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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.01.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-01-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000126018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900012601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900012601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
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Universitütsstraße 8 (Paulinum), Laut- Lösche, Katharinenstr. 14, Part, und KönigS-iatz 7. Morgen-Ausgabe. UnpMcr TaMM Anzeiger. Amtsblatt -es Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes und Valizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen Preis die 6 gespaltene Petitzeile 20 Psg. Reclamrn unter dem Rrdaction-strich (4g» spalten) 50^, vor den Familiennachrichten <Ugespalten) 40>>i- Größere Schriften laut uufrrem Prets- verzkichiiiß. Tabellarischer und Ziffrrnsatz nach höherem Tarif. tkrtra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-AuSgabe, ohne PostbefSldanwg 60 —, mit Postbesörderuag ^l 70.—. Annahmrschluß fir ^nzeize«: Ab end »Ausgabe: Vormittag- 10 Uhr. Morgen-AuSgabe: Nachmittag- -Uhr. Bei den Filiale» und Annahmestellen je «tu» halbe Stund« frlthrr. Anzeige» sind stet- an die Ggpedtttan z» richte«. Druck und Verlag von L. Pal» in Leipzig. ^-46. 94. Jahrgang. Freitag den 26. Januar 1900. Die Zukunst -es Sudans. Nachdruck auch mit Omlleaangai« Verlöten. rv.L. Aus Kairo, 22. .Decemlber, schreibt uns unser ständiger Herr Mitarbeiter: ,^Der Sudan bann nunmehr als offen bezeichnet werden." Mit diesen Worten schloß die Depesche, welche der Sirdar Kitchener Pascha nach der Schlacht bei Ghedid an Lord Cromer richtete. Die Aera des kulturellen Ausbaues und der Wieder erschließung des Sudans fiir den Handel wird nunmehr be ginnen. Hierzu genügt allerdings nicht, daß man di« Mehrzahl der in Betracht kommenden neuen Provinzen bereits mit den Seg nungen einer specirllen, die Consulargerichte leider vorläufig aus schließenden, englrsch-egypkifchen Gerichtsbarkeit beglückt hat, die Eisenbahnverbindung schon vis Khartum herstelltc und an den Hauptplätzen mit der Errichtung zweckmäßiger Verwaltungs- gcbä.we beginnt. Alle diese^ auf die Schaffung geordneter Zu stande hinzielenden Einrichtungen sind ja notwendig, aber vor läufig bedeuten sie doch nur den Anfang einer sich wahrscheinlich noch recht kostspielig gestalten werdenden Reihe von Belastungen des egyptischen Sta-ats-Büdgets, und wer daraus schließen wollte, daß der Sudan hiermit zu gewinndringender Thätigkeit jur ihn nunmehr geöffnet sei, der würde sich schwer irren. Es wird ja freilich nicht an Abenteurern, besonders griechischer Nationalität, fehlen, welche schon jetzt ihr Glück im Sudan ver suchen werden, aber jeder einsichtige Kaufmann wird sich die Entwickelung der Dinge noch lange von der Ferne mit ansehen, bevor er mit dem Sudan in direkte Beziehungen tritt. Vor Allem muß daselbst wieder eine für die Prosperität des Landes quanti tativ und qualitativ genügende Bevölkerung heranwachsen oder einwandern. Die zahlreichen Mischlinge von Neger- und Araber blut zeichnen sich durch einen verrotteten, aller Cultur und einer productiven Arbeit, wie sie zu einem Aufblühen deS Landes er forderlich wäre, vollständig abholden Charakter aus, und der Einwanderung besserer Elemente sicht in den weit ausgedehnten sumpfigen Distrikten südlich von Khartum ein mörderisches, un gesundes Klima, welchem nicht nur Europäer, sondern auch Egypter gleichmäßig zum Opfer fallen, hindernd im Wege. Letzten