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Dresdner neueste Nachrichten : 13.08.1932
- Erscheinungsdatum
- 1932-08-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id490223001-193208136
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id490223001-19320813
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-490223001-19320813
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner neueste Nachrichten
- Jahr1932
- Monat1932-08
- Tag1932-08-13
- Monat1932-08
- Jahr1932
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- Dresdner neueste Nachrichten : 13.08.1932
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Unabhängige Tageszeitung k°nd«^gsar d.n 7.^-7.^.'.,r.°.»L!.'S.7 mit Handels-und Industrie - Zeitung «.--«>« irZM LedMon, Verlag »nd SauptgeschLstSstelle: Dresden.«., Ferdlnandstr.i * rernrus: für den 0risverke-r Sammelnvmmer 24601, für den xernverkehr 14194,20024,27SS1-27SSZ « Telegr.: Aevefle Dresden « Pofischell-Dresden 2060 Aiichloerlangt« ainsendungro ohne Rückporto werden wedes zurückgesanbt noch aufbewahrt. — 2m Falle höherer Gewalt, LelrlebsstSrung oder Streiks haben unsre Lezleher keinen Anspruch auf Rachlieserung oder Erstattung des entsprechen»» unigeii« Air. 189 / 40. Jahrgang > Sonnabend, 13. August 1932 Die Verhandlungen in Verlin stocken Oer überraschende Vorstoß des Zentrums — Ende der Regierungskrise erst nächste Woche? — Bedeutsame Erklärung des Präsidenten Hoover Mchwarz-braunerVloü? parlamentarisches Kabinett oder präsidial» regier ung 7 8. Berlin, 12. August. (Eigener Drahtbericht) Der bisherige Stand der Verhandlungen über die Regierungsbildung läßt noch immer keinerlei Schlüsse darüber -u, in welcher Richtung die Umgestaltung des Kabinetts vor sich gehen und wer die künftige Regie rung führen wird. Gestern fand der von uns angc- lündigte Empfang der Zentrumsdelegrerten Bolz «nd JooS beim Reichskanzler statt. Nach den parteiofsiziösen Erklärungen, die noch im Laufe der Nacht über diese Unterredung ausge- geben worden sind, herrscht über die Haltung des Zen» IrumS völlige Klarheit. Die Partei hält die Weiter- «xistenz des Kabinetts Papcn für unmöglich und ver langt die Wiederherstellung einer parlamentarischen Regierung, d. h. die Bildung einer Koalition aus Nationalsozialisten und Zentrum. Dieser Plan wider» spricht selbstverständlich völlig dem Ziele des Reichs. Präsidenten, der gestern nochmals, ausdrücklich betont hqj^e, daß «r an dem Gedanken einer von den parla» mentarisrhen Parteien unabhängigen Präsidialregie, rung mit Einschluß nationalsozialistischer Minister sesthalte. Das Zentrum veröffentlichte gestern nacht über den Berkaus der Besprechungen mit dem Kanzler folgende Mitteilungen: „Die Zentrumsabgeordneten knüpften in der Darstellung ihrer Auffassung über die gegenwärtige Lage an die Forderung an, die seinerzeit nach dem Sturz deS Kabinetts Brüning der Vorsitzende der Zentrumspartri, Prälat Kaas, beim Reichspräsi denten erhoben hat: Die sogenannte Totallösung, d. h. bi« »olle verantwortliche Einbeziehung der da» maligen Opposition in di« Retchsregiernng. Rach Ansicht deS Zentrums ergeb« sich di« Notwendigkeit «IneS solchen Einbaues in Konsequenz des Ergeb nisses der letzten Retchstagswahl ganz von selbst. DaS Zentrum müsse absolut klare Verantwortlichkeit »erlangen. Dazu gehöre die osfene «nd voll« Mitverantwortung der Rational» sozialistischen Partei. Es