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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 16.10.1905
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-10-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19051016028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1905101602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1905101602
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1905
- Monat1905-10
- Tag1905-10-16
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Vezugs.Prel- tz, der HauptexpedMm« »d« b«re» »Mtztztz» stelle« adgeholt: vtertellährltch tz^Oz bet täglich zweimaliger Hustellimg m» Hau» viirteliährltch Durch «nie» «-». »artigen Ausgabestelle» und dorch bi« Post bezöge« iür Deutschland and Oesterreich vtertellLbrltch »-SO, für ot» übrig« Länder laut Leitung-Preislist«. Redaktion un» Erpediriour Johanntsgasj» 8, Lelepho« »k. t»4 «r. «N «k. U7S verltner Redaktion»-vurem« Berlin kiVt », Dorotheen stratz« SS. Lei. i, Nr. W75. Dre-bnei Redokttons-lvureau: Dresdens, «Snaeri-str.»^ 1el.t,N^LÜSL Abend-Ausgabe. MpMer JaMaü Handelszeitung. Ämtsvkatt des Hörrigs. Land- und des Hörrigs. Amtsgerichtes Leipzig, des Rates und des Volizeiamtes der Stadt Leipzig. Anzetaen-Prei- die S geipaUe«, PetUzeU« -ö Pf. Familie», Wohnungs- and Stelle» »neigen LU Pf. Finanzielle Anzeigen, Geschäftsanzeigen nnter Dext oder an besonderer Stelle nach Daris. Für da» Erscheine» a« bestimmten Tagen u. Plätzen wirb kein« Garantie übernommen. Auzeigrn-Aunahme: AugustuSplatz 8, Eck« Johannisgasse. Die Expedition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet vo» irüh 8 bi» abends 7 Uhr. Filial-Erpedttion: Verl in, ^üy owstr. 10 - » Dresden, Martenstr.3». Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig (Inh. vr. «, R. L W. «ltnkhardt). Herausgeber; Dr. Viktor Kltnkhardt. Nr. 528. Montag 16 Oktober 190Ü. 99. Jahrganst. Var Mckttigrir vom Lage. * Aus König Karl von Rumänien soll lürzlich eia Attentat versucht worden sein. (S. Au-l.) * Ein nach Marokko bestimmter, mit Waffen und Munition belavenrr sranzössicher Dampfer ist in Lissabon sestgehalteu worden. (S. Ausl.) * Der Friede zwischen Rußland und Japan ist am 15. Ollober in Kraft getreten. (S. Ausl.) politische cagerrcbau. LeipztL 16. Oktober. Deutsche Städteliga — LtädtctagSjeutralftellcn. Die seiner Zeit unternommenen Brriuche, di« Abhaltung de- deutschen Städtelage» al» eine dauernde Ein richtung vorzubekeitea, und jetzt zum Abschluß ge langt. Der vamalige Vorstand des Stävtelage», Ober bürgermeister Beutler-Dre-ven, Bürgermeister Geh. Hojrat Dr. Rrner von Bericht-München, Bürgermeister Back- Straßburg, Leupolv-DreSven, Stadiveroidnelen-Borsteher Iustizrat Dr. Slöckel-Dre-dtn und Oderdürgeimeister Kirschner-Berlin erweiterte sich durch Zuwahl der Herren: Oberbürgermeister Abicke» - Franksurt a. M., Struck- mann-HilveSheim, Benver-Bre-lau, Haken-Stettin, Fuß-Kiel, ElolaS-Danzig, Korte-KLnigSberg, Stabt- direktor Tramm-Hannover, Oberbürgermeister Gauß- Stutigart, Bürgermeister Geh. Hofiat Ritter von Schub» Nürnberg, Oberbürgermeister Werner-Cotibu-, Stadt verordneten-Vorsteher Dr. Lan aerhanS-Berlin, Ober bürgermeister Becker-Köln, Oberbürgermeister Schnetzler- KarlSiUbe. Die Satzungen de» deutschen Städtetage» sind nun von vielen Herren beraten, sie werdenden großen Städten eine Organisation geben, damit sie für bre großen wirtschaftlichen