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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.07.1900
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-07-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000713023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900071302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900071302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
- Monat1900-07
- Tag1900-07-13
- Monat1900-07
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Ämtsökatt des Äönigtichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Nathes und Notizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Slnzetgen-Prel- die 6gespaltene Petitzeile 2V Pfg. Reklamen unter demRedactionSstrich (4a«» spalten) üO^j, vor den Familiennachrichten (6 gespalten) 40/^. Größere Schriften laut unserem Preis- vrrzeichniß. Tabellarischer und Ziffernsatz nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit de« Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderun- 60.—, m«t Postbesörderung ^4 70.—. Annahrueschlub für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Bormittag» 10 Uhr. Margeu-Au-gabe: Nachmittag» 4 Uhr. Lei den Filialen und Annahmestellen je ei» halbe Stunde früher. Anzeige« sind stet« an die Erpeditto zu richte». Dnn» »nd Berlag von S. Pol» tu -ei-zlG 352. Freitag den 13. Juli 1900. 94. Jahrgang. Die Wirren in China. DieKämpfe umTientsin dauern fortunddieCbinesen machen ten Verbündeten viel zu schaffen. DieNachrichten selbst gehen nur langsam ein, da die europäischenTelegrapbenbeamten verdrängt sind und die chinesischen Telegraphenbeamten die Meldungen, die durch ihre Hände gehen, ohne Zweifel verratben. Die europäischen Frauen und Kinder haben Tientsin verlassen. Den vor einigen Tagen mitgetheilten Berichten um den Kampf um Tientsin mag der Vollständigkeit wegen noch hinzu gefügt sein, daß die Russen am 5. Juli im Norden vor gingen und einen Scheinangriff auf die chinesischen Geschütze machten, welcher in der Front durch heftiges Feuer unter stützt wurde. Unterdeß gelang cS ibnen, zwei Lokomotiven und drei Güterwagen von der gefährdeten Station in den Schutz des russischen Lagers zu bringen. Es war dicS ein glänzendes Manöver und wurde bewunderungswürdig aus geführt. Li-Hung-Tschang, der übrigens der Familie des in Peking ermordeten deutschen Gesandten Frhrn. v. Ketteler, wie die „Kölnisch: Volkszeitung" anS Münster i. W. meldet, durch Vermittelung des deutschen EonsulS in Eantvn eine Beileidödepesche gesandt hak, bat beschlossen, in Canton zu bleiben. DaS amerikanische Kanonen boot, an dessen Bord er nach Peking abgehen sollte, ist wieder abgefahren. — Wie der „Standard" auS Shanghai unter dem ll. d. M. berichtet, sind dort Nachrichten aus Niutschwang eingegangcn, nach denen die Ausländer dort einen Angriff von Boxers und chinesischen Soldaten fürchten. ES wird übrigens berichtet, daß russische Truppen eine Abtheilung Chinesen bei Linoyang, 40 Meilen südlich von Mukden, geschlagen haben. * London» 12. Juli. (Unterhaus.) Ter Erste Lord des Schatzes Balfour erklärt, daß Generalmajor Gaselee, welcher Len örtlichen Rang als Generalleutnant erhalten soll, ungefähr am 23. d. Mts. in Takn erwartet wird. Parlamenlssekretär des Aeußern Brodrick erklärt, daß er keine neuen Nachrichten aus Peking und keinerlei Bestätigung der verschiedenen aaS chinesischen Quellen stammenden Gerüchte erhielt. Auf eine Anfrage Monk's, ob cs nicht möglich fei, authentische