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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.02.1889
- Erscheinungsdatum
- 1889-02-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188902213
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18890221
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18890221
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images teilweise schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1889
- Monat1889-02
- Tag1889-02-21
- Monat1889-02
- Jahr1889
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.02.1889
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Vrfckeint täglick früh 6'/, Uhr. Rrdartion und Lrprdition IohauneSgasje 8. APrkchkunden -er Rröartion: Vormittag« 10—12 Mir. Nachmiiiag« b—6 Uhr. «Nr »i« «i»,ec»ndier v!»n»>erwt« «ach, sich t>» Ikdacrta» atcht »ertiadlich. «,natz»e »er für die »ächfts»l,ende Nummer bestimmte» Inserate an Wnüiciitagen di» 8 Utzr Nachmittag«, au La»»- und Festtagen früh b»- ',,v Uhr. Zn -rn Filialen für Zris.-Zinnahme: Ltts Atem«, UniversiiätSstraße 1. LouiS Löscht, Katharinenstr. 23 Part. nne> König-Platz 7, nur bis '/,8 Uhr. WMgcrTngMatt Anzeiger. Drgan für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Abonnement-pr-ls vierteljährlich 4>/, Mk. iacl. Bringerloh» b Mk.. durch die Post bezogen 6Mk. Jede einzelne Nummer 20 Pf. Belegexemplar lO Pf. Gebühre» für Extrabeilagen (cn Tageblatt-Format gesalzt) ahne PostdesSrderung M Mk. Mit PostbefSrdrrung 70 Mk. Zaserate «gespaltet» Petit-eile 80 Pi. Gröbere Schnsten laut uns Prei-verzeichniß. Tabellarischer u. Zissernsatz »ach HSderm Tarif. Reklamen unter dem RedactionSftrich die -gespalt. Zeile 50Ps„ vordr, Familiennachrichteo die bgespaltene Zeile 40 Pf. Inserate sind stet« an die Expedtti«» zu sende«. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praeuumxramla oder durch Post nachnahme. . i° 52. Donnerstag den 21. Februar 1889. 83. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Städtische Sparcaffe beleiht Werthpapiere unter günstige» Bedingungen. Leipzig, den 14. Januar 1889. Die Sparcafsen-Depntation. Vekauutmachiwg. Di« Herstellung einer Thonrohrschleuße au- SO cm weiten Thonrohren zur lFiitwäsierung de- MarktballenkellerS soll an einen Unternehmer in Accord verdungen werben. Die Bedingungen sitr diese Arbeit liegen in unserer Ties- bau-Berwaltung, RathhauS, 2. Etage, Zimmer Nr. 14. au- unv können daselbst eingesehen, resp. gegen Entrichtung der Gebühren entnommen werden. Bezügliche Angebote sind versiegelt und mit der Aufschrift Dtarkthallenschleu-« versehen ebendaselbst und zwar bis zn»i 4. März diese- Jahre-, Nachmittag- 5 Ubr. einzureichen. Der Rath behält sich da- Recht vor, sämmtliche Angebote abzutehnen. Leipzig, am 18. Februar 1889. De« Rath« der Stadt Leipzig Id. 864. Strasteubau-Deputatton. Die Herstellung einer Schleuß- III. Elaste in der wegen Erbauung der Markthalle zu verlängernden Brüderstraße soll an einen Unternehmer in Accord verdungen werden. Die Bedingungen für diese Arbeit liegen in unserer Tiefbau-Berwallung, RathhauS, 2. Elage, Zimmer Nr. 14. au- und können daselbst eingesehen, resp. gegen Entrichtung der Gebühren entnommen werden. Bezügliche Angebote sind yersiegelt und mit der Aufschrift Sehleaste in der verlängerten Brüderstraste versehen ebendaselbst und zwar bi- zum 4. März biese- Jahres, Nachmittag- 5 Uhr, einzureichcn. Der Rath behält sich da« Recht vor, sämmtliche Angebote abzutehnen. Leipzig, am 18. Februar 1889 De« Rath« »er Stadt Letvztg Id. s»4. Strasten ban.Depntatlo«. Bekanntmachung. Die Ersteher der Hölzer >» de» städtischen Forstrevieren werden hierdurch zur ungesäumten Absuhre aufgesordert. widrigenfalls nach den LicitationSbevingungen verfahren werden müßte. Leipzig, am 12. Februar 1889. De« Rath« Forstdeputation. Vrennhohanctlon. Mittwoch, den 27. Februar sollen von Vor mittags 9 Ubr an im Forstreviere Eounewitz aus dem Mittelwaldfchlage in Aölb. 1. 