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Dresdner Journal : 12.11.1862
- Erscheinungsdatum
- 1862-11-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-186211120
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18621112
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18621112
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1862
- Monat1862-11
- Tag1862-11-12
- Monat1862-11
- Jahr1862
- Titel
- Dresdner Journal : 12.11.1862
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W 262. Mittwoch, den 12 November. 1862. Ädo»it«kllt«strrise: ^itbrlicb: 5 I'bl,. 10 ktxr. io »ockioo. > Io, ^oilooL» ^stibrl.: 1 ,, 10 „ „ „ (tritt ?ott uoä Llon«tli>.t> in vr»»ä«u: 15 ssxr. s 8tempelru- Linrolu« Kuonuvro: 1 -Igr. 1 üiurn. Inseratenpreise: kUr äen k»nm «iner »v-pr Neuen 2eil«: 1 dtxt. dnter „Linxesooat" sie Xeile: 2 d<^r. erscheinen: 1'Nxiick, mit Xn«o»kme 6er 8oon- Nllö peisttux», Xveoä» Nir äen fvixeoseu p»x. DreMerMumal. Verantwortlicher Redakteur: I. G. Hartmann. »aseratrnannahme auawärt«: l.4lpttp: k'o. »oL«iv»r,rr»o, slominilieionUr 6e» Dre»6ner .lourn»!,; eden6»»eld«t: U. Ultou»^ ch Voocr«; L,rU»: Oooi-rv»'«cke iiilelik., ««rellürril'-» 8or«»u; Lremeo! L. 8cni.orrln ki-Lnilkurt » IN: 64»or, ,cke Luokksnäluiie; Noiu: ^voir Ncniir»:»; kort»: v. I^övrurri.» (28, rue 6e» knn, ens^n»^; kr»p: k'»- Lolli-lco'» Suekkanälnnx. Herausgeber: Kölüpl. Lrpeäitioll 6e» vresäner 6ollrn,I,, Or«»6«o, blorieoitrosss d>r. 7. UichtamUicher Theil. Uebersicht. Telegraphische Nachrichten ZrttungSschau (Neue Preußische Zeitung. — Moni teur. — Le Nord. — La France.) TageSgeschichte. Wien: Dank für die Beglückwün- fchungsadressen. Bom Finanjausschuß. — Prag: Die Einberufung der Landtage. Taktik der Tschechen. Wahlangelegenheiten. Schillerfest. — Berlin: De putationen beim Könige. Vom diplomatifchen Corps- Redacteur Hagen. Versammlung des Ausschusses deS Handelstages. Preßprocesse. 'Nationalfond. Beamten versetzung. — Kassel: Kammrrverhandlungen. — Ko bürg: Vom Hofe. Beitrag des Prinzen von Wales zum Albertdrykmal. Arbeiterfortbildungsvrr- ein. — Frankfurt: Standeserhöhung. — Paris: Vorschlag an die Vereinigten Staaten. Broschüre vom Prinzen Napoleon. — Brüssel: Fehlschlagen der Antwerpener Deputation. — Turin: Rückkehr des Königs. Truppen nach der Capitanata. — Pa lermo: Verhaftungen. Erklärung Garibaldi's. — London: Ein Parlamentsmitglied über die Handels beziehungen zwischen Oesterreich und England. Zur Baumwollenfrage. — St. Petersburg: Note nach Kopenhagen. — Warschau: Meuchelmord. Ruhigere Stimmung. — Wilna: Aufhebung des Kriegszu standes. — Konstantinopel: Aufregung unter den Griechen. — Athen: Tagesbericht. — New-Bork: Aus der neuesten Post. Dresdner Nachrichten. Vrovinzialnachrichten Statistik und verwischtet. Telegraphische Nachrichten. Loudon, Dienstag, 11. November. Bei dem gestrigen Banket deS LordmayorS erwiderte Lord Palmerston den dem Cabinet gebrachten Toast, ohne eine Anspielung auf die Politik oder die auswärtige« Angelegenheiten zu machen. St. Petersburg, DieuStag, 11. November. Das „Journal de St.PetrrSbourg" antwortet auf deu Artikel der „Morning-Post ' vom 3. d. M über den Ehrgeiz Rußlands, seine Grenzen auSzudehnen. Rußland sei der konservativste Staat. Rußlands System iu den Angelegenheiten der Türkei sei auf dir Zustimmung Europas begründet und »olle weder Sieger noch Besiegte machen. „Die aufge