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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.06.1891
- Erscheinungsdatum
- 1891-06-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189106126
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18910612
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18910612
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1891
- Monat1891-06
- Tag1891-06-12
- Monat1891-06
- Jahr1891
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.06.1891
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Nrdarlion und Expedition Iohanaessgasse 8. Lprrchliundrn der Urdaction «ormlttag« 10-12 Uhr. Nachmittag« 6— 6 Uhr. Für dt» rilszad« «mgrtaiidter M.mulcrirl« «,cht sich »I» »ied«c»«» Ntchk »eidmdlich. Annahme der für die nächstfolgende Nnmmer destimmten Anlcrate an Wochentag«« bis L Uhr Nachmittag», an Sonn- und Kesttageu früh bis '/,v Uhr. In den Filialen für Ins.-Annahme. Ltto Slemm's Lortim. (Alfred Hahn), Uiliversitütsslrahe 1, L«»i» Lösche, La tharinen str. 14, parr. und Könlgsplatz 7, nur bi« V.ö Uhr. Abonnementspreis vierteljährlich 4»/, Mk. in Alt-Leipzig, incl. Brinaerloh» 5 MO durch die Post bezogen 6 Mk. Einzelne Nrn. 20 Ps, Belegexemplar 10 Pf. Gebühren für Extrabeilagen (in Tageblatt-Format aefalzO ohne Postbesürderung Ü0 Mk., mit Postbesorderung 70 Mt. Inserate 6 gespaltene Petitzeile 20 Pf. Grogere Schriften laut uns. Pr»i«verzeichuik- Tabellarijcher uZiffernsatz nach HSHerm Tarif. Urclamen unter dem NedactiouSstrich die «gespalt. Zeile öOPf., vor den Familiennachrrchtea die ggefpaltcne Zeile 40 M. Jnierate sind stet« an die Expedition zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung pruenumeruiulo oder durch Post» Nachnahme. ^ ltzZ. Sreitattz den 12. Juni 1891. Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. Wir machen das in der Städtischen Markthalle verkehrende Publicum darauf aufmerksam, Last nur Lauslnsttgcn der Ausenl« halt an und zwischen den Verkaufosiänden der Bcrkaussvermiitler gestattet ist und daß die Beamte» der Markthalle angewiesen sind, unbetheiligte und mützig herumstchciide Personen, besonders Linder ohne Begleitung Erwachsener, von dort zu entfernen. Auch bringen wir in Erinnerung, rast dem großen Publicum der Zutritt in die Markthalle früh Morgrn» crft von v Uhr ab gestattet und daß diesbezüglichen Anordnungen der Beamten unweigerlich Folge zu geben ist. Leipzig, am 11. Juni 1891. Lcr Math der Stadt Leipzig. vr. Ge arg st Wirthgen. Bekanntmachung. von Montag, den 15. dieses Monats ab wird wegen vor« zunehmender Umpflasterung die nördliche Fahrstraße dcS VlüchrrplatzeS auf die Dauer der Arbeiten für den durchgehende» Fährverkehr gesperrt. Leipzig, den 10. Juni 189l. Der Math der Stadt Leipzig. IX. 6998. vr. Grorgi. Leistner. Wegen Reinigung der NLume bleiben die Geschäfte des Leih" Hause« und der Sparcasse am Freitag, den IS. Juni 18S1» au«gcsetzt. Leipzig, den s. Juni 1891. De» Math» Deputation sür Leihhaus und Sparcasse. Wohnnngsvermiethung. Im städtischen Fencrwehrdepot in Leipzig-Reudnitz, MarschaUstrasje Nr. 3, ist die im dritten Stockwerk links gelegene Wohnung, bestehend auS 4 Stuben, l Kammer, 1 Küche, Bodenraum und Kellerabtheilung, vom 1. Juli d. I. an gegen einhalbjährige Kündigung anderweit z» vermtethrn. Mielhgesuche werden auf dem hiesigen Ralhhause, erste Werk, Zimmer Nr. 8, entgegcngenommen. Leipzig, den S. Juni 189 l. Lcr Rath der Stadt Leipzig. I». 