2. 9 und 4 ca 70 Stück harte, starke Langhaufen, - 250 Haufen kleingemachte« eichene« Stock- Holz und » 120 Bund Weitzdoruen, unter den öfscntllcv au-hängenden Bedingungen und der üb lichen Anzahlung an Ort und Stelle meistbietend verkauft werden. Zusammenkunft: aus dem Holzschlage im Dölitzer ze unwett der LöSuiger Waldschänke. Leipzig, am 19. Februar >889. De« Rath« Forstdepntatto». Hol^e Bekanntmachung. E-nnabend, den L. März dss. As . varmtttag« 11 Uhr sollen im Niederlage.RevisionSbnreau de- Königlichen Haupi-Zoll. Amtes « Loli undrerbeiteter Tadakdlitter partienweise öffentlich an den Meistbietenden verkaust werde». Wurden vom GesammterlöS die aus der Maare ruheuden Ein gang-gejSlle und sonstigen Unkosten gedeckt werden können, ersolqt der definitive Zuschlag sosort; anderensc-llS bleibt zu demselben die Genehmigung der Königlichen Zoll- und Steuer-Direciton Vorbehalten Leipzig, am 18. Februar 1889. S-niglichc- Haupt-Z-I-Autt. Or. Rudert. l. Vieh- und Lrammarkt z» Lindena« bei Leipzig Die»«tag und Mittmach, den IS u SS März 188- Buden und Stände sind im eigenen Interesse der Fieranten ihunlichst vorher auzumelden. Der Gcmrinderath. Oueck. Jum 21. Februar. Ein Mahnruf an die Parteigenossen im Land vom Borstande des National-Liberalen Verein- für da» Königreich Sachsen. Die Wiederkehr de- Tage-, an dem vor zwei Jahren eS unserer und der mit uns verbündeten conservativen Partei gelang, einen Wahlsieg zu erringen, wie wir selbst ihn kaum für möglich gehalten, fordert zu erhebenden Ruckerinnerungcn, aber auch zu ernsten Betrachlungen auf. Ganz besonders bei »n« in Sachsen! In keinem anderen deutsche» Lande war dieser Sieg ein so entschiedener, wie hier, wo von 23 Reichs tagswahlkreisen nur einer, und auch dieser nur mit geringer Mehrheit, verloren ging. Mil freudiger Genugtbuung gedenken wir daher heute de« festen und durch Nicht« getrübte» Zusammengehens der beiden Parteien an jenem wichtige» Tage, mit dankbarer Anerkennung des allseitig«» Eifer- und »er. namentlich in einzelnen Wahl kreisen wahrhaft unerhörten Anstrengungen, durch welche die zu un» haltenden Wählerschaften unserer Sache, welche zugleich die Sache des Reichs und der Reichsregierung war, zum Siege verholse» haben. Uber unmittelbar neben solche frohe Empfindungen stellen sich sehr ernste Besorgniste, und lhöricht wäre eS, wollten wir diese vor uns selbst oder vor der Oefsentlichkeit verleugnen oder verschleiern. So lächerlich eS war, wenn die damals geschlagenen Parteien, um ihre Niederlage zu bemänteln, unseren Sieg ür ein bloße» .Angstproduct" erklärten, so läßt sich doch so >iel nicht leugnen, daß zu den Wahlen von 1887 ganz be» ondere, in den damaligen Zeitverhältnissen begründete Mo mente mitgewirkt haben, die unS de» Sieg, wenn nicht er« möglicblen, doch wesentlich erleichterten, nämlich einmal der im Volke weitverbreitete gerechte Unmulh über daS wenig patriotische Verhalte» unserer