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Sächsische Dorfzeitung : 30.08.1872
- Erscheinungsdatum
- 1872-08-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480520429-187208302
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480520429-18720830
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480520429-18720830
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungSächsische Dorfzeitung
- Jahr1872
- Monat1872-08
- Tag1872-08-30
- Monat1872-08
- Jahr1872
- Titel
- Sächsische Dorfzeitung : 30.08.1872
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Freitag, Nr. 68^ 30. MM 1872. MchW PscheilmS tn der Expedi ¬ tion, kl. Meißn. Sasse Nr. S, zu haben. Neustadt- Dresden, VretSt vierteljährlich 15 Ngr. Zu beziehen durch alle lais. Post- Anstalten. Ein unterhaltendes Blatt für den Bürger und Landmann. Erscheint jeden Dienstag «nd Freitag früh. Inseratenpreis: Für dm Raum einer gespaltenm Zeile 14 Ngr. Unter „Eingesandt" 3 Ngr. Verantwortlicher Redakteur und Verleger: Herrmann Müller in Dresden. Politische Weltschau. Deutsche- Reich. Man sollte es kaum für möglich halten, daß eine deutsche Stadt sich gegen die Ausweisung der Jesuiten zur Wehr setzen würde und doch wird Aehnliches auS Essen gemeldet. Wie von dort der Telegraph berichtet, mußte infolge wiederholter Exzesse am vorigen Sonnabende Militär aus Düsseldorf requirirt werden. Auf dem Rathhause wurde die Hauptwache etablirt und in das katholische Kasino, neben dem Jesuiten-Kollegium, eine starke Militär-Abtheilung zur Sicherheit des dortigen Distrikts gelegt. Außerdem passirten fortwährend zahlreiche und starke Militär- und Gendarmerie patrouillen die Straßen der Stadt, während die berittene Gendarmerie den Limbeckerplatz rc. gesäubert erhielt. Das Zusammen stehen oder gehen mehrerer Personen wurde nicht gestattet und mußten später sogar Tbüren und Fenster der Häuser geschloffen werden, so daß an einem förmlichen Belagerungszustande nicht viel mehr fehlte. In Folge mancher vorgekommenen Widersetzlich keiten gegen die Sicherheitsbeamten und das Militär sind eine Anzahl Verhaftungen vorgenommen worden, wobei eS einige Verwundungen gab. Im Uebrigen aber verlief die Nacht, wie auch der folgende Lag ruhig, und sind die weiter erfolgten Verhaftungen ebenfalls nur leichteren Ruhestörungen, resp. dem Nichtbefolgen von gegebenen Befehlen zuzuschreiben. Daß übrigens auch mancher harmlose und ruhige Bürger stellenweise übel angekommen ist, war unvermeidlich. Die Abreise sämmt- licher Jesuiten erfolgte auf Befehl der Regierung am Montag Morgen früh 6 Uhr; die Bahnhöfe waren militärisch besetzt, um jede Störung im Keime ersticken zu können. Die Aufregung hat sich seitdem zwar wieder gelegt, aber daß sie überhaupt erst entstehen konnte, ist kein schönes Zeugniß für den Geist der dortigen Bevölkerung. Wer irgendwie glaubt, den Jüngern Loyola's geschähe ein Unrecht, der möge doch einen Blick in das Lehrbuch werfen, welches der Jesuit Gury geschrieben hat und das durch bischöfliche Anordnung den Jesuiten-Seminaren als amtliches Lehrbuch der theologischen Moral dient. So heißt es darin in einem Artikel: „Das positive göttliche Recht verpflichtet im Allgemeinen nicht, wenn dessen Beobachtung in einem be sonderen Falle mit einem sehr großen Nachtheile oder Schaden verbunden ist." Und dazu passt die weitere Vorschrift: „Stehlen ist in äußerster, fast äußerster und sehr großer Noth keine Sünde" — denn in diesen Fällen könne man nicht von Diebstählen reden, wie auch der Dieb nicht verpflichtet sei, das gestohlene Gut wieder zurückzugeben, wenn er später in bessere Verhältnisse kommt. „Bei den Dienstboten," lehrt das saubere Buch weiter, „hängt die Wichtigkeit der Materie ab von der größeren Frei gebigkeit oder Genauigkeit der Herrschaft, von der Beschaffenheit und dem Stande der entwendeten Sache." Ein