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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.04.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-04-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020414015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902041401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902041401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-04
- Tag1902-04-14
- Monat1902-04
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Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren sür Nachweisungen und Offertenannahme 25 H (excl. Porto). Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung 6V.—, mit Postbesörderung 70.—. Annahmeschluß sür Anzeigen: Abend-Ausgabe: Bormittags 10 Uhr. Morgeu-AuSgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Anzeigen sind stet» an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von srüh 8 bis Abends 7 Uhr- Druck und Berlag von E. Polz in Leipzig. Nr. 188. Montag den 14. April 1902. 96. Jahrgang. Haftung -es Vaters für das Kind. D Ueber die civilrechtliche Haftung des BaterS sür schädigende Handlungen seines Kindes hat das Reichs gericht mehrmals in der letzten Zeit zu urthetlen ge habt. Bet der Bedeutung dieser Krage mag hierüber Folgendes berichtet werden. In dem ersten dieser Fälle schoß ein 14jähriger Knabe im Garten seines ab- und zugehenden Baters mit einem mit Schrot geladenen Gewehre nach einer Scheibe in der Richtung auf die Mauer eines angrenzenden Grundstücks,- er fehlte einmal das Ziel, die Kugel prallte an der Mauer ab und verletzte einen siebenjährigen Knaben, der über die Mauer hinübersah, am Auge. Die vom Pater des Verletzten erhobene Klage wurde für begründet erklärt. Das Reichsgericht billigte folgende Aussprüche der Vorinstanzr Der Beklagte habe der ihm nach Z 1631 deS Bürgerlichen Gesetzbuches obliegenden Aufsichtspflicht nicht dadurch genügt, -aß er ab- und zuaegangen sei und zur Vorsicht gemahnt habe: als gewissenhafter und sorgfältiger Mann habe er das Schießen überhaupt nicht dulden dürfen. Er hätte sich sagen müssen, daß ein solches Ver gnügen junger, im Umgänge mit Schießwaffen unerfah rener Leute in seinem Garten, der nur durch eine Mauer vom Hofe des benachbarten Grundstückes getrennt sei, auch bet fortdauernder Beaufsichtigung in Folge von Ziel fehlern u. s. w. leicht verhängnißvoll werden könne. Zu mal unerwachsenen Leuten sollte der Gebrauch von Schuß waffen nur an Orten, die dafür besonders angelegt seien, gestattet werden- Dadurch, daß sich der Beklagte die etwaigen Folgen nicht genügend vergegenwärtigt habe, obwohl er dazu nach seinem Bildungsgrade und seinem Berufe — Beklagter ist Ingenieur — sehr wohl im Stande gewesen sei, habe er bei der Ausübung seiner Aufsichts- pflicht fahrlässig, also schuldhaft, gehandelt. Der Beklagte hätte das Schießen um so gewisser verbieten müssen, als dabei zugleich ein Verstoß gegen g 86?, 8 des Strafgesetz buches in Frage gekommen sei. Dazu wurde noch er wogen: es sei für die Verletzung der Aufsichtspflicht nicht noch erforderlich, daß sich der Beklagte den Eintritt gerade aller derjenigen Thatsachcn vergegenwärtigen konnte, welche im Verein mit dem von ihm unzulässiger Weise geduldeten Schießen -en Unfall herbeigeführt haben. In einem anderen Falle