1438, 1-r. Georgst Wagner. erstes Stock« Gesucht wird die ledige, am 4. Januar 1863 in Ealbe a/S. geboren« Dienstmagd Ltsette Dorothee Panline Banse, welche »ur Fürsorge für ihre Tochter Louise Margarethe anzu Hallen ist. Leipzig, den S. Juni 1891. Der Rath der Stadt Leipzig. tArmcn - Ain t.) IV». 1491. Hr. Gesucht wird der Handarbeiter Johann Friedrich Hermann Noack, eboren am 1b. April 1850 zu Podelwitz bei Rachtig, welcher zur 'ürsorge sür seine in Waijc»p,lege befindliche» Kinder anzuhalteu ist. Leipzig, den 10. Juni 1891. Der Rath der Stadt Leipzig. (Armcn-Amt.) IV». I486. tzentschtl. Hr. Prinz Ferdinand von Coburg. Wiederum ist ein Jahr vergangen, ohne daß Prin^ Ferdinand von Coburg dem Ziele seiner Bestrebungen, die Anerkennung der Mächte als Fürst von Bulgarien zu er langen, näher gekommen wäre. Im vorigen Jahre verließ er daS von ihm regierte Land auf längere Zeit, nachdem das TodeSurtheil gegen den Major Panitza gefällt war, und begab sich über Wien und Coburg nach Karlsbad; in diesem Jahre besucht er den böhmisHen Badeort, nachdem die Geschichte Bulgariens um eine neue Schandthat vcrinchrl worden ist : die Ernior- dung de» Finanzministers Beltschcw. Die Mörder halten cS anders gewollt, «stambulow sollte ihr Opfer werden, und die Ermordung de- Prinzen Ferdinand war Vorbehalten. Der Prinz äußerte im vorigen Jahre in Karlsbad, daß er sich nirgends sicherer fühle, als in den Straßen Sofias. Wie es mit dieser Sicherheit bestellt ist, haben die jüngsten Ereignisse gelehrt; Prinz Ferdinand dürfte heute die Empfindung habe» daß er in Wien oder Karlsbad doch weniger Gefahren auS gesetzt ist als in Bulgarien, daS er zu seinem zweiten Vater lande auserkoren hat. Man schrieb dem Prinzen Ferdinand im vergangenen Jahre die Absicht zu, seinen gefahrvollen Posten in Sofia zu veriassen, er hat aber dieser Nachricht die Erklärung ent gegengestellt, daß er auf dem ihm angewiesenen Platze auS harren werde bis ans Ende. Da» ist ein muthiger Ent schluß, aber er gewährt keine Aussichten für die Zukunft Bulgarien führt gegenwärtig einDasein auf Kündigung; der vom Lande gewählte Fürst' ist von den Machten geduldet, aber nicht anerkannt, und Rußland wartet aus den Augenblick, in welchem der Herrlichkeit in Sofia ein Ende bereitet werden soll. Borläufig ist durch An schläge auf die leitenden Personen des junges Staates Ruhe und Ordnung stet- gefährdet, und wenn Prin; Ferdinand nicht einen Mann wie Stambulow an seiner Seite hätte, dann würde eS um die Unabhängigkeit und Selbst ständigkeit de- bulgarischen Staate- noch schlimmer bestellt sein. Stambulow hat sich unter schwierigen Verhältnissen als ein Mann von großer Thatkrast, Unerschrockenheit und Charakterstärke bewährt, er bat fick durch keine Schwierig leiten einschüchtern, durch keine Gefahren in seinen Be strebungen für da- Beste seine- Vaterlandes beirren lassen Er hat dadurch freilich die Ächtung der Welt erworben, aber Niemand giebt sich der Täuschung hin, daß auf diesem Wege die Anerkennung de-Prinzen Ferdinand durch die Mächte erreicht werden könne, man ist vielmehr allgemein überzeugt, daß durch alle diese Bemühungen nur Zeit gewonnen, aber die Sachlage nickt verändert wird. Bulgarien steht mit dem Sultan in gutem Einvernehmen eS hat sich dankbar für die Bestätigung der bulgarischen Bischöfe in Makedonien