den letzten Tagen. Nicht überall in der Welt der Politik sind Ostergespräche gesiihrt worden. Ein« englische Zeitung hat ganz offen meinen können, daß die öster liche Sprache von 1037 „kriegerisches Gebell" gewesen sei. Und sic hat damit, was zu vermerken ist, Sprecher in ihrem eigenen Lande gemeint, die Leute nämlich, denen ein« gndr« englische Zeitung sehr energisch die Leviten gelesen hat, weil sie sich berufen fühlten, andern Völkern die Leviten zu lesen. Ein — in der Geschichte englischer Politik und Psychologie nicht ganz unbekanntes — Wehklagen ttber „unchrist liche Greuel" war erklungen um die Stthnemaßnahmen nach dem Attentat aus Bizeköntg Graziant. Es sand seinen Weg von den Kanzeln bis inS Unterhaus, nnd nur die Haßgefühlc aus der Zeit des abessinischen Krieges schienen an der Themse Auferstehung zu feiern in dieser Osterzeit. Ist eS alcr nicht ein österliches Anzeichen, daß sich der Geist des kairlav, der auch zu den politischen Tugenden gehört, krästig regt gegen den Geist des „eant", der weder eine menschliche noch eine politische Tugend ist? Englische Stimmen selbst haben den Eifernden die schlichte Frage gestellt, warum solcher Zorn nicht rechtmäßiger sichtbar ward bei dem roten Terror in Rußland und Spanien? Die Einsicht und mit ihr die Umsicht haben wieder Ein- kehr gehalten in der hohen Politik, und die Luft wird linder auch in der europäischen Atmosphäre, die ver dunkelt war durch schwüle Schwaden aus Spanien. „Klima des Imperiums" Die Kunde von „bolschewistischen Siegen" drang vom Manzanares an die Themse, Labsal anscheinend dort für manches Herz. Aber auch Wahrheit? Was hat es mit diesen «„Siegen" aus sich? Der stürmische Vor stoß von Francos Regimentern von den Hängen des Gebirges hinab aus Madrid zu hat einen Widersacher gesunden, der nicht mit Kanonen zu bezwingen ist: das Wetter. Regengüsse machten das Schlachtfeld zu einem Morast, kein Nachschub, keine Reserve konnte mehr den vordersten Kolonnen folgen und so nahm strategische Besonnenheit die vordersten Stellungen ans die Hauptlinie nördlich Brthuega zurück, an der alle bolschewistischen Gegenangriffe abgeprallt sind und tu der die nationalen Truppen diese Regcnpause im An griff abwarten. Man hat ,tm nationalen Lager kein Hehl aus diesen Dingen gemacht. General Quetpo de Llano hat in der absoluten Oesfentlichkett, die der Rundfunk bedeutet, die Nichtcinbeztchung des Faktors Wetter in den Angrisssplan sogar für einen Fehler erklärt, der diese Schlappe -- „die erste und die letzte", wie er so ehrlich wie entschieden sagte — zur Folge ge habt hat. Eine Schlappe, eine Episode, ans der bolsche wistische Propaganda eine große Niederlage machen wollte, und da Italien ischeFretwtllige in den Divisionen vor Guadalajara streiten, wurde ein übriges noch getan und kurzerhand von einer ge waltigen „Niederlage italienischer Divisionen" ge redet. Niemals hat Italien bestritten, daß italienische Freiwillige in Spanien tm Kamps gegen die Komin tern, die wahre Gegnerin General Francos, stehen. Aber alle Behauptungen über „italienische Divisionen" in Spanten sind Giftpfeile der bolschewistischen Propa- ganda in die europäische Seele. Ihr Gift hat die neue Spannung zwischen England und Italien geboren, die dem Abschluß von Mussolinis Afrtkaretse ein so bewegtes Nachspiel in Presse und Parlament folgen ließ. Die Erinnerung an das Gentlemanagreement schien zeitweise völlig erloschen, und in dieser Erregung dünkte manchem in England dies« Ltbyenreise bald einen neuen Aethtopten- feldzug, und erschreckte Gemüter sahen schon den ita- ltentschen StaatSchef den Degen erheben zu einem Duell um den Jsläm mit England. TS war eine absurde Vorstellung. SS war ein Miß- Verständnis. Ein Mißverstehen aber auch der Seel« de» neuen Italien. Da» Italien de» tzascht»mu» lebt im »Klima d«» Imperium»", mt« "»ussoltut IE dies« Atmosphäre des Stolzes und des KrastbewußtseinS genannt hat. Es tst sich seiner Stärke, seiner Ent schlossenheit und seiner Stellung in der Welt bewußt geworden. Italien, das mit dem Kaiserreich Acthiopicn nicht nur eine gewaltige Ausdehnung, sondern auch eine gewaltige Ausgabe erhalten