schoß ein zehnjähriger Knabe auf der Straße mit einem Flitzbogen und traf mit einem abgeschoffcnen Pfeil daö rechte Auge eines ebenfalls zehn jährigen Knaben. Das Auge mußte aus operativem Wege entfernt werden. Die zweite Instanz hatte die land gerichtliche Berurthcilung bestätigt. Sie hatte sine Haf tung der Eltern angenommen, weil diese ihre gesetzlichen Aufsichtspflicht nicht genügt hätten,' zwar dürsten sic ihren Kindern den Besitz von gefährlichem Spielzeug, wie Armbrüsten. Flitzbogen, gestatten und seien zu einer stän digen Beaufsichtigung beim Spielen nicht verpflichtet, ober ste müßten das Spielzeug ihrer Kinder im Auge und diese so erzogen haben, daß ihnen der Besitz gefährlicher Spiel zeuge nicht verborgen bleibe; auch müßten sie, wenn sic diese Kenntniß haben, die Kinder ernstlich ermahnen, mit dem Spielzeug vorsichtig umzugehen. Das Reichsgericht hielt die Sachlage noch nicht für spruchreif und ordnete eine abermalige Verhandlung der Sache an. Hierbei wurde bemerkt: Die Eltern haben nach den 88 1627, 1634 des Bürgerlichen Gesetzbuches das Recht und die Pflicht, für die Person des Kindes zu sorgen. Diese Sorge umfaßt nach ß 1031 das Recht und die Pflicht, das Kind zu erziehen, zu beaufsichtigen und seinen Aufent halt zu bestimmen. Sie haften nach 8 882 für einen von ihren minderjährigen Kindern einem Dritten widerrecht lich zngefügten Schaden, wenn sie nicht nachweisen, daß sie ihrer Aufsichtspflicht genügt, oder daß der Schaden auch bet gehöriger Aufsichtssührnng entstanden sein würde. Die Eltern haben hiernach nicht dafür einzustehen, bah die Erziehung und Beaufsichtigung des Kindes auch einen günstigen Erfolg herbcigeführt hat, sondern nur, daß sie das Kind thatsächlich genügend beaufsichtigt haben, Dazu wurde auch ausgeführt, es sei von Bedeutung, ob der Vater von dem Besitze des Flitzbogens Kenntniß gehabt habe — was -er Klägez beweisen müsse —, und ob der Sohn der Beklagten ein ruhiger, gehorsamer und wohl erzogener Knabe sei, der in und außerhalb der Schule zu irgendwelchem Tadel über sein Betragen keine Veran- laffung gegeben habe. Ferner, meinte das Reichsgericht, bedürfe es einer Prüfung, was unter den vorliegenden Umstände« verständige Eltern nach den vernünftiger Weise an sie zu stellenden Anforderungen zur Erfüllung ihrer Aufsichtspflicht hätten thun müssen, ob sie dem Sohne eine Belehrung über das Umgehen mit seinem Spielzeug hätten ertheilen müssen, ob ihnen eine solche Verpflichtung oblag, wenn sie von dem Vorhandensein des Flitzbogen keine Kenntniß oder keinen Grund zu der Annahnre hatten, daß ihr Sohn mit demselben Schaden anstiften werde. Es sollte beachtet werden, daß nicht jedes Spielzeug als ein gefährliches angesehen werden könne, durch welches unter besonders unglücklichen Verhältnissen einem anderen Menschen eine erhebliche Körperverletzung, wie die Be schädigung seines Auges, zugefügt werden könne, denn dies sei unter besoderen Umständen fast durch jeden Gegen stand möglich, der im tägliche» Leben auch bei Beobachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt als ungefährlich angesehen werde. Deshalb sollte es auf die Beschaffenheit des Flitzbogens ankommen, auch auf die Prüfung des ganzen Voilalles, um zu ermittel«, ob der Schaden selbst bet gehöriger Sorgfalt der Eltern sich