Kämpfe mehr gerüstet sind. Al- Zweck wird in K l der Satzungen angegeben: Der deutsche Städtetag ist ein Verband veuttcher Städte und Städte verbände, der sich die Ausgabe stellt, die Wohlfahrt der ihm angebörenden Gemeinoewejen zu pflegen, die gemein schaftlichen Interessen der Städte zu wahren und die Kenntnis und Ausbildung der Verwaltungs-Einrichtungen unter einander zu fordern." — Zur Erwerbung der Mit gliedschaft de- deutschen Städtetage« sind berechtigt: u. dir dkutichen Städte, welche bei der jeweilig letzten allgemeinen Volkszählung die Einwohnerzahl von 25 ooo erreicht haben, d. solche Gemeindeverbände, die, abgesehen von den nach Ab satz a selbständig vertretenen Städten, eine städtische Be völkerung von zusammen mehr al- 25 000 Köpse zu ver treten haben. Die Mitgliedschast verleiht da- Recht, bei den Verhand lungen de» Deulfchen StädteiageS sich durch siimmbrrechligtr Beauftragte vertreten zu lassen. Jedem Mitglied« steht ohne Rücksicht auf sein« Einwohnerzahl ein« Stimme zu, übersteigt der BevöllerungSzustand laut der letzten allgemeinen VollS- zählung die Ziffer von 50 000, >o erhält das Mitglied eine zweite Stimme. Mitgliedern mit einem Bevölkerung-zustand von Über 150 000 steht für jedes angefangene lOO OOO em« weitere Stimme zu. Der deutsche StLdtrtag wird durch «inen ständigen Vorstand und einen Hauplausichuß vertreten und verfolgt ferne Aufgaben im wesentlichen durch zritweilige Abhaltung von Versammlungen, durch Unterhaltung einer eigenen Kanzlei, durch zeitweilige Berössentlichungea, sowie durch Anlegung und Unterhaltung einer Bücherer. Sehr bemerkenswert ist der K ll der Statuten, der von der Errichtung einer Slädtetag-zentralstell» handelt. Er lautet: Der deutsche Srävietag errichtet in einer von ihm zu bestimmenden Stadt eine mi^ einer Bücherei verbundene Zentralstelle, von welcher Au-lünfte über alle städtischen Einrichtungen erteilt und an der Studien über deutsche- Stadtverwaltung-- und Siavtver- fassung-recht, ferner über Stäotrwese», Stävteentwicklung und Stactgeichichte an der Hand eine» vollständigen gesick- teien Stoffe» betriebe« werden können. Zu vielem Zwecke sind au» der Einnabm« de» Städtetage» Mittel zur käuflichen Erwerbung von Büchern, namentlich aus dem Gebiete der da« Gtädtewesrn berührenden SiaatSgeieygedung bereit zu stellen und ferner alle Mitglieder verpflichtet, sämtliche in ibrem Verwaliung»bere>che hergestellten und mU der Gemeinde- Verwaltung und dem städilichen Leben zusammenhängende» wichtigen Drucksache in einem Abzüge lostensrei an die Bücherei de- deutschen SiädletageS adzuliesern. An der Spitze Meter Zentralstelle sieht em juristoch oder voUSwirtichafilrch gebildeter Diretlor, der mit den Verhältnissen der deuttcken Stablversassungea und Stadtverwaltungen betraut sein muß. Wa- dre Finanzsrage andetnffl, so wird zunächst daraus hii gewiksen, daß die 152 Städte — di» berad aus 25 000 Einwobner — eine Einwohnerschaft von 13 579648 Köpfe vertreten, dieStädteverbände sind dabei nickt mitgerechnet. Rechnet man alS Mitglieder davon nur 12 Millionen, so würde fick bei einem Jahresbeiträge von 1.50 4 >ür je 1000 Einwohner und einem Mindestsätze von 30 ,ür jedc» Mitglied eine Iahreseinnahme von ungefähr IS OOo^e und unter Zurechnung einer Iabre-einnabme von 2000 an Gebühren und Schreiblöhnen zusammen 20 000 -ck ergeben. Die DclcaffS-Affäre. Die deutsche Regierung hat, wie die