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General-Anzeiger für Chemnitz und Umgegend : 16.04.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-04-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384843-189904161
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384843-18990416
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384843-18990416
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- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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- ZeitungGeneral-Anzeiger für Chemnitz und Umgegend
- Jahr1899
- Monat1899-04
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-- Nr. 87. - 1»»S. — Diese verbreitetste »»parteiische Leitung erscheint Wochentags «bends (ittiiDalmndeS nächsten LageS) und kostet mit den siins Kvchentlichen B eillcittcrn: Kleine Botschaft, Sächsischer Erzähler, Gerichts-Zeitung, Sächsisches Allerlei, Jllnstrirtes Uuter- haltungsblatt, Hei den Pvstanstalten und bei den Ausgabestelle» Monatlich 40 Pfennige. Postliste: 1. Nachtrag Nr. 2877. ikelegramm - Adresse: «eneralmzeiger. tsenilprechftelle Nr. ISS. Geneval- Sonntag, den 16. Aprtl. Anzeiger für Chemnitz und Umgegend. (Sächsischer Lande-,«n,eiger). - «»gründet 1873 al» „Anzeiger" ee. »erlag und R-tation-maschtne«.Drn« von Alexander Wiede in Chemnitz, Dheaterstratze Nr. 8. Anzeigenpreis: «^spalten» LorpnSzeil e (ca.S Silbsnsassendj, oder deren Raum 20PsG (»reich Verzeichnisse t» Zeile LS Psg.) — Bevorzugte Stelle (Sgespaltene Petit-Zeile circa 11 Silben fassend) 40 Psg. — Anzeig«» könne» nnr bis Vormittag w Uh« angenommen werde», da Druck und Verbreitung der grob«» AnfÄge längere Zeit erfordere Geschäftliche Anzeiger-Inserat» finden für billigsten Preis zugleich Verbreitung durch die täglich erscheinende Chemnitzev Eisettbahn-Zeitung. Amtliche Anzeigen. Handelsregister.Eiutraguitget». Auf dem die Firma „August Hahn" in Chemnitz betreffenden Folium 3943 wurde verlantbart, daß Iran Auguste Wilhelms«» verw. Hah« nicht mehr Inhaberin ist und daß Herr Tischlermeister Richard DSkar Hahu in Chemnitz nicht mehr Prokurist, sonder» Inhaber ist. auf dem die Firma „Paul MattheS" in Chemnitz betreffenden Folium 3183 wurde verlantbart, daß Herr Kaufmann Rudols Carl Gottlieb «iebeler in Chemnitz am 1. April I8S9 Mitinhaber geworden ist, ans dem die hiesige Firma „Filiale der Sächsischen Bank zu Dresden" betreffenden Folium 339 wurde verlantbart, daß Herr Geh. Kommerzienrath Robert Oskar Clemens Heuschkel aus dem Vorstände der Gesellschaft ausgeschieden Ist, aus dem die Firma „von Weise s- Rübsameu" in Chemnitz be treffende» Folium 3250 wurde Herr Carl Franz Ludwig Enck« in Chemnitz als Prokurist eingetragen und auf dem die Firma ««itlttttui'iiijL L,in»it««1" in Chemnitz betreffenden Folium 803 wurde vcrlauibart, daß Herr Henry Marti» Felkitt nicht mehr Prokurist ist »nd das Herr Samuel Frost a»S Loughborough Prokura ertheilt er halte» lp.t. Amerikanischer Größenwahn nnd das arigel sächsische Bündnis;. Chemnitz, den 15. April. Wen» mau i» Deutschland gelegentlich der samoanischen Wirren besonders über England empört ist, so hat das seinen guten Grund, dem, die englische Gehässigkeit und die Schwierigkeiten, welche die englische Diplomatie macht, stehen in schroffem Gegensätze zu deu Licbesbetheuerunge», mit denen die englische Presse noch vor einigen Monaten in geradezu aufdringlicher Weise Deutschland überhäufte und sucht im Gegensätze zu den Erwartungen, die durch das deutsch-englische Abkommen erweckt worden waren und erweckt werden dursten. Betrachtet man die samoanijche Angelegenheit aber nicht als ein einzelnes Ereiguiß. sondern im Zusammenhange der politischen Ent wickelung der letzten Zeit, so wird man über die Haltung der Vcr« einigten Staaten viel beunruhigter sei» muffe», als über die Eng lands. An Englands Perfidie ist inan ja nachgerade gewöhnt, das Borgehen der