so, wie geschehen, zu getragen hätte. Daß in einem Falle der 881 und 882 des Bürgerlichen Gesetzbuches neben der widerrechtlichen Schadenzufügung auch noch ein schuldhaftes Verhalten -es Thäters vorliegen müsse, wurde verneint. Ltiidtebiider aus Lachsen. Nachdruck verboten, Eibenstock. H Zu -en Orten, die dem Erzreichthum des Gebirges ihre Entstehung verdanken, gehört auch Eibenstock. Früh zeitig lenkten die Sorben-Wenden ihre Schritte hierher und gewannen durch Waschen Eisen- und Zinnerze. Nach dem die Deutschen Herren des Erzgebirges geworden waren, kamen aus-em Harze erfahrene Bergleute an den Ort und trieben den Bergbau auf fachmännische Art. Sie sind die eigentlichen Begründer der Stadt geworden. Von -en vormaligen Bewohnern übernahmen sie die Ortsbezeichnung. Aus Pwanstock, Ibenstock, Atbanstock oder Hibanstock entstand im Laufe -er Jahrhunderte die heutige Ortsbezeichnung, der Ortsname „Eibenstock", der nach der Deutung des Pfarrers Körner „Cvlonistenort", nach Süßmilch-Hörnig aber „Erzwäsche" bedeutet. Ver schiedene Ortsbezeichnungen in der Umgebung lasten schließen, daß Svrben-Wen-en und Deutsche in gleicher Weise an der Ortsgründung betheiligt waren. An die Be siedelung durch die Sorben-Wenden erinnern die Be zeichnungen Krinitz, Dönitz, Reysche «. a., an die Wirk samkeit der aus dem Harze stammenden Sachsen die Namen der umgebenden Berge: Rammels- und Auers berg, die sie aus der verlassenen Hsimath mitbrachten und auf die Berge der neuen übertrugen. Aus dem Dunkel -er Geschichte tritt Eiben stock ums Jahr 1150, Zu diesem Zeitpunkte erwarb Kaiser Friedrich I. — Barbarossa — nach Angabe Oettel's, Historie der freien Bergstadt Eibenstock, das Amt Schwarzenberg, wozu auch Eibenstock gehörte- Von ihm erbte diesen Besitz Kaiser Friedrich II., der ihn 121ö an -en Bühmenfünig Ottokar verschenkte, „weil er ihm zu Kayser-Thron vcrholffen". lieber zweihundert Jahre blieb -je Herrschaft Schwarzenberg bei der böhmischen Krone; 1450 kam sic durch den Theslungsvertrag von Eger als erbliches Lehn an Sqchsen. Herzog Albrecht der Beherzte verkaufte, da er in großer Geldverlegenheit war, das Amt Schwarzenberg an die Familie von Tettau- Kurfürst Johann Friedrich der Großmüthige erwarb um 1583 die ansehnliche Herrschaft Schwarzenberg für den Preis von 126 000 Gulden von den Tettaus zurück, so daß Eibenstock von diesem Zeitpunkte erb- und eigen- thttmlich wieder an die Krone Sachsens kann Unter der Regierung Johann Friedrich s des Großmüthigen erhielt Eibenstock, das bis 1534 nur Marktflecken gewesen war, die Stadtgerechtigkeit und ward zur „Kurfürstlich-Sächsi schen freien Bergstadt" erhoben. Es erhielt von nun ab eigenes Bergrevier und Bergbeamte. Um diese Zeit war Eibenstock noch ein kleines Städtchen, es zählte nur 100 Wohngebäude. Als der Dreißigjährige Krieg ausbrach, be trug die Zahl der Wohnhäuser 250,- Eibenstock besaß eine Kirche, die die einzige in der Umgebung war. Bald zu Beginn der Reformation muß die evangelische Lehre hier Eingang gefunden haben, denn die Ehronik gedenkt um 1524 des Priesters Kaspar Stahl, der um diesen Zeitpunkt schon verheirathet war. Bis zum Jahre 1630 verspürte man in Eibenstock weniger von dem unheilvollen Kriege, die Stadt erfreute sich noch des goldenen Friedens, wes halb sie eine Zufluchtsstätte