klärte öffentliche Meinung würde uut Recht geben," sagt das Blatt, „wenn das System der von der „Morntng Post" beschützten Bewaltthaten durch dränge. Wir werden »S die ganze Verantwortlich keit tragen lassen." In einem andern Artikel sagt daS Journal: „Wir glauben, daß die fremden Machte für keinerlei Richt haben, zu einer Intervention in Amerika. Wir halten keine andere Intervention für mög lich, alS eine den Rathschlägen ähnlich«, welche Rußland seit Beginn deS Kampfes verschwendet hat." von der polnischen Grenze, Montag, 1V. November. Gestern Nachmittag wurde in Warschau der frühere Schulinspector Krlknrr, den man alS den gegenwärtigen Chef der Spione be trachtete, iu der Hausflur seiner Wohnung erdolcht und mit abgrschnttteuen Ohren gesundem. Die Thäter find nicht ermittelt. (Vgl. unter „Tages geschichte".) Korfu, 8. November. Hier und auf der In sel Zante haben Demonstrationen zu Gunsten Englands stattgrfunden, während andererseits die britischen Soldaten mit dem Volke (Griechen) fra- teruifiren. Mehrere jonische Municipien richten Sympathieadreffen an die provisorische Regierung in Griechenland. Dresden, 11. November. In den preußischen Blättern dreht sich der Streit um die Ergebenheitsdeputationcn und den „National- fond". Den erstern gegenüber sind die demokratischen Blätter mit den liberalen einig in der Verdammung, je zahlreicher und bedeutender diese Deputationen werden; was aber den letztern betrifft, so zögern die Liberalen, für den Nationalfond offen «inzutreten. Sie scheinen zu fürchten, daß die Demokratie von den Liberalen das Geld nehmen wird, um es nur für sich zu verwenden. Die Sammlungen gehen deshalb, wie die Blätter klagen, ziemlich lahm. Die demokratische Partei ist über diese zurückhaltende Stellung der Liberalen sehr ungehalten, und die „National-Zeitung" läßt es sich daher wieder an gelegen sein, nachzuweisen, daß die liberale Partei, die „neue Aera", „schuld an allem Unglück" sei. Die „Neue Preußische Zeitung" behandelt den Nationalfond nicht ohne Witz. Sie sagt: „Wäre die Sache ernsthaft gemeint, wäre es nicht lediglich auf eine Demonstration abgesehen, so daß man das angesammelte Geld demnächst zu ganz andern Zwecken zu verwenden gedenkt, so könnte die Regierung selbst eine solche Solidarität der Partei mit einer gewissen Befriedigung begrüßen. Es sind nicht Haß oder sonstige unlautere Leidenschaften, welche die Regierung veranlassen, im Interesse des Dienstes eine ge wisse Purification des Beamtenthums eintrrtcn zu las sen, und die Ausführung dieser Aufgabe wird dadurch nicht unwesentlich erleichtert, wenn man die Gewißheit hat, daß die Solidarität der Parteigenossen die politi schen Beamten vor etwaige« äußern 'Nachtheilen ihrer politischen „Gesinnungstreue" zu bewahren versteht. Man kann unter solchen Voraussetzungen um so ruhiger und gründlicher vorgehen, jemehr man gewiß ist, daß jede derartige Maßregel den mißliebigen Beigeschmack einer persönlichen Beschädigung verloren hat. Ob dies auch der Gesichtspunkt derjenigen Männer gewesen ist, welche jene Sammlung ins Leben gerufen, wagen wir zwar nicht unbedingt zu bejahen, möchten aber nichtsdestoweniger der Regierung anheimgeben, den Ernst der betreffenden Ver sicherungen dadurch zu prüfen, daß man die Unternehmer tatsächlich beim Wort nimmt. Eine solche Behand lung wird unter allen Umständen den 'Nutzen Haden, daß sie die fragliche