Amerikaner auf Samoa aber ist ein neues Zeichen jenes amerikanische» Größenwahns, der nicht etwa erst seit dem spanisch-amerikanischen Kriege dati'rl, der aber durch den erfolgreichen Ausgang dieses Kampfes neue Nahrung erhielt. DaS Verhalten aus Samoa zeigt, daß dis Aankees überall da, wo das Sternenbanner sich mit irgend welchem Anschein von Berechtigung zeigen kann, die Alleinherrschaft ausznnben geneigt sind. Wen» sie sich jetzt noch auf Samoa mit den Engländern vertragen, so geschieht es nur in der Absicht, erst die Deutschen hinnuszuwcrfen, ui» dann desto eher mit den Engländer» fertig werden zu können. Den», daß die „angelsächsische Freundschaft" kein Hinderniß für die tolle» Expansionsgelüste des amerikanische» Größenwahns bildet, wird durch die amerikanischen Jntriguen auf Jamaika dargelha». Die Bevölkerung dieser gesegneten westindischen Insel ist mit der englischen Verwaltung »»zufrieden, wie etwa die Cubaner schon vor Jahrzehnten mit der spanischen Herrschaft unzufrieden waren. Und wie damals, in den fünfziger Jahren, die Amerikaner alle» Ernstes Spanien der Verkauf Cubas vorschlugen, so reden sie jetzt offen da von. Jamaika zu kaufen oder gegen die Philippinen, die ja ein sehr angenehmer Besitz wäre», wenn nur die verwünschten Tagalen nicht dort wohnte», einzutausche». Sie geben sich wohl selbst nicht der Erwartung hin, daß England Hals über Kopf auf diesen genialen Vorschlag eingehen wird, aber Spanien ging ja auch im Jahre 1854 nicht a»f das Anerbieten betreffs Cubas ein und 45 Jahre später kam die Insel doch in amerikanische» Besitz. Werden also die Gelüste aus Jamaika wohl oder über einstweilen vertagt werden müssen, so sind sie doch charakteristisch für die moderne amerikanische Auffassung der Monroe-Doktrin. Dieser Staatsmann stellte bekanntlich in, Jahre 1823 de» Grundsatz auf: „Amerika deu Amerikanern". Die moderne »ordamerikanische Doktrin aber lautet: „Amerika den Vereinigten Staaten". Die Machenschaften in Honduras, das nnr noch dem Scheine nach eine selbstständige Republik ist, und die ernslhasie Inangriffnahme des Nicaraguakanals thu» dar» daß die Vereinigten Staate» in Mitielamerika festen Fuß fassen «vollen. Die Besitznahme von Portorico und Cuba und die Absichten auf Jamaika legen dar, daß die Vereinigten Staaten de» wcstindischen Archipel bcherrsch n wollen. Von dem Golfe von Panama ans nnd vom west indischen Archipel her können sie dann auf SMamerika einen Druck ausüben, um auch diesen Kontinent unter das Sternenbanner zu bringen. Bei der Ohnmacht der südamerikanischen Republiken, die sich in fortwährenden Revolutionen und Eifersüchteleien gegen einander verzehren, braucht man den Gedanken eines zusammenhängenden Besitzes der Vereinigten Staaien von Alaska bis zum Kap Horn keineswegs für einen unerfüllbaren Traum zu halten, wenn nicht die europäische» Mächte und vor Allem auch England ein Wörtchen mitsprechen. Es gab eine Zeit, wo die englische Politik jenen weile Zeiten umsasscndcn Fernblick besaß, der jetzt die russische Diplomatie aus zeichnet. Jetzt ist England nervös geworden und lebt für den Augen blick. Wäre die cnglische Diplomatie eine weitsichtige, so würde sie sich sehr in Acht nehme», den amerikanischen Größenwahn zu be stärken. England hat an Kanada zu denken, an seine Besitzungen i» Mitielamerika und im westindischen Archipel, an seine» Besitz an der Nordküste von Südamerika und endlich an seinen lebhaften Handel mit dein gesammten südamerikanischen Kontinent. Alle diese territorialen Besitzungen und materiellen Voriheile werden durch die Expansions gelüste der Vereinigten Staate» gefährdet; nicht heute und auch nicht morgen, aber für den Staat, der »in ewiges Leben prätendirt, sind «uch 50 oder 100 Jahre daffelbe wie ein Tag für das Leben des einzelnen Mensche». Und was heute oder morgen in der Geschichte der Völker geschieht, entsteht nicht Plötzlich und durch Zufall, sondern