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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.11.1897
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-11-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18971110028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897111002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897111002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-11
- Tag1897-11-10
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Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierieliädrlich 8.—. Direcie tägliche Itreuzbandienduug in» Ausland: monatlich 7.öO. Die Morgen-AvSgabe erscheint um '/,? Uhr, die Abend-Ausgabe Wochentags um 5 Uhr. Redaction und Expedition: Johaunesgaffe 8. Die Expedition ist Wochentag» ununterbrochen gevfiret vcn früh 8 bi» Abend» 7 Uhr. Filiale«: ktt» Klemm'» Eortim. (Alfred Haha), UniversitätSsttaße 3 lPaulinum), Louis Lösche, Katharinenstr. 14, Part, und königSplat» 7. Abend-Ausgabe. KipMcr Tageblatt Anzeiger. Nmtsklatt des Königlichen Land- nnd Amtsgerichtes Leipzig, des Rathes und Nolizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen-PreiS die 6 gespaltene Petitzeile 20 Psg. Krclamen unter dem Redactionssrrich (4go- spalten) vor den Familirnnachrichte» (8 gespalten) 40^. Größere Lchristea laut unterem Preis» mrzrichnib. Tabellarischer and Zisfernsatz noch höherem Tarif. Extra-Veilageu (gesalzt), nur mit de» Morgen-Ausgabe, ohne Postbefördcrunz vO.— mit Postbesörderung X 70.—. Annabmeschlub für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Bormittags 10 Uhr. -Äorgr »-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Gei den Filialen und Annahmestelle» je »in» halbe Stunde früher. Anzeigen stad stet» an die Expedition za richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 575. Mittwoch den 10. November 1897. St. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 10. November. Die konservative Partei bat nun auch da» Reichs tags Mandat für die Westpriegnitz eingebüßt. Sie verliert damit einen mit der Ausnahme einer einzigen Legislatur periode seit der Begründung des Reiches behaupteten Besitz. Eine allzugroße politische Bedeutung darf man diesem Er- gebniß, wie wir schon nach der ersten Wabl vom 20. Oktober hervorgehoben haben, wohl nicht beimessen. Damals war ein starker Rückgang der Freisinnigen, ein schwacher der konservativen und das erstmalige Auftreten der Antisemiten mit einem eigenen Candidaten bervorzuheben. Der «Zug nach links", den freisinnige Bolkspartei und freisinnige Bereinigung in sonst nicht gesehener Uebereinstimmung beobachtet haben wollten, war also bei der Hauptwahl nicht zu bemerken, eS müßte denn sein, daß die Kost gängerin des „SchutzverbandeS" und ihre Schwester, die es werden muckte, einen Fortschritt darin zu erblicken vermöchten, daß derAntisemitismus in der Westpriegnitz stark genug geworden war, um eine Stichwahl erzwingen zu können. Das Ergebnis; dieser engeren Wad! verräth allerdings einen schwachen Zug nach links, indem es zeigt, daß die Anti semiten einen „verjudeten" Freisinnigen einem konservativen vorziehen. Die antisemitische Parteileitung hat sich nicht einmal neutral verhalten, im Organe des Herrn Liebermann v. Sonnenberg ist vielmehr zwischen Haupt- und Stichwahl so giftig gegen die Couservativen gehetzt worden, daß die antisemitischen Wähler nichis Anderes als die Aufforderung zur Wahl des Freisinnigen heraushören konnten. Ein „deutsch sociales" Comitü hat