parlamentarische» Gegner in einer Frage, wo es die Sicherung nicht allein DeulschandS, andern de« allgemeinen Frieden«, also ein höchste- nationale«, wirthschaslliche- und humane- Interesse galt, und zweiten» der dringende Wunsch, die Hoffnungen zu nickte zu machen, welche die immerfort lauernde KriegSlust unserer auswärtigen feinde aus die vermeintliche Zwietracht im Reiche bereit« zu bauen begann. Eben diese kriegslustige Stimmung mindesten« eine« großen l'Heils unserer beide» Nachbarn von rechls und link« wird auch bi« zu den nächsten Reichstagswahlen sich schwerlick ver lieren. Sie wird auch dann, ebenso wie vor den Wablea von 1887, aus unsere innere Uneinigkeit und aus einen Sieg der regierungsfeindlichen Elemente speculiren. Ja e« ist — nach dem, was sich in unserem westlichen Nachbarland« vor bereitet — sehr möglich, daß vo» dorther un« eine noch ernstere Gefahr droht, al« 1886. Allein eS wäre nicht blo« alsch. e» wäre geradezu pflichtwidrig und einer großen poli- ischen Partei unwürdig, wen» wir einen abermaligen Wahl leg nur einem solchen Anstoße von außen, nicht unserer eigenen Thatkrast verdanken wollten. Soll aber letztere- der Fall sein, so müssen wir von dieser Tbaikraft schon jetzt, nicht erst, wenn die Wahlen heran, rücken oder gar (früher, al- wir gedacht) un» überraschen, entscheidende Proben ablegen. Wcr müssen so bald als möglich unsere Kräfte muttern, un« enger aneinander chließen, mit Einem Worte: un« organisiren. Unsere Gegner, die Socialvemokraten und die Deulschfreisinnigen, haben die« längst gelhan: die Letzteren haben in einer Partei versammlung zu Chemnitz bereit- ihre Parteitaktik sür die nächsten RcickStagSwahleu festgestellt; die Ersteren aber sind ortwährend so gut oraanisirt und so kampsgerüstet, daß eS >ei ihnen besonderer Vorbereitungen kaum bedarf. Auch unsere Bundesgenossen, die sächsischen Conservativen» sind in ibrer Organisation weit vorangeschrilten und zeigen sich un ablässig bemüht, dieselbe noch immer mehr zu vervollkommnen. Durch ihr Vereinsorgan .Da« Vaterland" empfängt die con- servative Parteileitung fortwährend Mittheilungen au- den einzelnen Wahlkreisen über da- dortige Parleileven. anderer seits giedt sie Anregungen zur Erweiterung und Belebung ter örtlichen Vereinsbildungen, und man ersieht eben darau«, wie vielverzweigl und wie rührig diese örtlichen BereinSbildungen sind. Da- wird ja hoffentlich der gemeinsamen nationale» Sache zu Gute kommen! Aber um so mehr ist es unsere Pflicht, unsererseits ebenfalls Alles zu Ihun, um den natio nalen Parteien die Behauptung de« schöne» WahlcrsolgeS vom 21. Februar 1887 zu sickern. Der Vorstand deS National-Liberalen Vereins sür daS Königreich Sachsen hat schon einmal (in dem „Ncujahrsgruß") an die Selbstthätigkeit der Parteigenossen im Lande appellirt: er thut e« jetzt aus« Neue und dringlicher denn zuvor! Und dieser Mahnruf gilt nicht bloS Denen, welche bereits als „Bertrauen-männer" in näheren Beziehungen zum Vorstande stehen: er gilt jedem einzelnen Mitglied« des National-Liberalen Ver- einS, ja er gilt auch solchen Anhängern der national- liberalen Sache, welche noch nicht Mitglieder des National Liberalen Vereins find. Diesen rusen wir zu: „Betbätigt Eure Zubehörigkeit zur Partei dadurch, daß Ihr Mitglieder de« Vereins werdet!" Die vereinzelte Kraft vermag wenig, nur die Vereinigung macht stark. Durch Euren Beilritl stärkt Ihr den Verein nicht blos finanziell, sondern auch moralisch. Von