März z. B. lagen in Faschoda von 317 Mann der englisch-egyptischen Armee nicht weniger als 280 fieberkrank darnieder, obgleich dieser Monat dort einer der trockensten im Jähre ist. Was die Aussichten fiir den Handel in und mit dem Sudan anbelan'gt, so muß sodann in Berücksichtigung ge zogen werden, daß von den beiden Hauptquellen des früheren Wohlstandes in diesem Lande, den Sklaven und dem Elfenbein, die erstere in Wegfall gekommen ist, und auch die andere mit dem ständigen Rückzüge der Elephanten ins Innere immer mehr versiegt. Die übrigen Tauschwcrthe, von denen wohl Gummi in Zukunft die Hauptrolle spielen wird, reichen aber nicht aus, um das Geschäft zu beleben; denn im annähernden Umfange dieser bisherigen Täuschwerthe sind auch während der Mahdisten- Herrschaft ohne merkliche Unterbrechung Maaren von Egypten und von Suakin nach dem Sudan abgeflossen. Es drängt sich also die Frage auf, ob mit der Zeit nicht noch andere Produkte Les Sudans in den Dienst des Handels gestellt werden können, und ich glaube, daß sich dieselbe günstig beantworten läßt. Große Wälder an flöß- und schiffbaren Wasserstraßen berechtigen zu der Annahme, daß sich später einmal ein bedeutender Holzhandel entwickeln wird. Ohne Zweifel werden sich auch Bäume in diesen Wäldern finden, welche sich zur Gewinnung von Kautschuk eignen. Wenigstens ist in der Bahr-eI-<Ghazal-Provinz das Vor kommen solcher Bäume bereits festgestellt. Das Land bedarf eben noch der wissenschaftlichen Erforschung, und zwar besonders auch einer geologischen. Es ist bekannt, daß in Darfour und der Bahr-el-Ghazal-Provinz Eisenstein vorkommt, und daß schon Mohamed-Aly eine allerdings nicht zu ihrem Ziele gelangte Expedition nach den südlich von Fazoge gelegenen Bergen ent sandte, wo einst Gold gegraben worden sein soll. Wenn auch die Ausbeutung von Bergwerken einer ferneren Zukunft Vorbe halten bleiben dürfte, so verdient das Vorkommen von Mine ralien an dieser Stelle doch wenigstens einer Erwähnung. Als wichtigstes und nächstliegendes Mittel zur Hebung des Wohl standes und der Kaufkraft in den neu erworbenen Provinzen empfiehlt sich natürlich eine kräftige Förderung des arg dar nieder liegenden Ackerbaues. An dem Dau von Canälen und Reservoirs, sowie den sonstigen zur Erzielung einer systematischen Bewässerung erforderlichen Einrichtungen wird es voraussichtlich auch nicht mangeln. Daß die Engländer, denen ihre großen »Verdienste um das Jrrigationswesen in Egypten nicht abge sprochen werden können, in dieser Beziehung sich nicht von falschen Spadsamkeitsrückstchten leiten lassen, beiweisen wohl am besten die, nebenbei bemerkt, bei dem niedrigen diesjährigen Wasserstande Les Nils jetzt rapid vorwärts schreitenden Arbeiten an den riesenhaften Reservoirs bei Assuan, welche allein ein Capital von nahezu 60000000 <-// verschlingen werden. Zur Beleuchtung des Nützens, welchen der erst im Jahre 1890 nach beendeter Restauration der großen Nilstauwerke unterhalb Kairos eigentlich organisirte Jrrigationsdienst der Landwirthschaft ge bracht hat, sei hier eingeschaltet, daß die durchschnittliche jährliche Baumwoll-Production von 3 050000 Kantar in den Jahren 1884 bis incl. 1889 aüf 6 230000 ----- 1890 - - 1898 gestiegen ist. Ferner hat die egyptische Regierung, anscheinend zu Versuchszwecken, schon jetzt 200000 bewilligt, um ein neues, auf die Befreiung des weißen Nils von den großen Massen ihn verstopfender Wasserpflanzen gerichtetes Project des bewährten englischen Irrigations-Ingenieurs Willcoks eventuell seiner Ver wirklichung «ntgegenzuführen, wodurch ein freier Abfluß der