zwar den konservativen Candidaten empfohlen, aber erstens weiß man zur Zeit nicht, wer dieses Comittz eigentlich ist, und zweiten» war die Empfehlung so spät erfolgt, daß sie so gut wie gar keinen praktischen Erfolg mehr haben konnte. Die „StaatSbürger-Ztg." ent nahm die Meldung von dieser verspäteten Aufforderung ter — „Freisinnigen Zeitung". Das sagt genug. Nun aber der Bund der Landwirthe. Sein Berliner Preß- Organ hat sich ziemlich correct benommen. Das will aber nicht viel besagen, wenn es sich um einen ländlichen Wahl kreis handelt, wo zweimal täglich erscheinende Berliner Zeitungen, nicht freisinnige Blätter, wenig gelesen werden. ES fragt fick, was der Bund an Ort und Stelle getban bat. Den, Anscheine nach sehr wenig. ES liegt nicht nur im Interesse der konservativen Partei, daß dies auf gehellt werde. Die antisemische Partei — das hat ihr letzter Parteitag wieder gezeigt — hat keine festen Grundsätze. Sie will Alles, was die Wähler, mit denen sie cs gerade zu thun bat, in ihrer Mehrzahl etwa wollen könnten. Tie Landwirthe aber, die dem Bunde des Herrn v. Ploetz nabeslchen, sind erklärte Gegner des freihändlerischen Freisinns. Wenn die Bundesleituug bei der Stichwahl sich ibatsächlich zurückgehalten hat, so Hal sie die Berwirrung, die die antisemitische Agitation, unter Duldung durch den Bund, in den Köpfen der Landwirthe angerichlet hatte, zu Ungunsten nicht der Agrarier, sondern- der Landwirtdschaft sorlwirken lassen. ES ist schon mancher Freisinnige durch den Bund in den Reichstag gebracht worden. Aber, wo dies l Sher geschah, war cs vorzugsweise die Folge der Aufstellung eines eigenen Candidaten des Bundes. In der Westpriegnitz aber würde eine faktische Neutralität die direkte Parteinahme für einen Freihändler zu bedeuten gehabt haben; eine mittelbare Unterstützung des Bolksparieilers lag schon im ersten Wahlgange vor. Indem der Bund de» antisemitischen und den konservativen Candidaten für gleickwerthig erklärte, hat er den Candidaten des in diesem Wahlkreise offensichtlich im Rückgänge begriffenen Freisinns in die Stichwahl dringen helfen. Es ist selbstverständlich, daß die nachgewiesene Zwei deutigkeit der Bundesleitung in ver Hauptwabl und der Schein eines verrälherischen Perbalkens in der Stichwahl auch für Sachsen ein Interesse hat. Man muß auch hier erfahren, wie man bei den nächsten Hauptwahlen mit dem Direktorium des Bundes daran sein wird. Denn die sehr zahlreichen Elemente, die hier zu Lande nur mit Widerstreben und lediglich im Interesse der Zusammensetzung des Reichstages im Allge meinen, nicht nur in dem der Beschaffenheit der Bertretnng aus Sachsen, der Bundesleitung genehme Candidaten wählen können, werden nicht sonderlich angefeuert werden, wenn sie wissen, daß der Bund außerhalb Sachsens ihre politischen Freunde theils offen bekämpft, theilS im Stiche läßt. Aus diesem Grunde ericheint eS nöthig, die Wahrheit über bas von der Bundesleitung in der Westpriegnitz bei der Nachwahl beobachtete Berbalten zu erfahren. Dieser Punkt tritt als der wichtigste hervor. Sehr beachtens- werth ist aber auch die Indolenz der Couservativen wie sie von der „Kreuzzeitung" bezeugt wird. In einem Wahlkreise, der sozusagen vor den Thoren Berlins liegt, ist vor der Hauptwahl ihr Candidat „ganz allein auf dem Platze gewesen und hat nicht die geringste Unterstützung erfahren". Die „Kreuzzeitung" hat für diese Theilnahmlosigkeit zwar keine Entschuldigung, aber eine haltlose Erklärung bereit. Aus seinen