unseren VcreinSgcnosse» aber an den einzelnen Orlen möge nickt etwa einer aus den anderen warte», daß dieser zuerst handele; vielmehr mache jeder Einzelne cs sich zur heiligen Pflicht, an regend, anstvßgebend, zur Thätigkeit mahnend aus die Anderen zu wirken! Und sorge auch Jeder dafür, daß auS seinem Kreise heraus, fei eS durch ihn selbst oder durch Andere, der Vorstand recht bald Kunde erhalte von dem, waS an de», betreffenden Orte, in dem betreffenden Wahlkreise ge schehen oder angcbahnl ist sür eine z weckm äßige Organisation der Parteigenossen, sür Weckung und Wacherballung eines werkthätigen Partei gei sic s (durch Versammlungen. Vorträge, Verbreitung von Flugschriftenu. s. w ), genug sür eine möglichst erfolg reiche Vorbereitung und Sammlung aller zur Partei gehörigen oder sür sie zu gewinnenden Elemente sür den nächsten Wahlkampf! Parteigenossen! Laßt Viesen wichtigen Ge denktag nicht vorübergehen, ohne daß in alle» sächsischen Reichs lagSwahlkreisen wenigstens die erste Hand angelegt werde (wo eS nicht schon geschehen ist), zu kräftige» örtlichen BereinSbildungen und zur Anbahnung eines lebendigen Wcchselver- kehrS zwischen den ei nzelnen LandeStheilen und dem Vorstande, damit unsere Partei ihrer Aus gabe als eine der Reich«- und Ordnungsparteien baS nächste Mal wieder ebenso erfolgreich ge nügrn könne, wie am 21. Februar 1887! Der Dreibund. Die Kräfte, welche an der Erschütterung de« Dreibünde« arbeiten, ruhen niemals, aber gegenwärtig entfalten sie eine außergewöhnlich rührige Thätigkeit. In Ungar» sind eS die Feinde de« WehrgesetzeS unv in Italien die Gegner Crispi'S, welche an dem Bunde rütteln. Durch vie Bewegung in Ungarn gehl ein Zug erbitterter Feindschaft gegen Deutsch land, und e« ist der Hauplvorwurs, welchen die Opposition gegen den Ministerpräsidenten TiSza erhebt, daß er dem Bündniß mit Deutschland zugelhan ist. Die ungarische Oppo- silion-partei stellt die Sache so dar, a>« ob vce Vorschrift, daß die OssicierSaspiranten der Reserve da« OsficierS-Examen in deutscher Sprache ablegen sollen, geeignet sei, Ungarn in rin AbhängigkeilSverhältniß zum deutschen Reiche zu bringen, wie denn übcihaupt die Gegnerschaft gegen den Dreibund in beide» Rcichshälsten der österreichisch-ungarischen Monarchie der Selbstständigkeit derselben und Unabhängigkeit vom deutschen Reiche zugethan zu sein vorgiebt. Eine solche Aus, ! saffung kann ihre Wurzel nur in einem Mangel an Ver trauen aus die eigene Kraft haben, wie ja auch die persvn- > liche Empfindlichkeit mit dem Bewußtsein der Schwäche zu wachsen pflegt. Die deutsche Auffassung vom Wesen de« Dreibundes ist stets die der vollen Gleichberechtigung gewesen, und deswegen ist auch der Grundgedanke dabei sest- gchalten worden, daß Deutschland zunächst der eigene» Krast vertrauen muß. In Deutschland giebt es keine Feinde de« Dreibundes, alle Parteien erkennen in diesem Bunde die este und bewährte Grundlage de« europäischen Friedens, nährend in Oesterreich-Ungarn und in Italien Parteien be- eben, welche dem Dreibund feindlich gegenüberstehen. Die Kksaminlregierung Oesterreich-Ungarn- steht un« treu zur Seite ebenso wie die Einzelregierungen der beiden ReichS- hälslen und die Mehrheit der beide» Volksvertretungen, aber die Oppositidn nn ungarischen Abgeordnetenbause, welche eS aus de» Sturz TiSza's abgesehen hat, ist Deutschland feind lich gesinnt, wie die Bewegung gegen da« Wehrgesetz in ihrem ganze» Verlaufe