Sammlung alsbald auf ihren wahren Werth zurückführt, indbm sie dieselbe entweder als Schwin del und Täuschung der Parteigenossen enthüllt, oder aber den Intentionen der Regierung dienstbar macht." Die Münchner Korrespondenz des Pariser „Moni teur" bespricht die Note Lord Russell's über die dä nische Streitfrage, die in Kopenhagen einen sehr peinlichen Eindruck gemacht habe. Allerdings hätten England, Rußland und Frankreich die in den letzten No ten Oesterreichs und Preußens formulirten Forderungen als begründet anerkannt und sie hegten den eifrigen Wunsch, einen so lange währenden Streit baldmöglichst beigelegt zu sehen. Andererseits sei Dänemark ein selbst ständiger Staat und die großen Cabinete könnten ihm zwar wohlwollenden Rath ertheilen, aber die Absicht nicht hegen, ihm in Betreff einer Frage der innern Ver waltung Gesetze vorzuschreiben. Nach den weitern Er örterungen der Moniteurcorrespondenz wäre Lord Rus sell's 'Note in manchen Punkten vielleicht zu positiv und kategorisch gehalten, da eine unbedingte Autonomie der vier dänischen Landcstheile zur Zerstückelung des König reichs führen würde. Aber ohne bis zu diesem Aeußer- sten zu schreiten, könne und müsse Dänemark den Ver pflichtungen, die es Schleswig gegenüber in den Con ventionen von 1851 und 1852 übernommen. Genüge leisten. Zunächst habe man sich über die Auslegung die ser Verpflichtungen zu verständigen. Europa müsse dann im allgemeinem Interesse darauf bestehen, daß das Ko penhagener Cabinet seine Versprechungen in Beziehung auf Schleswig verwirkliche. Die zwischen dem Fürsten Gor tschakoff und dem Grafen Russell betreffs Montenegros gewechselten Depeschen gewähren ein besonderes Interesse, schreibt der „Nord" in einer seiner letzten Nummern. „Sowohl die Thatsache ihrer Veröffentlichung, als ihr Inhalt bie ten Stoff zur Betrachtung und zum Nachdenken dar. Diese Dokumente bestätigen zunächst eine Thatsache, die uns nicht unbekannt ist, nämlich, daß in der montenegri nischen und ebenso in der serbischen Frage die russische Diplomatie trotz der Unterstützung, auf die sie von Sei ten Frankreichs, Italiens und selbst Preußens zu rech nen berechtigt war, in Konstantinopel eine Schlappe erlitten hat angesichts Englands und Oesterreichs, die in einem gemeinschaftlichen Bündnisse waren, gerade wie die vier obgenannten Mächte, die in ihren Tendenzen ver einigt waren und folglich in ihrer Niederlage solidarisch verbunden sind. „Diese 'Niederlage beweist mehrere Dinge von sehr großer Tragweite: zunächst den vorwiegenden Einfluß Englands und Oesterreichs; dann die wahrscheinliche ge ringe Festigkeit des zwischen Rußland, Frankreich, Jta- lien und Preußen in diesen Fragen bestehenden Einver ständnisses. Sie beweist weiter, daß das durch den Pa riser Vertrag ausgestellte Princip gemeinsamen Einver ständnisses (aoeorck ooiieetit) vollständig unwirksam und nur «in todter Buchstabe ist, da der Hergang ihm soeben ein feierliches Dementi gegeben hat, indem er zwiefach den Triumph der Minorität über die Majorität bewies und verwirklichte, einmal in der der Meinung der vier Mächte durch die zwei Regierungen, welche die Ansprüche der Pforte unterstützen, beigebrachte 'Niederlage, dann in dein Mißkennen der Interessen der christlichen Bevölkerungen, die dem vorwiegenden Willen Englands und Oesterreichs untergeordnet werden. Jedes dieser drei Resultate für sich erweckt nun