Wochenrundschau der „Nordv. Allg. Zig." in ihrem von uns heule früh wieder gegebenen Urte-l über die DelcassS-Entbüllungcn bekunde,, sich m,t den Erklärungen zufrieden gegeben, die die engliiche Regierung im Sinne der AeußerUng deö Reuterscken Bureaus an sie ergehen ließ. Man bestätigt damit, daß die ver antwortlichen Fakioren England« Delcafsö nicht Anlaß gaben, aus englische Krieg-Hülse gegen Deulschtanv zu bauen. Man vermeidet aber auch zugleich, den Schleier zu lüften, hinter dem der unbekannte Vertrauensmann DelcasssS steck,. Ob man in England dieser Rücksichtnahme DeuischlandS gerecht werden wird, indem man jetzt ent schiedener als bisher den deuiichjeinblichrn Hetzereien entgegen tritt? L» dürft.' die» umso nolwendtger sein, als der nichi entlarvte unverantwortliche Deutschenhasser hinter den Kulissen durch die moralische Niederlage, die er jetzt er,ahren hat, jedenfalls nicht deutschfreundlicher werden wird, und darum neue Konspirationen gegen Deutschland für ihn nahe liegen. Und weiter — wenn auch das verantwortliche Eng land der Wahrheit ennprechend veisichern laun, daß von einem Schutz- und TlUtzbündni- zwischen England und Frankreich nicht die Rede gewrsen sei, so kann man doch deutlich au« der »Time«" entnehmen, daß Lord Lan «vownr im Laufe de« Iuni dem deuischen Botschafter ganz offen gesagt hat, die englische Regierung werde mr Falle eine« Kriege« zwilchen Deutschland und Franlreich sich der Teilnahme, gestützt aus die Bolktstimmung in England, nicht entziehen tonnen. Daran» resultiert immer und unmer wieder, welche Gefahren uns von England drohen, und die ErienniniS dieser Gefahr ist hoffentlich für da« ganze deutsche Volk die politische Frucht der DelcassS-Affä?e. Der Vollständigkeit wegen sei schließlich noch eine Korre spondenz de» „L.-A." wievergegebrn, di« zeigt, Laß die Ent- hüllung-manie, unbeirrt durch alle offiziösen Dementi«, weiter geht. Sin von der „Dep-che de Toulouse" publizierter, von DelcassS inspirierter Artikel enthalt bisher noch undelannte Einzelheiten. Dtlcass» verlietz weinens den entscheidenden Ministerlat, in weichem er einen anderthalbiluadigen Vortrag über «reia, Arm Founoland, Marolko, Mantjchuret, Egypten und Eliah«Lothringen gehalten hatte, auf welche» Potpourri Rouvier mit de« Worten erwtorrle: „Aus allen ihren Ausführungen klingt nur eia Wort hervor: „«riegl' Aber »her soll mein« Hand verdorren, al- daß ich den anti deutschen Vertrag mit England unterzeichne. Man beklagt sich deutscherseits ohnehin längst über Sie. Ihre Politik, die Sie setzt Vorhaben, ist die denkbar stärkste Provolalion, weiche notwendig zum Kriege führen must Mit einem Worte, Frankreich ist, wenigstens im Auienblicke, nicht in der Laa», dem Pakt mit Eaaland näbrrzutretenl" Noch versuchte DelcassS den Ministerrat umzuuimmen, indem er eine Note Tilloms, de- italienischen Ministers ves Auswärtigen, vorlas in welcher es hieß: „Deutschland wird nie wagen, «ie anzugreifen, wenn Sie mit England verbündet und. Dieser Pakt bedeutet allo Ihre sicher»!, Fnevensburgschaft. Aber auch vieles äußerste Argument vervusfle. Nouviers Meinung wurde iast einstimmig rum Beichluß erhoben. Noch richtete Dellasss einige Worte an zwei seiner Minislerkolleaen, Worte, welche , La Depsche ve Toulouse nicht wievergibl, Vie aber anderer Quelle zuiolge so lauten: „Fahret nur auf Viesem Wege fort, und binnen weni ,eu Monaten wird Herr Elarelie