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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.09.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-09-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040920021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904092002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904092002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-09
- Tag1904-09-20
- Monat1904-09
- Jahr1904
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Bezugs-Preis in der Hauptexpedition oder deren Ausgabe stellen abgeholt: vierteljährlich 3.—, bet zweimaliger täglicher Zustellung ins Hau» ./l 3.7b. Durch die Post bezogen siir Deutsch- land u. Oesterreich vierteljährlich./k 4.50, sür die übrigen Länder laut Zeitungspreisliste. Diese Nummer kostet 1 41 aus allen Bahnhöfen und III ^Itz I bei den Zeitungs Verkäufern Redaktion und Expedition: 153 Fernsprecher 222 Johaniiisgasse 8. Filialrxpcdittonrn: Alfred Hahn, Buchbandlg.,Uiiiversitätsstr.3 lFernspr. Nr. 4046", L. Lösche. Kalliarinen- straße 14 (Fernsprecher Nr. 20351 u. Königs- Platz 7 (Fernsprecher Nr. 7505). Haupt-Filiale Dresden Marienstlajje34lFernfprecherAinl INr. 1713). Haupt-Filiale Berlin: EarlDunck e r, Herzgl.Baur.Hvfbuchl'ou^lg., Lützowslraße lOlAernsprecherAiiitVI Nr 4«>o3>. Nr. ^81. Abend-2lusgabe. MpMer TaMM Anzeiger. Amtsblatt des Hönigkichen Land- und des königlichen Amtsgerichtes Leipzig, des Nates und des Nolizeiarnles der Htadt Leipzig. Dienstag den 20. September 1904. Anuatzmefchlutz sür A»zr,,e»: Ade ad-Ausgabe: vormittag» tO Uhr. Morgen-Ausgabe: nachmittag» 4 Uhr. Anzeigen-PretS die Sgespaltene Petitzeile 2S Reklamen unter dem Redaktion»flrich (4gespalten) 75 -4. "ach den Jamilieanach- richten lögespalten) 50 Tabellarischer und Zisferniay entsprechend höher. — Gebühren für Mchweiluagea uad Offertenannahme 25 4- i-rtra-B.«lagen tgefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung .Sl 60.—. m i t Poftbesörderuu» ^l 70.—. Anzeigen sind sie.» an die Expedition zu richten. Tie Expedition ist Wochentag» ununterbrochen geössnet von früh 8 bi» abends 7 Uhr. Truck und Verlag von E. Polz in Leipzig >Ji y. ttr. P., R. L W Kliakhardtl 88. Jahrgang. Vas Wichtigste vom Lage. * Tie 57. Hanptversa ui m lung des (ij i, st a v Adolf-Vereins wurde deute in Heidelberg eröffnet. (S. Dtsch. Reich.) * Herzogin (5 e c i l i c von Mecklenburg- S ch w c r i n, die Braut des deutschen Kronprinzen, voll endet heute ihr 18. Lebensjahr. * Tie B a i k a l r i n g b a h n zwischen Kultnk und dem Baikal ist f e r t i cs. Der Zngvcrkeln- wird am Frei- tag beginnen. * Tas F o r t L i a u t i e s ch a n bei P o r t A r t h n r, dessen Geschütze abgenutzt sind, wurde von den Russen unterminiert, damit es eventuell g e - sprengt werden kann. (S. Russ.-jap. Krieg.) srieäensrcdalmeien. In bestimmter Form versickert nach einer Laffaninelkun.z der Petersburger Sonderkorrespondent des „Daily Telegr.", daß die Aussichten auf baldigen Frieden günstiger seien, als man glaube. Er gibt folgende Aeußerung wieder, die eine bockstcbende Persönlichkeit am Freitag morgen zu ihm tat, wobei er binzufügt, diese Aeußerung würde mit Blitzesschnelle die Runde um die ganze Erve macken, falls er seinen Gewährsmann nennen dürfte: „Es ist möglich, daß der Krieg schneller endigt, als die meisten glauben. Bermittlung ist zwar ebenso unmöglich, wie Einmischung. Rußland kann kein Eingreifen dulden, wie eS auch benannt werde, und ob es vom Freunde oder vom Nachbar komme." — „In welcher Weise soll dann der Feldzug