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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.12.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-12-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18931208028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893120802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893120802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-12
- Tag1893-12-08
- Monat1893-12
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Die Redner dks EenlrumS, der nationaliiberalen und der konservativen Parteien sprachen sich zustimmend zu den Grundlagen des Entwurfs aus, wenn auch natürlich im Einzelnen noch mancherlei Vorbehalte gemacht und Verbesserungen gewünscht wurden, insbesondere der Quittung-- und Frachtbriefstempel »och mancher Hurückballuiig begegnete. Die Einnahmen au- den neuen ^tempelvorschlägen werden in der Begrün dung der Vorlage aus etwa 3K>/, Millionen Mark veran schlagt, taS macht beinahe schon zwei Drittel der neuen Mililairkosten auS. Der dabei aus Oft, Millionen ver anschlagte Erlrag teS QuitlungSstenipeis wird aber vielfach noch höher geschätzt. Da die Mehrheit deS Reichstags ans den areßen Nesormplan. die Ausstattung der Einzelstaaten mit RcichSzuschüfscn, vorläufig nicht ringeben zu wollen scheint, bürde also, unter Voraussetzung der uiiverkürzlcn Bewilligung drr Ltempelsteuervorlage, nur noch ein verbältiiißiliäßig ge- rmzsiiziger Betrag des driiigcntslen BetürsnisseS zu decken. Die Schicksale derTabak- und derWeinsteuer liegen dermale» noch zu sehr im Dunkeln, als daß man sie in taS Bereich be gründeter Berechnungen ziehen könnte. Daran aber wird wohl nicht zu zweiseln sein, daß der »och erforderliche Betrag aus irgend eine Weise ohne große Schwierigkeiten zu decke» sein wirk. Ma» wird eS freilich vielfach bedauern, wenn die zur vollen Durchsübrung deS NesormplaneS erforderlichen Mittel jetzt nicht beschafft werden, indessen der für den Augen blick dringenslen Noch wird wobl abgeholsen werden; das Dcilere wird die Zukunft bringen. Der Finanzminisier vr. Miguel bat sich übrigens in der vorgestrigen Verhandlung mit Recht beklagt, daß die Regierung durch die gcschäst- lichen Anordnungen deS Hauses in eine ungünstige und sonderbare Lage gekommen sei, indem sie durch die Vorans/elluog des Etats und dann der einzelnen Stcner- ei,/würfe verhindert worden, den Gcsammtplan im großen Zusammenhang als Einleitung und Begründung zu den Lleucrforderungen zu entwickeln. Auf diese Weise ist, da die Eta/Sberatbung und die Verhandlung über die Stempelsteuer- Vorlage bereits vielfach auck auf den allgemeinen Steuer- und gmanzreformplan übergegriffen hat, die Erörterung der ganzen Angelegenheit zersplittert und verzettelt und eine Verhand lung in großem Zusammenhang und tieferem, »»isassenderem Eindringen in die Gesammtheit der Frage, wie sie die hohe Bedeutung und geistvolle Anlage des Plan» doch wobl ver dient hätte, ist bisher nickt erreicht worden. TaS wird im Januar, wenn aus die einleitenden Gefechte der Hauplkamps solgen wird, noch nachgeholt werden müssen. Im belgischen auswärtigen Amte hat sich dieser Tage ein sonderbarer Vorgang abgespielt. In Brüssel war Mgr. de Rocauencourt, der Fortsctzer der afrikanischen Werke des EattAncklS Lavigerie, eingetrofirn. Dieser erst 25 Jahre