diesen Fluß hüuptsächlich speisenden Gewässer aus den central afrikanischen Seen gewährleistet werden würde, und woraus alle Provinzen von Khartum stromabwärts einen bedeutenden, nach Willcok's Ansicht den Gesa mm ttost e nanschlag von 12 000 000 leicht wett machenden Dortheil ziehen würden. Die Verstärkungen unserer Befestigungen. Schon di« vorige Reichstagssession halt« eine Forderung von 60 Millionen für die Umgestaltung und Verstärkung der Landesbefestigung gebracht, und der neu« Etat weist eine solche von 10 Millionen fiir di« Befestigungen auf. Die gewaltigen Fortschritte in der Herstellung brisanter Sprengmittel und in den Geschoßconstrurtionen, sowie in dm Schubleistungen der Fußartillerie haben die Herstellung von Geschossen mit derart kräftiger Sprengladung hervorgerusen, daß die größeren Caliber derselben jede der bisher bei permanenten Befestigungswerken vorhandenen gemauerten Deckungen, seien es Mauergewölbc mit Sand- oder Erdbeschüttüng und Betondecke, Kasematten, Po- tcrneu u. s. w. heute mit vernichtender Wirkung, selbst bis in die Gsschoßlndestellen durchschlagen und dort minenartig wirken. Bisher bestanden und bestehen noch viele Eindeckungen der Festungswerke aus Mauergewölben von 1 Meter Stärke, darüber ein« Sandschicht von 90 Centimeter Stärke und hierüber eine in neuerer Zeit hinzugefügte Betonschicht von 1—2 Meter Stärke. Diese gewaltigen Eindeckungen von über 3 Meter Stärke ge nügen jedoch gegen die Wirkungen der heutigen Geschosse der Fußartillerie nicht, wie Versuche gegen ein den französischen Sperrforts analog gebautes Fort auf dem Kummcrsdorfer Schießplätze bewiesen haben. Man suchte daher nach einem Mittel der Technik, das die Herstellung völlig granat- und bombensicherer Deckung gestattete, und fand dasselbe in der ver stärkten Anwendung des Betons, und zwar des mit kleinen Granitsteinen vermischten. Der berühmte belgische Kriegsbaumeister, General Br'eal- mont, wandte dasselbe zuerst bei den Forts der Maasbefestigung bei Lüttich und Namur und anderwärts an, da sich ergeben hatte, daß selbst 1—2 Meter starke Betonschichten bei längerer Be- sein (Hamb. Corresp.) Der Südafrika Er denn er bat der Schlüssel Stadt führt. schießung von der heutigen Granatwirlunz durchschlagen werden, und ebenso die darüber befindliche Sand- und Gewölbeschicht. Eine 3 Meter starke Betonschicht jedoch über dem Mauergewölbe wurde als ausreichend erkannt, um selbst längerer Beschießung Widerstand zu leisten, vorausgesetzt, daß nicht ein und dieselbe Stelle anhaltend getroffen wird, was ballistisch kaum möglich ist. Der Beton hat die Eigenschaft, durch seine und der ihm beigemifchten Granitstücke Härte den Granaten keine Ein dringungstiefe zu gestatten, sondern sie sofort an der Oberfläche der Betondeckung zum Krepiren zu bringen, während sie in weniger widerstandsfähige Deckungen, Ivie Eide, Sand und auch Mauerwerk mehr oder weniger tief eindringen und dort m'men- artig wirken. Selbstverständlich leidet auch die Betondeckung bei jadkm auf sie aufschlagenden und crepirenden Schuß, allein bei einer Stärke von 3 Meter ist ihre Widerstandsfähigkeit so stark, daß sie auf lange Zeit genügenden Widerstand leistet. Dem Beispiele Belgiens bei den Maasforts sind wir bei den neuen Forts um Straßburg und Metz hinsichtlich der Stärke der Betonschicht gefolgt; es wird von jetzt ab bei allen nsuen Festungsanlagen 3 nr Betondeckung zurAnwendung gelangen, und es werden voraussicht lich -mit der Zeit nach Maßgabe der verfügbaren Mittel auch die jenigen Deckungen bei Festungswerken, die außer dem Mauer gewölbe noch aus 3 