hat sich seit Jahrzehnten vorbereitet. So dürfte die nächste englische Generation die Kurzsichtigkeit der gegenwärtigen englischen Politiker, die mit dem „angelsächsischen Büudniß" den Stein der Weisen entdeckt zu haben glauben, bereuen. Die heutigen englischen Politiker aber dürften, wenn auch sie vielleicht »och nicht unter dem amerikanischen Größenwahnsinn zn leide» haben, zu bereuen haben, daß sie das in Deutschland ohnehin sehr rege Miß trauen gegen englische Zuverlässigkeit und politische Anständigkeit zu gewaltiger Höhe haben anschwellen lassen. Deutscher Reichstag. 65. Sitzung vom 14 April 1899, 1 Uhr. Am Tische des Bundesraths: von Biilow, Tirpitz, Frhr. von der Recke, Graf Posadowsry, Graf Lerchenfeld, I)r. von Bttchka nnd zahlreiche Kommissare. (Unter den in der Hof loge Anwesenden befindet sich der Hausminister Graf Wedel, General adjutant Fürst Radziwill.) , Erster Gegenstand der Tagesordnung ist die Interpellation der Mitglieder des Reichstage- Or. Schaedler, Graf v» Arnim, Schmidt-Elberfeld und Genossen, betreffend die Vorgänge vor nnd auf Samoa. Die Interpellation lautet: „Ist der Herr Reichskanzler bereit, über die Vorgänge vor und auf Samoa, sowie über die von der Regierung getroffenen und beabsichtigten Maßnahmen Auskunft zu geben?" Auf die »ach der Verlesung an den Staatssekretär von Bülow gerichtete Frage des Präsidenten, ob und wann er bereit sei, die Interpellation zu beantworten, erwidert Staatssekretär v. Biilow: Ich bin bereit, die Interpellation sogleich zu beantworten. Zur Begründung erhält das Wort Abg. vr. Lehr (nat.-lib.). Dieser begründet die Interpellation und führt aus, die Hauptschuld liege bei den bedauerlichen Vor gängcu vor und auf Samoa an England, welches unserer Kolonial Politik stets die größten Schwierigkeiten in den Weg gelegt habe. In Amerika dagegen habe sich bereüs eine sehr erfreuliche Reaktion seitens der Deutsch-Amerikaner gezeigt. Dauere dieselbe fort, so werde sich noch Vieles zu unseren Gunsten ändern. Die Nachrichten über einen Befehl des amerikanischen Admirals Kautz an den Kommandeur des „Falke", de» Hase» von Apia nicht zu verlassen, können unmöglich richtig sei». — Der Redner erinnert an die Vor gänge vor 10 Jahre», wo man die Deuische» überfallen habe, noch dazu unter Anführung eines Amerikaners, der leider einen deutschen Namen getragen (Klein). Es denke natürlich Niemand von uns daran, wir sollten England und Amerika den Krieg erklären (Lachen bei den Sozialdemokraten), aber wir haben gegenüber dem Verhalte» Amerikas und Englands wirlhschaftliche Mittel der Abwehr durch Ablehnung wirthschastlicher Zugeständnisse, namentlich gegenüber Amerika. An Krieg zu denken, wäre thöricht von uns, aber hätten wir rechtzeitig für Vermehrung der Flotte gesorgt, statt erst im vorige» Jahre, dann wären uns solche schmerzliche Erfahrungen erspart geblieben. Wir brauchen ja nicht an eine Flotte zu denken, wie England sie Hai. aber wir müsse» eine Flott« haben, die uns bündnißfähig macht. Die Zeiten des WelibürgerihnmS sind für nnS vorüber. Die Neichsregierung kann darauf rechnen, daß sie uns Alle hinter sich hat, wenn sie die deutschen Interessen energisch vertritt. (Beifall rechts nnd Zischen bei den Sozialdemokraten.) Staatssekretär v. Biilow: Ich bin bereit, mich gegenüber einer Angelegenheit auszusprcchen, welche die öffentliche Meinung mit Recht lebhaft beschäftigt und die für die Negierung seit Wochen ein Gegenstand ernster Aufmerksamkeit ist. Aus der anderen Seite werden Sie cs verstehen, und ich denke, a> ch der Herr Antragsteller wird cs verstehen» wenn ich i» meiner amtlichen nnd verantwortlichen Stellung nicht Dinge sagen kan», welche eine friedliche Beilegung der entstandenen Schwierigkeiten in Frage stellen könnten. (Sehr richtig!) lieber die Vorgeschichte der jüngsten Wirren ans Somoa habe ich mich in der Budgetkommission schon ausgesprochen. Ich habe