alte PrMf^deS PapstcS und Kanonikus vou Karthago, war SeNtair de» Cardinal» Lavigerie gewesen, genoß daS vollsie Vertrauen desselben und war von ihm aiiSdrück- lich zu seinem Nachfolger auSerscben worden. Mgr. de Rocauencourt machte dem französischen Gesandten in Brüssel, Herrn BourSe, und dem Prinzen Victor Napoleon einen Besuch und erschien im belgischen aus wärtigen Amte. Der Generalsecretair Baron Lambermont empfing den jungendlichcn Prälaien, welcher die Dreistigkeit und Taktlosigkeit besaß, eine Unterhaltung über — die MaaS- bescstigung unk das deutsche Heerlager inMalmeky zu beginnen. Selbstverständlich wurde iüm gründlichst heim- gelelichter, so daß dieser hoffnungsvolle Prälat, welcher aus Wunsch seine- Freundes FlourenS, der seinerseits mit der bekannte» Madame Adam lürt ist, gebandelt baden soll, r? vorzog, schleunigst Brüssel den Rücken zuzukehrcn und nach Paris abzureisen. DaS neue französische Cab inet bat gestern in der Dcpurirkcnkammer eine» kleinen Erfolg errungen. Die Soeialisten beantragten durch BaSIy die Einsetzung eines Ausschusses zur Uniersuchung der letzlen AuSstände und ver langten für ihren Antrag die Dringlichkeit. Sie ließen cS aber zn keiner Abstimmung über diese Forde rung kommen und erklärten sich mit de», Vorschläge des Ministeriums, den Antrag am Montag zur Beratbung zu stellen, einverstanden. Freilich ist dieser Erfolg ein sehr tleiucr; vielleicht verzögert er eine Niederlage deS CabinelS nur bis zur nächsten Woche. — Was übrigens den Liel- besprowenen angeblichen Plan einer Verlobung teS rufsischc» Thronfolgers mit der Prinzessin Helene von Orleans betrifft, so glaubt die „Krcuzzeituag" an ein solches Projcct nicht. Sie meint vielmehr: „Dee Artikel des „Figaro" ist vo» Earnot lancirt worden, mir dein republikanischen Frankreich gegenüber sich ein Sihelnver- di enst zu erwerben. In Wiiklichlcil spielt sich nichl eine Partie Orleans-Nomanvw, sondern eine Partie Romanow.Hessen ab, und di« lctzier« könnte schon eher zur Tbal'ache werde». Bei der ausgesprochenen Neigung drr meisten Gros,»lütter, ihre Enkelinnen zu verdeiroldru, kommt es sa vor, daß ein tau be ns Wechsel alS «in ea-u» mivoris woiusuli betrachtet wird. Aber sollte unsere protestantische Huche wilkiich die böse Aus sicht haben, zu:n dritten Male einen Glaubenswechiel an einer Stelle zu erlebe», von der man ganz besonders erwarten darf, dass daS Gefühl für cvnsejsionelle Ehre ihr nicht ganz ireind geworden ist? Wir wollen trotz der große» Sicherheit, mit der die Nachricht in englischen Blättern oustritt, sie schon deshalb nichl glaube», weil dir doch höchst auffallende Nachricht über die LirbcnswlirLigkelten, welche zwischen Sofia und London auSgelaujcht werde», nicht daraus Hinweisen, dost der ru «lische und der englisch« Hoi tb> Absicht habe», in verwandtschaftliche Beziehungen zu treten. Ein Ueberiritt der Herzogin von Orleans von der katholiichen zur griechischen Kirche aber wäre ein Ereignist, an daS wir erst glaube» werden, wen» es sich vollzogen hat." Man wird ja sehen, wer besser unterrichtet ist, die Un gläubige» an eine Partie Nvmanow-Hessen, oder die Gläubigen an eine Partie Orleans-Romauow. am Galgen geprangt batte. Wenn freilich General Baratieri, der Trcnliner, seine Heimatb Oesterreich besucht, wird er sich wohl vom Kaiser begnadige» losten