Nachrichten von dem chinesischen Gesandten in London zu erhalten, giebt der Parlamentssekrctär keine Antwort. * Rot», 12. Juli. Hinsichtlich der Meldungen über die Er- mordung vonMissionaren bemerkt der „Osscrvatore Romano", Laß Nachrichten aus guter Quelle zufolge in China der aposto lische Vicar in Mukden, Guillon, zwei italienische Schwestern und ein französischer Missionar getödtct seien. Weitere Nachrichten fehlen. * Rom, 12. Juli. (Senat.) Auf eine Anfrage Vitelleschi's über die Absichten der Regierung bezüglich der Vorgänge in China erklärt der Minister des Auswärtigen Visconti-Venosta, die Regierung beabsichtige nicht, in China Expansions- oder Abenteurrrpolitik zu treiben. Ihr Programm gehe dahin, Lasur zu sorgen, daß Italien auch ferner mit Len übrigen Mächten in China zusammenwirke. Das Geschwader und die Landtrupven, welche Italien hinaussende, sollen zeigen, daß Italien sich an der gemeinsamen Aufgabe bethcilige. „Wir konnten nicht", so schließt Visconti-Venosta, „unsere Landsleute einzig und allein dein Schutze der anderen Mächte onvertrauen und auch nicht bei dem Werke der Civilisation und des Fortschritts, welches die Mächte in China verfolgen, völlig unbetheiligt bleiben." (Lebhafter Beifall.) Vitelleschi erklärt sich mit den Auslassungen des Ministers völlig einverstanden. Auf den Antrag Vitelleschi's und Mariotti's sendet der Senat den nach China abgehenden Soldaten und Matrosen einstimmig seinen Gruß. — Die Sitzung wird dann ausgehoben. (Boss. Ztg.) * Berti», 12. Juli. Die Nachricht, daß unseren Expe- ditionstrnppen nach China auch Fußartillerie mit lö-cm-Haubitzen beigegcbcu wirk, bestätigt sich. Die Ein nahme von Peking ohne Fußartillerie erscheint unmöglich. Die außerordentlich breiten, wenn auch durch ihre Höhe und den Mangel an Deckung ein gutes Zielobject für den direkten Schuß bildenden Umfassungsmauern der be festigten Hauptstadt trotzen dem Feuer dec Feld geschütze, die auch für Bombardements im großen Stile nicht geeignet sind. Die Mitnahme von Belagerungs geschützen ist daher dringend erforderlich, zu schwer dürfen diese aber auch nicht sein, der Transportschwierigkeilen wegen, und zweckmäßig ist eS, wenn sie auch in der offenen Feld schlacht die Feldarlillerie verstärken können. Die 15-cm- Haubitzen sind daher die geeigneten Geschütze, zumal sie ohne Bettung feuern können. Wir glauben nicht, baß man sich bei Peking mit der Breschirung breiter Theile der sehr starken Mauer sehr lange aufhalteu würbe, meinen vielmehr, daß man vorkommenden Falls zunächst versuchen wird, mit einem Bombardement rascher zum Ziele zu kommen. Prinz Ching. Der jetzt im Vordergründe des allgemeinen Interesses erschienene chinesische Prinz Cbing, der angeblich augen blicklich seine ganz: Gewalt und seinen Einfluß auf wendet, um den reaktionären Bestrebungen des Prinzen Tuau cntgegenzuarbciten und die Ausländer in Peking zu be schützen, ist ein distinguirteS Mitglied der kaiserlichen Kaste von China und ein Staatsmann von großer Erfahrung und von vernünftigen fortschrittlichen Anschauungen, der außerdem ein starkes Gerechtigkeitsgefühl und eine für einen Chinesen unvcrhälrnißmäßiz große Portion von Selbst losigkeit besitzen soll. Dies ist die Schilderung, die ein eng lischer Reisender von ihm macht, welcher vor einigen Jahren Gelegenheit hatte, in Peking für einige Wochen das besondere Wohlwollen deS Prinzen zu genießen und davon auf seinen Reisen und Forschungen zu prositiren. Cbing ist bekannt lich