erwiesen und zeigt sich jetzt beflissen, die Türkei bei Einsaugung der Räuber, welche den Orientzug beraubten, zu unterstützen. Da- ist sehr schön und löblich aber der natürliche Entwickelung-gang nöthigt Bulgarien. die Unabhängigkeit von der Türkei aiizustrebcn, und eine dahin ielende Handlung würde daS Verhältnis; Bulgariens zur lürkci wenigstens zeitweise stören, wenn auch die Türkei sich dessen bewußt ist, daß es früher oder später zur Unabhängigkeits- erUärung Bulgariens kommen muß. Heute kann Bulgarien an eine solche Erweiterung seiner staatsrechtlichen Stellung nicht denken, weil dadurch unberechenbare Folgen, ja möglicher weise eine Störung des europäischen Friedens herbeigesührt werden könnte. Tie Türkei hat ihre Bereitwilligkeit, die nothwcndiaen Beränderungcn auf der Balkanbalbinsel geschehen zu lassen und anznerlenneu, bei Gelegenheit dcS Staatsstreichs von Sofia im Jahre 1885 hinreichend dargctba»; sic bat fick die Ver einigung von Nord- und SUdbulgarien ruhig gefallen lassen, weil sie einsah, daß ein Vcrhältniß wie das von Lstruinelicn ;ur Türkei doch auf die Dauer unbaltbar sein müsse, und ie würde auch der Unabhängigkeit Bulgariens keine Hinder nisse in den Weg legen, wenn sic darüber allein zu entscheide» hätte. Der Lauf der Entwickelung, welchen die Dinge auf der Balkanhaldinsel seit dem Berliner Frieden genommen haben, ist der Art, daß die Türkei ein freundschaftliches Ber- bältniß zu den Balkanstaatcii einem Zustande vorziebeu muß, welcher auf dem Streben unterjochter Völkerschaften nach Freiheit und Unabhängigkeit beruht. Rumänien ist in dieser ziebung ein lehrreiches Beispiel. Im Jahre 1878 war Rumänien der Verbündete Ruß lands und kämpfte an seiner Seile sür die eigene Un- abbängigkeit und für die von Serbien und Bulgarien, wenn gleich hauptsächlich durch die Verhältnisse gezwungen. Heute ist Rumänien der erklärte Freund der Türkei und Oesterreichs, wodurch aber die Absicht, gute Beziehungen zu Rußland zu erhalten, nicht ausgeschlossen ist. Wie Rußland in dieser Beziehung denkt, bat sich beim 25jährigen RcgicrungS- juhiläuni des Königs Karol von Rumänien gezeigt. Ruß land versagte ibni jede Sympathicbczeigiing an diesem Tage, während die Türkei unter den gluckwünschcnden Mächten einen hervorragenden Platz eiiinal»». Rußland verlangt von den Balkaustaaten unbedingte Unterwerfung unter seine EroberungSplänc und kann deshalb mit solche» Staaten der Halbinsel keine Freundschaft halte», welche die Bewahrung ihrer Unabhängigkeit aus ihre Fabne geschrieben babcn und deswegen Freundschaft niit der Türkei und mit Oesterreich halten. Mit dem Berhalten Rußlands zu Rumänien ist zu- leich ein Wink sür Serbien gegeben, dessen freundschaftliche Aeziehungcn zu Oesterreich von Seiten dieser Macht immer »ur mit Mißtrauen betrachtet worden find. Serbien ist durch seine geographische Lage als Nachbar von Bosnien und von Ungarn genöthigt, Oesterreich gewisse Zugeständnisse zu machen, deren Witcrwilligkcit nicht zu verkennen ist. Griechen land hat seine Hinneigung zu Rußland niemals ver leugnet und nimmt unter den Balkaustaaten eine Ausnahme stcllung ein, die ihm schon große materielle Nachthcile bereitet hat, wie im Jahre 1886 zur Zeit der Blockade, welche ihm die Lust zu dem thörichtcn Kriege mit der Türkei verleidet bat. Die Insel Kreta bleibt deshalb der Zankapfel zwischen Griechenland und der Türkei, obwohl