Mahnungen geht aber hervor, daß daS Blatt gleichfalls vor der Alternative steht, Mangel an Scldst- verlrauen oder Trägheit im konservativen Lager für daS Wahlergebniß in erster Reihe verantwortlich zu machen. Die vom Bundesrathe am 18. Oktober genehmigten Grundsätze über den Vollzug vo» Freiheitsstrafen lassen leider erkennen, daß die schon im Jahre 1870 für noth- wendig erklärte Regelung des Strafvollzugs für das ganze Reich auch noch länger ein frommer Wunsch bleiben wird. Woran das liegt, wird in der vorgestern von uns mitge- theilten Kundgebung der „Bert. Corr." nickt gesagt; wahr scheinlich aber liegen die Dinge noch so, wie sie nach einer im Jahre 1890 im Reichstage abgegebenen Erklärung deS Cbcfs des Reichsjustizamls damals lagen. Nach dieser Erklärung erhoben zahlreiche Bundesstaaten Einspruch gegen daS System der Einzelhaft, weil durch die allgemeine Einführung dieses Systems eine kostspielige Umgestaltung der Gefängnisse oder theure Neubauten bedingt würden, für welche die betreffenden Staaten die Kosten nicht erschwingen könnten. Liegen die Dinge wirklich auch jetzt noch so, so ist nicht abzusiheu, wann neue Anläufe zu einer durchgreifenden Regelung deS Strafvollzugs für das Reich mit besserem Erfolge werden unternommen werden können. Um so mehr ist es zu bedauern, daß die jetzt vom BundeSratbe genehmigten „Grundsätze" recht durstiger Art sind und in vielen Punkten, deren definitive Regelung ohne Kosten möglich gewesen wäre. Alle« beim Alten lassen, indem sie Verbesserungen nur in dem Falle ver langen, daß sie „möglich" seien. Am schmerzlichsten vermißt eS die Presse, daß von einer besonderen Rücksicht auf politische und Preßvergeben in den Grundsätzen nichts zu sinken ist, obschon gerade in diesem Punkte die heutigen Zustände sich als am meisten reformbedürftig erwiesen haben. Wer wegen eines Preßvergehens mit Gefangniß bestraft wird, kann auch in Zukunft geschoren, ins Gefängnißcostum gesteckt und mit un würdigen Arbeiten beschäftigt werden; ebenso ist ihm daS Recht auf Selbstbeköstigung versagt. Es hängt in diesen Dingen Alles von der Gesängnißordnung, bezw. von der Ver waltung ab. Wir gestehen gern zu, daß rin Preßvergehen ebenso verwerflich in seinen Motiven und ebenso gefährlich in seinen Folgen sein kann, wie manches andere Vergeben, und daß in solchen Fällen eine Rücksicht auf die Verfasser straf würdiger Preßerzeugnisse nicht am Platze wäre. Jedenfalls aber bilden solche Fälle nicht die Regel. Es wäre also nicht nur Wünschenswerth, sondern auch billig gewesen, die auf solche Ausnahmefälle sich gründende allgemeine Regel einzu schränken und den Verwaltungen Anhaltspunkte für ihre Entscheidungen darüber zu geben, ob die mildere oder die strengere Form deS Strafvollzugs zur Anwendung zu bringen sei. lieber den Full LüderS liegen nunmehr noch genauere Nachrichten vor und zwar in einem Briefe der ,.Frkf. Ztg." aus Port au Prince. Darnach wurde Lüders bei An bringung einer Beschwerde gegen die dortige Polizei, die sein HauSrecht verletzt hatte, verhaftet, zu 1 Monat Gesänzniß verurtheilt und ohne Weiteres dahin abgeführt. Am andern Tage legte er gegen dieses Urtbeil Appellation ein, die nach haitischen Gesetzen Suspensivkrafl hat. Der deutsche Geschäfts träger, Graf Schwerin, dessen Hilfe in der Sache angerufen wurde, machte den Minister der auswärtigen Angelegen heiten, Solon Menos, auf die Ungesetzlichkeit in höflichster Weise aufmerksam, wurde aber mit überlegenem Lächeln ab gewiesen, indem