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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 19.07.1905
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-07-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19050719022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1905071902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1905071902
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1905
- Monat1905-07
- Tag1905-07-19
- Monat1905-07
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Vrzvys-Prris k tz« od« deren U«ßW»- stellen abyeholt: oierteljührttch 3.—, bet ' zweimalig« Ulgltch« Zoftellnnß in« Han« ^>«.75. Durch die Vast bezog« für Deutsch» land u. Oesterreich vterteljLhrltch ^l 4^0, für die übrig« Litud« laut Zeitunq-preitlifte. Diese Nummer lastet auf allen Bahnhöfen und III I bei des stettungS-verkäufe« k * »e»«ttia« uv» «rstestttt—: 1ÜS Fernfprech« LLL Johauuilgaff« 8. Vanht-Ktliale DreSdear Marienstraße 84 kFernfprecher Amt I Nr. I71S). Haupt-Mltals verltu. TarlDuucker, Hrrza (.BayrHofbukbbovdlg, Lützowstratze 10 Eerufvrech« Amt VI Nr. 4S0S1 Abend-Ausgabe. oiMger TllgMM Handelszeitung. Ämtsvlatt des Äönigk. Land- und des Königs. Amtsgerichtes Leipzig, des Rates und des Votizeiamtes der Ltadt Leidig. Anzeigen-PreiS die 6gespaltene Petitzeile 25 Familien- und Stellen-Anzeigen 20 Finanzielle Anzeige». Sefchäfttauzeig« unter Lezt oder an besonder« Stelle nach Tarif. Dir 4 gespaltene ReNamezeilr 75 Annahmefchlutz für Anzeigen: Abend-AuagadL vormittag- 10 Uhr. Morgeu-Au-gab«: nachmittag- 4 Uhr. Anzeigen sind stet- an dte itzvedüion zu richte». Ertra-Veilagen inur mst d« Morgen. Ausgabe) nach besonder« Vereinbarung. Die «rstedtttau sy Wochentag- ununterbrochen geöffnet »o» früh 8 bt- abend» 7 Uhr. Druck und Berla« von G. Pal» in Leipzig (Inh. l)r. R. L W. »linkhardth Herau-gebcrr vr. Victor Slinkhardt. Nr. 383. Mittwoch IS. Juli 1SÜS. 89. Jahrgang. Var Mchtigrt« vsm Lage. * Der preußische Landtag wird erst im Januar wieder zusammentreten. (S. Pol. TgSschau.) * Herzog Karl Eduard von Sachsen-Koburg» Gotha Hal heute die Regierung übernommen. (S. Dtsch. Reich.) * Nach amtlicher Bekanntgabe wird im Prozeß gegen den Kellner Meyer keine Revision eingelegt. Minister Ruhstrat erhielt ein BertrauenSvotum vom Groß» Herzog. (S. Letzte Nachr.) * Im Gefängnis zu DwinSk brach eine Revolte auS, weil die dort internierten politischen Gefangenen zwei jüdische, zum Tove verurteilte Gefangene befreien wollten. Militärausgebot stellte die Ruhe wiever her. * Nach der „Bossischen Zeitung" ist da- Pawlow sch e Garderegiment bereits sett Januar nicht mehr zur Wache befohlen worden, weil man in der Umgebung des Zaren an der Loyalität veS OsfizierkorpS dieses Regiments Zweifel hegt. * General Stössel ist zum Kommandanten des siebenten Armeekorps ernannt worden. * Die beiden den Haseneingang von New Dort beherr schenden Forts wurven gestern abend durch Brand stiftung teilweise zerstört. (S. Berauschtes.) vir Inrel Sachalin. Der soeben erscheinenden deutschen Ausgabe des Werkes „Im äußersten Osten" von Charles H. Lawes (POO S., init 87 Illustrationen und 9 Karten, 9 Mark, geb. 10 Mark) entnehmen wir mit der Bewilligung des Verlages (Karl Siegismund, Berlin) die folgenden Ab schnitte, die das über den Schauplatz der jüngsten Kriegs- ereignisse bisher Mitgeteilte in wertvollster Weise er gänzen: Wenn nicht alte, noch ^unübersedte chinesische An nalen irgend einen Nachweis über Sachalin enthalten, so ist die früheste vorhandene Erwähnung der Insel ein Bericht über eine Expedition, welche im Jahre 1613 von einigen Japanern gemacht wurde. Nach ihrer Rück kehr