müssen." Tbatsacblich scheint cS besonder» die Ernennung des Generals Baralieri zum Minister des Auswärtigen zu sei», wogegen der König die erheblichsten Bedenken trägt. Der General soll denn auch berettS den Eintritt in LaS Cabinet abgclebnt baden und Zanarkelli infolge reffen von dem Aufträge zur EabinetSbildung zurückgetreicn fein. Es ist vielleicht gut, daß ei» Ministerium Zanarvelli nicht zu Slanre kommt, wenigstens nicht mit de» von ihm ge wählte» Männern, denn man brachte ihnen allgemein »n Lande kein Vertrauen entgegen und gerade dessen bedarf' taS neue Cabinet Italiens in kcrvorragcnder Weise, wenn cS zum Segen de» Reiches wirken und die Heilung seiner <chäreil berbeisübre» soll. Das gemäßigtste Wort sprach vou de» italienischen Blättern Uber die Combmalionen Zanarrelli's der „Folchcllo" aus: Es gebe doch nicht an, sagt raS srübere Legan Giolilii'S. die neuen Minister ohne Weiteres für unfähig zn ballen. Manche Rose habe bereu» unter Distel» geblüht; ma» dürfe die Hoffnung nicht ausgcben, daß diese» Glück auch dem Ministerium Zanardelli beschieden sein werde. TaS beste Bonmot legt ma» dem Könige Umberto in de» Munt. AlS Zanardelli die Cauditalciilislc verlegte, soll der König gesagt haben: „Da haben wir jetzt die Siaalsseerelaire, wo bleibe» aber die Minister?" — Wer wirb »un z»r Neubildung be rufen werden? Bebakten zuletzt Tie;en>gen Recht, welche ein abermaliges Ministerium Giolittt als den Kreislauf Viestr Cabmelskrisis von Anfang an ln Aussicht stellten, oder ist Crispi der kommende Mann? Aus Italien wurde gestern bekanntlich der „Nat.-Ztg." gemeldet, die neue Schwierigkeit, die der Bildung "eines CabinelS Zanardelli sich eiitgegengcslcllt, sei bedeutend größer, als man denke; sie sei sehr delicat und betreffe weder die finanzielle, noch die parlamentarische Lage. Heule erfährt man, daß die italienische Telegrapheii-Censur die römischen Telegramme der „Nat.-Ztg." erst verspätet »nd in verstümmeltem Zustande befördert hat. Hieraus pgxf man schließe», daß die Schwierigkeiten, die der CabinelS- bildung sich eiitgcgenslcllen, in der Thal sehr delicater Nalur sind. Möglicherweise wird der wundeste Punct durch folgende Meldung auS Wien berührt: „Bei dem Ministerwechsel in Italien ist ein Curioium zu Tage gekommen, nämlich ein in Aussicht genommener Minister des Aeüßern, der österreichischer Deserteur ist. Hier zeigt man sich darüber nicht weiter getränkt, denn die Zeilen irechicln, »nd wir erinnern unS noch eine- recht vortrefflichen inagyaruchc» Reichskanzler«, der nicht lange vorher im eigenen Lande in t-Mx e Tic Wintersession des englischen Parlaments, die am l. November ihren Anfang genommen, ist bisher recht ge schäftsmäßig verlausen. Tie Verhandlungen waren aus schließlich den, Haftpf'lichtgcsctz und der Kirchfpieldill gewidmet. Das crsicre ist dercilö von dem Haus der Ge meinen angenommeil und liegt jetzi dem Hause der Lords vor. Auch über dieses Gesetz, wie über Houie Rute, wird es wahrscheinlich zu einem Conslict zwischen dem torvsiiichen Qberhause unk dem liberalen UiiickbanS und Miniucriiim kommen. Wäbrenk aber bei der Homerule-Bill eme große englisch« Mehrheit fick vollständig gleichgittig, >a feindlich verhielt, liegen die Verhältnisse fetzt gerade um gekehrt. Die Regierung hat diesmal die ganze Arbeiierclassc mit ganz geringer