beouitragt werden, zum Ent zücken untere« Fieundes Wilhelm ein (Äalaprogramm für die Eo- msdie franyaise zu entwerfen." In demielben Blatt heißt rS dann auch über die Frage des englischen Anerbietens: „Sieben Tage vor dem Ministerrat vom 6. Juni telegraphierte der Botschaiter Eambon, Vie englische Negierung wäre bereit, in die Erwägung eines Alloroes einzutreteu, der Vie gemeinsamen Inter essen beider Nationen im Falle einer Bedrohung garantieren tönnte. Diese Depesche tvrr am folgenden Tage in Berlin b>kannt. Man bat nie erfahren, durch wen sie mitgeleilt worden war. Die sran- zäsische Negierung antwortete Cambon telegraphisch, er möchte warten." Auch diese Ausführungen werden auf Inspirationen von seiten Delcasssö zurückgejührt. Deutsches Keich. Leipzig, lt>. Oktober. * Der Lohnkampf der sächsisch-thüringische» Weber. Aus Gera, 15. Oktober, wird u»s getchrreben: Nachdem in den htesigen Webereien die allgemeine Kündigung der Weber aus- ge'prochen ist, entsteht allgemein die Frage, wird eS zur Schließung aller Betriebe kommen? Die Krage ist zu besahen, wenn sich nicht rechtzeitig genügend ÄrdeilSwilllge meiden, damit nach dem 27. Oilvber die Webereien in Betrieb er hallen werden können. Die Arbeitgeber sind infolge dessen bereit, auch mit den Arbeitern, die gekündigt erhielten, zu ver bandeln. Kommt es aber zur Schließung aller VerbaudSbeiriebe ..,it zirla 42000 Arbeitern, dann enist-bt ein Rie'enkampf, der den Arbeitern schmerzvoll werden muß, wenn man bedenkt, daß es in ganz Deutschland in der Textilindustrie gäit. So habe« sich die Verhälinisse in der Siickereirnvustrie in Plauen zugeipitzt, wo ca. 7000 Arbeiter gekündigt erhielten. Ferner wird die Trommel zur Lobnbewegung in Werdau, Ehcmnitz, Burgstädt, Marlirch unk Aachen gerührt. Ueberall wirb ein Mindest- oder Garanttelobn verlangt, der von den Arbeitgebern nie gewährt werden kann, wenn nicht auch der heutige leistuiigssLhige Arbeiter zum Faulenzer berabgewürvigt werben soll. Nach einer schweren Niederlage werden sich die Arbeiter auch einmal zu der Ueberzeugung durchringen, daß sie bei der gegenwärtig beliebten Art der Lohnbewegungen Nicht nur dre Industrie schwer, ioneern sich selbst aber noch mehr schädigen. Wir hatten iürzlich Gelegenheit mit mehreren Erimmitschauer Fabri kanten zu sprechen über die Folgen ves borkigen 1903 er Streiks. E« wurde unS da versichert, daß die Wunden, die da der Jndunrie geschlagen worden sind, noch heule unge- veilt sind. Da- Geschäst ist seit der letzten Stretlzeit in Crimmitschau enorm zurück.,egang«», wa- nicht nur der Arbeitgeber, sondern auch der Arbeiter nicht zuletzt am eigenen Leide wabrnimmt. Die Aufträge, die Crimmitschau seit dem Streit 1903 verloren hat, Hal die Konkurrenz an sich gerissen, so daß sie auf lange Zeit der dortigen Industrie verloren bleiben. Kommt es jetzt in cer sächsisch-thüringischen Industrie,ur allge meinen Schließung der Betriebe, so werden die rheinländische Konkurrenzlndustne und zum Teil das Ausland das Geschäft auf Jahre hinaus an sich reißen. Unter Berücksichtigung diese« wichtigen Punktes füllten die Arbeiter sich die Flage nochmals reiflich vorlegen, wo werdet ihr besser beraten, bei den Führern oder bei den Arbeitgebern! * Nutzen »er Handelsverträge für Lachsen? Die von den sächsischen Konservativen immer wieder bestrittenen Klagen unserer sächsischen Industrie über die schlimmen Folgen, die