man widerrechtlicher Weise bestritt, daß der Appell an die zweite Instanz Suspensivkraft habe. In zweiter Instanz wurde Lüders zu einem Jahre Ge fängnis; und einer hohen Geldstrafe verurtheilt, ganz gegen Recht und Gesetz. Dieses unsinnige Urtheil wurde auf einen Druck der Regierung gefällt, die auf diese Weise Lüders zwingen wollte, die Gnade des Präsidenten anzu rufen, wodurch jede Reklamation hinfällig geworden wäre. Hierauf depeschirte der deutsche Geschäftsträger den Vorfall dem Auswärtigen Amte und erhielt die telegraphische Anweisung, sich direkt mit dem Präsidenten in Verbindung zu setzen, an seine Unparteilichkeit zu appelliren, die sofortige Freilasiung des Herrn LüderS, sowie eine ent sprechende Geldentsckädlgung zu fordern. Zwei Stunden nach Empfang dieser Instruction, am Sonntag, den 17. Oktober, fuhr der deutsche Geschäftsträger in seiner Uniform als Marineofficier beim Palais des Präsidenten vor und wurde sofort empfangen. Er entledigte sich in knapper Weise seines Auftrages und brachte dadurch den Präsidenten von Haiti in so große Erregung, daß er das Gespräch abbrechen mußte. Am andern Tage war die ganze Stadt in höchster Aufregung und zwar hauptsächllck darüber, daß es der deutsche Vertreter gewagt habe, sich direkt, mit Umgehung des Ministers der auswärtigen Angelegenheiten, mit dem Präsidenten der Republik in Ver bindung zu setzen. Es erschienen Hstzartitel in den Journalen, in welchen öffentlich zur a llg emein e n Abschla chtun g der unverschämten Deutschen aufgefordert wurde. Die deutsche Legation verharrte mangels neuer Instructionen in vollständigem Stillschweigen und konnte ihren Landes angehörizen nur rathen, sich jeder Provokation zu ent halten. Die Kammer und der Senat wurden wegen der Angelegenheit zu einer außerordentlichen Sitzung zusammenberufen. Die Kammer ertheilte dem Minister Solon Menos ein Vertrauensvotum für sein Vorgehen, während fick der Senat ziemlich passiv verhielt und von einem aggressiven Vorgehen gegen Deutschland abricth. Am 22. Oktober Mittags wurde Lüders auf Intervention des amerikanischen Gesandten (also koch!) aus dem Gefangniß entlassen, unter der Bedingung, daß er sich sofort auf dem im Hafen liegenden holländischen Steamer nach New L)ork einschiffe. Ist dies der wahre Sachverhalt, so kann natürlich vollends keine Rede davon sein, daß die Angelegenheit mit der Entlassung des Herrn LüderS be endigt wäre. Die Rückkehr des Generals Weyler aus Cuba nach Spanien kann den Ausgangspunkt von Schwierigkeiten innerer Natur abgeben, welche den ohnehin kritischen Zustand des spanischen Staates noch weiter, vielleicht gar bis zur Katastrophe steigern würden. Man erinnert sich, daß General Weyler die Maßregel seiner Enthebung vom Ober kommando mit Kundgebungen beantwortete, für die in dem Rahmen miliiairischer Disciplin und Subordination durchaus kein Platz ist. Wenn gleichwohl die Madrider Regierung sich den Anschein gab, daS Benehmen des Generals zu ignoriren, so erklärt man sich diese Haltung der Regierung nicht etwa aus dem Bewußtsein überlegener Machtvoll kommenheit, sondern im Gegentheil aus der Empfindung des Kleinmuths und der Sorge. General Weyler kehrt nicht allein nach Spanien zurück, sondern in Begleitung eines zahl reichen Stabes von Ossicieren, welche gleich ihm dem liberalen Ministerium das Gegentheil von Sympathie entgegen bringen und der Meinung sind, daß d:e den Cubanern be willigte Autonomie den Anfang vom Ende der spanischen Herrschaft