Betrachtungen, welche Interessen ersten Ranges berühren. — Der an die Stelle des vor dem Krimkrirge dominirenden russischen getretene ausschließ liche Einfluß Englands und Oesterreichs ist ein Beweis dafür, daß die von Frankreich aufgewendeten Millionen und das von ihm vergossene Blut in letzter Instanz nur den zwei Mächten genützt haben, die in dieser Frage die anticivilisatorischen und antihumanen Interessen undPrin- cipien vertreten. Diese so direct dem Ziele zuwiderlau fende Consequenz, das sich gemeinhin die französische Po litik stellt, muß dem Cabinet der Tuilerien in die Augen springen und es zum Nachdenken veranlassen. — Die Schlappe, welche das französisch-russische Einverständniß in Konstantinopel erlitten hat, ein Einverständniß, wel ches Rußland seinerseits um den Preis zahlreicher Con- cessionen zu befestigen gesucht hat, muß nothwendig auch Consequenzen von voller Bedeutung (gravilö) hervor gerufen haben, die zu verheimlichen wir für einen Fehler halten würden. In Rußland ist die öffentliche und nationale Meinung in Aufregung gerathen. Sie hat begonnen, Soll und Haben des russisch französischen Ein verständnisses zu berechnen, auszuzählen, was sie bis jetzt für dieses Einverständniß gegeben und was sie davon wieder herausbekommen hat, und wir wollen uns nicht verbergen, daß das Resultat dieser Betrachtungen der anti-französischen Partei günstige Argumente geliefert Hal. Auch in diesem zweiten Punkte ist für das Cabinet der Tuilerien Stoff zur Aufmerksamkeit und zum Nachden ken da. — Endlich ist das Princip des auf die Majo rität basirten Collectiveinverständnistes, das der Pariser Vertrag ausgestellt hat, an dessen Beobachtung die Ehre Frankreichs geknüpft ist, das nationale Princip, der An gelpunkt der französischen Politik, durch das von England und Oesterreich vertretene entgegengesetzte Princip über den Haufen geworfen. Auch das ist ein Punkt, der die Aufmerksamkeit der französischen Regierung auf sich zie hen muß. „Es geht aus Alledem hervor, daß das erste Resultat, welches sich in der orientalischen Frage seit dem großen Drama des Krimkricges den Augen des Publikums ent hüllt, eine ebenso verwickelte Situation conftatirt, als die vor dem Kriege war, und eine sicherlich retrograde. Die Action der Mächte, welche den Fortschritt, die Ge rechtigkeit, die Civilisation und das europäische Interesse vertreten, Frankreich und Rußland an der Spitze, ist so wenig mächtig, so wenig ernstlich, als möglich. Die politische Bilanz der sechs letzten Jahre schließt also mit einer Null ab, wofür die öffentliche Meinung von den europäischen Cabineten Rechenschaft zu verlangen berech tigt ist." Mit Hinblick auf die gestern eingegangene telegra phische Nachricht wegen eines in Amerika beabsich tigten Waffenstillstandes dürfte eine Aeußerung der „France"vom 8. d. nicht ohne Interesse sein. Die „France" hält den Augenblick für geeignet, neue Ver suche zu einer Versöhnung der kriegführenden Parteien in Amerika zu machen. Sie entwickelt diese Ansicht in einem besonder» Artikel ,,0'un -Kmisüee on 4merigu<>", den sie mit folgenden Worten schließt: „Auf alle Fälle und abgesehen von allen Lebensfragen, welche den Han del und die Industrie der ganzen Welt interessiren, ha ben Frankreich und England, namentlich aber Frankreich, sehr wichtige nationale Interessen in Amerika, hauptsäch lich im Süden, zu beschützen. Es befinden