Griechenland keine Aus sicht bat, i» diesem Kampfe obzusiegcn. Die Hauptsacke ist dabei die Ofsenbaltung einer Wunde, welche die Verbindung zwischen Griechenland und Rußland stets ermöglicht. Monte negro, als Geschöpf Rußlands, kommt als Balkanstaat nickt in Betracht, von dieser Seite ist niemals etwas Anderes als unbedingte Solidarität mit Rußland erwartet worden. Tie Möglichkeit, die Unabhängigkeit der Balkaustaaten zu gewährleisten, beruht auf der Hoffnung, daß Rußland in einem neuen Kriege zum Zweck der Eroberung Konstaiiti- nopels den Kürzer» zieht und der Türkei Gelegenheit bietet, ihren Besitzstand in Europa zu befestigen und gegen neue Angriffe von russischer Seite sicher zu stellen. Eine solche Wendung der Tinge ist nicht von der Hand zu weifen, aber eö giebt noch einen anderen Weg. ans welchem dasselbe Ergebniß weit leichter und mehr Glück verbeißend erreicht werken könnte, und das wäre der dcS friedlichen Aus gleichs und dcS Verzichts Rußlands auf seine Eroberungö Pläne. So wenig cS aber möglich ist, dem Rade der Zeit in die Speichen zu greisen und nothwcndige, seil Jahrhunderten vorbereitete Entwickelungen zu verhindern, so Wenig ist eS denkbar, die kleinen Baltanstaatcii auf die Dauer vor russischer Vergewaltigung zu schützen. Die Hoffiiuiij des Prinzen Ferdinand, in Bulgarien eine neue Dynastie gründen, sind auf Sand gebaut, er kann nichts Besseres tbu», als dem Beispiel seines Vorgängers, des Prinzen Alexander von Battenberg, zu folgen und abzudankcn. " Leipzig, 12. Juni. * Im Neichsgcsetzblatt wird beute daS Zuckersteuer gesetz vom 31. Mai 1891 publicirt. * Im 3. Düsseldorfer Landtag-Wahlkreise (Mettmann) ist an Stellt dcS Aba. FrickcnhauS, welcher sein Mandai niedergclcgt hat, Heinrich Boettingcr, nationalliberal, mit 99 gegen 64 Stimmen, welche Landwirth Ernst Blcckann, sreiconfervativ, erhielt, zum Mitglied deS Abgeordnetenhauses gewählt worden. * Der soeben herausgegebene, ii» Auftrag der national liberalen Partei bearbeitete Bericht über die Reichs gesetzgebung in den beiden ersten Abschnitten der I. Session der VIII. Legislaturperiode äußert in einem Rückblick auf den verflossenen Zeitraum gesetzgeberischer Tbätigkeit: „Der Reichs tag hat in der hinter uns liegenden Periode die vielfach a» eine so ungünstige Zusammensetzung, eine klerikal-freisinnig- socialtemokratische Mehrheit geknüpften Besorgnisse in Folge der entgegenkommenden Haltung dcS CentrnniS nicht ganz gerechtfertigt. Es ist manches Nützliche zu Stande gekommen das Arbeiterschutz- und das GewerbcgerichtSgesetz sind ver einbart, eine »othwendige Reform der Zucker- und Bräunt weiubesteueruug durchgesuhrt, die militairischcu und maritimen Bedürfnisse sind bis zum dringendsteil Maß erfüllt, die colonialpolitifchen Forderungen bewilligt, eine Anzahl tech nischer Gesetze und internationaler Verträge erledigt worden Von größeren Wünschen der Regierung ist keiner unbefriedigt geblieben, wobei freilich dahingestellt bleiben muß, in wie weit sie Manche- von vornherein schon im Hinblick auf die un günstige Zusammensetzung dcS Reichstag« eingerichtet batte Viel anders wäre der Verlauf der jüngsten Reichstag-Periode wohl auch nicht gewesen, wenn noch eine Carteinievrbril be standen hätte. Kritischere parlamentarische Zeiten stehen uns ohne Zweifel bevor, wenn die Handelsverträge und die Fraj Ermäßigung der Getreidczölle den Kampf der Wirt