sei selbstverftänd, lich, daß dabet dir strikte Einhaltung versasiungS, mäßiger Weg« und Methoden gewährleistet «nd di« neue Reichsregierung die loyale Zusammenarbeit mit der Bolksvertretung wollen und pflegen müsse. Alles andre führe notwendigerweise aus Abwege «nd zu Experimenten, die mit der Versassung nicht mehr zu vereinbare«» seien. In solchem Zusammenhang sehe di« Zentrumspartei auch die gegen di« frühere prenßtsche Regierung ergrtssenen Maßnahmen der Reichsregierung, und st« müsse eS ablehnen» sür die Folgen auch nur nachträglich die Verantwortung z» übernehmen. Allein aus dieser Betrachtung ergäbe sich bereits die Unmöglichkeit einer weiteren Ext« ft««» d«S gegenwärtigen RetchSkabinetts, da ihm die Grundlagen und Voraussetzungen zu einer ver trauensvolle« gesicherten «nd ersolgversprechenden Arbeit durchaus fehlten. Die Zentrumspartei werde sich positiv verhalten jebtr Lösung gegenüber, die unter Ausschluß jeder Parteibiktatur den beiden Grundgedanken der klaren Verantwortlichkeit «nd d«S »ersaffungSmäßigen Weges entspreche." Der langen Rede kurzer Sinn ist folgender: Das Zentrum sordert einen parlamentarischen schwarz-braunen Block. Diesem Ziele entspricht es, wenn, wie wir schon gestern berichteten, die preußische Zentrumssraktton Nationalsozialisten und Deutschnationale plötzlich zu einer gemeinsamen Besprechung über die Frage der Mintsterpräsidentenwahl in Preußen und die Schaf fung einer preußischen Regierung sür Sonnabend «ingeladen hat. Die Taktik des Zentrums wird durch sehr verschiedenartige Motive bestimmt. Einmal spricht ganz sicher die Abneigung gegen die Persön. lichkeit de» jetzigen Reichskanzler» infolge der Vor. Sänge bet Brüning» Stur» mit, anderseits will das Zentrum, wie au» den Aeußerungrn der „Ger mania" und der Kölnischen Volkszeitung" her. vergeht, di« Rationalsozialift«« möglichst osserr und klar «lt der Mitverantwortung belaste». Schließlich s^lchb auch Ai« Abneigung de» Zen. imm» al» einer krinparlamontartschfuudiertenPartei Eine taktische Pause * Berlin, 12. August. (Durch Funkspruch) Wie wir erfahren, ist bis heute vormittag noch kein Zeitpunkt für den Empfang Hitlers beim Reichskanzler und beim Reichspräsidenten sestgeseftt worden. In politischen Kreisen verlautet, daß Hitler noch nicht in Berlin ist und kaum heute in Berlin cintrcssen dürste. Es wird als möglich bezeichne«, daß der Empfang erst am morgigen Sonnabend vor sich geh«, aber auch das ist keineswegs sicher. Es ist schwer zu sagen, ob die Verzögerung in irgendeinem Zusammenhang mit dem über raschenden Vorstoß steh«, den das Zentrum in der Frage der preußischen Regierungsbildung gestern unternommen hat. Besteh« dieser Zusammenhang, so wäre es sogar denkbar, daß die Besprechung zwischen dem Kanzler und Hitler bis in die nächste Woche hinein verschoben wird, weil man dann übersehen kann, was bei der Fühlungnahme zwischen dem Zentrum, den Nationalsozialisten und den Dcutschnationalen herauögckommen sein wird. In weiten Kreisen beurteilt man die Aussichten des Zentrumsvorstoßes skeptisch. gegen alle außerparlamentarische» Einflüsse In der Regierung mit. Das Zentrum würde sich sogar in diesem Falle, wie auS gewissen Andeutungen klar her. vorgrht, um dieses Ziel zu erreichen, anch mit einer Kanzlerschaft Hitlers absindcn. Es ist klar, daß eine Einigung auf dieser Basis den Rücktritt des Kabinetts Papen zur Folge haben