enden?" fragte der Korrespondent. — „Ich habe den Friedenssch luß nicht als unmittelbar bevorstehend bezeichnet. Ich bezeichnete ihn als «ine Möglichkeit, die früher, viel früher vielleicht ver wirklicht werden wird, als man vermutet. Nicht Vermitte lung wird den Friedensschluß zustande bringen, sondern einzig die wachsende Ueberzeugung, daß der Feldzug enden wird, enden muß, wie die Schlacht von Liaujang geendigt hat, in kostspieligen Opfern auf beiden Seiten, ohne daß eine beider Parten einen entscheidenden Vorteil erringt. Ruß land kann ganz allein Japan schlagen und vernichten, wenn es all seine Kräste zusaniiiienninimt und all seine Hülssmittel beranziehr. Das ist so sicher wie eine mathe matische Wahrheit. (Warum tut Rußland denn dies nicht? Red.i Aber diese Anstrengung lyiirde die Nation erschöpfen, ohne ihr Nutzen zu bringen, und die danach ein tretende zeitweilige Schwäche Rußlands würde für andere Länder eine Versuchung bieten, ihren Stimmen Gehör zu schaffen. Gegenwärtig bekämpfen wir Japan allein, und niemand wagt Halt zu rufen, noch wird bei den späteren Friedensvcrhandlungen irgendwelche Einniiscknng geduldet werden. Aber wenn wir versuchen, Japan nicht nnr zu schlagen, sondern zu unterdrücken, werden andere in Ost- asicn interessierte Länder energisch ihr Recht behaupten, gehört zu werden, und ein durch die sinanziellen militä rischen und Flottenverluste eines langen Feldzuges ge schwächtes Rußland würde eö schwer siuden, ihre An sprüche nicht zu berücksichtigen. Wir können Millionen Soldaten ins Feld stellen, die Zahl unserer Schlacht schiffe verdoppeln oder verdreifachen, den Krieg in das Land des Feindes tragen und ihn fortsetzen, bis er bedingungslos um Frieden bittet, aber die Zeit und das Geld, die dazu erforderlich sind, würden unsere Lebenskräfte in einem Grade schwächen, den kein Staatsmann ruhig mit ansehen kann. (Finan zielle Einbußen lassen sich durch Erhebung von Kriegs kostenentschädigung wieder einbringen. Red.) In 1'/» Jahren können solche Daten nicht getan werden, und keine Mackt, wie leistungsfähig in finanzieller und mili tärischer Hinsicht sie auch sei, könnte einen Krieg wie den unseren fünf oder sechs Jahre lang ohne unheilvolle Folgen siir den Wohlstand im Innern und das Prestige nach außen führen. Zwei Jabre sind das äußerste Zeitmaß, über welches sich ein solcher Feldzug erstrecken darf, ohne dauernde verderbliche Spuren in den Staatsorganismen der Kriegführenden zu hinterlassen. Wir haben daher sorgfältig zu erwägen, welche Vorteile wir dadurch gewinnen, baß wir es ab lehnen, viel früher Frieden zu schließen. Diese Frage wurde bei Beginn des Krieges in anderer Form von einer Gruppe im öffentlichen Leben stehender Persönlichkeiten, deren Kenntnis der Dinge größer war als ihr Einstuß, klar gestellt und offen beantwortet. Heute wird dieselbe Frage von anderen behandelt, deren Sachkenntnis und Macht in umgekehrtem Verhältnis zu einander stehen, die die Dringlichkeit der Frage erkennen und in ihre verschiedenen Elemente eindringen. Sie fangen an zu begreifen, daß Japan lange genug aushalten kann, um uns zu zwingen, die Anstrengung noch viel länger zu ertragen, falls wir Japan dauernd lähmen wollen, und sie haben genug gesehen, um sich zu überzeugen, daß die Verfolgung dieses Zieles die Wegschaffung furchtbarer Hindernisse erfordert, die gänzlich außerhalb des Schlachtfeldes liegen und durch Schiffe, Soldaten oder Geld nicht au» dem Wege geräumt werden können. Andererseits leuchtet es ihnen ein, daß ein 18 oder 20 Monate später geschlossener Friede