der Bedrängten und Verfolg ten ward. Anders ward das 1683. Am 4. August 1683 überfiel die blutige Geißel des Bogtlandes, der General Heinrich Holke, mit seinen räuberischen Schaaren Schnee berg und ließ bis Eibenstock streifen. „Da hat sich jeder mann in die Wälder und Gräben rstirirot, und weil auch der Herr Pfarrer mit geflüchtet, nnd sich vierdtehatbe Wochen im Walde aufgehalten, haben inzwischen hundert Reuter, Freytags vor den 10. Sonntag nach Trinitatis, die Kirche, Pfarre, und gantze Stadt ansgeplündert. Den 12. Sonntag nach Trinitatis ist hier erst wieder bas Amt, und ein Danck-Fest gehalten worden." Aus der Kirche warb der Kelch nebst vielem Gelbe geraubt. Durch einen zweiten Einfall im Jahre 1685 setzten die Holke'schen Räuber die Bewohner von Eibenstock abermals in Ängst und Schrecken. Außer den Kriegsdrangsalen warb Eibenstock auch von der Pest und anderen Krankheiten wiederholt heim gesucht. Nicht weniger denn nenn Pestsenchcn führt Oettcl in seiner Chronik auf. Desgleichen wird von einer großen Wasserflnth berichtet, die der Stadt und deren Umgebung vielen Schaden zufügte. Es geschah dies 1661, da es vom 3. bis 7. August so heftig regnete, daß das Wasser acht Häuser wegsührte, 28 unterwusch und alle Brücken mit hinwegriß. Der angerichtete Schaden ward damals auf 5000 Thaler geschätzt. Als in -en Jahren 1770 bis 1773 bas Erzgebirge von einer furchtbaren Hungersyoth heimgesucht ward, war auch Eibenstock davon hart betroffen worden. Das schrecklichste Jahr war das von 1772. ein Scheffel Korn kostete 14 bis 15 T-aler, am 9. Juli dieses Jahres Fereilletoii Wo blieb -er Strumpf. Humoreske von A. Delvalläe. Deutsch von A. Friedhelm- Naltdrult v«rl>-»,n. In Auteutl. Eine Wohnung, die theilS gut bürgerlich, theils künstlerisch eingerichtet ist, denn ... die Frau vom Haus huldigt der edlen Malkunst, und zwar „in Oel". Der Hausherr seinerseits gehört zur Zunft -er Schriftsteller. Die Ehe ist kinderlos ... ein bescheidenes Auskommen vorhanden. Das Paar kleidet sich gut, die Kost ist, wenn keine Gäste gebeten, sehr einfach, und ein junges, be scheidenes Dienstmädchen ist im HauS... seit „sein Roman" die zweite Auflage erlebt hat. Er: Paul. Sie: Madelaine. Das Mädchen: Julie. An einem Septembertage, so um die vierte Nach mittag Sstunde, fitzt Madelaine in dem nach der Straße zu gelegenen Wohn- und Arbeitszimmer- Sie ist damit be- schäftigt, ein Manuskript abzuschrsiben, da- sehr unleser- lich ist! Häufig aber gleitet ihr Blick nach der Uhr. Gleich nach dem Esten ist Paul fortgeradelt, er hat die letzten guten Herbsttage benutzen wollen... oh! dieses Rad! Paul hat versprochen, höchstens eine Stunde fortzubleiben . . . nnd jetzt sind schon mehr als drei Stunden verflossen! . . . Was thut er? Madelaine ist unruhig, ja, sogar ein bischen ängstlich ... ein Unglück ist so rasch geschehen. - - und dann . . . und dann! Er ist seit einiger Zeit recht viel außerhalb deS HauseS! . . . schon Aö Uhr. . . , Da ein Fahrradsignal! Da- ist fein-l Unter hundert kennt st« den Ton heraus! Sie schreibt weiter, und während des Schreibens liest sie: „Seit Beginn ihrer Liaison . . . hatten sie sich nicht einer solchen Sicherheit . . . cherheit . . . erfreut. In diesem kleinen Häuschen . . . chen,. . . das sie zusammen gesucht hatten, - . . Komma!... die