auf Cuba bildet, eine Meinung, die insofern etwas für sich hat, als die Cubaner auch jetzt, wo die spanische Negierung ihnen weit entgegenzukommen bereit ist, den Krieg fvrlsetzen und zwar nach New LsorkerMeldungen, nach welchen, wenn sie sich bestätigen, die Instirgeute» die StädteHclgnin und Mayoligenomnien und die Spanier im Distrikt Piuar del Rio eine Niederlage erlitten hätten, mit bestem Erfolg. Jene Ansicht wird von zahlreichen, großen Einfluß ausübenden Politikern des Mutterlandes getheilt, nicht nur von Len Anhängern des ermordeten Staatsmannes Canovas del Castillo, sondern von allen Denen, die ein Interesse daran nehmen, dem Nachwuchs an Berufspolitikern eine so glänzende VersorgungSanstalt, wie Cuba eS im bisberigrn VerwaltungSrahmcn für daS Heer der politischen Slellenjäger Spaniens gewesen, zu erhalten. Auch das OfficiercorpS ist von der NegierungSübernahme durch Sagasta wenig erbaut und nicht gesonnen, sich cine Schmälerung des Prestiges gefallen zu lassen, welches der Armee unter dem Regime des corstervatwen Canovas in so reichem Maße zu Theil wurde. Alle, die mit dem in Bezug auf Euba ringelrekeneu Systemwechsel unzufrieden sind, harren mit verdächtiger Ungeduld auf daS Eintreffen deS Generals Weyler auf spanischem Boden. Es sind dies so ziemlich sämmlliche konservativ« Gruppen, welche sich um die Herren Elvuayen, Römers Robieco, Navarro Ncvertero, den Herzog von Tcluan rc. als Führer schaaren. Dazu kommt der militairische Anhang der Gene rale Azcarraga und Polavieja, die konservativen Dissidenten unter Silvela und Villcverde rc. Alle diese Elemente organisiren demonstrative BegrüßungSkundzebungen für den General Weyler, unk die Regierung läßt sie gewähren. Sie hat auch ankerwciiige Sorgen. Der Karlißmus z. B. Hal seine Mobilmachung nahezu beendet und lauert offenbar nur auf den Moment, wo eS Eubas wegen zu einem offenen Zerwürfnis; zwischen Liberalen und Couservativen kommen wird, um seinerseits in Action zu treten. So ist es nicht weiter zu verwundern, wenn die öffentliche Meinung in rar Der Page. 12j Roman von A. Heyl. Nachdruck »erbot, n. „Der Unsinnige", grollte Melanie. „Ist er wirklich so vom Größenwahn besessen, seine Person für einen Ersatz demgegenüber zu halten, was ich aufgeben müßte, um seinen Wünschen nachzukommen, dann muß man ihn vernichten." „Melanie, Du bist entsetzlich!" „Ich bin Deine Tochter, Papa." „Was willst Du thun?" fragte Monhardt mit bleichen Lippen. „Ich weiß es noch nicht, Papa, und will es auch vorerst noch unentschieden lassen. Vielleicht fällt mir ein Ausweg ein, es muß mir ein solcher einfallen." „Auch 'ich will hoffen, Melanie, daß die in Dir schlummernden Leidenschaften nicht zu unser aller Unglück aufgestachelt werden", bemerkte Monhardt düster. „Soeben lernte ich Dich von einer neuen Seite kennen, meine Tochter — ich fürchte, Du könntest zur Tigerin werden, wenn Dir nicht Alles nach Wunsch und Willen ginge." „Wenn ich vor nichts zurückschrecke, wo es gilt Hinder nisse zu beseitgen, die meinem Ansehen, meinen Wünschen, meinen Genüssen im Wege stehen, so danke ich dies kühne Denken den Lebensregeln, welche Du mir eingeprägt hast, bester Papa", entgegnete die Tochter nicht ohne Ironie. „Hast Du nicht immer gesagt, die Kunst im Leben emporzukommen, bestehe vor Allem darin, sich durch Gefühle in Nichts be irren zu lassen und rücksichtslos niederzutreten, waS unsere Schritte hemmt?" Er sann einen Augenblick nach, ehe er antwortete: „Mein Kind, Du hast