gemeiner Haus diebstahl ist bei den Dienstboten also keine Sünde, wenn sie in Noth zu sein glauben. Man bedenke, welch' eine Moral für eine Klasse von Menschen, die vielfach in katholischen Ländern wenig andere Bildung besitzen, als die durch solchen Religions unterricht. Einen Katechismus für Gauner und Spitzbuben muß man dieses Werk nennen, welches als amtliches Lehrbuch in den Jesuitenschulen existirt. Solche Grundsätze sind eine Vtrrunddrri-tgjkr Lahrgau-. Hl. Luartal. wahre Schändung der christlichen Religion und man würde sich nur wundern können, wie sie die katholische Kirche duldet, wüßte man nicht, daß letztere augenblicklich von den Jesuiten be herrscht wird. Die Gesetze sind überhaupt für diese römischen Schwarzkutten nur da, wenn sie ihnen Vortheile bringen. So sagt das erwähnte Lehrbuch weiter, daß die Jesuiten zur Be obachtung eines Partikulargesetzes des StaateS, in dem sie sich eben aufhalten, nicht verpflichtet sind, wenn auch das nämliche Gesetz an ihrem Orte bestehen würde. Sie unterstehen eben mit ihrer trefflichen, Diebstahl, Trug und Schurkerei predigenden Moral nicht dem Gesetze des Staates. Soll sich der Staat das ruhig gefallen lassen? Nein, man thut den Jesuiten nicht unrecht, wenn man sie als gefährliche Feinde der Gesellschaft aus dem Lande jagt. Der berühmte KirchenrechtSlehrer vr. Friedberg in Leipzig, welcher jüngst den Ministerialberathungen in Berlin beiwohnte, macht in einer soeben veröffentlichten Schrift über „Das deutsche Reich und die katholische Kirche" folgende Vorschläge, um den Staat vor den Eingriffen der Kirche sicher zu stellen: Der Staat nehme eine feste Grenzregulirung zwischen sich und der Kirche vor, und wahre sein Gebiet vor jedem Einfluß. Darunter verstehen wir zunächst: Einführung der obliga torischen Civilehe und bürgerliche Standesbuchführung, Aufhebung des Taufzwanges, Trennung von Kirche und Schule, Säkularisirung der Armenpflegerc. Wei ter gebe der Staat ein Strafgesetz, welches den Amtsmißbrauch der Kanzel verhindert, und noch mehr: er trage Sorge, daß nicht Personen die Kanzel besteigen, welche von staatsfeindlicher Gesinnung sind, d. h. der Staat beaufsichtige die Bildung der Geistlichen, die, auch wenn ihnen die Schule entzogen wird, doch Lehrer des Volkes im vollsten Sinne des Wortes bleiben; er kontrolire die Prüfungen der Kleriker, er dulde nicht, daß irgend ein Geistlicher angestellt werde, welcher der Regierung in bürger licher oder politischer Beziehung Anstoß bereitet. Er nehme die Oberaufsicht über die Verwaltung des kirchlichen Vermögens in Anspruch, er dulde nicht, daß kirchliche Strafen mit bürgerlichen Wirkungen verhängt, und namentlich nicht, daß kirchliche Strafen benutzt werden, um auf Staatsbeamte eine Einschüchterung auszu üben. Er verlange weiter, daß jede kirchliche Verordnung ihm zur Kenntnißnahme unterbreitet werde, nehme aber von der Forderung des unbequemen und zum Theil doch unwirksamen Placet Ab stand. Er mache die Existenz jedes geistlichen Ordens von seiner Genehmigung abhängig und dulde nicht den Orden der Jesuiten. Endlich aber richte er einen wirksamen Rekurs an den Staat wegen Mißbrauch der geistlichen Amtsgewalt ein, der jede Grenzüberschreitung seitens der Kirche verhindert und zwar nicht nur dadurch, daß eine angesehene Staatsbehörde die Existenz des kirchlichen AmtsmißbrauchS konstatirt, sondern auch in der Weise, daß diese durch Verhängung empfindlicher Geld strafen und Entfernung von dem geistlichen Amte im Wieder holungsfall ein heilsames Abschreckungssystem verwirkliche. Der schon vor längerer Zeit angesagte Besuch deS Kaisers Wilhelm in Ischl hat nun doch nicht stattgefunden, und zwar wegen eines Fußleidens des deutschen Kaiser-. Derselbe reiste deshalb direkt über Salzburg nach Berlin. Sein Flügel-Adjutant, 68
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