darf ich nicht vergessen . .. er sagt immer, wir Frauen verstehen nichts von Inter- punction." Mit dem Federhalter in der Hand horcht sie auf! „So, da stößt er an den Schirmständer! Wie immer! Jedes mal, wenn er mit -em Rad hereinkommt ist eS dieselbe Geschichte ... so! Nochmals! Jetzt ist'- -er Stuhl . . . lschreibt weiter) . . . „In d,m Land, wo Niemand etwa- von der illegitimen Art ihrer Bereinigung wußte", . . - Hm! ES wäre mir auch lieber, wenn mein Herr Gemahl Nicht so sehr diese Art von Bereinigung studtrtel... AHN Paul (kommt auf sein« Frau zu und küßt st«) „'n Lag, Du!" Madelaine: „'n Lag, Si«l" Paul liebenswürdig: „Warst Du im Begriff, ouin Ge- kriml abzuschreiben?" Madelaine mit leichtem Seufzer: „Ja! Ich bin Dein Mitarbeiter." Paul fast zärtlich: „Ja, gewiß- «brr warum seufzest Madelaine; „Sich' mal nach der Uhr! Glaubst Du vielleicht, daß es amüsant ist, Deine Schmierereien abzu schreiben, während Du spazieren radelst?" Paul nicht ganz so zärtlich: „Oh! Mein Geschmiere! Du hast recht wenig Respekt für die Literatur! Wenn erst der Goldstaub zwischen den Blättern herausfährt, wirst Du Dich wohl nicht mehr beklagen!" Madelaine: „Nun, den sammelst Du gewiß nicht, wenn Du -en ganzen Tag mit -em Rad hin und her jagst.'! Paul: „Oh, den ganzen Tag!" Madelaine: „Nun! von 1 bis 6!" Paul: „Es ist ja noch nicht so viel!" Madelaine: „So! Bitte, überzeuge Dich -och!" Paul: „Die Uhr geht falsch. (Er zieht einen goldcnest Chronometer aus der Tasche, bas Hochzeitsgeschcnk einer Tante, die eine zahlreiche Familie hat, sodaß Paul also von ihr keine weitere Erbschaft zu erwarten hat.) Steh doch hex! Es fehlen noch zwanzig Minuten an voll." Madelaine: „Ach, Deine Uhr!" Paul: „Sprich doch ein biSchsn respektvoller! Wenn daö dis Tante hört!" Madelaine lacht lustig auf: „VH, die Tante, Li« schenk' ich Dir!" Paul lacht auch: „Danke besten-." Darauf läßt er sich in einem Lehnstuhl sinken, streckt di- Beine von sich un stöhnt: «Ach, habe ich emen Weg gemacht! Und dqr Wind! Und immer Berg auf und ab, bi- Ehkvreuse." Madelaine, die sich ihrem Mann -«gewendet hat, siebt auf und kommt plötzlich, die Augen starr auf den Fuß' Hoden an seinen Platz gerichtet, auf ihn zu: „So weit... so weit" . . . stützt sie mit Anstrengung hervor. Paul; „Na, ja! WaS ist Dir denn?" Madelain« immer erregter: „Ich ... ich. « ich er kläre Dir, daß Du mich belügst! verstehst Du mich, Du lügst!" Paul würdevoll: „Aber Madelaine." Madelaine sehr bestimmt: „Madelaine hin, Madelaine her. (Tragisch) Madelaine existirt nicht mehr!" <Si» kommt noch näher auf Paul zu, drohend zeigt sie auf ihren Gatten.) „Paul! Du bist. . - Si« find . . ." Paul aufspringend: „Hör mal, Madelaine! Ich weih nicht, was Dir mit einmal etnfäkltl Könnt' mich fast fragen, ob Du urplötzlich den verstand verloren hast. . . wenn Du ruhig geworben bist, erklärst Du mir vielleicht den Grund Deines unsinnigen ZotneS. . . aber bis dahin sag' nichts, n>as Dir vielleicht nachher Ui- thun könnte!".. (Zu redend.) Beherrsche Deine Nerven doch! ... Du erregst Dich doch sonst nicht so um nicht» und wieder nicht»! . . . Wenn ich irgend ein Unrecht -ethan habe, so will ich e» wieder gut machen . . da» versichere ich Dich - - hier liegt ein Mißverständnis vor, irgend «ine Klatscherei . . . vielleicht ein