sich in New- Orleans mehr als 20,000 französische Familien und un ermeßliche, französischen Unterthanen gehörige Besitzthü- mer, welche Dank den dictalorischen Maßregeln des Ge nerals Butler, den Verheerungen eines Sclavenkriegs preisgegeben sind. Man muß auf den Schuh unsrer Landsleute bedacht sein; wenn Amerika den vernünfti gen Rathschlägen kein Gehör geben will, scheint es un möglich, daß die europäischen Mächte nicht bald, in einem höhern Interesse, eine schärfer ausprägte Haltung an nehmen." Tugesgeschichte. Wien, 9. November. (W. Bl.) Se. Majestät der Kaiser hat angeordnet, daß allen Gemeinden und sonstigen Korporationen, welche anläßlich der Genesung Ihrer Ma jestät der Kaiserin Beglückwünschungs-Adressen überreichten, in Allerhöchstseinem und im Namen Ihrer Majestät der Kaiserin die dankende Anerkennung aus gedrückt werde. Wien, 10. November. (Boh.) Der Finanzaus schuß für 1862 hat beschlossen, das Gesetz über die Controle der Staatsschuld unverändert vorzulegen. — Der Finanzausschuß für 1863 hat das Marinebudget erledigt, nachdem er anderthalb Millionen davon abge strichen hat. Z Prag, 10. November. Die im böhmischen Land- tagsauSschusse erörterte Einwendung gegen die Aus schreibung der Landtage für den December dieses Jahres hat ihre Erledigung durch das kaiserliche Patent vom 4. 'November gefunden, welches sämmtlich« Land tage mit Ausnahme der Ungarns, Kroatiens u. Sieben bürgens einberuft. Für das lombardisch-venetianische Königreich ist gleichfalls keine Bestimmung erflosscn. Daß sich, wie föderalistische Blätter melden, hier zwei Par teien gebildet hätten, von denen die eine, aus Födera listen bestehende, sich für die Ausschreibung des Land tags nach den Bestimmungen des §. 8 der Landesord nung noch in diesem Jahre aussprach, während die an dere, zu denen die Deutschen und Centralisten gehören, aus Ersparungsrücksichten die Eröffnung des Reichsrathes bis zu Anfang Januar verschoben wissen wollte, ist eine Erfindung. Sie soll dazu dienen, die Deutschen zu verdächtigen, als wenn sie schon bei der zweiten Landtagssession der Regierung Vorschlägen wollten, be züglich der Landtage Ausnahmen eintreten zu lassen. — In tschechischen Kreisen berathschlagt man bereits eif rig über den zu beobachtenden Feldzugsplan am Landtage, und ihre parlamentarischen Taktiker erhalten ihre Stellungen angewieseu. In mehrern Fragen dürfte ein sehr ungestümer Angriff der Tschechen erfolgen, aber die Deutschen haben eine fast zweijährige parlamentarische Schule für sich, von der sich die Tschechen im Reichsrathe durch ihre Compctenztheorien selbst ausgeschlossen. — Die Deut schen Prags sind von Wahlangeiegenheiten in hohem Grade in Anspruch genommen. Erstlich finden zu Ende des Monates die Gemeindewahlcn statt, durch die das Feuilleton. Ausstellung von kirchlichen Kunst- und GewrrbSerzeugniffen. Nach dem Vorgänge Englands und der katholischen Kirche Deutschlands, Frankreichs und Belgiens beginnt auch in unserm evangelischen Deutschland der Sinn für christliche Kunst allmählich neu zu erwachen, und bereits wird ihm hier und da eine liebende und einsichtsvolle Pflege gewidmet. Noch aber bewegen diese löblichen Be strebungen sich tzr zu engen Kreisen und die aus sorg fältigen Studien neu gewonnenen Grundanschauungrn haben sich noch wenig praktische Geltung errungen. Um so erfreulicher ist ein Unternehmen der Herren i>. Anacker in