einer der nenn Söhne deS Kaisers Tav-Kuang, weicher im Jahre 1850 starb. Er ist ein Bruder deS berühmten Prinzen Kung, welcher der erste Präsident des chinesischen MinisterratheS, des Tsung li Hamen, war, deö Prinzen Chun, der mit einer Schwester der berüchtigten Kaiseriu-Wiltwe verheirathet war und dessen Sohn der jetzige Kaiser ist, sowie des Prinzen Ai-sung, des VaterS des Prinzen Tuan. Infolge dessen ist Chnig ein Onkel des regierenden Kaisers und deS Anführers der gegen den letzteren revolutionirenden Partei. Als im Jahre 1898 Prinz Kung zum zweiten Male von der Präsidentschaft deS Tsung li Hamen zurückkrat, wurde Prinz Cbing zum alleinigen Vorsitzenden des MinisterratheS ernannt, nachdem er vorher bereits als Minister des kaiserlichen Haus haltes und in anderen hohen Beamteustellen seinem Kaiser und Vatcrlande gedient hatte. Der jetzige Vicekönig von Indien, Lord Curzon, der be kanntlich ein genauer Kenner chinesischer Verhältnisse und Persönlichkeiten ist, traf mit dem Prinzen Ching vor etwa lO Jahren in Peking zusammen und beschreibt ibn „als einen typischen Mandschu - Gentleman und als einen Staatsmann von großen Fähigkeiten und weitem Blicke, der außer dem in ausländischen Fragen ein bobeS Verstäudniß und sehr vernünftige Anschauungen beweist". Der englische Admiral Lord Charles Beresford gewann ebenfalls die besten Ein drücke von dem Prinzen, als er im vergangenen Jahre in Peking längere Zeit mit demselben conferiren konnte, und bat seit der Zeit fortwährend mit ihm in Correspondcnz gestanden. Zu Anfang dieses Jahreö entstand ein heftiger Streit zwischen dem Prinzen Cbing und seinem Neffen Tuan, der als Führer der reaktionären ManvschuS bei der Kaiserin- Willwe ganz besonders in Gunst stand und sich nach Kräften bemühte, einen möglichst großen Einfluß über diese allmächtige alte Dame zu erlangen. In diesem Streite scheint Prinz Ching dem ränkesüchtigen Tuan nicht gewachsen gewesen zu sein, denn daS Ende vom Liede war, daß Ching auf Ver anlassung der Kaiserin-Witlwe ossiciell aus allen Aemtern entlassen wurde, während Tuan seine Stelle als Präsident deö Tsung li I-ruren erhielt, und so vollständig über seinen Onkel triumphirte. Wenn es dem Prinzen Ching thatsächlich gelingen sollte, in Peking die Oberhand zu gewinnen und die Kaiserin- Witiwe unter den Einfluß seiner vernünftigen und mehr civilisirten Anschauungen zu bringen, so würden die fremden Großmächte in den kommenden schwierigen Unternehmungen an ihm eine gute Stütze finden, obwohl natürlich trotz der bekannten Charakterstärke deS Prinzen Ching alle vorzeitigen Combinationen einstweilen leider noch in daS Gebiet der Luftschlösser verwiesen werden müssen. Politische Tagesschau. * Leipzig, 13. Juli. Der Hufall hat es gefügt, daß an demselben Tage, an dem der erste Rechtfertigungsversuch des chinesi schen Staatsrathesin Deutschland bekannt wurde, Graf Bülow das Rundschreiben veröffentlichte, welches er über die Ereignisse in China und die Haltung der kaiserlichen Regierung an die Bundesregierungen gerichtet hat. Wie der Bundesrathsausschuß für auswärtige Angelegenheiten die in dem Rundschreiben dargelegten Gesichtspunkte einmllthig ge billigt hat, so wird auch die öffentliche Meinung des Reiches, abgesehen natürlich von der Socialdemolratie, der Politik der kaiserlichen Regierung durchaus zustimmen. Was Graf Bülow als das Ziel dieser Politik bezeichnet: die Wiederherstellung der Sicherheit von Person, Eigenthum und Thätigkeit der Reichs