sür letztere nut dem neuen Zolltarife eintrcten werden, weil sich der den Handelsverträgen wegen der agrarischen Forde rungen zu wenig für die Industrie erzielen ließ, werden soeben von einer Seite bestätigt, die sicher auch beim „Vater land" nicht im Rufe der „Agitation" und des „LinksliberalismuS" strhr. Der unter dem Protektorate des Königs stehende „Exportverein im Königreich Sachsen" sagt nämlich aus S. 2 seines eben erschienenen Jahresberichtes: „Leider hatten jedoch unsere Industriellen nach Bekanntwerven dieser neuen Ver träge alle Ursache, damit unzufrieden zu sein; wird doch verschiedenen Industriezweigen ihr bisher nickt un- bedcntender Export nach gewissen Lankern, besonders nach Oesterreich-Ungarn und der Schweiz, nach Inkrasltreten der neuen Zollsätze vollständig unmöglich gemacht." Und später heißt es: „Im Allgemeinen geht unsere Industrie jedoch schweren Zeiten entgegen." * Abwehr einer polnischen Revolution. Dem „Observer" zufolge wurde zwischen Rügland einerseits und Deutschland und Oesterreich anderseits ein Vertrag unterzeichnet, wonach im Falle einer Revolution in Russiich-Polen Deutschland und Oesterreich zusammen nicht weniger als 2 Divisionen in« Feld senden. Der Vertrag soll auf Veranlassung Deutschlands abgeschlossen worden sein. — Ob die Nachricht des „Obseroer" in dieser Foim richtig ist, mag dahingestellt bleiben. Daß im Kalle einer Revolution in Ruisffch-Polen von Deutschland und Oesterreich sofort militärische Maßnahmen ergriffen werden müßien, um zum mindesten da« Uebergreisen einer solchen revolutionären Bewegung auf veunche« und öster- reichliches Gebiet zu verhindern, ist felbstverstänblich. Wie die drei Mächte einst Polen willen, so werden sie auch in einer ganz entschiedenen Intercssengemeinschasl dafür sorgen, daß der Status guo erhallen bleibt. * lieber die Kameruner HäuptlingSbeschwerbe schreibt der ReichStagsabgeordnele Dr. Arendt, der an der parlamen tarischen Studienreise nach unseren Kolonien teilgcnommen Hal, folgendes: „In welcher Weise koloniale Nachrichten letzt von der München Presse aufgrbauscht werden, zeigt die Nach richt von ter „Beschwerdejchrifl der Kameruner Häuptlinge". Anläßlich der Anwesenheit der deutschen Reichstags-Abgeord neten in Kamerun halte „King" Aqua (Aqua Bell) den Plan gefaßt, vielen seine Beschwerden vorzutragen I Die Kaufleute in Duala, bei denen dieser „König" gewohitheit-mätzig Rum erbetiell, halten ihn davon abgehalten und ihn veranlaßt, seine Beschwerden der Reichspost anzuverlrauen und nach Berlin zu lenden. Die Hauplbeichwerde ist Neid gegen „King" Bell (Manga Bell), der allerdings an Intelligenz und Ansehen erheblich höher steht. Bell hat das Recht, Elesanien zu ichießen. Aqua nichi, daS tränkt sein „königliches" Negcrherz. Ein Ausstand ves etwa truntsalligen Häuptlings Waide nicht mit Gewehren, sondern mit dem Stocke niedergeschlagen werden, ist aber gänzlich ausgeschlossen. — Anders urteilt freilich noch heute da» „Hamburger Fremvenblatt", das zuerst die Nachricht von der Kameruner Beschwerde brachte. E« konstatiert zunächst, baß die Beschwerde gar nicht von Aqua ausgeht, sondern ihren Ursprung in Kamerua hat, und es konstatiert weiter, daß hinter der Beschwerde mehr Ein wohner stehen al» die von der offiziösen „Berichtigung" in der „Köln. Ztg." genannten 8000 Menschen. Und die ge nannte Zeitung fährt dann treffind fort: „Aber selbst wenn