Hohenstein, Victor Falcke (Firma: Gottfried Land grafs) ebendaselbst und ?. läe. Meurer in Kallnbrrg, welch«, laut eines zugrgangenen Prospektes, im nächsten Jahre, wie bereits kurz erwähnt, in der Stadt H o h e n- stein bei Chemnitz eine Ausstellung von kirch lichen Kunst- und GewerbSerzeugnissrn ver anstalten wollen. Dieselbe soll bei Gelegenheit einer am 4. Juli 1863 abzuhaltendrn Pastoralconferenz eröffnet werden und bis zum 18. Juli dem Publicum zugänglich bleiben. Der Zweck dieser Ausstellung ist: dem oft be klagten grschmack- und gedankenlosen, rein handwerks mäßigen und profanen Gebahrrn beim Bau und nament lich auch bei Ausstattung von Kirchen rntgegrnzuarbeitrn und den Sinn für wahrhaft künstlerische und kirchliche Gestaltungen durch Vorführung möglichst mustergiltiger Probestücke zu wecken und zu nähren; zugleich denjenigen Künstlern und Industriellen, deren Streben darauf ge richtet ist, den kirchlichen Bedürfnissen und Anforderungen zu genügen, eine paffende Gelegenheit zu bieten, diese ihre Erzeugnisse zur Anschauung zu bringen und in den entsprechenden Kreisen bekannt zu machen. Es würden hierbei etwa folgende Gegenstände in Betracht kommen: Werke kirchlicher Malerei und Plastik, Altäre, Tauf ständer, Risse und Zeichnungen kirchlicher Gebäude, kirchliche Geräthe, Muster von Stoffen für Altar-, Kanzel- und Taussteinbekleidungen, Stickereien für Para mente aller Art, Fußbodentäfelungen, Bibcltrucke, Buch binder-, Glaser-, Tischler- und Schlosserarbeiten u. s. w. Man denkt dabei nicht an große, kunstreiche Arbeiten; Solidität, accurate und saubere Ausführung, sowie strenge kirchliche Form nur sind die unerläßlichsten Er fordernisse. Auch ältere Werke, namentlich Werke der mittelalterlichen Kunst werden, und zwar in einer be sonder» Abtheilung der Ausstellung, Berücksichtigung finden, weshalb man an Kirchenvorstände, Sammler, Kunsthändler u. s. w. die Bitte richtet, solche der Aus stellung anzuvertrauen. Die ausgestellten neuen Gegen stände werden der Prüfung einer Commission von Sach verständigen unterzogen und das Ergebniß derselben un ter namentlicher Aufführung der als empfrhlrnswerth erkannten Arbeiten und ihrer Aussteller öffentlich bekannt gemacht werden. Diejenigen, welche sich bei der beab sichtigten Ausstellung betheiligen wollen, haben die be treffenden Gegenstände in frankirten Zuschriften unter der Adresse des Pastors Meurer in Kallnbrrg bei Walden burg bi- spätestens den. 31. März 1863 anzumeldrn. Q Ein Einfinniqer. ^Aflter dieser Bezeichnung veröffentlicht Or. Georgi, -^1n dem eben erschienenen Jahresberichte über die k. Blinden-Anstalt in Dresden, einen erschütternden Fall, der sich mit einem bereits ausgebildeten und aus der Anstalt entlassenen Blinden ereignete und den wir, da er in mehr als einer Hinsicht lehrreich ist, nachstehend mitthrilen: Mar AlphonS N., geboren in L. am 1. Jan. 1844, war der ehelich« Sohn eines Advocate», der durch einen gänzlich dissolulen Lebenswandel sich um die juristische Praris, um Ehre, Gesundheit und Vermögen gebracht bat und so weit herabgekommc» ist, daß ihn die Obrig keit, um ihn vom Untergange in äußerster Noth zu retten, in einer städtischen Versorganstalt unterzubringen sich genöthigt gesehen hat. Von Geburt an trug das bedauernswürdige Kind an seinem siechen Körper die Spuren der väterlichen Sünden. Eine lin höchsten Grade scrophulösc Constitution