In " " ' der schaftlichrn iteressen entfesseln werden." * Die Nachricht der „Schles. Zeitg." von der Ernennung des Regierungspräsidenten v. Die st in Merseburg zum Obcr- präfidcinen der Provinz Pommern ist gänzlich unbegründet; nach Stettin kommt Herr v. Pul t kamer als Obcrpräsident. * AuS der Plenarsitzung des Aclteften-Collegiums der Berliner Kaufmannschaft vom 8. d. M. ist Folgendes zu berichten: Der Handclsminister hat da« Aeltesteu-Collegium — sowie ver- muthlich auch die Handels.Vorstände anderer Platze mit bedeutendem Geircidchandcl — zu regelmäßiger Berichterstattung aufgesordert über die Lage des GetreidemarkteS, und zwar über die auf de» Lägern befindlichen Mengen von Getreide, über die auf Grund erfolgter Abichlüsse hierher zu liefernde» Menge», die vom Auslande vorliegenden, aber »och nicht angenommenen Lfserlen, über de» MarklpreiS am Be- richtStage, sowie endlich »der die allgemeine Lage des GetrcidegcfchäilS je seit der letzten Berichlcrstattung. Tiefe Nachweifniigc» sollen bis Ende August wöchcnllich am 2., 9., 16., 23. Monalslage) er« olgen, später zu Beginn jeden Monats. Das Collegium hat eine engere Commission ernannt, welche diese wichtigen Berichte aus Grund gewisscnhastcster Prüfung und Erkundigung ausarlicitc» wird. Natürlich aber sind die obigen Angaben nicht durch genaue Zählung, andern nur durch Schätzung zu machen; aus einige der Fragen wird sich wohl überhaupt schwer eine Antwort geben lassen. Auch über die Mviiopolisiruiig dcS gesammte» Pctroleu in- handets durch das Haus Rothschild in Paris, das den russischen Pelrolcuiuinarkt so ziemlich beherrscht, und die Standard Oil Co., welche zu einem sehr großen Theil das amerikanische Petrolcumzeschäft in Händen bar, ersucht der Herr HandelSministcr die Aellesteu um Millheilung ihrer Wahrnehmungen. * Gegen die Auslassung der „Karlsruher Zeitung", daß cs dem Wohle dcö Dculschcn Reiches nicht frommen könne, wenn die politische Situation so dargestcllt werde, als ob die Dankbarkeit, die man dem Fürsten Viömarck für seine weltgeschichtlichen Verdienste schuldig sei, zu einer Opposition gegen die jetzige Negierung des Reiches verpflichte, wendet sich die „Köln. Ztg." u. A. mit folgenden Sätzen: „Niemand hat behauptet, daß die Dankbarkeit gegen den Fürste» Bismarck zur Lppositio» gegen die Rcichsregicrung verpflichte. Tie Frage, welche auf der Tagesordnung stand, lautete vielmehr, ob die Nüchlchtnahme aus die gegenwärtigen Machthaber zu einem liebe« dienerischen Abrückcn vo» dem Begründer des Deutschen Reiches führen dürfe. ES giebt ohne Zweifel Leute, welche vor Jahren den Rücke» nicht tief genug vor dem damaligen Reichskanzler beugen konnten, und welche jetzt nicht wissen würden, in welche Ecke sie sich drücken sollten, falls Fürst Bismarck im Reichstag erschiene. Der artige Elemente mögen sich als natürtiche Stützen jeder wie immer gearteten Regierung betrachten; aber wir glaube», daß keine Re« gierung auf Ihre felbstversläudliche Gefolgschaft irgend welchen Werth zu legen braucht." * Nach einer mit den Senaten in Hamburg und Bremen neuerdings getroffenen Verständigung sind künftig bin alle telegraphischen Ersuchen, welche die Verfolgung fluch tigcr, in Hamburg, Bremen oder Bremerhaven vermutbclcr Verbrecher bclressc», zur Vermeidung von Verzögerungen nicht an die Senate in Hamburg und Bremen, sonder» au die dortigen Polizeidircctioucn zu