Ausiiahmc butter sich — und diese giebt bei den ParlainenlSwahlen den Ausschlag. Ter Streit zwischen den beiden Körperschaften dreht sich »m die Frage, ob eS ge stattet sein soll, durchConlract die Anwendung des Gesetzes i» solchen Fällen anszuschließcn, wo die Arbeugeber dereilS anderweitig bei Unfällen für ihre Arbeiter gesorgt haben. DaS Verbot einer solchen contracklichen Aus schlicßung ist aber Haupt- und Kcrnpunct der Bill selbst; otme dasselbe wird sie werlbloS Ihre Absicht gebt nämlich nicht dahin, c>»c An von Unfallversicherung zu fchaffeu, sondern sie will die Zahl der Unjälle dadurch aus da« geringste Maß bcrabbringe», daß sic dem Arbeiter die gerichtliche Einklagung einer Eiilichädigungssummc im Falle eines nicht von ihm sahrlässig verschuttern, Unfalls erleichtert Durch de» UsuS der englischen Gerichle, hohe Enlschäkigungö summen zu gewähren und Fahrläfti,steil, nur wenn sie klar be wiesen ist, anzunehlnen, werden die Fabrikanlen und Acliengcsell- schaften liidircck, aber wirksam gezwungen, alle durch die Technik gegebenen Vorsichtsmaßregeln zu treffen, wenn sie nichl das Rftico kleiner Unfälle mit großen Summe» büßen wollen. Dem Gesetz wurde dadurch noch ein weilereS WirkuiigSscio gegeben, daß sein Schutz auch aus die in gestiubheilsschädlichc» Pro ductionSzwcigen thängen Arbeiter aliSgedebut wurde. Unter läßt eS in diesen der Industrielle, die gesundheitsschädlichen Wirkungen chemischer Stoffe enlspreckend zu paralysiren, so kann drr in seiner Gesundheit geschädigte Arbeiter ebenso aut, wie der infolge mangclhafter Schutzvorrichtungen an Maschinen verunglückte Arbeiter eine Entschädigungssumme erstreiten. Mit großer Aufmerksamkeit wird man die Wirkung dieses GestzeS zu verfolgen haben, das von so verschiedenen, ja gänzlich entgegengesetzte» Ansichten ausgeht, wie da» deutsche UnsallversicheruiigSgesctz. Eine bemcrkeiiSwerthe Meldung enthält die „Reichs wehr". Hiernach Kat die türkische Regierung dem rng- lischen Admiral Commerell und Mr. Maxim die Be willigung ertheilt, die Befestigungen am BoSporuS zu bcsichligeii, was seit vielen Iabren keinem fremden Officier, vom General Bnalmonl abgesehen, gestattet worden ist. Die Meldung gewinnt dadurch an Interesse, daß in der letzten Zeit bekanntlich wieder viel von russischen, auf die Zu lassung ruisischcr Schiffe zur Durchfahrt durch die Meerengen gcrichtetc» Bestrebungen die Rete war und man mit diesen auch de» aiigckündigtc» und nun wieder auigeschobenen Besuch des Admirals Avellau in Konstanlinopel in Zusammenhang bringe» wollte. Sehr nabe liegt die Frage, ob auch kein Admiral Avcllan, wenn er nach Konstantinopel kommen olltc, die Möglichkeit, die Befestigungen zu besichtigen, geboten werken wirk. Deutsches Reich. * Berti», 7. December. Der Centralverein für daS Woht der arbeitenden Classen hielt gestern Abend im Herrenhause unter Vorsitz deS Professors Or. v. Gneist seine Iabrcsversanimlnng ab. Dem Bericht zufolge zählt der Verein zur Zeit N37 Mitglieder, darunter befinden sich t95 Betörte», ^Körperschaften und Vereine. 