entwarfen sie eine Karte des südlichen Teils, des einzigen, den sie gesehen hatten, und nannten ihn Karafto, woraus wir schließen können, daß sie es für einen Teil des chinesischen Festlandes (östliche Tatarei) hielten, da Kara der alte japanische Name die ses Landes war. Dreißig Jahre später segelte ein holländischer Kapi tän, Martin Vries, welcher von dem berühmten Generalgouverneur von Ostindien, Antonio van Die men, ausgeschickt worden war, um das „Oouck en ANverrijlre Lilanck", d. h. eine fabelhafte, gold- und silberreiche Insel, zu entdecken — von der Küste von Jesso ab ankerte in der Aniva-Bai, der südlichsten Bucht der Insel und war somit der erste Europäer, wel cher auf dieser terra ioeognita landete. Er fuhr um Kap Aniva herum bis zum -19. Breitengrad und nannte ein hervorragendes Vorgebirge an der Ostküste Kap Patience, welchen Namen es noch heute trägt. Bis zu diesem Zeitpunkte hatten die Russen von dem nordöst lichen. äußersten Asien nichts gekannt, dennJermak, der Pionier Rußlands in Sibirien, hatte 1581 nur die Grenze überschritten. Aber in weniger als 70 Jahren war der ungeheure Kontinent durchquert, und Wassili Pojarkov, welcher den Amur hinabgefahren war, be richtete verwirrte Gerüchte von den Eingeborenen über eine an der Mündung des Flusses gelegene Insel. Um diese Zeit wurde die Insel auch in einem alten russischen Bericht aus dem 17. Jahrhundert erwähnt, in welchem es heißt: „Auf einer großen Insel, welche gegenüber der Mündung des Flusses liegt, wohnt ein Volk, die Giljaken; sie halten in ihren Dörfern 500—1000 Lunde, essen alle möglichen Tiere und ziehen Bären auf, um friedliches Werk zu tun." Es ist daher merkwürdig, daß nach Verlauf von 200 Jahren, trotz aller Berichte vom Gegenteil, bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts die Insel für eine Halb insel gehalten werden konnte. Tie erste authentische Nachricht über Sachalin stammte von den Jesuiten patres am Hofe des großen chinesischen Kaisers Khang-hi. Dieser unermüd- liche Herrscher, welcher mit den ehrwürdigen Vätern eifrig das Studium der Mathematik, der Astronomie usw. betrieb, veranlaßte jene, eine Karte des Distriktes herzustellen, in welchem der nächstliegende Teil der großen Mauer lag. Ter Kaiser kannte dieses Gebiet von seinen häufigen Jagdzügen her gut und war mit dem Werke seiner Lehrer so zufrieden, daß er sie beauf tragte, zu zweien auszuziehen und sein ganzes, weites Reich kartographisch auszunehmen. Im Jahre 1709 schickten sich die drei Patres Regis, Jartoux und Fredelli an, die Mantschurei oder östliche Tatarei, wie sie damals genannt wurde, zu durchreisen. Wenn sie auch niemals Sachalin erreichten, so gelang eS ihnen doch, bis zum Dorfe Tondon (dem heutigen Dundun), welche» am rechten Ufer des Amur, ungefähr 400 Meilen von der Mündung, liegt, vorzudringen und auch etwas über die Insel zu berichten. Darin heißt eS: „Die Insel wird von den Bewohnern des Festlandes verschieden be nannt, je nach den Dörfern, die von ihnen aufgesucht werden; jedoch der Name, unter welchem sie hauptsächlich bekannt ist, ist Saghalien-angahata, die Insel an der Mündung des schwarzen Flusses." Den ehrwürdigen Vätern und dem großen Geo graphen d'Anville verdankt die Insel also zufällig ihren gegenwärtigen Namen, deren sie viele aebabi, wie die folgende Liste zeigt: Tarakai, Repun (Ainu). Khuye (Chinesisch), Karafto, Kita-sima (Japanisch), Tun (.Mantschurisch), Tschoka (bei den eingeborenen Oro- tschonen). Ter Name, unter dem sie bei den Mantschu bekannt war, war Tun oder Toung, waS „ein in den Boden gegrabenes Loch, in welches sich gewisse wilde Menschen zurückziehen" bedeutet. Im Jahr 