bewiesen bat. Die Wiener „Deutsche Zeitung" erklärt demgemäß, daß TiSza schon deshalb der Unterstützung der Deutschösierreicher bedürfe, weil er eine feste Säule des deutsch-österreichischen Bündniffe- sei. Wenn eS den jungen Aristokraten im Bunde mit ven wüthenden Demagogen von der äußerste» Linken gelingen sollte. TiSza zu stürzen, so könnte da« gleichbedeutend »nt der Erschütterung der Grund lage» des Bündnisses mit Deutschland wcrven. Nu» denkt TiSza glücklicherweise nicht daran, zurück- 1 »treten, aber eS ist dock ein schlimmer Zustand, wenn die Opposition gegen eine» Minister zu Ausschreilungen sührt, wie sie in der ungarischen Hauptstadt seil Wochen an der Tagesordnung sind, wenn Parlamentsmitglieder aus die Straße hinabsieigen unv sich mit den Studenten und mit den stets zu Ruhestörungen geneigte» Elementen der Be völkerung verbinden, »m den Ministerpräsidenten zum Rück tritt zu nothigen. Mag immerhin der eigentliche Kern de« BürgerlhumS und der größere Theil de- Abel« hinter der Regierung stehen, das zügellose Auftreten der Opposition ist und bleibt eine Schwach sür Ungarn und eine sehr bedenkliche Erscheinung in einem geordneten Staat-Wesen. Nicht minder beunruhigend sind die Ausschreitungen der beschäsiigungSlvsen Arbeiter in Rom unv Neapel unv die Stellung, welche die Opposition im italienischen Parlament zu denselben einnimmt. Da« Vertrauensvotum, welche« die Kammer dem Minisierpräsidenlen CriSpi am letzten Sonn abend erlheilt hat, stand einer Opposition gegenüber, deren Gewicht nicht zu verkennen ist. N5 offene und 32 versteckte Gegner sind eine Zahl, die um so beachlenSwerther erscheint, wenn man sich vergegenwärtigt, daß CriSpi bei seinem Amts antritt überhaupt keine Opposition Vorsand. Die Unruhen in Rom am 8. Februar werdm aus au-wärtige Ein- flüssc zurückgesührt, man hat bei vielen Verhafteten fran zösisches Geld gesunden, aber die 115 Abgeordneten, welche den Antrag Del Giudice's ablehnten, waren Italiener und teilten sich mit ihrer Abstimmung dennoch aus die Seite der Ruhestörer. Ihr Hauptzweck war freilich der Sturz CriSpi'«, wie di« Opposition ini ungarischen Abgeordnetenhause e« aus den Sturz TiSza's abgesehen hat, aber diese Gegnerschaft gegen die leitenden Minister in beiden Ländern ist nicht zu trennen von der Abneigung gegen die Ziele de« Dreibundes. Die sogenannten Friedensfreunde in Italien sind nicht sowohl freunde de« Friedens alS Freunde Frankreich«, wie die FriedenScongreffe in Mailand und Neapel deutlich gezeigt haben, und deshalb Hai sich auch CriSpi genölhigt gesehen, weitere Zusammenkünfte der Friedensfreunde i» ganz Italien zu untersagen, zum großen Leidwesen der Intransigente» und Sociallste» vom Schlage Costa'«. Auch die auswärtige Politik Crispi'S erfreut sich nicht mehr der Zustimmung de- Parla ments in dem früheren Maße, er wird öfter als wünschenS- werth genöthigt, die Grundgedanken dieser Politik zu ver- Iheidige», die unter gesunden Verhältnisse» überhaupt keiner Bertheidigung bedürften. Die Blicke Europa« sind jetzt mit besonderer Spannung nach Pari« gerichtet, weil jeder Wechsel in der Regierung dort den vollständigen Umsturz des Bestehenden besürchlen läßt und weil nicht vorauszusehen ist, welche Wirkungen «ine solche Bewegung aus den europäischen Frieden äußern wird. Eine Vertagung der Entscheidung bi« zum October hätte nur dann einen Zweck, wen» sie mit einer Befestigung der be stehende» Zuttänve verbunden wäre, eine