147 Aciicn- und andere GcieUschasten und 5 per manente Mitglieder. Von den persönlichen Mitgliedrrii ent fallen 2Vu ans Berlin, 32l auf die preußischen Provinzen, 1K8 aus die übrigen dculschen Staaten, vier auf die Schweiz, drei aus Qrsterreich und je ein» auf Luxemburg, England und Italien. Für VereinSzwcckc wurden im lansenden Jahre I2 7»i> verwendet; 75.00 wurde» zu de» Kosten der VereinSzeitschrist „Der Arbeiterfreund" ausgewcndel, der in einer Auflage von 1100 Exemplaren erscheint, 2000 ./k Beihilfe wurden zur Fortführung der „Socialcorrcsponkeiiz" und deS „Voltswohl" gewährt, i»lt 2000 belhciligtc sich der Verein an den Kosten der Ccnlralstelle für Arbeiter-WohlfahrtScinrichlunger:, >000 ^ wurden für die Entsendung einer technischen Lehrerin zur Weltausstellung nach Chicago veraus gabt und endlich erhielt der Berliner Verein für Volks- erziebung 200 Mark Beihilfe zn den Kosten der Betheiliaung a» der Weltausstellung i» Chicago. Es verblieb rin Baar- bestanv von 17»8 Mark nnd ein Effcctcnvcrmögcn von 03 000 Mark. Mir einem königliche» Gnadengeschenk von 45 ooo Mark war seiner Zeit vor 47 Iabren der Central- verein begründet worden. Die bisherigen Mitglieder de» Vorstandes, von Gneist, Sladtrath a. D. Eberty und Rittergutsbesitzer Sombart, wurden wicdcrgcwählt, neu in den Ausschuß traten Professor l)r. Weber und Professor llr. Sering. " Vcrlln» 7. December. Die Herrn Eugen Richter'- allergrtrcueste, willenlose Schildknappen von freisinniger Seite bewerthet werden, davon ein Zeugniß auS dem ,Bcr1. Ferrillrtsir. Leben um Leben. L8I Roman im zwei Bänden vou M- Gerhardt. «lachdruck vertaten. (Fortsetzung.) Der Abendwind strich über die Wasserfläche, wie flüssiges Silber rieselte der Mondschein darüber hin. Schwarz und schweigend standen die Kieserwaltungen auf dem Ufersaum, wie ein dunkler Rabmen jede Biegung deS Terrains hervor bebend, tiefe Schlagschatten über die Einbuchtungen werfend. Zur Rechten hinüber, wo der See sich zu ansehnlichem Becken erweiterte, schwamm ein kleines Boot — schwebte vielmehr im Lichtälhcr, in dem Luft »nd Wasser zusammenflossen. Cicwert sah scharf genug, um mit bloßem Auge zwei Mensche» darin zu gewahren. Die Ruder schienen zu ruhen. Er legte die Hände an den Mund nnd ließ ein lautes „Hobo! Aboi!" na» jener Richtung bin erschallen. Er mußte den R»f ein paar Mal wiederholen, bevor er Beachtung fand. Dann ertönte ein Gcgenrnf und das Boot setzte sich in Bewegung. Langsam — viel zu langsam für Siewert'S zornige Un geduld. Die Beiten dort batten sich viel z» sagen „nd keine Eile, sich zu trennen. Endlich konnte er die Bewegung der Ruder im Wasser wabrnebmcn. DaS Boot näberte sich, kielt aber auf daS jenseitige Ufer zu »nd schien wieder still z» liegen, jetzt so im Schalten, daß seine Jnsafstn nicht zu unter scheiden waren. Aber vom milden Luflstrom getragen, kam ein Hauch von Flüstern und Lachen herüber, dann ein hellerer Zuruf. Plötzlich der Hall zweier Schüsse, von vielfachem Echo gefolgt, über da» Wasser rollend. Und jetzt Tactschlägc ter Riemen. DaS Boot tauchte auS dem Schatten auf und durchquerte den schmalen monderbellleo Seearm. Wie Cilber- sunken troff eS von den sich hebenden und senkenden Stangen nieder. „Guten Abend, Otto!" rief die Stimme Roloff'S. „Da sind wir! Verreib', daß wir Dich warten ließen. Wir mußten dem Wasscrgevözel noch »men AbschiedSgruß zu- sentcn." Er stieß daS Boot auf dem flachen Mersande vorwärts, sprang und zog »« soweit auf« Trockne, daß Hildegard an seiner Hand sich hinüberschwingen konnte, ohne mehr als die Sohlen zu benetzen. Liewert wartete die