1787 segelte der berühmte Forscher La Perouse an der Küste der Tatarei nach d'Anvilles Karte entlang und entschloß sich, nach Osten zu steuern, uni die Kurilen-Inseln zu untersuchen. Er befand sich damals im 48. Breitengrade und stieß zu seiner Ueber- raschung bald auf Land, obwohl die Karte solches erst bec 49^4 Grad am Südende von Sachalin anzeigte. Weder nach Südosten noch nach Nordosten konnte er einen Fahr- weg finden und er kam zu dem Schlüsse, daß dieses Land die von deni Geog-nphen Sachalin genannte Intel sein müsse und daß sie sich viel weiter nach Süden erstreckte, als man geglaubt hatte. Er fuhr in nördlicher Richtung die Küste entlang, wo er in drei Buchten landete. Jenseits des 51. Breitengrades wird der Tatarische Golf seichter; La Perouse fuhr nun zur westlichen Küste und fand eine Bai, die er de Castries-Bai nannte. Hier erfuhr er auf seine Erkundigungen bei den Eingebore nen, ob es eine Durchfahrt zwischen der Insel und dem Festlande gäbe, daß sich dort Sandbänke befänden, auf welchen Seepslanzen wachsen und daß sie ihre Kanus über die Untiefen ziehen müßten. Er nahm deshalb Kurs nach Süden und durchfuhr die Straße zwischen Sachalin und Jesso, die nach ihm auch La Perouse- Straße heißt. Neun Jahre später versuchte ein englischer Kapitän, W. Broughton, die Durchfahrt; sie gelang ihm aber nicht, obgleich seine Brigg nur 10 Fuß tief ging. Auch Krufenstern hatte während seiner dreijähri gen Erpedition in den ostsibirischen Gewässern während der Jahre 1803—1806 keinen besseren Erfolg. Zwei Jahre später gelang jedoch dem Japaner Mamia Rinzo, was allen anderen mißglückt war. Er wurde von der japanischen Negierung ausge schickt, welche durch die Ankunft einer russischen Gesandtschaft am Hofe des Mikado 1805 miß trauisch geworden war und deshalb 1808 eine Expedc- tion zur Untersuchung und Vermessung der Küsten der östlichen Latarei aussandte. Mamia Ninzo befuhr die Tatarische Meerenge (bisher Tatarischer Golf genannt) und kehrte mit sorgfältig gezeichneten Plänen und Kar ten zurück. Diese wurden in Tokio in irgend einem Archiv vergraben und erst viele Jahre später von PH. Fr. v. Siebold wieder entdeckt. Die Jnsularität von Sachalin blieb daher vorerst noch Geheimnis. Noch im Jahre 1846 schrieb Leutnant Gawrilow, welcher von der Regierung zu einer Er pedition auügeschickt worden war und Schiffbruch er litten hatte: „Sachalin ist eine Halbinsel". Es blieb Kapitän Newelskoy Vorbehalten, ein für allemal die Jnsularität Sachalins festzustellcn. Ter große Graf Muraviev hatte in Verbindung mit Kapitän Newelskoy nach einem geeigneten mari timen Stützpunkt an der Ostküste Sibiriens gesucht, in der Absicht, die Stellung und den Einfluß Rußlands am Amur zu stärken. Muraviev und Newelskoy waren 1848 von Europa nach dem Osten abgereist. Seit Monaten waren von letzterem keine Nachrichten mehr eingclaufen und man befürchtete schon, daß er mit seinem Schiffe verloren war, als dieses am 3. Sep tember 1849 am Horizont auftauchte. Man erzählt, daß Muraviev in der Ungeduld, die Nachrichten zu hören, ihm in einem Ruderboot entgegenfuhr und von Newelskoy durch ein Sprachrohr mit den Worten be grüßt wurde: „Gott hat unS beigestanden . . . Die Hauptfrage ist glücklich gelöst . . . Sachalin ist eine Insel und Seeschiffe können vom Norden und Süden in die Amurmündung einfahren. Ein alter Irrtum ist vollständig beseitigt; ich berichte Ihnen hiermit, daß die Wahrheit entdeckt worden ist." Diese Entdeckung wurde jedoch nicht sofort allgemein bekannt. Im Jahre 1855 stieß ein englischer Kommo dore mit einem kleinen Geschwader während des Kri in- k r i e g e s in der de Castries-Bai auf