mit einem Japan, das erbittert, aber nicht gänzlich geschlagen ist, nur einen Waffenstillstand bedeuten würbe, dem ein neuer und blutigerer Krieg in wenigen Jahren folgen würde. Daher sind die Möglichkeiten, mit beneu der Staatsmann zu rechnen hat, folgendermaßen zu formulieren: Entweder die Zugrunderichtung Japan» unter Opfern, die uns selbst zu Grunde richten, oder einen Freundschaft», vertrag, dem im Laufe der Zeit das Schutz- und Trutzbündnis folgen würde, das jahrelang das Ideal der japanischen Regierung bildete. Ein Trittes gibt es nicht. So wie die Frage heute steht, stand sie bereits im Januar und im vorigen Jahre, aber unglücklicherweise interessierte sie nur diejenigen, denen die Macht fehlt«, sie zu lösen. Gegenwärtig wird sie aufmerksam in Kreisen studiert, in denen Tat und Wille einander schnell folgen, und da Informationen für eine richtige Auf fassung reichlich zur Verfügung stehen, ist es möglich, vielleicht wahrscheinlich, daß der Frieden schneller zustande kommt, als die meisten glauben. Aber wie ich bereits bemerkte, der Friedensschluß wird nicht das Ergebnis einer Vermittelung, sondern einer spontanen Vereinbarung zwischen den Kriegsührenden sein, beruhend auf Dingen, die sie allein zu entscheiden zuständig sind, ohne die wirk lichen Rechte dritter Parteien zu beeinträchtigen. Eine wesentliche Bedingung einer solchen Vereinbarung mußte natürlich die Gewißheit sein, daß Japan ehrlich Freund schaft und Frieden wünscht, denn, wenn Japan nur zurück träte, um besser zu springen, würden wir beide schlimmer daran sein als vorher, denn wir würden in Ausgaben für Heer und Flotte wetteifern. Eine ideale Lösung derFrage würde ein rnssisck-japanischeS Bündnis bilden, und eS ist kein Zweifel, daß weitsehende Staatsmänner in beiden Ländern dieses Ziel nach dem Kriege im Auge behalten werden, weil es den Interessen Japans sowohl wie Rußlands dient. Aber von Anfang an sind Ehrlichkeit und Auf richtigkeit unerläßliche Bedingungen für einen dauernden Frieden " In der Unterhaltung fragte der „Daily Tele- graph"-Korrespondent den russischen Staatsmann, ob eS irgend eine im öffentlichen Leben stehende Persönlichkeit in Japan gebe, von der bekannt sei, daß sie diese weit voraus- blickende staatsmännische Ansicht von der Zukunft Ost- asienS und die Auffassung teile, die von dem russischen Staatsmann hier bezüglich der von Japan und Rußland zu spielenden Rollen dargelegt wurde. Auf diese Frage erfolgte eine bejahende Antwort, und der russische Staats mann nannte unter anderen japanischen Politikern den früheren japanischen Gesandten in Petersburg, Baron Kurino, den er aufs wärmste lobte und als hervorragenden Staatsmann bezeichnete, der, da er Rußland bester kenne als die meisten seiner Landsleute, in den vordersten Reihen derer zu finden sein würde, die in einem russisch-japanischen Bündnis die befriedigendste Lösung der ostasiatischen Frage erblicken. Nachdem der „Daily Telegraph"-Korrespondent diese Mitteilungen gemacht hat, sagt er, in militärischen Kreisen betrachte man einen Winterfeldzug als sicher. DaS mag stimmen. Vor allem aber wöre eS für die Beurteilung des ganzen Interviews sehr wesentlich, wenn der Berichterstatter sich von seinem Gewährsmann die Ermäch tigung zur Namensnennung einholen wollte Die „Dtsch. Tagesztg." vermutet, daß eS Fürst MeschtscherSki ist, der im „Grashdanin" ähnliche Auslastungen macht. Wir glauben aber kaum, daß auf diesen die Andeutung de» „Daily Telegraph" - Korrespondenten zutreffen kann, wonach die Aenßerungen „mit Blitzesschnelle die Runde um die