Begegnung nicht ab, sondern rief seinem Schwager zu, er erwarte ihn droben bei seinem Fuhr werk am Wege. Daß er ihr den Rücken wandte, ohne ibr nur die Hand zum Gruß zu biete», fiel Hildegard auf. Doch war st« zu sehr von anderen Gedanken erfüllt, um deff' groß zu achten. Roloff, die Flinte auf der Schulter, ging nach dem Häus chen, um rin Buch, taS er auf der Außenbank liegen gelassen, zu sich zu stecken. Hildegard ordnete an einem großen Strauß von Farrnkraut und herbstlich gefärbtem Laub, "den sic in ter Hand trug. „Wissen Sie, Hildegard", sagte er, ihr zuschaucnd, „daß mir heul eine Offenbarung ausgegangen ist? — Diese Abend- stille, daS Mondlicht, der Sec, von schlummernde» Wäldern bekränzt — woher empfinden wir das Alles mit solch seliger Rührung? Woher erweitert sich unser innerer Mensch m solchen «lunden, bis er Himmel und Erde in sich ausnimmt, sich eins fühlt mit dem Weltganzen? Darum, weit wir in Wabrbcit wesenseinS sind mit der ganzen irdischen Schöpfung, alle ihre Stuscnalter selbst durchlebt baden in Ur-Ur-Urzeile», vo» welchen die ältesten Weise» und Sänger keine Erinnerung hatte». AuS den Elemente» stamme» wir, daö Lebe» teS SleinS, der Pflanze, dc» Tbicr« haben wir selbst gelebt, daher verstehen wir ihre Sprache, daher ist'S un» im Verkehr mit ihnen, alS kräumlrn wir einen vergessenen Kindhritsiraum »och einmal. Nicht wahr, haben Sic das nichl a»ich gefühlt?" Hildegard blickte voll Innigkeit in seine verklärten Züge und lächelte. „Ich weiß nicht. Aber daß cS Stunden gi-bt, in denen Zeit und Ewigkeit in cmS verfließen, daS fühl' ich. Seh' ich Sie bald wieder, Herr Professor?'' Er nickte und nahm ihre Hand iu die seine. „Morgen? Uebcrmorgen?" „So Gott will." „So Gott will", wiederholte Hildegard ganz leise. Plötzlich standen ihre Augen voll Tbräuen. Obre Hand a» seine Brust gezogen, neigte Roloff sich vor, voll tiefster, leidenschaftlicher Zärtlichkeit in ihrem Antlitz forschend. Ibre zerstreuten Haare, ihre beklommenen Athen, rüge mischten sich mit den seinen. Ihre Lider sanken, um ihre Lippen bebte eS. „Ach, mir ist da« Herz so schwer!" hauchte sie» durch Thränen lächelnd, und macht« sich mit einer zuckenden Be wegung frei. „Leben Sie wobl, Herr Professor! Nein, kommen Sie nicht mit, Onkel Siewert wartet aus Sie, ich lause hier unten am Sec, gewiß werde ick zu Hause schon vermißt — cS war Unrecht — Adieu, Adieu!" Eine Minute stand Roloff, der schlanken davon eilenden Mädchengcsialt nacdblickkiid, Wolkcnschatte» und Sonnenlicht in raschem Wechsel auf der Stirn, tief und stoßweis alhment. Dann stieg er rasch den Abhang hinauf, den der alle Haus mann hustend und keuchend herabgehumpelt kam. Roloff griff in die Tasche und drückte dem Asten einen harten Thaler in die Hand. Siewert batte die Pferde h>» zum Wege binausgesübrt. Er forderte seine» Schwager kur; zum Einsleigcn auf, folgte selbst »nd trieb seine Braunen zu munterm Trabe a». „Fräulein Hildegard läßt Dick grüßen, Otto", sagte Roloff. „Du kältest ihr wohl guten Abend sagen können." Siewert brummte etwas Unhöfliches und sab nach der anderen Seite, wo abgcinäbte Stoppelfelder weit und still >m weiße» Mondlicht erglänzten. Roloff zündete eine Cigarre an, was bei der schnellen Be wegung des Wagens einige Milbe kostete. Becke Männer schwiegen. Roloff in sich gekehrt, ernst, in glücklicher, ge