s e ch S r u s f i f ch e Schiffe und ging nach Süden zurück, um ihre Aus- TühN zu sperren und Verstärkungen zat erwarten, weil er glaubte, daß die Russen wegen eines nördlich verlaufen den Isthmus sich in einer Sackgasse befanden. In zwischen fuhr das russische Geschwader aus der Bai her aus, steuerte nördlich, fuhr durch die enge Straße zwischen Kap Lasarew und Kap Pogobi und gelangte wohlbehalten in die Amurmündung. Die Geschichte der frühesten Besitzergreifung Sacha lins führt uns in vorgeschichtliche Zeit zurück. Heute werden außer den letzten Ankömmlingen — den Russen — fünf verschiedene Völker auf der Insel gefunden, nämlich Ainu, Giljaken, Orotschonen, Tungusen und Jakuten. Von den letzteren, deren Wohnplatz Ost sibirien mit der Stadt Jakutsk als Mittelpunkt ist, sind nur zehn Männer und drei Frauen auf Sachalin. Welches dieser fünf Völker, wird man fragen, tvaren die Ureinwohner? Sicherlich sind es nicht die Tungusen, deren Heimat ebenfalls Ostsibirien ist, und die von den Grenzen Koreas bis zum nördlichen Eis meer und vom Jeniseifluß bis zum Ochotskischen Meer umherschweifen, denn die sind erst nach den Rusten ge kommen. Die Giljakenjäger kamen wahrscheinlich vor den Orotschonen vom Festlande herüber, und ob wir nun mit unserer Vermutung, daß ihre erste Nieder lassung nicht früher als vor 2*/r Jahrhunderten statt- fand, recht haben oder nicht, so ist es doch nach ihren Traditionen sicher, daß sie die Ainu schon im Besitz des Landes vorfanden. Woher kamen die Ainu und dürfen wir sie als die Ureinwohner Sachalins ansehen? Tiefer Volksstamm fand sich unter mongolischen Völkern, deren verhältnis mäßig wenig behaarte Gesichter ein auffallendes Kenn zeichen derselben bilden. Die Ainu dagegen haben durch den Besitz eines üppigen Haarwuchses und großer Vollbärte die Einbildungskraft der Fremden erregt. Ihr patriarchalisä>es Aussehen und das Fehlen aller ausgeprägt mongolischen Gesichtszüge haben ferner den Ethnologen bei dem Versuch, sie zu klassifizieren, einige Verlegenheit bereitet. Einige ihrer Gebräuche sind den jenigen der nördlichen Stämme ähnlich und haben zu dem Glauben veranlaßt, daß sie nordischer Abstammung seien; aber sie habe andere, z. B. die Gewohnheit sich zu tätowieren, welche einen südlichen Anstrich zeigen, und wir wissen aus der Geschichte und von den alten Ainu- Ortsnamen ini Süden Japans, daß sie von dort nach der Insel Jesso gedrängt worden sind. Wahrsclieinlicy muß der Ursprung der Sachaliner Ainu entweder in der Auswanderung von Flüchtlingen, welche sich von Jesso aus dem japanischen Joch entzogen, oder in der frühen und ursprünglichen Einwanderung des Stam mes vom Festlande, den« heutigen Priamursk, gesucht werden. lieber den Ursprung der drei anderen Völker ist es ebenso schwer, Vermutungen aufzustellen, wie über die Ainus. Die sogenannten Tungusen können wir zu den am meisten zurückgebliebenen, den wildesten Sprossen des Volkes rechnen, dessen zivilisierteste Vertreter heute die Mantschu sind, das Volk, welche» China in den letzten L'/r Jahrhunderten feine Herrsck>erdynast,e ge geben hat. Vor tausend Jahren lebten diese Stämme nach chinesischen Berichten sogar noch über den Grenzen jener Völker hinaus, welche einen jährlichen Tribut an Häuten und Pfeilen an den chinesischen Hof brachten. Noch im Jahre 1586 beschrieb sie der Annalist al» „wilde Männer von dem nördlichen Gebirge, welche auf Renn tieren umherreiten". Wenn wir noch weiter zurück gehen wollten, würden wir uns in Vermutungen ver lieren. Philologen, welche Jahrtausende wie gewöhnliche Geschichtsschreiber Jahrhunderte be handeln, berichten uns, daß vom Ursitz der asiatischen