nur wenige laufend Mann hinter der Bekchwerdeschrtst ständen, io muß es al« geradezu unbegreiflich be zeichnet werden, daß man >n Beilin o>e e Beschwerde einfach ignoriert, sie all acta legt, gleich al» ob die Klage von MOO Menschen etwas >ei, über das man stillschweigend hinweggeben könne. Nimmt die Koiomaiabteilung in Berlin eine Sache erst ernst, wenn e« sich um die Mitzsiimmung von 6000" Mann oder mehr bandelt? Wir büchten, d,r Ereignisse in Deutich-Südwesl» und Ofiasrika sollten das Kolonialamt gelehrt haben, wie richtig es ist, auch auf die kleinsten Feuilleton. Vie Ueberlegung fincket ihren Zeitpunkt weit schick licher nach als vor cker Lett, lllenn sie vorher, ocker ln ckem Augenblick cker kntscheickung selbst, Ins 8plel tritt: so scheint sie nur ckie -um hanckeln nütige Kraft, ckle aus ckem herrlichen Qeftlhl quillt, ru verwirren, ru hemmen unck ru unterckrllchen, cksgegen sich nachher, wenn ckie yancklung abgetan ist, cker Oebrsuch von ihr machen ISstt, »u welchem sie ckem lAsnschen eigentlich gegeben ist, nsmlich sich ckessen, was In ckem llarfahren fehlerhaft unck gebrechlich war, dewupt ru wercken, unck ckos Qefühl für anckere künftig« kßlle ru regulieren. Mein. Wilhelm ». Kaulbach. ES dürfte nach den neuesten Forschungen nicht richtig sein, wenn man den gestrigen Tag als den hundertjährigen Geburtstag de» alten Kaulbach, mit dem dir Grschicht« feiner in der deutschen Kunst ruhmvoll bekannt gewordenen Famili« anhrbt, feiern wollte. Lan» Müller, der al» erster und ein» jsiaer sich der schönen Mühe unterzogen Hot, da» Leben und Wirken Wilhelm Kaulbach» zum Gegenstand einer großange- legten Monographie »u machen, von orr bi» heut« leider nur der erste Band erschienen ist, gibt al» Geburtsdatum den IS. Oktober 1804 an, während b,4 dahin allgemein das Jabr 1805 in Geschichten der deutschen Kunst al» Geburtsjahr Kaulbachs verzeichnet stand. Wenn aber auch Han» Müller, wa» ich gern« alaube, recht hat, und gestern hundert und ein Jahr feit dem Tage verflossen waren, an dem Wilhelm Kaul bach zu Arolsen da» Lickt der Welt erblickte, wa» liegt daran, wenn der Deutsche e» wieder einmal al» sein« Pflicht emp- sindrt. sich auf einen großen Token zu besinnrn. der l>eut«, man darf e» sagen, ohne Kaulbach» Bedeutung zu schmälern, nicht mehr im Pantheon deutscher Kunst unter den Heroen wandelt? Wa» liegt daran für den Nachruhm eines Manne», daß unsere heute so ander» geartete Zeit Kaulbachscher Kunst wenig oder gar nicht» mehr nackzuernpfindetk vermag, daß wir diesen Schilderet groß gedachter Historien, über denen der Hauch stark spekulativer Sinnlichkeit lagert, heute gar nicht mehr ernst zu nehmen vermögen, ja daß wir — und da» rüttelt am gefährlichsten an Wilhelm Kaulbach» Nach ruhm, heut» wissen, daß e» dem Meister selbst niemals ernst gewesen ist, al» er sein« pathetischen Szenen schuf und seinem Pinsel etwa» vom Ernste der Kunst seine» Lehrmeister» Cor nelius zu geben, vergeblich sich mühte? Dir Geichicht« bleibt ein« unerbittlich« Richterin; so wenig wir jemals wieder die Erkenntnis von der Größe Michel angelos d«rlieren werdrn, so wenig wird je wieder ein« »zeit kommen, in der man e,nen Cornelius und Kaulbach, die kleinen Epigonen de» großen Florentiners, wieder aus die Höh« stellen wird, di« sie b«i Lebzeiten inne hatten. Sicher war e» für die künstlerisch« Entwickelung Kaul bachs verhängnisvoll, daß auch er, wie so