müßte, und es ist bezeichnend, daß der Stcgerwald nahe stehende „Deutsche" sogar die Möglichkeit in Er wägung zieht, daß der Reichspräsident ein solches Ergebnis als eine Desavouie rung anschen und seine» Abschied n e h m en könnte. „Es soweit kommen zu lassen", bemerkt bas christliche Gcwcrkschaflsorgan, „werden sich natürlich alle Beteiligten sehr ernst überlegen müssen." Man versteht die Entwicklung in der Reichshauptstabt nicht, wenn man nicht diese beiden parallel zueinander lausenden Bemühungen um die Regierungsbildung streng auscinanderhält. Aus der einen Seite die Bemühungen um einen Parlament«, risch schwarz-braunen Block, auf der andern Seite die Bemühungen Hindenburgs um eine Präsidial regierung unter nationalsozialistischer Mitarbeit, aber nicht mit nationalsozialistiscl-er Führung. Die Entscheidung liegt bei Hitler» der heute vom Reichskanzler und eventuell morgen vom Reichspräsidenten empsangen werden soll. Die nationalsozialistische Presse verlangt nach wie vor unbedingt die Führerschaft im Kabinett. Der „An griff" schrieb gestern abend: „Entweder man betraut Adolf Hitler mit der Leitung der Regierung, oder die Nationalsozialistische Partei steht sich genötigt, den schärfsten Kamps gegen dis Reichsregierung auszu nehmen. Ein Mittelding gibt eS nicht." Die hinter den Kulissen geführten Verhandlungen zwischen Zen- trum und Nationalsozialisten haben de« Zorn der De«tsch»ationale« hervorgerufen, die sich in immer stärkerem -Naße ausgeschaltet fühlen. Für die Stimmung in deutsch, nationalen Kreisen ist folgende Auslassung de» deutschnationalen PressechesS, Brosiu», von Be deutung: ' „Die Nationalsozialisten erhebe« de« Anspruch aus di« Macht schlechthin. Sie äußer« sich nicht, «de« wenigstens nicht verantwortlich» wie dies« Forderung realisiert werden soll. Da sie nach wie vor nur den legalen Weg gelten lassen wollen, bleiben nur zwei . Möglichkeiten. Entweder der Reichspräsident ernennt Herrn Hitler zum Reichskanzler, zum «hes «lneS Präsidialkabinetts, dann hat Hitler die Macht von Hindenburgs Gnaden. Dann hat man ein Kabinett, das sich soeben angeschickt hat, den Augiasstall Preußen auszuräumcn — zögernd und zunächst un vollkommen, wie zugegeben werden mnf, —, ein Kabi, nett, das aus einem Wege ist» den jeder begrüßen muß, der den Staat von Weimar überwinden will, mitten in der Entwicklung durch ein andres Kabinett ersetzt. Dan» wechselt man bcstcnsalls Persönlich keiten aus, von denen die neuen erst noch zu erweisen haben, ob sie nicht nur Trommler, sondern auch Staatsmänner sind, d. h. Persönlichkeiten, die Staat und Verwaltung von Grund aus kennen und die sür einen StaatSneuba« notwendige Sachkenntnis mit bringen. Der zweite — loyale — Weg zur Macht führt über das Parlament. Dort haben die National sozialisten nicht die Mehrheit, also nicht den Anspruch aus alleinige Macht. Dort sind sie aus eine Einigung mit dem Zentrum angewiesen. Beide Wege führen nicht zur Macht in dem Sinne, wie sie gefordert wird. Der erste Weg stört eine verheißungsvolle Ent wicklung, der zweite sührt in den Parlamenta rismus zurück." Diele bcuischnaiionalen Ermahnungen werden auf nationalsozialistischer Seile schroff zurückgcwiesen. Ter „Angriff" spricht heute von „Quertreibereien der Deutschnationalen, bei denen Parteiverbohrthcit und geheimrätliche Engstirnigkeit sich einer Kanzlerschaft Hitlers mit Händen und Füßen