solche erscheint aber nicht mehr möglich, der Versal! der seit dem Jahre 1875 be stehenden Einrxttiliigen schreitet vielmehr in beunruhigender Weise fort. Es liegt in der Ratur der Sacke, daß die in Frankreich herrschende Verwirrung auf die Feinde ve« Drei. Kunde« in Ungarn und in Italien eine ausreizende Rück Wirkung übt; die magyarischen Heißsporne und die italienischen Ravicalen und Intransigente» haben gewisse Berührung- pnncte, wenn auch ihre KönigStreue keinen Vergleich duldet Dem Frieden dienen Diejenigen am besten, welche au Erhaltung teS Bestehenden bedacht sind, und deshalb ver diene» in erster Linie diejenigen Bestrebungen unsere Unterstützung, welche daraus gerichtet sind, TiSza und EriSpi am Ruder zu erhallen. Beide Minister haben großen Einfluß aus die öffentliche Meinung der Länder, welche sie regiere», unv dieser Einfluß ist stet« ein heilsamer und dem europäischen Friede» zuträglicher gewesen. Die Unterstützung einer verlorenen Sache ist ohne Aussicht und Zweck, und deshalb habe» wir uns sür die Erhaltung der Zustände, welche seit dem Regierungsantritt Carnot'S i» Frankreich sich entwickelt haben, nicht erwärme» können. Durch die Fortsetzung der parlamentarischen Wirksamkeit der im Jahre 1886 gewählten Kammer sind die Zustände nicht be festigt, sonder» nur gelockert und systematisch untergrabe» worden. Neuwahlen zu Beginn de« vorigen Jahre- hätte» ein der Republik günstigere« Crgebniß gehabt, als c» die Wahlen im October Versprechen, die letzte Kraft de« republikanischen StaatSgedankeiis ist mit dem Rücktritt de« Ministeriums Floquel erschöpft, und Frankreich wird der Schauplatz ununter brochener Krise» sein, bis die öffentliche Meinung Gelegen heit gesunken bat. sich geltend zu machen Je eher diese Ent scheirung euitrilt. desto eher wird Europa von dem Alpdruck bejreil werden, welcher jetzt aus ihm lastet. * no oes Vanoeis eiu»eirig oell agrariikven ^niereijcn ausge- en. Al« Liberale konnten wir diesen Zumulhungen mir eia entschlossenes „Wir bedauern sehr u. >. w." entgegensetzen, ie Gewitterwolken, welche vom äußersten linken Flügel Leipzig 21. Februar. * In der .Deutschen Mediciniscben Wochenschrift'' sührt Sanitätlrath Dr. Gull mann den Nachweis, wie zwingend die Ausgabe ist, Lehrstühle und Anstalten sür Hygieine zu errichten, und wie betlagenSwerth der Beschluß der Budaetcommission de» preußischen Abgeordneten. bauseS ist. der die Neusordernnaen sür die Hochschule» zu Halle und Marburg — nicht Halle und Güttingen, wie emmal irrthümlich angegeben wurde — gestrichen hat. vr. Guttinann betont die große Bedeutung dieser Anstalten », ker Richtung, daß Behörden und Körperschaften sich über den Stand der BolkSgesundheit klar werden, und sührt dann auS: Mit den bi- jetzt vorhandene, Laboratorien »nd Lehrstühlen teheu wir immer noch vor der alt »othwendig anerkannten, allein nicht »um «blchlnß gekommenen Organnalwn de- bvgceinischen Unterricht- an den preußischen Universitäten. Bei den von Tag zu Tag wachsenden Forderungen, welche die Hygieine stellt, muß doch, »war recht bald, eine gewisse Einheitlichst erzielt und der An- schluß der andern Universitäten sobald als nur irgend möglich an- gcbahnt werden, will man dem Erforderniß der Gegenwart e»t- prechende Erlolge erzielen. Die Ueberhondnahme ansteckender Krank heiten im deutschen Reich ist nach statistischen Angaben eine denn, rudiaende, und inSbeiondere zeigt eia vergleich mit dem AuSlandc, daß