angehörigen in China, Rettung der in Peking Eingeschlosscnen, Sicherstellung geregelter Zustände unter einer geordneten Ne gierung , Genugthuung für die Unthaten — alle im Vorstehenden aufgeführten Punkte muß jeder national empfindende Deutsche unterschreiben. Auch die Mittel, durch die Graf Bülow das klar bezeichnete Ziel erreichen will, werden vollauf gebilligt werden. Keine Auf- theilung Chinas, kein Erstreben von Sondervortheilen, Auf rechterhaltung des Einverständnisses unter den Mächten —, das sind Gesichtspunkte, die von dem überwiegenden Theil der Nation rückhaltlos gethcilt werden. Daß die kaiserliche Regierung eine derartige Richtschnur für ihre in China zu befolgende Politik sich gezogen hat, kann nach den bisher von unterrichteter Seite erfolgten Verlautbarungen nicht überraschen. Gleichwohl ist es in hohem Maße dankenswerth, daß die amtliche Bekräfti gung vor der gesammten Oeffentlichkeit erfolgt. Auch Die jenigen, die einer Berufung des Reichstages das Wort reden, müßten ehrlicher Weise zugeben, daß gegenwärtig weitergehende Aufschlüsse auch im Reichstage nicht gegeben werden könnten. — Was das Erscheinen des deutschen Rnudschreibens gerade im diesem Augenblicke besonders willkommen macht, ist, wie schon angedeutet, die gleichzeitige Bekanntgabe des Rechtferti gungsversuches der chinesischen Regierung. Versucht letztere die verhängnißvolle Ausdehnung des Auf standes auf ein provokatorisches Verhalten der fremden Truppen zurückzufiihren, so weist die deutsche Darstellung auf das Klarste nach, daß die aufständische Bewegung unabhängig von dem Auftreten der Pekinger Schutzdetachements in Folge des Mangels an gutem Willen der chinesischen Regierung sich ent wickelt hat. Behauptet der chinesische Staatsrath, ungesäumt Befehle zur Unterdrückung der aufständischen Elemente erlassen zu haben, so zeigt die deutsche Darstellung im Einzelnen die Lässigkeit und Zweideutigkeit, mit der die chinesische Regierung gegenüber den Forderungen der Gesandten sich verhielt; sie zeigt ferner, daß die chinesische Regierung zu spät gethane Schritte, wie die Herbeirufung geeigneten Militärs zum Schutze der Fremden, wieder rückgängig machte. Gefällt sich die chine sische Kundgebung in der Ausstreuung, die Europäer hätten in Taku zuerst gefeuert, so läßt die deutsche Darstellung auf das Unzweideutigste erkennen, daß in Wirklichkeit die Chinesen der angreifende Theil gewesen sind. Welche Zustände innerhalb der Pekinger Centralgewalt herrschen, darüber muß das deutsche Rundschreiben um so mehr schweigen, als seit dem 13. Juni keinerlei Verbindung Pekings mit der Außenwelt, von vereinzelten Boten abgesehen, besteht. Da aber unser Gesandter noch am 12. Juni berichtete, daß der fremdenfeindliche Prinz Tuan zum Mitglicde des Tsung-li-Damens ernannt worden und daß jetzt die Loslassung der regulären chinesischen Truppen gegen die Fremden zu befürchten sei, so kann an der Schuld des Prinzen Tuan nicht der geringste Zweifel mehr bestehen, mag er sich nun zum Kaiser gemacht haben oder nicht. Die Voraussicht des Frei Herrn von Ketteler hat sich in Bezug auf den Prinzen Tuan besser bewährt, als betreffs der Gefährlichkeit des Aufstandes. Angesichts des Biilow'schen Rundschreibens muß man bekennen, daß Freiherr von Ketteler sich in einem ver- hängnißvollen Jrrthume befand, als er die ihm vom deutschen Geschwaderchef angebotene Schuhwache von 450 Mann zurück wies. Freilich scheinen alle anderen Gesandten dem gleichen Jrrthum, wie