die Lehren, welche ich Dir gab, irrig aufgefaßt. Ich wollte Dich nur vor schädlichem Idealismus warnen, denn mir war bange, Du könntest Dir das süßliche Wesen Deiner Mutter angewöhnen, die Einen mit ihrem empfindsamen Gequieke in Verzweiflung bringen kann. Ich handelte so, weil ich Dein Wohlergehen wünsche, liebe Melanie." »Danke Dir, Papa! Ich wünsche dagegen, daß Du nie mehr von moralischen Anwandlungen befallen wirst, denn das sind bei Dir bedenkliche Zeichen, die auf eintretende Geistesschwäche schließen lassen." Monhardt warf seiner Tochter einen bitterbösen Blick zu: „Schweige!" herrschte er sie an. „Ich bin geistig und körperlich noch kräftig genuß, um mir Achtung zu ver schaffen. Gebe und komme nicht wieder, bis ich Dich rufen lasse." Melanie sah ein, sie sei zu weit gegangen, es lag nicht in ihrer Absicht, sich mit ihrem Vater zu überwerfen, denn ein solches Zerwürfniß konnte ihr nachtheilig werden. Aus diesem Grunde suchte sie einzulenken: „Nicht böse sein, Papachen —" Die demüthige Bitte kam zu spät, der alte Herr fuhr zornig auf, deutete nach der Thür und rief: „Hinaus!" in einem Tone, der jeden Widerspruch ausschloß. Die Tochter hielt es für gerathen, dem Befehle unverzüglich Folge zu leisten. Monhardt blickte eine Weile starr nach der Thür, durch die sie gegangen und nachdem er überzeugt war, sie werde nicht zurllckkehren, machte er seinem gekränkten Vaterherzen durch tiefes Stöhnen Luft. Sie war sein Ab gott gewesen, das einzige Wesen auf Erden, das er wahr haft geliebt, dem er nur Wohlthaten erwiesen, niemals Leid zugefügt hatte, von dem Wunsche beherrscht, dies Herz solle ihn wieder lieben — aus Dankbarkeit oder kindlicher Zu neigung, aus irgend einem Grunde — sei eS, warum eS wolle — sie sollte ihn lieb haben. — In dieser Stunde ward ihm klar, daß sie Niemand liebe, als sich selbst. Tock- mann's Gestalt stieg wie ein unheilverkündendes Gespenst vor ihm auf, er war ein schlimmer Feind, der jedes an ihm verübte Unrecht unbarmherzig rächen würde. In dem Be sitze von Geheimnissen, die zur zweischneidigen Waffe in seinen Händen werden konnten, würde der Inspektor, sobald er zur Ueberzeugung gelangte, er sei Melanie's Spielzeug gewesen, einen Racheplan entwerfen, der zum Kampf auf Leben und Tod führen mußte und unter Umständen mit einem Verbrechen enden konnte. Hätte Monhardt Brief und Siegel darüber gehabt, daß nur Tockmann und dieser allein das Opfer einer solchen Fehde würde, so wäre ihm diese Gewißheit nicht unangenehm gewesen, aber — aber — wer konnte das Ende voraussehen. Der Kranke überlegte, was zu thun sei, er kam zu dem Resultate: Zeit gewonnen, viel gewonnen. Tockmann mußte aus gütlichem Wege zu einer weiten Reise bestimmt und während seiner Abwesenheit mußten Mittel gefunden werden, ihn unschädlich zu machen. Durch diese Combinationen etwas ruhig geworden, schloß Monhardt die Augen und versuchte einzuschlafen. Statt der heißersehnten Ruhe senkte sich nur bleierne Erschlaffung auf die müden Lider und ein von schweren Träumen oft gestörter Halbschlummer hielt die Erquickung fern. Der Tag war kaum angebrochen, als sich Monhardt gewaltsam aufraffte und die quälenden Traumbilder zu bannen suchte, indem er heftig die Klingel zog, um seinen Kammerdiener zu wecken. „Ich habe wieder eine schlechte Nacht gehabt, Ring", redete er den Schlaftrunkenen an. „Du wirst Niemand ein Wort von dem sagen, was Du hier siehst und hörst. Wenn mir das Geringste zu Ohren käme, müßte ich Dich entlassen." „Gnädiger