Meter Erddeckung bestehen, fortfallen und durch die erwähnte Betonstärke ersetzt werden. Gegen den wirk samsten, den direkten Schuß, wird eine derartige Betonschicht für nothivendig geilten, während gegen den indirekten Schuß die alten vorhandenen Deckungen noch als ausreichend betrachtet werden. Besondere Eile hat cs überdies mit der Durchführung dieser Verbesserung insofern nicht, als schon mehrere der wich tigsten Grenzfestungen mit ihr versehen sind, und als es bei dem offensiven Charakter unserer Kriegführung genügt, all mählich mit der Betonirung unserer Festungen im Innern des Reiches vorzugehen, wofür die Mittel vielleicht schon in der jüngsten 50-Millionen-Aufwondungen für Befestigungen oder doch in der 10-Millionen Position des neuen Etats enthalten dürften. —p. Buller hat gesprochen. Warren hat gesiezt, hat den den zum Die Kampf um Ladysmith z« Gunsten der Engländer entschieden, SpionSkop besetzt und der SpionSkop ist Thor des Weges, der nach der belagerten New Yorker Blätter waren mystisicirt mit ihrer Meldung von dem großen Massacre unter den englischen Truppen und dem Siege der Boeren. Kann sein, kann auch nicht sein. Zn London selbst deutet man Buller's Telegramm nicht enthusiastisch, sondern mit der gebotenen Vorsicht. Uns wird darüber berichtet: r. Landau, 25. Januar. (Privattelcgramm.) VS herrscht der Vindrnck vor, Warren's a sachlicher Sie- sei ein hlotzer Scheinerfolg. Buller's Angabe: „eine kleine Boercnabtheilung floh", kann nnmügltch die starke Artillerie-Stellung der Boeren ans dem SpionSkop betreffen, höchstens eine Vorrcdoutc. Mau fürchtet eine Boeren list, um Warreu in die Falle zu locken und ihn vernichtender beschießen zu können, was Bnllcr'S Hervorhebei» schwerer Verluste und deS empfindliche»» Bombardements r» bestätige»» scheint. Jedenfalls hat daö SiezestelegrammBuller'S den läuternden Mühlengang der Londoner kriegsamtlichen Censur passiren müssen, denn es enthält Widersprüche und Unklarheiten. Wenn Warren'S Truppen ein „großes Schaden bringendes Granatfeuer auszuhalten hatten", wenn Warren „fürchtet, beträchtliche Ver luste erlitten zu haben", so ist es schwer verständlich, daß seine Leute sich „in ausgezeichneter Verfassung" befinden sollen, lud: wenn Warren den SpionSkop besetzte und dabei «ine leine Abtheilung Boeren „überrascht" wurde, so ist ossenbar da- Terrain, das der englische General occupirte, gar nicht von den Boeren besetzt gewesen. Da- Gro- der letzteren hat, anders kann man sich dir Situation kaum denken, veiler zurück und höchstwahrscheinlich höher hinauf in einer günstigeren, wohl uneinnehmbaren Position gestanden und »hm bat der „fliehende" kleine Posten Rapport rr- 'tattet, daß Warren in die Falle gegangen sei und da» Bombardement beginnen könne, waS denn auch geschehen ist. Dann aber bat Warren nicht den ganzen SpionSkop — ein ich lang hinziehendeS Plateau —, sondern nur Vorb«rge desselben besetzt, während vie Boeren die höchste östliche Er hebung, speciell SpionSkop genannt, noch halten. Warren „glaubt" ja auch nur, die Stellung de- Feinde- unhaltbar gemacht zu haben. Aber selbst wenn die Boeren den SpionSkop haben räumen müssen, WaS ja nicht ausgeschlossen sein soll, so stehen, wie wir schon gestern hervorhoben, Joubert hinter demselben noch zwei stark befestigte Stellungen in östlicher Richtung nach Ladysmith hin zu kräftigem Widerstand zur Verfügung. Wie dem auch sei, die Uhr hat zur Stunde der Ent scheidung auszeboben, und völlige Aufklärung können und müssen die nächsten Posten bringen. Melden sie nicht, daß eS Warren, also dem linken englischen