Deutichland leider von einzelnen dieser Krankheiten viel schwerer be mgcsucht wird. alS irgend ein andere» Land der Wett. Zum Schlüsse sagt der Bersassec: Wir haben keinen Mangel mehr an zuverlässigen, von den besten Lehrern anSgebcldeten Lehrkräften. Der Eriatz ist herangebildr«, und r« hieße den Interessen der Nation chlecht dienen, ja, e» hieße sie schädigen, wollte mau. wie da« mit >en Streichungen notbwendiger Forderungen geschieht, denselben Hemmnisse in den Weg legen. " Die „Kölnische Zeitung" schreibt zur Parteilage!: Da» Bcriiültniß der No tioua (liberalen zu den Lonser- vativen, welche« sich früher recht angenehm gestattet hatte. läßt sei» de» letzten Wochen und Monaten zu wünschen übrig, wenn auch die Herabsetzung der Temperatur aus da» einträchtige Wirken der Parteien >m Cartel keineswegs störend einwirkt. Fragen wir jenen Kreis von einsichtigen und patriotischen Männern, welche sich um die „Lonservative Eorrespoadenz" aruppiren, we-holb sie den Nalionalliberale» gram geworden sind, so antwortet man un- lau! mit eine,» Hinweis ans de» Kamps der .^kölnischen Zeitung" gegen „Stöckerei und Muckerei" und leise mit dem Bedauern darüber, daß durch die Taktlosigkeit und die Schwabenftrciche der reaktionären KreuzzeiiungSgruppe der Schwerpunkt de- Cartel- und der Regierung-Politik weiter nach link- gedrängt wird, als den Herren lieb ist. Die Entstehung dieser Stimmungen und Verstim mungen sührt un« ans die Waffengenossenschast der letzten Jahre Zurück. Die Lartelportciea standen in geschlossener Phalanx »»- ammen, alS die Gesahr vorlag, eS könne der steisnackige» Un belehrbarkeil doktrinärer Principienmeuschen gelingen, die Politik des deuischrn Reich- in da- Kielwasser radikaler Schulmeinungeu und Irrlehren gleiten zu lassen. Die große nalionalliberale Presse Hot damals die Hauptkosten des Kampse- getragen, sie hat unter traurig vciworrenen Verhältnissen trotz des WuthgeheuIS der Berliner denlichsreisinnigeii Denunciantenpresie aus ihrem mittelparteilichen Boden lest zu Kaiser und Reich gestanden. Sie erhielt dabei Sü den Kreise» der „Eons. Eorr." schätzbare Unterstützung, dagegen hielten die Blätter der Slöckeriouer e« wiederholt sür > »gebracht, unter allerlei nichtsnutzigen Vorwände» m drangvoller Zeit den Käiupjern in den Rücken zu tollen. Dennoch scheinen auch zahlreiche gemäßigte Lonscrvalive sich mit der Hoffnung getragen zu habe». min könne nach Abwendung der radicalen Gesahr durch die Nationalttbeialki, eben diese Nationaltiberalen mit einer dankenden Handbewegiing bei Seite schieben. Die Extremconservotiven vollends, deren polnische Anmaßung nur noch von ihrer politischen Unklarheit übertroffen wird, machten gar kein Hehl daran», baß der nationalliberale Mohr nun gehen könne, um einer agrarilcti-dildungSseindlichen Politik die Bahn frei zu machen. Entweder mit Hilfe des Cartel» oder mit Hille de« Lcnlruins sollte eia Stöckcr'schel Luttarkanips eröffnet, sollte Reactio» in Kirche und Schule betrieben, sollie» die Interessen der Industrie und de« Handels eiuseitig deu agrarischen Interessen aufgc- opserl werden, kühles, aber i Nachdem die brodle», sich verzogen hatten, waren wir also gezwungen. »nsereWasfci, gegen die reactivnaire äußerste Rechte zu kehren. D>e Kreuzzeitungs- gruppe kam den» auch bald zu der Erkenntaisi, daß sie daS Cartel niemals zum Werkzeug ibrer Pläne erniedrigen werde, und sie richteie ihre Auge» hoffnungsvoll aus die