Freiberr von Ketteler, verfallen gewesen zu sein, und nach früheren Erfahrungen ist ein derartiger Jrrthum er klärlich. — Die Darlegungen des Biilow'schen Rundschreiben- über die militärische Lage bestätigen, daß die jetzt in China vorhandenen internationalen Truppen höchstens aus reichen, um Taku und Tientsin zu halten. Die Angaben über die von Deutschland hinauszusendenden Streitkräfte beseitigen die Unklarheiten, die in dieser Beziehung bisher bestanden. Daß Deutschland eine stattliche Anzahl Truppen nach Ostasien schicken will, entspricht durchaus den idealen und den wirthschaftlichen Interessen, die wir dort zu vertheidigen haben. Auch hierfür darf die kaiserliche Regierung, die von der Entfaltung über flüssiger, das Maß unserer Interessen übersteigender Streit kräfte absieht, der allgemeinen Zustimmung sicher sein. Verschiedentlich war in letzter Zeit die Agatition für den Kiiktcii - Canal an Stelle deS Mittelland-Canals wieder ausgenommen worden. Jetzt findet sie neue Nahrung; der Plan werde, so heißt es, wieder lebhaft erwogen, da die wegen der chinesischen Wirren erforderliche Verproviantirung unserer Kriegsschiffe in Wilhelmshaven ge zeigt habe, wie wichtig, besonders zu Kriegszeiten, eine solche Feuilletsn. Diana. Roman von Marian Comyn. Nachdruck verboten. „Ehe wir heute auseinander gehen, möchte ich Ihnen gern etwas sagen", sagte Philipp Heathcote mit bebender Stimme. „Sie kennen das Verbrechen, dessen man mich beschuldigt, und Sie wissen, daß die ganze Welt davon überzeugt ist, daß ich dasselbe begangen habe, selbst der Vater des armen ermordeten Mädchens glaubt, daß es meine Hand war, die ihr den Tod gegeben hat. Lis zu dieser Stunde sind meine Lippen versiegelt gewesen, wie sie es auch in Zukunft sein werden, aber Ihnen — Ihnen will ich sagen, was ich Niemandem bisher gesagt habe — ich bin unschuldig!" Ein leiser Schrei entfuhr ihren Lippen, er klang fast wie ein Jauchzen. „Dem Himmel sei Dank — o, dem Himmel sei Dank!" Sie hatte keinen Augenblick an ihm gezweifelt —, ihr Ver trauen war unerschütterlich gewesen —, und doch, nur der Himmel wußte, waS eS für sie bedeutete, solch' eine Erklärung von ihm zu hören. — Die Lichter brannten noch im Wohnzimmer, als Diana das Haus erreichte, die kleine Seitenthür, durch welche sie hinaus gegangen war, war unverschlossen. Ohne von Jemand gesehen zu werden, erreichte sie ihr Zimmer und fand Johanna in dem angrenzenden Ankleidezimmer ihrer wartend. ,„Niemand weiß, daß Sie fort gewesen sind, gnädiges Ifräulein!" sagte das Mädchen triumphirend. „Ihr Herr Bruder fragte nach Ihnen, aber ich sagte, daß Sie ungestört zu sein wünschten. Miß Nancy ist noch im Wohnzimmer, ich sah sie mit einem Buche in der Hand hineingehen." Diana blickte nach der Uhr, es war noch nicht halb zwölf. Nicht viel mehr als eine Stunde war vergangen, seitdem sie dieses Zimmer verlassen hatte, und was war Alles in diesem kurzen Zeitraum geschehen! XXVI. Philipp Heathcote kehrte in einer glücklichen Stimmung nach Priors Holm zurück, wie er sie in den letzten sieben Jahren nicht ein einziges Mal gehabt hatte. Der heutige Abend hatte einen tiefen Eindruck auf ihn gemacht. Seine Bitterkeit war gemildert, der Schmerz, die Qual, die er empfand, war nicht mehr so heftig, wie sie vordem gewesen. Wie rin Hauch des Friedens war es über ihn gekommen. Als er den Weg zurück ging, den er vorhin mit Diana gegangen war, vergegenwärtigte er sich jedes Wort, welches sie zu ihm gesprochen, jede