Flügel, gelungen ist, sich mit dem Buller'schen Centrum zu vereinigen, so hat das KriegSamt mit seinen! all usum populi zugestutzten Telegramm Wind gesäet und wird Sturm ernten. Tic Stimmung in London vor dem Eintreffen der Nachricht Buller ¬ schildert folgendes Telegramm der „Frks. Zig.": * London, 24. Januar. Während Les ganzen Krieges hat nie eine solche ängstliche Spannung in London geherrscht wie heute. Jedermann weiß, daß Buller'- gefährlicher Angriff auf den Spionkop eine Entscheidung in den bisher so gut wie ergebnißlosen tagelangen Kämpfen am Tugrla berbei- sühren muß und daß wahrscheinlich das Schicksal von Ladysmith sich damit entscheidet. Man weiß auch, daß diese entscheidende Action Buller'» heute Morgen in der Hauptsache ouS- gesührt gewesen sein muß. Da nun bis jetzt noch gar kein« Nachricht vorliegt, ist die Besorgniß bi- znm höchsten Grade gestiegen. Der Marineminister Goschen besuchte heute kurz nach 1 Uhr das Kriegsiuinistcrium. Lord LaudSdowne, Lord Woiseley und Staatssekretär Wyndham blieben bis 2 Uhr dort, um auf Nachrichten von Buller zu warten. In militärischen und Marineclubs warteten die Mitglieder von früh bis spät Nachmittags. Tas Kriegsminisierium ist noch nie so viel besucht worden wie heute. Gruppen von Menschen standen davor, welche Buller's Aussichten discutirten. Draußen hatte man, um da» Publicum fern zu halten, augefchlagen, daß keine Nachricht «in- getroffen sei. Sin Protest Oberst Schiel'». * Eapstadt, Anfang Januar. Im November veröffentlichte General Sir Redvers Buller, Höchstcommandirender der englischen Armee, eine rein militärische Correspondenz zwischen ihm und Oberst, lentnant Schiel, dem bei Elanvstaagte verwundeten und in Gesängen- schäft gerochenen Eommandeur de» deutschen Corps. (Es handelt sich um die bekannte Beschwerde Oberst Schiel'» an General Sir Redvers Buller, trotz des ihm von General White gegebenen Verjprechrns, sich zur Pflege nach Pietermaritzburg begeben zu können, doch mit den übrigen Gefangenen aus die „Penelope" geschafft worden zu sein. Die Red.) Da es Oberstleutnant Schiel nicht möglich ist, während seiner Gefangenschaft auch seine Darlegung der Angelegen» heit zu geben, suchte ich ihn an Bord der „Penelope" auf, um die näheren Details zu erfahren. Selbstverständlich hat die Brröffrnt- Die Äufternbank. Skizze von Sophus Bauditz. N-Ltruck r<rl>olen. Es war Mittagsgesellschaft beim Bürgermeister gewesen — eine der letzten des Jahres —, und nun saßen die Herren gemüth- Uch bei einander, rauchten eine Cigarre und tranken Kaffee und Likör. Das Diner selbst, d. h. die Speisenfolge, bietet in einer kleinen Provinzstadt selten oder nie ein Lus-giöbiges Gesprächs thema, denn die Gerichte wie die Gäste, wechseln nur, so weit cs die Jahreszeit mit sich bringt. Das Mittagessen beim Bürger meister bildete indessen eine rühmliche Ausnahme; man hatte init Austern begonnen, und eine so ungewöhnliche Begebenheit bot für längere Zeit Gelegenheit -u Betrachtungen und Ausein andersetzungen. „Ein charmantes Diner!" sagt« der Major, indem er einen Tropfen Chartreuse aus seinem Barte strich, „und die Austern!! Man hört die Engel singen, während man sie verspeist, und noch dazu sind sie so leicht verdaulich, die Teufelskerle!" „Ja, unsere alten nordischen Vorfahren haben wahrhaftig mehr Verstand gehabt, als man glauben sollte", bemerkt« der Postmeister, und versuchte, selbst ckme möglichst verständig« Miene aufzusetzen, „sie lebten ja beinahe ausschließlich von diesen deli- caten Schalthieren, Vie wir heutzutage kaum mit Gvld aufwiegen können." „Aber warum sind sie so