namentlich darauf hingewiesen, wie es seit dem Inkrafttreten der Samoa-Akt« dort selten weder an Unruhen noch an Reibungen zwischen den Vertretern der drei beiheiligten Negierungen gefehlt hat. Was unser Verhalten gegenüber diesen Verwickelungen aiigehi, so kann ich dasselbe znsai»inensassen in dem einfachen Satz: Fest holten an der in der Somoa-Aktc gegebenen Rechtsgrundlage, so lange diese Akte nicht durch übereinstimmenden Beschluß der Unterzeichneten Mächte mvdifizirt ist, also Achtung der Anderen auf Grund dieser Alte znstehendcn Rechte, aber auch volle und n»bedingte Ausrecht erhaltung unserer eigenen deutsche» Rechte. (Brvvo!) Im Interesse der Ruhe auf Samoa wie im Interesse ruhiger Beziehungen zwischen den bctheiligttn Regierungen würden wir es an nnd für sich nützlich finden, wenn die mehr und mehr unzulänglich gewordene Samoa- Alte ersetzt werden könnte, durch eine der gegenwärtigen Situation mehr »tsprechende Neuregnlirung. In diesem Sinne habe ich seiner Zeit im ^Hinblick aus die mannigfachen Unzuträglichkeileii, welche die Drei herrschaft mit sich bringt, in der Budgcikowmissi'on gesagt, wir wären geneigt, in eine reinliche Scheidung zn willigen. Ta aber die beiden anderen betheiligten Staate» die Nachiheile des gegenwärtige» Zustandes ebenso empfinde», wie wir, so haben wir keine Ver anlassung, die Initiative zu ergreifen. Sv lauge aber die Alle zu Recht besteht, bedarf es zu jedem Vorgehen cincs einstimmigen Beschlusses der drei Konsuln und mir erklären daher alle Maßnahmen für rechlsnnvcrbindlich, die auf andere Weise zu Stande gekvmmcn sind. Ich hgbe in London und Washington keine» Zweifel darüber gelassen. Dieses Prinzip der Einstimmigkeit ist zuerst von Amerika und dann auch von England anerkannt worden. Ueber die letzten Vorgänge liege» bis jetzt nnr verstümmelte und lückenhafte Telegramme unseres Konsuls und mehr oder weniger glaubhaft Nachrichten ausländischer Bureaus vor. Von eine», Konflikt zwischen Admiral Kautz »nd dem Kapitän de- „Falke" ist mir nicht das Allermindeste bekannt. Ich und Kollege Tirpitz halten einen Konflikt für völlig unbegründet. Wir halte» es für selbstverständlich, daß das Ehr- und Taktgefühl unserer Seeoffiziere eben so sehr über allen Zweifel erhaben ist, wie die Manneszucht unserer Leute. Wa den Ueberfall anbelangt, so handelt es sich offenbar um den deutsche» Landsmann Hufnagel aus der Pflanzung Ballele. Ich habe der englischen Regierung die bestimmte Erwartung ansgedrückt, daß unserem Landsmann kein Leid geschehen werde, falls er, wie ich annehme, unschuldig sein sollte. In die Streitigkeiten der Thron folge habe» wir uns nicht eingcmischt nnd sie gemißbilligt. Die Regelung kann nicht erfolgen an Ort »nd Stelle, sondern nur durch die Kabinette. Ich habe die Entsendung einer Spezialkommissio» in Vorschlag gebracht, für deren Beschlüsse Einstimmigkeit gefordert und sie auch nach Ueberwindung nicht unerheblicher Schwierigkeiten erlangt. Die englische Regierung hat durch ihren Botschafter ihre Zustimmung erklärt. Wir geben uns der Hoffnung hin, daß e- der Spezialkommission gelingen wird, zu einer gerechten und für alle Theile annehmbaren Regelung der Verhältnisse auf Samoa zu gelangen. Wir werden nur solchen Beschlüßen unsere Zustimmung geben, durch welche die klaren deutsche» Rechte und die gewichtigen Interesse» auf Samoa nicht beeinträchtigt werden. I» einem Thelle der auswärtigen Presse ist voraus hingewiesen worden, daß der Werth von Samoa nicht im Verhältniß zn der Bedeutung stehe, welche diese Inselgruppe in der internationalen Politik und für die internationalen Beziehungen gewonnen hat. Gnwih» auch wir Deuische glauben, daß wegen einer Inselgruppe in der fernen Süd see, die von 30,000 Seelen bewohnt ist, unter denen tu um 500 Europäer sich befinde», mit drei Millionen Gesammthandel, den Krieg zu entfesseln, im höchsten Maße ruchlos sein würde. Ich bin auch davon