widersetzen". Die Betrauung Hitlers mit der Kanzlerschaft ist durch die Erklärung in der Presse immer mehr zu einer Prestige- frage sür die Nationalsozialistische Partei und ihren Führer geworben. Auf der andern Sette verstärkt sich der Eindruck, baß der Reichspräsident schwere Bedenken trägt, Pape» durch Hitler zu ersetzen. DaS ist die GesechtSlage am Freitagvormittag. Eine Lösungsmöglichkeit ist also vorderhand nicht zu sehen. Neuer italienischer Botschafter für Berlin Telegramm unsres Korrespondenten Rom» IS. August DaS große Revirement in der italienischen Diplo matie, über das wir bereits vor einiger Zeit berichten konnten, wird nunmehr osstztell angektindigt. Mussolini hat seine Ministerkollegen von den Einzelheiten dieses DiplomatenschnbS unterrichtet, die aber erst dann be kanntgegeben werden sollen, wenn der König die ein- zelnen Ernennungen vollzogen hat. Sicher ist, daß die Botschasterposlcn in Berlin, Washington und Parts neu besetzt werden. Der zukünftige italienische Bot- schafter in der RcichShanptstadt ist Btttorio Cer ruti i, zur Zett Botschafter in Rio de Janeiro. Cerrutti war von 11)27 bis 1V30 Botschafter in Moskau, vorher lange Zeit Gesandter in Peking. Nach Washing- ton geht wahrscheinlich der Leiter der Völkerbund». abtetlung im Palazzo Lhtgi Rosso, nach Paris der bisherige Botschafter tu Buenos Aires, Graf Plgnattt. Auch eine große Zahl von Gesandt- schäften werben neu- oder umbesetzt. So geht vermut- lich der bisherige Letter der Presseabteilung des Aus wärtigen Amtes, Rocco, nach Prag, der bisherige Gesandt», in Athen, Bastianini» nach Warschau. Rücktritt des Berliner Funlintendanten? * Berlin» 12. August. (Durch Funkspruch) Der Intendant des Berliner NnudsunkS, vr. Flesch, ist heute, wie die „B. Z." meldet, aus Wunsch deS neuen RundsunkkommissarS vr. Scholz im Metchstniienmtnistertum von seinem Urlaub zurück gekehrt. Noch heute svtrd vr. Flesch eine Be sprechung mit Ministerialdirektor «cholz über die künftig« Ausgestaltung des Berliner Rundfunks haben. Aller' Wahrscheinlichkeit nach wird, wie die „B. Z." erklärt, diese Aussprache zu einem Rück, tritt des Berliner Intendanten führen, da ossenbar in maßgebenden Kreisen der Wunsch be- steht, die Leitung deS Berliner Rundfunk» in die Hände einer politisch mehr rechtsgerichteten Persön- lichkeit zu legen. Oer Massenwahn Von vr. Orsk ru Stoldenß-VVernsßerocj« Tas Buch von Kurt Baschwitz „Der Ma Neuwahl«, seine Wirkung und Be. herrsch« ng" 1028, wurde eine Art von Sensa. tion. Tenn sehr viele in Deutschland standen damals unter dem lähmenden Eindruck, daß die Ueberlegen. heit der feindlichen Propaganda vor und während des Krieges entscheidend zur Niederlage beigetragen hätte. Balchwitz verkündete, daß diese Ansicht irrig und die Wirkung der Propaganda nicht Ursache, son- der» Begleiigeräusch von Tatbeständen sei. Nicht das besser Lllgenkönnen erkläre die Ueberlegenheit der feindlichen Propaganda, sondern das Glauben, wollen der Völker habe es der Propaganda sehr leicht gemacht, ja sie zum Teil erst geschaffen. Dieses Glau benwollen nannte Baschwttz den Masicnwahn. Dieser Massenmahn sei nicht etwa eine Krankheit, eine bloße Hysterie, die man heilen könne. Der Massenwahn be gründe sich vielmehr auf dem moralischen Ent- iastungSbcdürsnis der Menschen, das sie zwinge, an das Unrecht dersenigen zu glauben, denen man Un recht zuslige. In seinen« neuen