theuer?" fragt« Kaufmann Blök, rin noch junger Mann, der in mancher Beziehung den Ton im Städtchen angab. „In den alten Togen, von denen der Post meister spricht, hat e» hier »m Hafen Austern gegeben, wa» sich noch deutlich Nachweisen läßt, — worum girbt e» jetzt keine mehr?" „Ja, warum giebt es jetzt keine mehr?" wiederholte Conful Petevsen voller Entrüstung, und sah sich im Zimmer um, al» suche er Einen, an dem er seinen gerechten Zorn auslassen könne. „Eß ist ja die entfachst« Sache von d«r Wett, hier im Hafen eine Austernbank anzulögen", fuhr Blök fort, „ein paar Leute aus der Stadt müssen die Sache in die Hand nehmen und viel leicht Jeder zehn Kronm bossteuern, so ist der Verein gegründet, genügend Vetviöbscapital vorhanden, und in einem Monat gründen wir di« erste Austernbank." Nach einem guten Mittagseffen pflegt man besonders menschenfreundlich aufgelegt und jedem Vorschlag zugänglich zu sein, der dem allgemeinen Volkswohl gilt, deshalb wurden Kaufmann Blok'S Worte mit einstimmigem Beifall ausgenommen. Der Antragsteller setzte stehenden Fußes eine improvisirte Liste auf, und Bürgermeister, Major, Consul, Postmeister, Physikus und «in paar andere Honoratioren unterschrieben sich ohne Weiteres als Actionäre. „Aber wer wird denn nun Vorsitzender oder Director oder wie man das nennt?" fragte der Major. „Diösen Posten übernehme ich selbst", erwiderte Blök schnell, „«md wenn Vie Herr«» nicht» dagegen haben, schlage ich den Doctor und den Major zu DirectionSmktgliödrrn vor, dann wollen wir die Sache schon in» Reine bringen." Ein paar Stuntden blieb die Gesellschaft noch bei einander, aber da» Gsspräch drehte sich meist um städtische Verhältnisse, und am nächsten Tag« hatte di« Mehrzahl der Gäste de» Bürger meisters fast vergessen, daß sie d>« „Gesellschaft zur Förderung der Austernzucht" gestiftet hatten. Binnen Kurzem wurden sie jedoch daran erinnert. Vlok ging mit feiner List« herum und zog die gszöichneten Beiträge ein; er ließ Reisbündckl und Besen aüfertigen, an denen die junge Austernbrut sich ansetzen sollte, und verschrieb vom Linssjovd zwei Fässer Austern, je hundert Stück enthaltend, um si« hier im Hafen an greign«ter Stelle auSzusetzen. Di« Fässer langten an, und Blök verfehlte nicht, dm Aktionären mitzuthöilen, daß er am nächst«» Lage mit feinem Lustkutter au»fahren werde, um di« Austernbank zu gründan, und jeder der Herren Actionäre, der Lust habe, die Fährt witzmnachen, sei an Boid der „Wild ente" herzlich willkommen, um der Festlichkeit beizuwohnen und an öin«n kleinen, bescheidenen Frühstück khrilzunehmen. Wok'» Frühstücke an Bord der „Wildente" waren berühmt, daher nähmen alle Aktionär« ohne Wöitere» dies« E'nlädung mit großem Vergnügen an. AIS aber am nächsten Morgen ein frsschrr Mnd au» Osten wehte, fielen die Mötsten wieder ab, und nur der allezeit unverdrossene Postmöister ging mit den beiden Directionsmitglisdern an Bord; die Anderen begnügten sich da mit, an der Landungsbrücke zu erscheinen, und als die „Wild ente" sich in Vewsgung setzte, folgte ihr ein donnerndes Hurrah der Zuriickblödbettdcn, das von den vier Herren an Bord kräftig erwidert wurde. Der Wind stand gerade in den Hafen hinein; so kostete cs geraume Zeit, bis man die Höhe an der Waldecke erreicht hatte, die man vermöge ihrer Tiefe, ihrer Badenbeschaffenhvit und ihrer Strömungsverhältnisse als sonderlich günstig für die Austernzucht auserschen hatte, unv als man endlich den Anker auSwarf, war die allgemeine Stimmung dafür, erst zu früh stücken. „Nein", sagte Biok entschieden, „erst die Pflicht, dann das Vergnügen." Die