viele andere, von denen die Arkaden im Hosgart-n zu München heute gottlob nur noch spärlich« Reste ihrer Fresken bewahren, den Ein- fluß und dl« Macht de» damals allmächtigen Cornelius ge fühlt hat. Kaulbach steht genau in der Mltte zwischen Tor- neliu» und Vilotd, ohne den Ersten an sittlichem Ernst, den Zweiten an künstlerisch«« Größ« auch nur in etwa» zu er- reichen. In Corneliu» steckte Titanengeist. der dem de» Michelangelo, don dem «r die Größe der künstlerischen Form übernahm, gleich sein wollte. In seinem Evangelium uner- bittlich, ließ er nur gelten, wa» künstlerisch den Stempel de» tiefen Gedanken» trug. Er war geradezu «in erbitterter Feind der Farbe, di« «r nur al» ein ganz nebensächliches Mittel und zn rem schematischer Reihenfolge duldete. E» ist köstlich zu lesen, wie seine Schüler, die nach de» Meister» ge waltigen Karton» drrusen würden, farbig« FreSken auf die Kalkwand zu Wersen, unter sich den Vorrat der Farben ver teilten, und während der «ine in der linken Ecke ansina fort- g» etztmit Grün zu malen, sein Kollege von recht» die Malerei m t Blau etwa begann. Wie grausam diktatorisch klangen s« n« Lehrsätze, mit denen er jegliche Malerei verurteilte, die etwa» andere» al» den Ausdruck einer gewaltigen Gedanken- Welt wiederzugeben versucht hätte. „Die wahre Kunst kennt kein obaesonderle» Fach: sie umfaßt die ganze sichtbare Na- tur. Di« Gattung-Malerei ist eine Art don Moo» und Flechtengewäch» am großen Stamme der Kunst." Kaulbachs Kunst wär« erstarrt unter der kalten Herrschaft de» Gedanken», wenn fi« nicht aus ihre Art einen Ausweg ge sucht hätte. Wi« eine Reaktion auf das asketische Zeitalter der Lornelianijchen Herrschaft muten seine Werke an, ein neuer Rubens nach den Jahren strenger Enthaltsamkeit, aber em Ruben» ohne den freien offenen Mut, ohne den stolzen Anspruch auf Sinnlichkeit. Es ist eine Sinnlichkeit in seinen Werken, die derjenigen einiger moderner Maler nahe verwandt ist, eine Sinnlichkeit, die im Kunstjargon unseres Jahrhunderts gesprochen, ost etwas vom Krousrou der Ko ketten hat- Man darf mich nicht mißverstehen, ebensowenig wie man einen Kaulbach nur nach seinen Fresken im Berliner Museum oder an den Oberwänden der neuen Pinakothek be urteilen darf. E» gibt Zeichnungen von Kaulbach, deren obszöner Inhalt an Giulio Romano» Illustrationen zu Pietro Aretino» Sonette über die „qu»r»nm mocki —" er« innert- Es fehlt ihnen ganz und gar die Grazie, die unter Umständen auch über die Zote Herr zu werden vermag, indem sie ihr ein künstlerisches Mäntelchen umhängt. Man be trachte sein ältestes Werk, da» spater noch einmal in der R«ibe seiner großen Wandgemälde im Treppenhaus« de» Berliner Museums wiederholt wurde, die Hunnenichlacht, Der derzweifluna»volle Kampf aus der Erde ist vorbei, in den Lüften setzt sich der Gelsterkamps der Erschlagenen fort. An diesem Bilde lernt man die Starke und die Schwächen Kaulbachscher Kunst deutlich kennen. Wie eine Szeneri« auf dem Theater mutet die untere Gruppe an. ihr fehlt jede dramatische Wucht; aber die übernatürlich ideale Gestaltung der Figuren hat doch auch für da» moderne Auae noch etwa» unaemein Wohltuendes und in der Großzügigkeit der Kom position übertrifft er selbst seinen Meister Corneliu». Aber wie eigenartig die Gruppe der Erschlagenen! Hier weht der berückende Duft einer heißen Llnnenalut. Wie unabsichtlich werd«, einige reizende Nuditäten