Erde machen" würden, wenn er seinen Gewährmann nennen dürfte. Dazu hat doch Fürst MeschtscherSki nicht genug politische Bedeutung. vei mrrircd-jspamrcde ffrieg. Der japanische Vorinarsch ans Mukden. Das japanische Heer rückt langsam in breiter Front gegen Mulden vor, den linken Flügel an den Liauho, den rechten im Gebirge, etwa aus die Kohlengruben von Fujchun (40 Kilometer östlich von Mukden) gelehnt. Ten Gerüchten, daß auch westlich vom Liauho Bewegungen der Russen und Japaner stattsinden, schenkt der Korrespondent des „B. T." keinen Glauben, weil das eine Verletzung der chinesischen Neutralität wäre. In Mukden verhält sich die Bevölkerung ruhig. Tas Selbstbewutztsein der Truppen ist zurückgekehrt. Handel und Wandel sind recht lebhast. Tie Beamten sollen indes nicht immer ganz ge fügig sein und sogar geheimen Weisungen der Japaner gehorchen. Tie Filiale der Russischen Bank in Mukden ist wieder eröffnet. Die Verluste der Javaner bei Liau jang werden aus 30 000 Mann geschätzt, was man auch für wahrscheinlich halten kann. Dem „Standard" wird aus Tientsin vom 19. Sep tember gemeldet: Der chinesische Vizekönig schickte infolge beständiger Klagen 500 Soldaten in den Distrikt westlich des Liao-Flusses, worauf das Verhalten der Chunchusen sich bereits merklich gebessert bat. Trotzdem werden größere Truppenmasscn zur Aufrechterhaltung der Ord nung notwendig sein. Port Arthur. „Daily Telegraph" berichtet aus Tschifu von heute: Nach Briesen eines riiü"^ i> Lniziers in Bort Arthur sind die Marinegeschütze im Fort Liautie- schan durch das fortwährende Schießen abgenutzt: man unterminierte deshalb das Fort auf vier eng lische Meilen im Westen mit Schießpulver, uni es spren gen zu können. Ein Schiff, das die Blockade brach, über brachte ein Unterseeboot, das mit Freiwilligen vom Linienschiff „Pereswjet" bemannt wurde. Das Blatt sagt weiter, daß die Rationen in Port Arthur knapp, aber immerhin ausreichend sind. Nach euer Meldung des „L.-A." aus Tokio machten die Russen am Sonntag abend einen Ausfall aus Port Arthur, uw die Höben bei Jtsesckan zurück- zucrodern. Sechs Bataillone nahmen an dem hei tigen Ansturm teil, der aber von den Japanern mit schweren Verlusten zurückgeschlagen wurde. kolitircde Lagerrcdau. - Leipzig, 20. September. Die Jerichower Ersatzwahl. Der Tod desNeichstagsabgeordneten Fürsten Herbert Bismarck macht eine R e i ch s t a g S e r s a tz w a h l im Kreise Ierichower- forderlich. Der Fürst hatte das Mandat bei den .Haupt wahlen der Jahre 1893 und 1898 im ersten Wahlgange erobert, die Hauptwahl des Vorjahres hingegen brachte ihm nicht die nötige Stimmenzahl. so daß er Vas Mandat erst in der Stichwahl davontrug. Wenn Fürst Bismarck das letzte Mal auch noch mit einer sehr starken Mehrheit, nämlich mit 14 565 Stimmen gegen 9742 sozialoemo- kmtische, gesiegt hat. so haben sich doch die Stimmverhält nisse des Wahlkreises seit einem Jahrzehnt erheblich zu ungunsten der Konservativen geändert. Tenn während der Freisinn bei der Hauptwahl des Jahres 1898 nur 4688 Stimmen gegen 6812 bei der vorhergehenden Hauptwahl aus sich vereinigte, wurden im Vorfahre wie der 6480 freisinnig-volksparteiliche Stimmen abgegeben. Noch stärker ist das Anwachsen der Sozialdemokratie. Sie hatte 1893 immerhin schon 4376 Anhänger, stieg 1898 aus 5758 und im Vorjahre auf 8140. Da die Konser vativen das letzte Mal 10430 Stimmen aufbrachten, blieben sie immer noch die stärkste Partei Les Wahlkreises, der vor der Bewerbung -es Fürsten Bismarck nur ein einziges Mal, nämlich bei der Septennatsmahl von 1887, in