ReiSbündel wunden versenkt, die Fässer geöffnet — und nun sollte der eigentliche, festliche Act, die Aussetzung, vor sich gehen. Der Postmeister betrachtete mit sichtlichen» Interesse und nicht ohne eine gewisse Rührung die dicht gepackten Schalthiere, die in wenigen Augenblicken dem Element zurückgegeben werden sollten, dom sie entstammten. „Herrgott, die herrlichen Thiere!" rief er aus, „soll man die nun aufs Ungewisse ins Meer versenken?" „Sie sind doch wohl frisch?" fragte der Doctor und steckt« söine Nase in da» Faß; „ja, sie riechen so dölicat, baß mir das Wasser im Munde zusammenläuft." Blot war schon damit beschäfigt, die Austern aus dem Faß zu nehmen und auf» Verdeck zu legen, als der Junge, der die Bedienung besorgt« und den FrühstilckStisch in der Cajüte decken sollte, herauflam und meldete, es sei kein Rothwein da. „Dummes Zeug", sagte Blök, ohne sich in seiner Beschäftigung stören zu kaffen, ,/Vi« Weinkiste steht in der Steueobordscajüte." „Ja, aber Rothwein ist nicht drin", beharrte der Junge. „Was soll das heißen? Bring' eine Flasche herauf." Der Junge verschwand und kam im nächsten Augenblick mit dom Gewünschten zurück. „Alle Wetter", stieß Blök ärgerlich hervor, „daß man sich auch niemals auf einen Menschen verlassen kann! Nun hat uns Mamsell Hansen anstatt de» bestellten Rothwein» St. PSray mit- gegeben. Ich möchte wohl wissen, was si« sich dabei gedacht hat." „St. Pövay!" klang es wie aus einem Munde von den drei Anderen, und ihre Blicke suchten in gemeinsamer Zärtlichkeit die Ansternfässer. Einen Augenblick schwiegen si«, dann blickten sic seitwärts auf Blök. Wie die wahren Auguren bestrebten sie sich, ein Lächeln zu verbergen, aber das wollte nicht glücken, und schließlich brachen sie in ein anhaltendes, unverhohlenes Gelächter aus — St. P^ray hatte das Band ihrer Zungen g-Wst. „Ja, Du wirst doch nicht so dumtn sein, den Wein wieder Mit nach Hause zu nehmen, Blök?" fragte der Major. „Die Thiere thun mir so leid", sagte der Doctor, „nun sie doch mal auf dem Trockenen sind, wäre es doch der reine Mord, sie wieder ins Wasser zu werfen." „Und wer kann wissen, ob sie nach dem langen Transport noch zu Zuchdzwecken zu gebrauchen sind?" bemerkte der Post meister mit pfiffigem Lächeln. „Sind sie das nicht, so kann ja das ganze Unternehmen nichts nützen." „Frisch sind sie", sagte Blök, der sicherheitshalber sine ge öffnet hatte, „aber recht lebendig scheinen sie nicht, denn die, die ich soeben nahm, rührt« sich nicht auf meiner Zuinge. Es kann schon sein, daß der Postmeister Recht hat und diese Austern nicht mehr bestimmt sind, Nachkommen zu hinterlassen. — Thomas, bring« di« Weinflaschen auf alle Fäll« herauf!" Was weiter geschah, ist ein tiefes GcheimrCß goblieben, da sowohl der jugendliche Thomas, als auch der Schiffer Jensen von Blök Befehl erhielten, in der Cajüte aufzuräumen, während die Austern „ausgesetzt" wurden. Und die vier Aktionär« selbst haben später nur mit der größten Zurückhaltung von jenem eröignißvöichen Tage gesprochen. So viel ist sicher — Blok's St. PSray wurde getrunken, ehe die „Wildente" wieder in den Hafen einlief, und die Austernfischerei hat in späteren Jahren nicht die gswünschte Ausbeute ergeben. Durch Nachforschungen an dem bestimmten Ort, wo die ReiSbüntdel sich noch richtig vor fanden, hat man ein ganzes Therl leerer Schalen gefunden, und dieser Fund scheint die Annahme deS Bürgermeister» zu bestätigen, daß die ausgesetzten Austern nicht die Verpflegung l)ab»n vertragen können und deshalb allmählich au-gestorben find.
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