hobener Stimmung, die er still in sich au-klingen ließ. Siewert in zorniger Verlegende,/, unsicher über die Aufgabe, die ibm in dieser verwünschten Angelegenheit zusicl, wülhend über Roloff, über Hildegard und im Grund de- Herzen» noch viel mehr traurig als zornig. „Sehr sreuntlich von Dir, mich ahziiholen, Otto", sagte Roloff endlich. „Wie kam's, daß Du mich zu sinken wußtest? Warst T» in Gravelischkcn gewesen?" „ES ist ja wohl nachgerade kein Gebeimniß mehr, wo man Dich z» suchen hat", cnlgrgenele Siewert unwirsch und versetzte dein Hantpserd eine» Peitschenhieb, daß cS einen Seitenspruiig Ibat und in raschere Gangart siel. „Gcheimniß? Warum sollte cS Gebeimniß sein?" „Warum? Wahrhaftig, Roloff, ich weiß nicht mehr, was ich vo» Dir denken soll." Roloff blickte seitwärts, strich die Asche von seiner Cigarre und that einige Züge. „Sprich nur gerade heraus, Otto, Alles, was Du gegen mich auf dem Herzen Haft. Es ist da- Beste zwischen unS Beiden." Siewert zuckle grollend mit den breiten Schultern. WaS ist da viel zu reden? Ich bin nicht blind, Alfred, köre auch ziemlich gut. To viel ich weiß, warft Du dies» drei Wochen fast täglich in Gravelischlen. Einen Tag um den ander» mindestens. Willst Tu das in Abrede stellen?" „Gewiß nicht." „Weiß Antonie darum?" „Frage sie" ,H>at sie eS von Dir erfahren?" „Nein." „Und Hildegard Mark > ald? Die weiß da» natürlich und giebt sich kam her, hinter dein Rücken Deiner Frau einen Noma» mit Dir zu spiele»?" „Halt, Otto!" erwiderte Nolosf, sich bleich und stolz uin- wendcnd. „Nock ein Wort gegen Fräulein Markwald, »nd ich steige lucr auf der Stelle auS Deinem Wagen. Tu wirst die Güte haben, als bewiesen anzuncbmen, daß nicht der Schatten eines Vo,»ri>rfS auf daS Mädchen fällt, daS sich meiner Ebre anvertraut Ich habe mich ihres Vertrauens noch nicht unwürdig gemacht, noch gedenke ich daS zu thun, was Du auch von mir glauben magst." „Ick ve» Dir glauben!" rief Siewert aufgeregt. „Weiß Gott im Himmel, Alfred, eher an meiner eigenen Ebre bätl' ich zweifeln wollen, als an der Deinen. Aber » aS hilft da Glauben »nd Meinen? DaS kommt doch schließlich Alle» ans Selbstbetrug hinan-. D» kannst ein guter Reiter sein, »nd wenn Tu einem wilden Gaul die Sporen giebst nnd den Zügel lockerst, wirk cS doch nur rin blaues Wunder sein, wenn er nicht mit Dir durchgeht." Roloff anlwortete nickt. „UcbiigenS", lenkte Siewert mit tiefem Albembolen rin, „ick wollte wabrbastig weder Dich noch das Mädchen kränken. Hab' icki'S grtban, io sollen meine Worte ungesprochen sein. Sag: D» bist ein Narr, Otto, und siehst Gefpenster, so bin ich znsricden." Nolosf blieb stninin. „Mann, rede, gieb Rechenschaft, mir, Dir selbst!" rief Siewert beschwörend. „Wo soll daS binanS? Väterliche Freundschaft, nicht wahr, für Deine ehemalige Schülerin? DaS klingt sckw» unk ganz unverfänglich. Schwindele Dir nichts vcr, Freund, Du bist noch lange nichl alt geuug, nm ohne Gefakr mit jungen Frauenzimmern aus so intimem Fuß zu verkehren." „Ich schwindele weder Dir noch mir etwa» vor, Otto", erwiderte Roloff mit gedämpfter» vidrirender Stimme, mit zusammengezogenen Brauen und brennenden Augen. Ich weiß ganz genau, wir eS um mich stebt Ich bin virrund- dreißig Jahr», »in Mensch wie Du, Hab« Blut, Nerv»». Emu«.
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