Buch („Der Massen wahn. Ursache und Heilung de» Deutschenhasses", Becksche Verlag», buch Handlung, München 1982) hat nun Baschwitz dielen Gedanken nicht nur iu weiteres, reiches Vcweismaierial eingebaut, sonder» seine An wendbarkeit nach verschiedenen Richtungen hin er- weitert. Baschwitz zeigt an den Beispielen der Heren, und Kctzervcrsolgungen, daß es sich beim Massenwahn durchaus nicht um einen Aberglauben handle. Tenn vereinzelte Herenversolgungen haben noch bis lies in das Zeitalter -er Aufklärung hinein staiigesunden. So wurde z. B. der letzte Hcrenprozeß aus preußischem Boden in Nauen im Jahre 1721 begonnen. Dis Herenversolgungen in Polen endeten gar erst Im Jahre 17Ü3. Ten Grund dafür, daß diese Heren- und Kctzerversolgnngen solange anhalten konnten, sieht Baschwitz in der Ausklärungsscheu auS Schuldgefühl. Die Menschen konnten es einfach nicht ertragen, daran zu glauben, daß so viele unschuldig unter -en entsetz- lichsten Umständen gestorben seien. Das Entlastungs- bedürsnis im Weltkrieg mußte besonders groß sein» weil die grausame Kriegführung nicht eine letzt» Steigerung, sondern ein plötzliches Zurückgleiten der Menschheit auf «iuen viel tieferen Stand ihrer Ge sittung, ja ihrer Vernunft war, der vorher schon er reicht wurde. Man hat z. B. nachgewiesen, daß auch das angeblich so maßlose Wüten der Soldateska im Dreißigjährigen Kriege nicht Io schlimm gewesen ist, wie die damaligen Zweckberichte es glauben machen wollen. Der Deutschenhaß war also eine Massenwahn, erschelnung. Die Grcuelhetze ist erst durch den Deutschenhaß hervorgerufen worden. Man hat auch in früheren Kriegen gegen die Gegner gehetzt, aber zu keiner Zeit hat die Greuelhehe Io beharrlich nach gewirkt. Die Probe aufs Excmpel: das Urteilen nach zweierlei Maß. Der Einmarsch in Belgien wurde als schlimmster Völkerrechtsbruch gebrandmarkt, und was haben die andern getan? Als Italien unter Musso- lint im Herbst 1V23 mit kriegerischer Gewalt gegen Griechenland vorging und Korsu besetzte, da mußte man sich auch eingestehen, daß Korfu durch alte Neu tralitätsverträge ganz der gleichen Art wie Belgien geschützt war. Die Welt dachte auch gar nicht daran, deswegen Italien gleich Deutschland zu verfemen. Charakteristisch nnn sür den Massenwahn ist die Unter, briickung des eignen besseren Wissens. Jahrelang wurde behauptet, daß die Kathedrale von Reims völlig zer- stört worden sei. Bis ein französischer Geistlicher — kein neutraler Kunsthistoriker — nach Kriegsende den Mut sand, cs auszusprechcn, daß die Kathedrale sa noch dastehe. Die Erschießung von weiblichen Spionen! Die Franzosen habe» gar kein Geheimnis daraus gemacht, daß sie Dutzende von Hinrichtungen an Frauen vollzogen haben. Die Deutschen habe» die Engländerin Cavell erschossen. Die französischen Fälle sind objektiv berichtet worden, der Fall Cavell hat in allen kriegführenden und neutralen Ländern ungeheure Erregung verursacht. Es mar also gar nicht leicht, in der Massenwahnvorstellung zu bleiben, da anderweitige Tatsachen bekannt waren. Man kann geradezu beobachten, daß nicht etwa nur besonders geschickte Schlagworte zündeten, sondern auch solche, die ganz ungeschickt erfunden waren. So war die Behauptung von den abgehackten Kinderhänden besonders absurd, wußte man doch, daß gerade sn Deutschland die Pflege des Kinde» sehr hoch stand.
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