ihrem Besitze gewesen war. v» crustidus. Es ist eine Pein, die „Nationalliberale Korre spondenz" zu lesen. Aus den Tod Herbert Bismarcks weiß die beauftragte publizistische Vertretung der National liberalen nach einigen zwanzig eigenen Zeilen nickt» anderes zu sagen, als GoetbeS „Iphigenie" zu eitleren. Ueber den dabei offenbarten Geschmack verlieren wir kein Wort; es ge nügt, die Schlußverse zu wiederholen: Iphigenie antwortet: „Zwar die gewait'ge Brust und der Titanen Kraftvolles Mark war seiner (Bismarck-TantaluS') Sühn' und Enkel Gewisses Erbteil; doch es schmiedete Der Gott um ihre Stirn ein ehern Band." Zur neuesten Aktion de» Bischofs von Metz. Bekanntlich hat Bischof Benzler die Geistlichen seiner Diözese angewiesen, allen denen, welche aus „rzligiont- uiid kirchenfeindlichc" Zeitungen abonnieren, die Segnungen der Kirche vorzuenthalten. Obwohl es mit Händen zu greisen war, daß die Praxis des Beichtstuhles die Anwendung dieser Vorschrift auf die liberale Presse herbeisühren werde, wußte doch ein liberales Straßburger Blatt dem Bischof von Metz ausdrücklich Tank deswegen weil er in seiner oberhirtlichen Unterweisung die liberale Presse nicht direkt namhaft gemacht hatte. Dasselbe Feuilleton. ,7 „Olnchtzkrnnyell." Roman von Josephine Siebe. Aawdruck verboten. Hier batte er sie in seinen Armen gebaltcn, hier ihren Mund geküßt, oh über dies Elend! Alles vorbei, alles Lug, Trug, nun lachte er in den Armen einer anderen über ne und ihr blieb nichts als Leid und Schani. Ta war es i!n wieder, als Härte sie Schritte und ihr Name würde gerni -n und sic schnellte empor, weiter, nur weiter, daß nieinand sie iah. Sie lies durch den Wald bis an dein Rand desselben, da lag der Flnß vor ibr, träge, schwerfällig schleppte er iein schmutziges graues Wasser dahin. Elisabeth blieb auf dem Damm stellen und sah nm sich, liier batte sie ost gestanden und da war Sonne gewesen, Frübling und Heiterkeit, die Wellen des Flusses hatten geglitzert und das Grün der Wiesen und Bäume, die bellen Brücke», die fernen Häuser, alles war freundlich und licht gewesen und nun lag die Landschaft gran, leb los, dämmerig und müde vor ihr und wie schwere, dunkle Linien begrenzten Häuser und Wald den Horizont. Wieder rang sick ein tränenloses Schluchzen aus ihrer Brust, ihre Augen brannten und das Herz tat ihr so weh. Sic ging langsam den Damm hinab. Du unten war die Erlösung, die Ruhe für sie, ihr ganzes Denken war unklar und verwirrt, klar stand nur das Bild vor ihrer Seele, der Mann mit dem feuchten Haar, dem zurückgeschobenen Hut und dem schönen Weib an seiner Seite, das lachend zu ihm aufsah und vor diesen: Bild mußte sie fliehen. Wieder ivar es ihr, als klinge ein Ruf aus der Ferne, warum schwieg man nicht, ivarmn verfolgte man sie? Sie rannte nun einige Schritte und stand nun am Wasser, noch ein Sprung und die Onal war vorbei, und in dieser letzten Minute siel ihr etwas ganz Törichtes ein Eine verblaßte Kindererinncriing wurde zu einem klaren Bild für sic Ihr war als Kind eine Licblingspuppe in die Regentonne gefallen, als man diese wieder heraus gezogen, da war ihr hübsches, blaues Kleidchen ganz grcu. genasen und das Wasser hatte alle Farbe von dem Gesicht gewaschen. So deutlich erinnerte sich Elisabeth, wie böse sie auf den Bruder gewesen, der die Schuld an dem Unfall trug, und ivic bitterlich sie über den verunglückten Liebling geweint. Ta war die Mutter gekommen und hatte sie getröstet und der Vater hatte mit seinem stillen, gütigen Lächeln die Puppe genoinmen und die Wangen wieder schön rot gemalt. Alles