Völker im Altaigebiet, an den Grenzen Sibiriens und WestmongolienS vor 5—7000 Jahren verschiedene Wanderungen unternommen wor den fein müssen. Aus diesen wandernden Völkern ent standen die chinesischen und japanischen Völ ker, denen die Mongolen, Türken und Mantschu oder Tungusen folgten. Die Gesamtzahl der Eingeborenen auf der Insel be- trägt 4—5000, wovon etwa 1300 Ainu, mehr al» 2000 Giljaken, wenigstens 750 Orotschonen und vielleicht 200 Tungusen sind. Die russische Okkupation beschränkt sich tat- sächlich auf das Gebiet welches in einem Umkreis von 30 Meilen um Alexandrowsk an der Westküste liegt und auf ein zweites kleineres Gebiet um K 0 rsa - k 0 wskim Süden. Die Insel ist in drei Verwaltungsbezirke eingeteilt, die Alexandrowsk-, Timowsk- und Korsa- kowsk-Okruki (Okruk —Bezirk). Jedem dieser Bezirke steht ein Bezirksvorsteher oder Okruschni-Natichalnik vor, während diese drei Beamten dem Militär-Gouver- ncur der Insel unterstehen. Letzterer hat eine große Machtbefugnis, ist jedoch seinerseits vom General-Gou verneur des Priamurskij Oblast (des Küstengebietes) abhängig. Tas größte Gesängniszentrum ist in Alerandrowsk, das nächste befindet sich in Korsakowsk; im Timowsker Bezirk sind zwei, eins in Terbensk, daS andere in Ni- kowsk, 35 bezw. 44 Meilen landeinwärts von Alexan drowsk. Unmittelbar um diese Mittelpunkte sind Lichtungen ausgerodet worden; darüber hinaus liegen einige Dör fer im Walde zerstreut, welche eine sehr verschiedene Einwohnerzahl, 200 bis — gar keine baben.f Jcb kam durch ein solches armseliges Torf mit Lütten, deren Dächer mit Baumrinde und reichlichen Löchern gedeckt Feuilleton. Ni Die beiden Hallermunds. Bon A. Dom. Nachdruck verbot«. XIX. Nach weiteren acht Tagen war die Rückkehr nach Cannes bereits geschehen. Im Hotel du Bois hatte der Fremdenbesuch ganz nachgelassen, die gräfliche Familie hatte eS fast für sich allein. ES konnte dem Grafen nur lieb sein, und wenn auch seine kalt abweisende Natur ihn vor müssiger Neugierde schützte, so war ihm die Stille der Umgebung, die vornehme abgelegene Lage des Hotels auch seinen Kindern halber, doppelt angenehm, denn grade sie vor lästigen Dazwischentretern zu schützen, war sein Bestreben. Graf Hohenbüchen war zu tief getroffen, um sich so schnell in seine Lage hineinzufinden. Seinen gesunden Grundsätzen hatte grade dieser Verrat so fern gelegen, dies frevelhafte Spiel mit den besten, heiligsten Ge fühlen empörte und beschämte ihn. Ja, beschämte ihn in feinem Weibe, der Mutter seine» Sohne». Loni war selbst zu erregt, als daß sie nicht ganz froh gewesen, daß die Begegnung mit ihr und dem Grafen nur eine kurze war. Er hatte ihr in einfach, herzlichen Worten „für die Sorge die Sie meinen Kindern ge widmet" gedankt. Weiter nicht»! Und dann sie freundlich gebeten, ihm die Kinder ein Weilchen zu überlassen. „Nimmst du unS nun mit zur Mama?" hatte Ulla ge- fragt, und! „Mi tu Mama" — der Kleine wiederholt. Der Vater machte Versprechungen, beruhigte seine Kinder und reiste in einigen Tagen Loch allein ab. AuS der Zeitung hatte er erfahren, daß der „Eros" im Hafen von Ajaccio lag. Derselbe Artikel erzählte in wohlgesetzten Worten auch eine ganz rührende Episode: Gräfin Hohenbüchen hatte in Begleitung ihrer Kinder, Gesellschafterin und Dienerschaft auf der Jacht ihre» Vetter», von Tanne» au», eine kleine Küstenfahrt unternommen. Unweit Torsika erkrankte der Besitzer der Jacht Herr von Unyadchy aber so bedenklich, daß man in Ajaccio landen muhte. Während nun die Gräfin die Kinder zurückschickte, blieb sie mit ihrer Gesellschaft»- dame zurück, um mit aufopfernder Sorge ihren tod- kranken Vetter zu Pflegen