Veränderung, welche sich auf ihrem süßen Gesicht ausgeprägt hatte. Sein ganzes Sein war so vollständig mit dem Gedanken an Diana erfüllt, daß er ihrer Warnung erst wieder gedachte, als er die Halle in Priors Holm betrat. Die Sache war ihm so nebensächlich erschienen, daß er sie nahezu vergessen hatte. Auch jetzt legte er noch kein so großes Gewicht darauf, aber nichts destoweniger wollte er doch unverzüglich danach sehen, ob alle Fensterläden und Thüren im Hause geschlossen seien. Er ging zuerst in sein Arbeitszimmer, und war ein wenig überrascht, daß er dasselbe in Anspruch genommen sah. In einem Lehnstuhl zurückgelehnt, saß, die weißen Hände im Schooß zusammcngefaltet, die Augen nach der Decke des Zimmers gerichtet, eine noch junge Frau, doch trugen ihre Züge den Stempel des Leidens, und eine fahle Blässe lag auf ihrem Antlitz. Sic war ganz in Schwarz gekleidet — es war ein langes Gewand von' schwerem Stoff, doch von dem denkbar einfachsten Schnitt, welches in reichen Falten die schlanke Gestalt umhüllte. Sie wendete sich bei Philipp's Eintritt diesem zu und lächelte ihm freundlich an. „Ich bin froh, daß Du kommst, Philipp. Ich konnte mir gar nicht denken, wohin Du gegangen seiest!" „Wie kommt es, daß Du Dich noch nicht niedergelegt hast?" fragte er, nach dem Fenster gehend und die inneren Läden schließend. „Es ist schon spät!" „Nicht so sehr — es ist noch nicht zwölf Uhr, und überdies bin ich heute Abend noch gar nicht müde. Ich bin so unruhig, ich glaube, ein Spaziergang würde mir gut thun. Willst Du noch ein wenig mit mir hinausgehen, Philipp?" „Heute nicht!" „Warum nicht?" — sie blickte überrascht zu ihm auf, offen bar war sie nicht daran gewöhnt, daß man ihr eine Bitte ab schlug. „Aus verschiedenen Gründen, von denen einer ist, daß ich selbst keine Neigung zum Spazierengehen verspüre." „Bist Du nicht wohl?" fragte sie schnell. „Ganz wohl. Sehe ich nicht so aus?" Sie blickte ihn forschend an, als er sich lächelnd zu ihr wandte. „Ja", sagte sie langsam", Du siehst sehr wohl aus, besser, als gewöhnlich, in der That. Es liegt ein ganz neuer Ausdruck auf Deinem Gesicht, den ich noch niemals zuvor darauf gesehen habe. Was bedeutet das, Philipp?" Er schüttelte den Kopf, doch antwortete er nicht. Er war an den Schreibtisch getreten und drehte ihr den Rücken zu, er nahm den Revolver, welchen er zu sich gesteckt hatte, als er mit Diana das Haus verlassen, aus seiner Tasche und legte ihn in den dazu gehörigen Kasten, in dem sich noch eine zweite Waffe befand. Nachdem er sich überzeugt hatte, daß beide Waffen zum Gebrauch fertig seien, warf er ein seidenes Tuch darüber und ließ den Kasten ge öffnet stehen. „Wohin gehst Du?" fragte seine Gefährtin mit nervöser Unruhe, als sie sah, daß er das Zimmer verlassen wollte. „Ich will nur nach meinem Zimmer hinaufgehen, um meinen Rock zu wechseln. Bleibe hier, bis ich wieder zurückkomme, Leda. Oder willst Du Dich lieber zur Ruhe begeben? Es würde jedenfalls das Beste sein, was Du thun könntest." Ein Anflug von Unzufriedenheit, beinahe Trotz, lag in ihrer Stimme, als sie jetzt erwiderte: „Ich verstehe nicht, warum Dir so sehr daran liegt, mich zu Bett zu schicken, Du hast doch, soviel ich weiß, heute noch wenig von meiner Gesellschaft gehabt. Nein — ich werde nicht zu Bett gehen; ich ziehe es vor, hier zu bleiben!" Ohne etwas auf diese Worte zu erwidern, verließ Philipp das Zimmer und begab sich nach dem von Diana bezeichneten Raume, durch welchen die Verbrecher in das Haus