blotzaelegt, schöne Beine md Körperformen blonder Schlachtjunafrauen. Hier liegen sie Konzessionen verborgen, mit denen der Meister dem Ge- chmack seiner.Zeit entgegen kam. Wer kennt nicht die Zer- torung Jerusalem», die gleichfalls in di« Wandbilder de« Berliner Museums überging. Co ost der Blick diele» Bild betrachtet, er vermag des künstlich gewollten Grauen» einer ZerstörunaSnacht nicht inne zu werben. Ueberall verletzt die gemacht schöne Form, di« theatralisch gemalt« Ptsic und in der Grupp«, die den Mittelpunkt bei Bilde» einnimmt, wo der Judenvater sich den langen Dolch in die Brr' stößt und ^t nur zu beklagen, daß er weniger verwandte Züge in Ja» an ihm zu ver- Cornelius redlich an ihm —n. "°-hn einer tief ein dekorativ großen r. Cor ¬ el meisterlich in viel voraus !en Ta- ogarth aus 'labr- ur- ihn Vielleicht ch seine Zeichnungen zum iat zu schnell Claurensche m triumphiert, und e» ge- die blonde Tochter entseelt zurücksinkt, offenbart sich wieder die Kaulbacksche Vorliebe für entzückende Nuditäten, für saftiges, vollblütiges Welbrrfleisch. Schöne Frauen hat auch Wilhelm v. Kaulbach gemalt. TaS steckt nun mal so im Blute dieser Künstlersamilie, aber es ist jene Schönheit, die in der Pflege der Manicu.e gewesen ist und ihr blondes Haar mit Dr. Dralle» Birkenwaiser frisiert. Ohne Zweisel, waS man so landläufig unter dem Worte „Jdealgestalten" begreift, das geben Kaulbachs Gestalten vollauf wieder, und daS Schatz- kästlein, dem er seine Puppen entnimmt, Hot sogar vier oder fünf verschiedene Typen, die abwcchs.'lnd wiederkehren. Wir tun Wilhelm v. Kaulbach unrecht, wenn wir ihn allein durch die Brille der modernen Aeslhetlk betrachten: sür seine Zeit hat er große Verdienste gehabt: er war ein Könner ersten Ranges und es ist Originalaeme war als Schwind, aus den r seinem künstlerischen Wesen Hinweisen. W derben war, hat der Einfluß des Corneliu. ... verdorben: einmal auf die verhängnisvolle Bah: durchdachten Historienmalerei getrieben, lxurde sei.. . veranlagtes Talen: nie Herr über die Ausgaben einer „n... monumentalen Malerei, ebensowenig wie sein Lehrer Cor nelius, vor dem er doch in manchen Dingen — speziell was den Aufbau der Komposition betraf, die er —-- wenige grofuügiae Linien zu gliedern verstand — viel r. batte. Einmal hat er Proben seine» echten und starke., lenteS gegeben, da» ihn hätte zu einem deutschen Ho machen können, in jener Zeichnung „DaS Narrenhau»' dem Ende der dreißiger Jahre des vergangenen I Hunderts. Hier bat er eine selten« Probe eine» wirklich wüchsigen und originalen Talente« gegeben, da» ihn viell^.-,. zu einem deutschen Sittenschilderer ersten Ranges hätte machen können, wie es in etwa auch seine Zeichnungen zum lkeineke Fuchs beweisen. Leider bat zu schnell Claurensche üßlicke Sinnlichkeit wieder über ibn triumphiert, und e» ge- >ört heute wirklich Neberwindung dazu, seme Zeichnungen zu Goethe» Frauengestalten zu verdauen. Kaulbachs Ge- schmack war verdorben, wie der seiner Zeit, die einer „Mi- mili" entgegen gejauchzt hatte. Sollenwir ihn deshalb tadeln? Wir können nur bedauern, daß der Meister nicht genug Cha rakter, nicht genug Ueberzeugung besessen, denn sein ursprüng liches Talent stellt ihn mit Recht in die Reihe der großen Künstler de» vergangenen Jahrhundert», da» wie kaum eine» ein Jahrhundert de» Dilettantismus und de» Erverimeute»
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