usw., usw. Der Graf lachte höhnisch auf. „Sie hat sich den Rückzug gesichert, -er Welt ein rührend Märchen aufge- tischt, von dem man ja glauben kann, wa» man mag!" Jedenfalls war ihm der Weg zu ihr angezeigt und daß die» die Absicht war, lag auf der Hand. Mit einem Rotstift markierte er den Artikel und sandte die Zeitung an Loni. Bald darauf war er be reit» auf dem Wege nach Nizza, von wo er da» Boot nach Ajaccio zu erreichen hoffte. Loni verstand sofort den ungesagten Wunsch de» Grafen, als sie den Artikel gelesen, Frau Seebach hatte sie ja genügend vorbereitet. Als sie der Alten das Blatt reichte, sagte diese, nachdem sie gelesen: „Ja, ja, ist halt zu schlau, Liese rothaarige Frau. Wieviel nun da Wahres und Gelogenes dran ist, kann ja ein Fremder nicht herauSfinden. Der Gnädigen und ihrer Madame Fer- rare steht eine Lüge niemals viel im Wege, die wissen ganz gut, WaS sie dabei zu riskieren haben. Und wenn er ihr verzeiht, der Kinder wegen tut ein Ehrenmann schon ein Opfer bringen, — am Ende, wer weiß e», wär « das Beste. Aber Gott soll einen nun doch bewahren vor Solchen!" XX. - Gräfin Mara stand in vollem Morgensonnenglanz auf ihrem Balkon und schaute über den Park hinaus weit über daS blaue Meer. Ihre schlanke, mädchenhafte Ge stalt sah auffallend jugendlich aus in dem vorzüglich sitzenden Kleide auß weißem Tuch. Tas Gesicht war schmäler geworden, die Haut noch durchsichtiger, und ein verdrossener, gelangweilter Zug lag um die nervös und ungeduldig zuckenden Lippen. Gerade dem Hotel, also auch dem Balkon gegenüber, befand sich ein Rondell. E» tvar der sonnigste und ge schützteste Platz des Parke», und soeben hatte ein Diener den Baron Janos im Krankenstuhl dort hingefahren, mitten in -ie Sonne hinein. Fester noch hüllte er ihn in die Pelzdecke, rückte ihm die Kissen höher, legte Zeitungen und Journale ihm zurecht und schob zuletzt noch einen der Gartenstühle dicht an den Wagen. Gräfin Mara hatte e» gesehen. Der Stuhl war für sie dort hingpstellt. Ungeduldig zuckte sie mit den Schultern. Ihre Augen lvandten sich trüben Blickes da- von ab, dem Meere wieder zu. Wohl wußte sie, daß jetzt der Kranke da unten sehnsüchtig sie erwartete, daß sein Blick wie gebannt nach ihr gerichtet war und daß er doch nicht kräftig genug sich fühlte, um feine Stimme bis zu ihr zu erheben. Sie wußte, daß er geduldig nun warten mußte, bis sie ihren Gruß ihm hinunter sandte, und sie ließ ihn »»arten. Ihre Stimmung war keine erfreuliche, und die nervöse Unruhe, welche sie nun schon seit Tagen beherrschte, machte sie gleichgültig, gefühllos gegen ihre Umgebung. Der Arzt hatte ihr nicht verhehlt, daß die Krankheit des Barons einen sehr bedenklichen Verlauf genommen. Baron JanoS konnte Monate, vielleicht noch Jahre leben, bei aufmerksamer Pflege und in nxrrmem, sonnigem Klima, aber das Leben noch zu genießen wie ein Gesunder, lag vorläufig aus dem Bereich aller Mög lichkeiten. Und Gräfin Mara fragte sich schaudernd, wo sie die moralische Kraft denn hernehmcn sollte, geduldig auszuharren. Nein, tausendmal nein. Die besah sie nicht und von all der glühenden, verzehrenden Liebe, war, nachdem die sinnliche Leidenschaft in sich selbst er- losch, nur noch ein schüxicher Funken geblieben, und daS Mitleid mit sich selber war dabei stärker, als sie es für den Leidenden suhlte. Der Arzt hatte eine geschulte Krankenpflegerin engagiert, sie wurde heute oder morgen erwartet und der Gräfin war wenigstens in Lieser Be ziehung ein Stein vom Herzen, denn diese» viele Sitzen und unaufhörliche Vertrösten am Krankenlager griff ihre unruhigen Nerven furchtbar an.
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