einzudringen beabsichtigten. Als er das Fenster erblickte, wunderte er sich, daß es ihm noch niemals aufgefallen war, wie leicht es sein müsse, von außen durch dasselbe einzusteigen. Freilich waren schwere Fensterläden vorhanden, doch man hatte dieselben niemals geschloffen, und die eiserne Stange, welche sie befestigen sollte, war durch den Nichtgebrauch rostig geworden. Nur mit Mühe gelang es Philipp, die Stange vorzulegen, dann schob er noch zur größeren Sicherheit einen schweren, eichenen Schrank vor dasselbe, welcher von außen nicht so leicht entfernt werden konnte. Nachdem er diese Vorsichtsmaßregeln getroffen, machte er die Runde durch das Haus, zuerst nahm er die zu ebener Erde liegen den Räumlichkeiten in Augenschein, dann wandte er sich nach den oberen Zimmern, und endlich kehrte er in sein Arbeitszimmer zurück in der festen Ueberzeugung, daß es nun vollständig un möglich sei, in das Haus einzudringen. „Sie werden zuerst versuchen, durch das Fenster, welches durch den alten Schrank nun doppelt verwahrt ist, einzudringen, und wenn sie merken, daß es dort unmöglich ist, werden sie die übigen Fenster und Thüren untersuchen. Nachdem sie sich schließ lich von der Nutzlosigkeit ihrer Bemühungen überzeugt haben werden, werden sie sich zurückziehen und die Sache bis zu einer günstigeren Gelegenheit aufschieben." So sprach Philipp be ruhigend zu sich selbst, als er nachdenklich die Treppe wieder hinabstieg. Und jetzt fiel ihm plötzlich ein, der Gedanke war ihm bisher noch gar nicht gekommen, daß Diana ihm nicht einmal mrtgetheilt hatte, aus welcher Quelle sie die Nachrichten von dem beab sichtigten Einbruch erhalten habe. Er war so sehr von ihrer Heldenthat überwältigt gewesen, daß er den näheren Details gar keine Aufmerksamkeit geschenkt hatte, denn insofern der An griff ihn selbst betraf, empfand er nicht die geringste Furcht. Seine Physische Kraft war so groß, und er war sehr geneigt, dies als genügenden Schutz zu betrachten. «Wie lange Du fortgcblieben bist", rief Leda aus, welche sich aus ihrem Armstuhl erhoben hatte und an den Kamin ge lehnt stand, als Philipp zu ihr zurückkehrte. „Und Du hast jetzt noch nicht einmal Deinen Rock gewechselt!" Philipp lachte, als er auf das bezeichnete Kleidungsstück niederblickte. „Nein — das habe ich nicht gethan. Ich bin heute Abend furchtbar zerstreut!" Sie blickte ihn forschend an. „Ja, und es muß etwas ganz Besonderes sein, was Dich, den ruhigen, kaltblütigen Mann, in eine solche Erregung ver setzt hat. Betrachte Dich einmal im Spiegel, Philipp! Was ist geschehen?" Er folgte ihrem Rath, zuerst mit der größten Gleichgiltig keit, doch bald betrachtete er sein Spiegelbild mit einer gewissen Neugier. Es war in der That eine Veränderung mit ihm vor gegangen. Er trug sich stets aufrecht, und in seiner ganzen Haltung, sowie in seinen GesichtSzügen prägte sich ein gewisser Trotz aus. Doch der trotzige Ausdruck war von seinem Antlitz verschwunden, die Augen blickten nicht so finster wie sonst, sondern ein fast strahlender Ausdruck lag in denselben, und eine dunkle Röthe überfluthete sein Antlitz. War das wirklich sein Antlitz, welches ihm da entgegensah? Leda schien auf die Erklärung zu warten, aber er wagte es nicht, ihr den wahren Grund für di« Veränderung, die mit ihm vorgegangen war, anzugeben. „Ich habe heute einen guten Jagdtag gehabt", sagte er, sich von dem Spiegel abwendend, „nicht rin einziger Schuß ist mir
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