richten, an die Polizei direction in Bremen mithin auch dann, wenn die Flüchtlinge in Bremerhaven vermuthet werten. -P * * Der österreichische Justizmlnister Graf Schönborn batte die Mitglieder des Justizausschusses im Abgeordnetcn- bausc zu einer vertraulichen Besprechung eingelaten. Die Regierung gab in dieser Sitzung in längerer Debatte bekannt, daß sie die Reform dcö gelammten CivilproccsscS auf der Grundlage des öffentlichen und mündlichen Verfahrens plane, daß sie fedoch die Schaffung dieser großen GesetzeS- rcform »ur nach und nach durch das Parlament veranlassen wolle, so zwar, daß zunächst, und zwar schon im kommenden Herbst, daS Verfahren vor den Bezirksgerichten und in einem späteren SessionSadschnitte daS Verfahren vor den Collegiat- Gerichten der Beschlußfassung dcS Hauses unterbreitet werden soll. Ter Zustizminister gab dem Wunsche Ausdruck, die Mitglieder des Ausschusses mögen in zwanglosen Besprechungen sich über die Grundprincipien dieser Reform äußern. Diesem Wunsche wird der Ausschuß »achkommcn. * Im ungarischen Abgeordnetenhaus kündigte der Ab geordnete Csatar eine Interpellation an de» Minister Präsidenten, Grafen Szapary, betreffend die Juden verfolgungen in Rußland, an. * Nach den bisher vorliegenden Resultaten der allgemeinen Wahlen zur niederländischen Kammer gewannen die Liberale» 5 Sitze, und zwar 4 von den Aiilirrvolutionairen und einen von den Conscrvativeii. Haag, welches bisher durch zwei Aittiliberale und einen Liberalen vertreten war, hat drei Liberale gewählt. Ter Socialislcnführcr NieuwenhuiS kommt mit einem Radikalen in die Stichwahl. Die Nadicalc» haben zwei andere Stichwahlen mit den Liberalen. AuS 8 Bezirken sind die Resultate noch ausständig. * Unter der deutschen Ueberschrift „Verein Berliner Künstler" veröffentlicht der Pariser „Malin" rinen Hetz artikel gegen diejenigen vereinzelten französische» Künstler, die sich durch das tumultuarische Bcrbalten der französischen Patriotenliga nicht abhalten ließen, sich an der Berliner internptioiialcn Ausstellung zu betheiligeii. Ter „Matin" hat von seinem Berliner Corrcspondenten sich den Katalog zuscntcn lassen und bemerkt dazu: „Wir haben den kleinen Band flüchtig durchgelesen und hier sind die Namen der französischen (?) Maler, die sich auf den Seiten 20l und 202 verzeichnet finden, und welche wir wiedergeben, ohne einen Commentar binzuzufügen." In auffallender Weise werden dann diese Namen mitgethcilt und dem französischen Chauvinismus deuuncirt. Es muß abgewartet werden, ob mau in Frankreich in Folge dieser Denunciation daS Motiv in der Ausstellung der ebenfalls namhaft gemachten Bilder Landesvcrrath erblicken wird; Gegenstände wie „Kühe auf der Weide", „Biehmarkt", „In der Tränke" haben wohl kaum mit der Revanche-Idee etwas zu thu», während die Annahme teö Gemälde- „Eine Schwa dron Kürassiere" von Armand Dumareög lediglich die Un befangenheit des deutschen PublicumS beweist. * Die Nachricht der Times, daß Frankreich dem Zaren vor Kurzem ein vollständiges Bünkniß vorgeschlagen habe, beruht nach der „Post" mit allen Zusätzen auf freier Erfindung. Nicht vor Kurzem, sondern bereits vor fast vier Monaten bat Frankreich den Zaren sondiren kaffen, welche Stellung er bei einem etwaigen teutsch-sranzösischen Kriege einnehmen werte. Der Zar bat diese Frage bi- heute unbeantwortet gelaffen und wird sie allem Anscheine nach auch in Zukunft nickt beantworten. Alle- Uedrige gehört in , da- Reich der Mythenbildung. 