Adorter Wochenblatt. Miltherluagen über örtliche und vaterländische Angelegenheiten. Siebenter Jahrgang. Peelt für den Jahrgang bei Bestellung von der Post Si Reugroschen, bei Beziehung bei Blatt«- durch Botengelegenheit 15 Neugroschen. 8. Erscheint jede Mittwoche. 23. ^tbr. 1842. Die Bestrebungen des Adels. Es ist bekannt, dass der Adel einst den „ersten Stand im Staate" gebildet und sich nicht allein von besserem Schrod und Korn, als andere Menschenkin der in den „beiden anderen Ständen des Volkes", gehalten, sondern auch wirklich ein Uebergewicht über die Lezteren sich angemaas't und lange Zeit behaup tet hat. Der grose Grundbesiz war ausschliesslich in seinen Länden, kostbare Privilegien zeichneten ihn vor der grosen Masse des Volkes aus, die reichen Stel len, Aemter und Pfründen des Staates waren von ihm allein eingenommen, und Glanz und Macht schien nur ihm anzugehören. Das Alles ist nun freilich im Laufe der Zeiten anders geworden und namentlich hat das gegenwärtige Jahrhundert an den mittelalterlichen Besizthümern des „ersten Standes" sehr unsanft ge rüttelt und von dem alt und morsch gewordenen Ge bäude des Adelsglanzes einen Stein nach dem andern herausgenommen, so dass dermalen äusser den Wap penschildern und dem reinen Blute der noblen Ge schlechter nur noch geringe Ueberreste der alten guten Zeit deö Adels vorhanden sind. Bürger uud Bauern, „die beiden andern Stände", gehören jezt auch zum Staate: der Bauer hat durch die Aufhebung der Leibeigenschaft, durch die Beseiti gung drükender Frohnen die Freiheit der Person und des Besizthums wiedergewonncn und damit Unabhän- Higkeit von dem gestrengen Burgherrn und das Ge fühl seiner Menschenwürde erlangt; die Städte, de ren Bewohner sich deü Inhabern der benachbarten Burgen schon längst durch„^idustrielle Unternehmun gen bemerkbar gemacht und dadurch Neichthum und Mittel zur Bildung sich verschafft hatten, sind zu freien Gemeinheiten erklärt worden. Vorrechte und Privilegien gelten jezt als verrufene und gröstentheils als verbotene Waare uutz.Mejchheit Aller vor dem Geleze hat es unmöglich gemacht, dass noch ein „er ster Stand" anderswo besteht, als in der Einbildung der Ahnenreichen. DaS aber eben ist es, waS dem vormals „ersten Stande" nicht gefallen will und woran er sich nicht gewöhnen zu können glaubt. Lüsternen, sehnsüchtigen Blikes schaut er in die „schönen Tage" der Vergan genheit, griesgrämig und neidisch auf das Treiben der Gegenwart, hoffend und harrend auf die besseren Ge- schike der Zukunft, auf die geträumte Wiederkehr der alten Glükseligkeit. Aber glaubt Ihr, der Adel lasse es bei dem passi ven Hoffen und Harren auf das, was kommen soll, bewendens Glaubt Ihr, er lege die Hände ruhig in den SchooS, stillwartend der neuen Gunst und Für sorge der himmlischen Mächte? Ihr irrt! War die Reakzion der Aristokratie, das Ankämpfen deS Adels und der Privilegirten überhaupt gegen den vorrecht- scheuen „Unhold des Zeitgeistes" schon seit langer Zeit — vornehmlich seit Warschau'- verderbenschwerem Fall — in Haupt und Gliedern unverkennbar, suchte man dem erwachten Volksgeiste — der einsehen gelernt, dass der Staat nicht als die Schaz- und Borraths- kammer einzelner gewappneter und geschildeter Ge schlechter und Personen, sondern als der Inbegriff al. ler gleichberechtigten Glieder desselben zu betrachten und Gemeinwohl sein Ziel- und Strebepunkt stt und sein müsse — jeden Fusbreit Landes nicht blo- streitig zu machen, nein! wieder zu entreissen; so tritt man nunmehr in geschloffenen Reihen gegen „die bei den anderen Stände" auf, schliesst Bündnisse und Verträge, um den Heimgegangenen Geist des Mittel alters aus den alten Familiengrüften wieder herauf- zubeschwören, und schikt sich an, offen und sistematisch zu verfolgen, was zeither nur dem glüklichen Wagen jedes einzelnen Staatsgenoffen anheimgegeben War. Ja! es ist kein Geheimnis mehr, dass „der Adel Teutschlands sich in geheimen, mit einanderverbun» denen Gesellschaften vereinet, Statt zur Wahrung und Rettung der Ehre, Freiheit und Macht der Nation, vielmehr: „„Zur Wiedererhebung in hie ihm nur im Drange der Zeit entfremdet« Tret» lung"". So erfuhren wir aus dem Staatslerikon von Rottek und Welker (Band Xll Heft 2. Seite 271.), Solches zeigte das durch Alo. 16^. der „Sach-