anonymer Brief? . . Doch nein! Du hast ja eben noch gelacht! . . . Wa» dann?" Madelaine mit höhnisch verzogenem Mmrb: „Lin anonymer Vries! Mein V«st«r, Sie sprechen gerade wie in einem Ihrer Romane." (Verschränkt die Arme.) „Vhk Nollen Sie vielleicht der Ltt-e noch die Verstellung hinzu- fügin?". . - Paul nervös, sich aber noch beherrschend: „Ader, aber, nun tst'siwohj genug! wenn Du krank bist, so geh zu vett! laß »en Arzt kommen, pflege DiL! - , Meiner Treu! Da ist -um verrücktwerden. Wa» habe ich denn gemacht? Sprich doch! Oder ich gehe hinaus.? Madelaine: „Um wieder bis llhevrcuse zu radeln?" Paul: „Na und? Was wäre dabei Madelaine ironisch: „Natürlich, gar nichts! .... Sie würden dann jedenfalls Ihren Strumpf da wiederfinden, wo Sie ihn gelassen haben! . . ." Paul, starr vor Staunen: „Ateinen . . . waS?" Madelaine höhnisch: „Ihren Strumpf! Tie verkehren in Gasthäfen untersten Ranges, wo das Tageslicht nicht hineinfällt ... ich gratulire!" Paul, der die Beine vorgestreckt hat und sie mustert: „Gasthof untersten Ranges! . . . Kein Tageslicht! . , . . Wa- ist denn das für Gefasel? . . . Meinen Strumpf? . . . Was ist denn mit meinem Strumpf? , . . Mit welchem?" Madelaine zuckt mit den Schultern: „Bei mir verfängt das nicht! Thun Sie Loch nicht, als wenn Sie blind wären! (Springt auf Paul zu, packt eins seiner Beine.) „Da Sie Comödie mit mir spielen wollen . . . bitte . . erklären Sie mir doch, woher es kommt, daß Sie einen einfarbigen und einen gestreiften Strumpf anhaben!" Paul sieht wieder auf sein« Beine r„Ja, wahrhaftig!,.. das ist komisch!" Madelaine: „DaS finden Sie komisch? ... Ich nicht! . . . Da Sie e» nicht einmal der Mühe werth halten, mir eine Erklärung dafür zu geben, so weiß ich genug . . . habe -en Beweis . . ." Paul springt auf und faßt sie energisch bet den Händen: „Das beweist, daß man nicht dtscutirt mit . . . mit , . . (allmählich heftiger) Weißt Du, waS da» beweist? . . . Daß, wenn Du Dich ein bischen mehr um Deine Häuslich keiten kümmern würbest, statt Deine Klecksereien zu mach«« . . Madelaine, al» wenn ihr ein Schlag versetzt würbsr „Klecksereien! ... Sie haben auch so viel Erfolge zu verzeichnen!" Paul: „Anstatt Klecksereien zu machen, dann käme ich nicht in die Verlegenheit, mit ungleichen Strümpfen zu gehen ... ist was NetteS, solche Kllnftkerin . . . sehen nichts . . . verstehen nicht» von der »irthschaft . » . unü noch Tcenen obendrein ... ist doch zu arg!" Madelaine: „Du behauptest also, daß sch daran schuld bin? Daß hier im Hau» . . .?" Paul bissig: „Nein, natürlich in Eh-vreuse -in dem Gasthof untersten Ranges. . . wir haben al» Andenken die Strümpfe auSgetauscht, sowie Andere sich di« Hagr- locken schenken . - - da» ist da- Neueste, ganz kin äs «idols . . . hast vielleicht nicht nachgesehen, da» Strumpfband ist vielleicht auch bahei! - - . Herr Gott, ist da- dumm - , . Madelaine: «Nun, wir werden das ja gleich sehen (läuft an die Thür), Julie!" Julie erscheint: „Madame!" Madelaine: „Nehmen Sie mal alle Strümpfe - . . ver- stehen Sie, alle Strümpfe . . . aber nur die wollenen an der Konnnodenschublade, und bringen St« Ne hierher . . . aber erst stecken Sie die Lamp« an ... so! Sie haben ver« standen, all« Strümpfe!" Julie schielt nach dem Hausherrn htnüb«rt „Jawohl, Madam«, all« wollenen