85. Jahrgang. > > >«> > , i * Die Lage in Portugal erschien noch bis vor Kurzem nach zwei Seiten recht wenig befriedigend. DaS war die colonial- und die finanzpolitische Seite. Dort gab die Aus einandersetzung mit England wegen Ostafrika, hier die in Lissabon zu Tage getretene GcsckästSkrise Anlaß zu ernsten Bedenken und Sorgen. Heute ist sowohl in colonialer als inaiizieller Hinsicht eine entschiedene Wendung zum Bessern «»getreten. Die portugiesische Deputirteiikaninicr hat mit einer an Einstimmigkeit grenzenden Stimmenmehrheit — 195 gegen 6 — daS neue Abkomme» mit England wegen Ab grenzung der afrikanischen Machtsphäre genehmigt, und der Flnanziiliiiisicr hat in Paris gute Geschäfte gemacht. Wenn man sich erinnert, daß die inneren Schwierigkeiten, mit denen Portugal seil einiger Zeit zu kämpfen hatte, ihren Grund in den langjährigen Versäumnissen seiner colonialen Politik, owie in den chronischen DesicitS des Staatshaushalts fanden, o folgt daraus, daß nach Beseitigung gedachter Ursachen aUmälig auch die verstimmende Wirkung aus das Volksgcmüth in Wegfall kommen und so ein heilsamer Gegenschlag gegen das Ueberwnchern des Geistes der Unzufriedenheit und des Umsturzes cintrcten muß. Die a»tiino»archische Bewegung in Portugal, welche ihre Hauplstärke auS den colonialen Ver- lcgciibcitcn der Negierung zog, ist durch die Standhaftigkeit des Monarchen und seiner Ratbgcbcr gegenüber gar zu un billigen Zumntliunge» englischerscitS säst ganz auS der Fassung gebracht ; auch die diplomatische Gewandtheit des neuen Finanz- ministerS, welcher dem Staate bis April k. I. Luft geschaffen bat, wird erheblich dazu beitragen, daß Portugal auS den Prüfungen seiner jüngsten Vergangenheit mit dem Be wußtsein hervorgcht, daß die leitenden Kreise ihre Pflicht gegen König und Vaterland nach bestem Wissen und Ge wissen erfüllt babcn und daß cS mindestens sehr frag würdig sei» dürfte, ob unter den Anspielen einer Republik daS öffentliche Wokl deS Landes besser ausgeboben sein würde. Die republikanische Agitation ist deshalb auch momentan einigermaßen ins Hintertreffen gedrängt, und wenn nicht all:» grobe Fehler in der Leitung deS portugiesischen Staatsschisses Vorkommen, was aber in Ansehung de« bisher bewiesenen Tactes in der Behandlung schwieriger inter nationaler Probleme nicht eben wahrscheinlich ist, so dürfte Portugal au intensiver Kraft gewinnen, was es an über seeischer Machtentfaltnng etwa einbüßen könnte. Alle- in Allem mögen die Ereignisse der beiden letzten Jahre da« Herz manches portugiesischen Patrioten mit Entrüstung gegen Eng land erfüllen, Niemand aber kan» zu leugnen wagne», daß unter den Auspicicn deS monarchischen Regiment« sür Portugal alle« gerettet worden ist, was in Ansehung der Macht- Verhältnisse beider streitenden Parteien nur irgend gerettet werden konnte. Die Berufung aus ihre Leistungen in der jüngsten Vergangenheit wird der Regierung in den Kämpfen der Zukunft nickt wenig zu Statten kommen. * Nach Verleihung der Cardinalswürde an Rotelli und Hruscha setzt sich das heilige Collegium nunmehr a»S 64 Cartinälen zusammen. Der Nationalität nach be finden sich hierunter 31 Italiener, 8 Franzosen, 6 Oester- reicher, 4 Spanier, 2 Deutsche, 2 Engländer, 2 Portugiesen, 1 Pole, I Belgier, l Schweizer, 1 Anicrikaiicr, 1 Canadier, l