ließ den überaus schwäch lichen Knaben in den ersten Lebensjahren kaum als lebens fähig erscheinen. Gleichwohl gelang es der aufmerksam sten mütterlichen Pflege, das schwache Leben zu fristen. Allein der Gram über den geschändeten Gatten und das zerrüttete Hausglück stürzte die Schuldlose vor der Zeit inS Grab und überlieferte das wenig entwickelte Kind schutzlos der gröbsten Vernachlässigung von Seiten des wüsten Vaters. Im zehnten Lebensjahre wurde der Knabe von einer heftigen Entzündung der Augen und Gchörgängc be fallen. Aus Augen und Ohren floß eine übelriechende eiterige Flüssigkeit. Kein Mensch, am wenigsten der un natürliche Vater, erbarmte sich des verlassenen Kindes. Es ward zum Gegenstände des Abscheus. Erst nach Verlauf von sechs Monaten, als das Leiden des Kindes bereits einen erschreckenden Höhepunkt erreicht hatte, riefen menschenfreundliche Hausgenossen den obrigkeit lichen Schutz an für den kleinen Kranken. Mit Ver gnügen ließ es der tief gesunkene Vater geschehen, daß das bereits furchtbar entstellte Kind seinen Händen ent nommen und der unter der tüchtigen Leitung des Herrn Hofraths l>r. Rüte stehenden Leipziger Augenhcilanstalt übergeben wurde. Er hat fein Kind seitdem nie wieder gesehen, nie wieder nach ihm gefragt. Allein leider kam Hilfe zu spät. Di« lange ver nachlässigte Entzündung beider Augen hatte bereit wesentliche organisch« Veränderungen in den Membranen derselben hervorgebracht. Die Pupillen beider Augen waren verschlossen und so konnte es selbst der umsichtig sten ärztlichen Behandlung und menschenfreundlichen Pflege nicht mehr gelingen, den Unglücklichen von totaler Erblindung zu retten. Zugleich war aber ein so hoher Grad von Schwerhörigkeit cingetreten, daß man mit dem überaus geduldigen und in sein Schicksal ergebenen Kinde nur mit Hilfe eines Gehörrohres verkehren konnte. 'Nachdem er insoweit genesen war, ward der für sein Alter sehr kleine und unentwickelte Blinde der hiesigen Blindenanstalt zugeführl. Das Kind bedurfte für fick allein einen besonder« Privatunterricht, da es die Stimme des Lehrers in der Sckule zu vernehmen unfähig war. Mit Unverdrossenheit ward ihm derselbe von den viel beschäftigten Lehrern, aber auch mit wahrer Freudigkeit ertheilt. Denn der Knabe entfaltete nicht blos treffliche Anlagen des Geistes bei reger Wißbegierde und gutem Gedächtnisse, sondern auch liebenswürdige Eigenschaften des Gemüthes. Es war unendlich rührend, zu sehen, wie das in vielfacher Hinsicht so stiefmütterlich zurück gesetzte arme Kind stillbeglückt in sich selbst eine reiche Quelle des Glückes und der Zufriedenheit trug, nie un zufrieden war mit seiner höchst beschränkten Lage und mit der innigsten Hingabe des Herzens und vertrauens vollsten Willigkeit an seine Lehrer und Führer sich an schmiegte. Mit besonderer Wärme nahm er die Lehren der Religion in sich auf. Er begriff und verarbeitete sie nicht blos mit seinem Verstände, er verwandelte sie in Blut und Saft des Herzens. Er reifte zu einem Lenkenden, grmüthvollcn und gebildeten Menschen und konnte mit vollkommen hinreichenden Elementarkennt nisten ausgestattet nach seiner Consirmation die Schule vrrlasten. Nur im Schreiben stand er zurück, hatte da gegen das Lesen plastischer Druckschrift bis zu ziemlicher Geläufigkeit erlernt. Jetzt wendete er sich der Erlernung des Korbmacher
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