sah sie vor sich, den P'atz unter der großen Linde, init den weißen altmodischen Gartenmöbeln und der Rabatte von Stiefmütterchen da vor, die Mutter, die prüfend das schmutzige Puppenklcid ansab, Len Vater, wie er ganz sorgsam das blasseDing mit Len runLcn Glotzaugen anpinselte, Len kleinen Bruder, der mit zerknirschter Miene an seinem Sckmrzsellchen kaute, die alte Antja, hie eins der kleinen Geschwister auf dem Arm hatte und erstaunt des Herrn Rektors Mal künste bewunderte — so greifbar nahe war ihr alles und eine heiße Sehnsucht überkam sie nach dem entschwun- denen Glück der KinLcrzcit. Sic kauerte am Rand des Wassers nieder und starrte in die Flut. Wenn sie in der dunklen Tiese versank, dann würden die Eltern weinen, wie sie damals um ihr Puppenkind, nur noch viel schmerzlicher und die Farben des Lebens würden sie ihr nicht wieder geben können. Todesgrauen faßte sie. Aber da, rief da nicht wieder die Helle'grausame Stimme, „Du bist mein!" und sie glaubte Wolfgang zu sehen, wie er lachte, lachte über sie, die Törin. Stöhnend barg Elisabeth Las Gesicht in dem welken, braunen Grase, oh nur sterben können, ruhen, nur nicht denken müssen. Ein Mensch Ivar der einsamen Wanderin gefolgr. Vera Strogonow hatte Elisabeth gesehen, dicht an ibr war sie vorüber gegangen und die Russin liatte erschrocken das verstörte Aussehen des Mädchens ivahrgenommcn, sic ries es an, aber hastig eilte dieses weiter und ein vorüber- fabrender Wagen trennte für einige Augenblicke beide, und so geuxinn Elisabeth einen Vorsprung. Von weitem sah Vera die Gesuchte in das Sckieibenbolz einbiegen und unbekümmert um den stark herniederrinnenden Regen lief sie ihr nach und rief ihren Namen. Keine Antwort, alles still ringsum. Der graue Tag verbot ein freies Ausblicken, einmal war es der Russin, als sähe sic einen dunklen Schatten zwischen den Bäumen sich bewegen. Ihr kam der Ge danke, „du muht nach dem Wasser gehen", und sie eilte vorwärts, vor sich auf dem Wege, der durch den Regen weich und glatt geworden war, sah sie deutliche Fuß spuren, die nach dem Damm, der Fluß und Wald von einander trennte, führten. Als sic auf dem Damm stand, da sah sie unten dicht am Flußrand eine dunkle Gestalt kauern, mit einigen hastigen Schritten war sie unten, wirklich, es war die Ge suchte, Vera faßte sie an und hob sie empor. „Elisabeth Mädchen was tun Sie hier?" Mit großen starren Augen sah diese empor, wie aus einem schweren Traum erwachend: „Ich wollte in» Wasser geben", sagte sie mechanisch. Vera Strogonow sah mit dein kundigen Auge des Arztes, daß das Mädcben seelisch und körperlich vollständig erschöpft war, ohne noch etwas zu sagen, zog sie die Widerstandslose bis ans den Damm weg, sie legte ihre Arme um sie und schleppte sic mühsam nach einem nahe gelegenen Restaurant. Es war eine schwere Arbeit, Elisabeth war größer wie die schmächtige Russin, doch deren eisernen Willen gelang es. aber die Hellen Schweißtropfen standen ihr aus der Stirn, als sie den kurzen Weg von, Damm bis zu dem Renndahnrestau- rant zurückgelcgt hatte. Dort erklärte sie ruhig, ihre Freundin sei unterwegs ohnmächtig geworden, bereit- willigst lies ein Junge nach der Stadt hinein und holte einen Wagen, sie flößte indessen Elisabeth einen heißen Trank ein, der das junge Mädchen etwas belebte. Diese ließ alles mit sich geschehen, lieh sich in die Droschke heben und als dieselbe vor dem Hause der Pension Hermann an langte, da stieg sie, mühsam auf den Arm ihrer Schützen« gestützt, die Treppe hinaus.
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