Australier. DaS Collegium muß, um vollständig zu sein, 89 Cardinäle umfassen. Diese Zahl ist jedoch weder unter Pin« IX. noch Leo XIII. erreicht worden. Die 34 italieni schen Cardinäle kosten dem Vatican 669 090 FrcS. jährlich. Die 23 in Nom ansässigen Cardinäle beanspruchen hiervon je 25 009 FrcS., mit Ausnahme RicciS, der vom Vatican nichts erhält, weil er als Groß-Prior dcS Malteserorden- 39 999 FrcS. bezieht. Die übrigen italienischen Cardinäle bekommen vom Vatican aus je 10 090 FrcS., weil sie auS Lein CultnsfondS als Bischöfe mit je 15 900 FrcS. dotirt sind. * Anläßlich der letzten Einfälle der Albanesen setzte die Pforte den Kaimakam von Tust ab. * Aus Kon staut in opel wird vom 10. Juni gemeldet: In diplomatischen Kreisen verlautet, der französische Bot schafter, Graf v. Montebcllo, habe mit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen gedroht, falls die Angelegenheit wegen des Gebrauchs der Thür der NativitätSkirche zu Beth lehem nicht in seinem Sinne geregelt werde. Der Botschafter babc, um seine Forderung durchzuseyen, gestern eine Audienz beim Sultan gehabt, deren Ergebniß noch unbekannt sei, cs scheine aber, daß die Frage nicht als erledigt anzusehen sei. — Die Thcilnahme von Truppen bei dieser Angelegenheit beschränkte sich nach Angabe von türkischer Seite auf die Trennung der Streitende», um Schlimmeres zu verhüten. — Nach dein Bekanntwerden der Freilassung der von den Räubern entführten Personen ließ der Sultan dem deutschen Botschafter v. Radowiy seine Geiiugtbuuiia auSdrllcken, worauf der erste Dragoman der Botschaft, Testa, Abends seinen Dank für die Gesinnung deS Sultans aussprach. * Zur Revolution in Chile liegt heute die Meldung vor,die chilenische Congreßpartei habe jetzt einen besonderen Bevollmächtigten, Herrn Claudio Matte, nach Berlin gesendet, um der deutschen Regierung eine Denkschrift zu überreichen, welche die Ursachen und die Geschichte de« jetzigen Ausstandes ausführlich darlegt und »lit dem Anträge fchlicßt, die Congreßpartei als kriegführende Partei anzuerkcnnc». Herr Matte ist vor einigen Tagen bereits io Berlin ein» getroffen. Aus Rußland. Es ist eine bekannte Thatsache, daß Kaiser Alexander m. nichts so sehr haßt wie Unredlichkeit. Demgemäß giebt die seinen Russe» in Fleisch und Blut übergegangene „Cor- ruption in Geldsachen" ibm nur zu oft Gelegenheit, in bellen Zorn zu gcratben. Vom Augenblick seiner Thron besteigung ab war der Zar bemüht, den fortgesetzten Diebereien am Staats- oder, wie man hier sagt, am „Kron seckel" zu steuern, und ging gegen ungetreue Staatsdiener, gleichviel, ob sie niedrige, hohe oder höchste Stellen bekleide ten, rücksichtslos vor; doch wenn sich dadurch auch schon Viele- zum bessern geändert bat, eS kommt auch beute in dieser Rich tung noch immer genug vor. Ganz besonders energisch tritt der Kaiser allen Unlauterkeiten in den OfficiercorpS der Armee und der Marine entgegen, und man kann Wohl sagen, daß solche skandalös schamlosen Bereicherungen heute kaum mehr Vorkommen können, wie sie dort noch vor zehn Jahren gang und gäbe waren, über die damals als noth- wendiae« Ucbel einfach die Achsel gezuckt wurden. Gaunereien und Stellenvcrkäufe, wie sie 1883 der „Proceß Busch" (ehe dem Generalarzt der Flotte) zu Tage förderte, sind 1891 überhaupt nicht mehr durchführbar; ebenso unmöglich erscheinen
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