LentrumSreactionaire. Wir sind der Ansicht, daß wir nicht deSkalb im deutsche» Reich jusammeiilcben, um un» gegenseitig zu zerfleischen, sonder» um uns zu ver»ragen und miteinander ouSzukommen. ES muß also zwischen den Interessen, den polnischen Anschauungen und Idealen der ver schiedene» Bolksclaffen ein Ausgleich gesunden werden. Di« Re- gierungSpoliiik muß sich aus einer mittler» Linie, aus der Resul tante de» zeitgenössischen Denken« bewegen. I» diesem Sinne erhielt der Earlelgedanke seine ichärsere Ausprägung: in diesem Sinne wurde die große VermittelungSmission des Cartel- mit nachdrücklicher Betonung unterstrichen. Wir wollen dabei keineswegs der KreuzzeiiungSgruppe auch nur einen jener Prograinnipuncte entreiße», welche den Herzen unserer Reactionaire so lheucr sind, und wir haben auch nichlS dagegen, daß in dem vielstimmigen Chor der deuischen Parteien auch diese liefe Stimme mit ertönt. Wir verwahren un« nur gegen di« BerleumbiingSsucht, die Unduld- iamkeit und die HerrschastSausprüche dieser reactionaire» Gruppe. * Wie der „Post" auS Wien bestimmt versickert wird, ist die Position Ti-za'S durch die Demonstrationen der jüngsten Zeit noch eben so unerschüttert wie je zuvor. TiSza war wohl berechtigt, nachdem er vom Kaiser empsangc» worden war, in, Parlamente säst ohne jede Uiiischrcibunq zu erklären, daß eS ihm gar nicht einsaste, seine Demission cu geben, »veil eS einigen Herren beliebt, die« von ihm zu fordern. Daß die junge ungarische Aristokratie hinter den Eoulissen die Demonstrationen der letzten Tage erniiinlert und unterstützt hat, wird in Pest allgemein behauptet. Tie hiesige „Deutsche Zeitung" erklärt, Netz Ver Sünde», die TiSza gegen die Siebenbürgcr Sachse» begangen, zu ihm halten zu müssen; den» TiSza sei euie feste Säule deS deulsch-österreichischeil Bündnisse». Wenn die jugendlichen Anstckrate» im Bunde mit den blinkwüthige» Demagogen von der äußersten Linken den Sturz TiSza's herdeizusühre» vermöchten, könnte die« gleichbedeutenv mit einer Erschütterung der Grundlagen deS deutschen Bündnisses werden. * Von panslawistischer Seite werden die Versuche fortgesetzt, sich sür ihre Zwecke der Propaganda sür die orthodoxe Kirche zu bedienen. Dem vorjährigen Feste in Kiew soll nach Berichten polnischer Blätter (wie bereil« gemeldet) auch in diesem Iayre eine Gedenkseier und zwar in Wilna svlgen, wo mit Mitteln de» slawischen Wohl- thätigkeils - Verein» der 50. Jahrestag des zwangsweisen UebertnttS vieler kalholisch-uairten Diversen in Rußland zur orthodoxen Kirche gefeiert werden. Eine ähnliche Feier soll auch in anderen Städten stattfinden, und werden auch außerhalb Rußland» die slawischen Stämme zur Tbeilnahme an diesem Feste aufgesordert. * Ueber die Krisis in Serbien wird der „National- Zeitnng" au« Belgrad vom >5. b. M. geschrieben: Der Ausflug de» König» z» dem Weinbauern-Congreß in Nisch fiel wohl kaum blo« zufällig mit der acuten Pdate, in welche die Ministerkriii» getreten, zusammen Die Abreise eriolqte nämlich, nachdem die Verhandlungen «,t rauschanowiiich wegen Uebernahme der LabinetSbildung und mit de» Führer, der Radikalen überhaupt Vlötzttct, abgebrochen worden. Ueber die Uriachen de» Abbruch« dieser V«> Handlungen lauten allerlei Darstellungen »m und eben jo viele über die imnhmak.iche weitere Gestattung der Dinge. In zwei Pnacien stimmen indessen di« Gerüchte überein, nämlich darin, daß der,
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