Herr, ich bin stumm wie das Grab", ver sicherte Ring, sich verdrießlich die Augen reibend. „Gut für Dich", bemerkte Monhardt in scharfem Tone. „Bereite mir jetzt starken Mokka, Du weißt, wie ich ihn liebe." Der Kammerdiener bejahte: „Wie Gift." „Genau so", bekräftigte Monhardt, „ich nehme den Trank als Gegengift. Spute Dich." Der Mokka wurde nach Vorschrift gebraut und die Wirkung trat bald nach dem Genüsse ein. Es wich die Erschlaffung lebhafter Erregung. Monhardt ließ sich an kleiden, was rasch von statten ging. Nach beendigter Toi lette nahm er Platz an seinem Arbeitstisch und durchstöberte mit größter Aufmerksamkeit einen Pack älterer Zeitungen, bis er gefunden hatte, was er suchte. Es war ein Inserat längeren Inhaltes, er las es mehrmals durch, legte dann den Finger auf die Stelle, entschlossen zu handeln. Er war wieder er selbst. Der Inspektor sollte seinen Herrn an ihm finden. „Rufe mir den Inspektor Tockmann", befahl er dem Kammerdiener. „Gestern haben der gnädige Herr verboten, ihn vorzu lassen", wandte dieser ein. „Und heute befehle ich ihn zu mir", entgegnete Monhardt scharf. Ring wagte keine Widerrede mehr. Tockmann nahm die Botschaft mit Befriedigung entgegen und sagte sein als baldiges Erscheinen zu. Wieder allein, trat er vor den Spiegel, kämmte und bürstete und betrachtete sich mit un verkennbarem Wohlgefallen. „Ein schöner Mann, ein distinguirter Mann", sagte er halblaut, „und was mehr ist, ein grundgescheidter Mann. Der Alte scheint mürbe zu werden und die schöne Tochter wäre mir so ziemlich sicher. Besitzer von Adlershof! Tock mann, Du hast nicht übel speculirt! Dazu die schönste Frau! Herr Graf, Sie werden mit langer Nase abziehen. Ha, ha! Melanie ist eitel, gefallsüchtig, capriciös, das werden wir ihr abgewöhnen. Ich bin im Besitze eines Zaubermittels, das sie Alle bezwingt. Kühnes Vorgehen macht mich zum Herrn der Situation. Nur so weiter!" Stolz im Vorgefühle seines Erfolges schritt Tockmann durch die weiten, gewölbten Gänge des Schlosses, das er be reits als sein Eigenthum betrachtete. Von maßlosem Eigen dünkel beherrscht, fand er es nicht der Mühe werth, anzu klopfen, ehe er in das Arbeitszimmer seines Herrn eintrat. Er gab sich den Anschein, als ob er hier Gebieter und jener der Untergebene sei. Ein Strahl glühenden Hasses traf ihn aus den unheimlich funkelnden Augen des Mannes, der sich diese Impertinenz von ihm gefallen lassen mußte. Tockmann achtete nicht darauf. Mit kurzem Gruße rückte er sich einen Sessel zurecht, nahm unaufgefordert seinem Herrn gegenüber Platz und harrte dessen Anrede. Nach vergeblichem Warten entschloß er sich, das Gespräch zu eröffnen: „Sir haben mich zu sich bitten lassen, Herr von Monhardt?" »Ich habe Sie zu mir befohlen", corrigirte dieser, „um Ihnen anzukiindigen, daß Sie noch heute reisen müssen, Herr Jnspector." Der schneidige Ton sowohl, als auch die unverkennbare Absicht, ihn zu entfernen, berührten den Jn spector höchst peinlich; er sah sofort ein, daß sein Stand punkt verrückt, sein Triumph verfrüht war. Der alte Herr hatte sich von dem Schlage, den er ihm beigebracht, wieder erholt und schien gerüstet und gewappnet gegen weiteres Vorgehen von seiner Seite. „Wohin soll ich reisen?" fragte Tockmann. Monhardt schob ihm ein ZeitungSblatt hin, auf rin langes Inserat deutend. „Unweit Czernowitz in Galizien ist das Rittergut Bran- kowitz zu verkaufen. Ich habe mich brieflich erkundigt und
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