hat, ist saturiert: aber nicht in dem Sinne satten Genießens, den biö- lang dieser Begriff bedeutet hat. Es gibt — nicht nur tn Italien — ein andres „S a t u r i e r t s e i n" in der Politik von heute, das feste Ruhen in seiner eigenen Stärke, das nicht die andern bedroht, aber sich auch von andern nicht bedrohen, geschweige denn beschimpfen läßt. Tie Beziehungen zwischen dem alten „Empire" und dem jungen „Imperium" im Mittelmeerraum sind nicht nur eine geographische, sondern vielmehr eine psychologische Angelegenheit, und „Stürme der Druckerschwärze" bedeuten bei solchen Spannungen keine Stürme im Wasserglas. Aus dem Sandsturm, der Mussolinis Reise abkürzte und an manchen Stellen alsbald tn einen „politischen Wind" verwandelt wurde, ist ein solcher Sturm der Druckerschwärze und ein Dialog zwischen Rom und London er standen, der kein Ostcrgespräch ward. Aber eS gibt auch Stürme, die die schwüle Atmosphäre reinigen können, und das Klima deS Empire ist nicht so verschied.n vom Klima des Imperiums, als daß der Ausgleich nur in Gewittern stattfinden muß. Schlachtfeld Europas Von einem „Klima deS Imperiums" kann im belgischen Land wohl nicht gesprochen wer en: aber der Wille zur Selbständigkeit der eigenen Exi stenz ist kein Vorrecht der Großen in der Welt. DaS Bekenntnis zu dieser Einsicht, die der Politik deS Dritten Reiches Selbstverständlichkeit bedeutet, wäre ein wahrhaftes Ostcrgeschenk für Europa. Es wäre die Erfüllung auch der Ziele und Hoffnungen der bel gischen Politik, als deren Sprecher König Leo pold von Belgien tn London geweilt hat. Ein Historiker des 21. Jahrhunderts, der die Akten über die Verhandlungen nm die belgische Telbltändi-kcit aus dem Jahre 1037 durchforschen wird, wird lehr reiche Erkenntnisse gewinnen, wie langsam mora lische Selbstverständlichkeiten politische werden. Er wird in das Buch der Geschichte cintragen, daß Deutschland eindeutig die Unabhängigkeit Bel giens garantiert hat, ohne Umschweife und ohne Vor behalte. Er wird aber hinzusügen, daß der Begrils „Unabhängigkeit" bei andern Regierungen sclt'amc Auslegung gesunden hat. Der Akt „Belgien" ans der europäischen Bühne ist ein wunderliches Schauspiel geworden. Die gleichen Akteure, die vor dem Par kett Europas sich als die Gralsbütcr belgischer Selbständigkeit gebärden, scheinen hinter den Kulissen eifrigst bemüht, diese Unabhängigkeit in Bindung zu verwandeln. Die gleichen Mächte, die sich als Treu händer des „bedrohten Belgien" betrachtet willen wollen, scheinen keineswegs entzückt, daß eine Be drohung Belgiens kein Stichwort der Wahrheit bedeutet. Bei alledem kommt eS nicht so sehr ans einzelne Formulierungen und Fassungen an, über die zwischen London und Paris nach dem Königsbesnch in London verhandelt werden soll, um, wie es heißt, eine ae- meisisame engltsch-sranzöstsche Er klärung zu vereinbaren. Der Kernpunkt ist viel wesentlicher. Er tst bas Sträuben dieser Großmächte, das Neue anznerkennen, das sich überall in der euro päischen Politik zeigt: das Streben auch der klclu ien Staaten nach Unabhängigkeit. Auch die Staalsschissc, die keine „Dreadnoughts" sind auf dem Strom der hohen Politik, wollen lieber Kreuzer auf eigener Fahrt als Beiboote im Kielwasser der Panzerschiffe sein. DaS ist das Entscheidende. Das belgische Land tst Jahrhunderte hindurch ein europäisches Schlachtfeld gewesen. Von der Schlacht von Gutnegate, in der Habsburgs Lanzcnritter gegen die Ltltenretter stritten, bis zur Schlacht von Waterloo, von den Tagen Kaiser Maximilians bis zur napoleo nischen Zeit sind die Kämpfe der Großen Europas ans dem Rücken des belgischen Landes auSgetragcn nor- den. Ist eS nicht selbstverständlich, baß Belgien mit solcher Tradition brechen und eine Auferstehung zu eigener Existenz erleben will? ES Ist ein Ostergedanke in der europäischen Politik: denn eS tst ein Gedanke neuen, fruchtbaren LevenS und Zusammenlebens in Europa. Ostersonne über -er A-rla ES ist kein Gedanke, der sich auf Belgien beschränkt. Die Vorgänge in Brüssel finden ihr Seitenstück In l Belgrad. La», zu einem «eiteren Stützpunkt ««netz
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