Strümpfe!" Tiefe» Schweigen, Sie läßt die voulzatttz herunter: e r sieht dir Vamp« an, bi« blakt- Julie kommt. Die zusammengefaßte Schürz« hält sie wi« «inen Sack vor sich: „Hier Madame." Madelaine geht mit dem Mädchen zum Sopha: „Gut, lassen Sie los . . . es sind keine zurückgeblieben? . . . Haben Sie ordentlich nachgesehen? . . . Gut!" Paul hämisch: „Na, ist die Ausstellung bald fertig!" Zum Mädchen: „Schrauben Sie doch die Lampe herunter!" Die thut e» und verschwindet schleunigst, da ihr die Luft etwas gewitterschwül vorkommt. Madelaine kniet vor -em Sopha, rollt jedes Paar auseinander und sieht es genau an. Paul steht hinter ihr, hat die Hände in den Hosentaschen und sieht gleichgiltig zu. Madelaine für sich mit erregter Stimme: „5 . . . 6 . . . 7 . . . 8 . . . Alles in Ordnung ... 0 ... 10 ... na, wenn das so weiter gehf ... 11 ... 12 ... 18 ... cs wäre vielleicht richtiger von Ihnen, mir diese unnöthige Arbeit zu ersparen . . . 14 . . . 15 . . ." Paul seinerseits nun sichtlich unruhig: „Ich denke doch, daß Du wenigstens soweit bedacht gewesen bist, nicht un gleiche Paare zu kaufen! Demnach ... da ich zwei nicht zusammengehörige an den Pfoten ... an den Pfoten habe . . . müssen doch zum Teufel zwei nicht zusammengehörige pnter denen in der Schieblabc sein! . . . oder aber . . ." Madelaine, die mit dem Sichten fertig ist, mit er zwungener Ruhe: „Nein, seit Du Dich dem Radsport er geben . . . lasse ich der Sparsamkeit wegen von Julie die Strümpfe wasche» . . . (erhebt sich von den Kuieen) Oh! Ich hab's wohl geahnt. , . immer fort . . . nie zu Hause , . ." (bricht in Thräpen aus) „Oh, Paul, Paul! Das ist unrecht, schlecht!" (sinkt weinend auf das Sopha). Paul, der seine kleine Frau innig liebt und über die ganze Sochc sehr verstimmt ist: «Aber, hör' -och nur, Madelaine, meine kleine Madelaine, ich schwöre Dir! . . . eine solche Dummheit. . . Alles wird und muß sich auf klären . . . konrm, Du hast nicht ordentlich nachgeschci: . , , . wir wollen eS zusammen thun! . . . (im Augenblick, wo er die Hand nach den Strümpfen auöstreckt, kommt ihm ein Gedanke: er schlägt sich mit der Hand an die Stirn UN- ruft laut: „Na, das wäre aber zu toll!" Madelaine fährt zusammen: „Was? . . . was ist . . ." Paul antwortet nicht, bückt sich, faßt Len Rocksaum pon Madelaine's Kleid und hobt ihn so hoch, daß der zier liche Fuß und ein Tbeil deS BeineS sichtbar wird: „Na, da haben wir'» ja! Da habe» wir's ja! Hält' doch ans, darauf wetten mögen! , . . Nq jm so machen sie es Alle!" Madelain« sieht starr, ohne sich zu rühren ans ihre Vein« „Herr Gott! Herr Gott!" Paul ahmt in Haltung und Bewegung Madelaine nach: „Madame, wollen Kie Mir vielleicht guSeinander- setzen, wie «S kommt, daß Ls« «inen einfarbigen und einen gestreiften Strumpf anhqben?^ Madelaine beschämt» „Paul, verzeih« mir!" Pauk, der «inen Augenblick mit der Lust gekämpft, sich zu rächen: „Na, c» war auch Zeit! Du ziehst Dich wohl d«S Morgen» im Schlaf« an?" Madelaine sanft: „Und Du?" Beide sehen sich -inen Augenblick ernst an, bann geht ein Lächeln über ihr Gesicht und Madelaine kommt schmei chelnd auf Paul zu; .Sei mir nicht bös«!" Paul: „N«in , , . ater gi«b mir meinen Strumpf." Madelain« hält ihm d«n Mund zum Kuß hint „»eiter nichts?"
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