durchdrungen, daß es in der auswärtigen Politik vor Allem darauf ankommt, sich nicht die richtigen Proportionen ver dunkeln zu lassen und jede Frage nach ihrer reellen Bedeutung ein- zuschätzcn. Dabei dürfe» wir aber doch zweierlei nicht vergessen: einmal, daß wir die Pflicht haben, Handel und Wandel, Eigenthum und Eriverb unserer Landsleute auf Samoa zu schützen, dann aber, daß wir auf Samoa vertragsmäßige Rechte besitzen, deren Ausrecht erhaltung das deutsche Volk als eine nationale Ehrensache empfindet. (Bravo I Sehr richtig!) Wir werden auf Samoa nicht mehr Ver lange», als uns dort vertragsmäßig zusteht; diese unsere vertrags mäßige» Rechte aber dürfe» und werden wir uns nicht verkürzen lassen. (Lebhafter Beifall.) Abg. Richter (freis. Bolksp.) erklärt, daß er trotz aller Bedenke» die Interpellation nicht unterschriebe» haben würde, wenn er hätte ahne» tönncii, daß der Begründer der Interpellation deu Chauvinismus des Alldeutschen Verbandes entfalten würde. Eine Besprechung der Antwort Hallen wir nicht für uöthig. Abg. Lieber (Zentr.) erklärt, daß er auch keine Besprechung siir »öthig erachte, mit de», Inhalt der Begründung sei er auch nicht einverstanden. (Heiterkeit.) Abg. Rickert (sreis. Berg.) verwahrt seine Partei gegen di« Annahme, daß sie mit der Begründung der Interpellation ein verstanden sein könnte. (Heiterkeit.) Abg. von Levetzow (kons.): Meine politischen Freunde halten eine Besprechung für unangebracht, mit der Begründung sind wir nicht in allen Pnnkten einverstanden. (Große Heiterkeit.) Abg. von Arnim (Reichsp.) verzichtet ebenfalls ans die Besprechung und erklärt, daß er nicht mit Allem einverstanden sei, was der Abg. Lehr ausgesührt habe. (Heiterkeit.) Abg. Fürst Bismarck (Reichsp.): Ich halte eine Besprechung auch nicht für angebracht, sonst hätte ich als Unterzeichner der Samoaakte »nd als früherer Fachmann auf einige Bemerkungen des Staatssekretärs aiitworlcn müssen. Nur eins will ich betonen: Ein Hauptgrnndsatz der Bismarck scheu Politik war, wirthschastliche Be ziehungen und Politik scharf aus einander zu Hallen. (Lebhafter Beifall.) Abg. Liebknecht (Soz., bei der große» Unruhe des Hause» fast uttberständlich), prvtcstirt gegen die chauvinistische Behandlung solcher Frage», die im vorliegende» Fall zu einer „Hatz" auS- geartet sei. Damit ist die Interpellation erledigt. Die Beraihnng des Entwurfes einer Fernsprechgebührenordnung wird fortgesetzt. Adg. Di'» Hasse (nat.-lib.) spricht für die Vorlage, die einen gerechten Ausgleich zwischen Großstadt und Kleinstadt sowie dem platten Lande hcrbciführe. Es sei allerdings wünschenswcrth, die Kostenberechnung einfacher zu gestalten und Nachtbetrieb einzuführen. Abg. Di'. Oertet (kons.): Das platte Land muß stärker als bisher berücksichtigt werden, jetzt erhält es nur die abgelegten Sachen» wie der Sohn vom Vater. Für die kleinste» Entfernungen bis zn 20 Kilometer muß ein niedriger Satz, etwa 10 Psg., eingeführt werden. Ts ist auch nicht richtig, daß ein angesangene- 100 von Gespräche» als voll gerechnet wird. Daun darf nicht Alles dem Er- nwsse» des Reichskanzlers überlasten werden. Ich habe zn seinem Wohlwollen ei» starkes Zutrauen, aber bester ist es doch, wichtige Bestimmungen gesetzlich festznl ge». Abg. Dasbach (Ztr.) erklärt den Tarif für viel zu komplizirt. Auch sei viel zn viel dem diskretionäre» Ermessen des Reichskanzler- überlassen worden. Es müsse Alles, was die Gebühren betreffe, in dem Gesetz fcstgelegt werde». Zn wünschen sei, daß auch an kleineren Orten mehr öffentliche Stellen errichtet werden, und daß nicht mehr so viel falsche Anschlüsse vorkomme», wie es in Berlin geschehe. Staatssekretär V. Podbielski: I», letzte» Jahre sind nicht weniger als 5000 öffentliche Stellen errichtet worden; weitere 5000 folgen in nächster Zeit. Es geschieht Alles, um falsche Anschlüsse zu evermeidc».
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