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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 14.11.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-11-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19071114026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907111402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907111402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-11
- Tag1907-11-14
- Monat1907-11
- Jahr1907
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IN ill. r. ler )r. BezugS-Preit s»r Leipxia mld Vorort- durch »«irre Origer und Spediteure in« Hau» gebracht: vutgabe L (nur morgen«) vtertellthrlich 3 M. moaatltch 1 vl-, «u»gabe lt (morgen« und abend«) viertel, jährlich «.50 M. monatlich I.SV M Dur» bt« »oft besäen (2 mal täglich) innerhalb Deutschland« und der deutschen Kolonien vterteltährlich 3,23 M., monatlich 1,73 vi. -u«schl Polt- destellgeld sttr Oesterreich 8 X SS tu Ungarn 8 L vierteljährlich ilbonnem-nt-Annabme. LngnAulplatz 8, bei unseren Drägern, Filialen, Spediteuren und Annahmestellen, sowie Postämtern und Briefträgern. Die einzelne Stummer kostet 1V Pfg. Redaktion nub Expedition: Iohannilgasie 8. Lelevbon Str. I4S82 Nr. I4SSK, Nr. 14694- Berliner Redaktion« Bureau. Berlin UV. 7 Prinz Loui« Ferdinand» Straße 1. r-lephon l, Nr. 8273. Abend-Ausgabe 8. rWMrTagMM Handelszeitung. AMlsvrntt des Mates und -es Nottzeiamtes -er Lta-t Leipzig. Anzeiger» - Prel» sbr Inserate au« Leipzig und Umgebung die S gespaltene Peiitzrile 23 Pt, sinanzielle Anzeigen 3V Ps., Reklamen I W.; von au«wtrt« 30 Ps., Reklamen 1.20 M. vom Ausland 50Ps., sinan» Anzeigen 75 Ps. Reklamen 1.50 M Inserate v. Behärden im amtlichen Dell 40P< Beilagegebäbr 3M. p. Tausend exkl. Pos! gebühr. Geschäst«anzeigen an bevorzugter Liege im Preise erhöht. Rabat! nach Daris Feslerteiltc Austräge können nicht zurück gezogen werden. Für das Erscheinen an bestimmten Tagen und Plätzen wird keine Garantie übernommen. Antigen»Annahme: Lugustu«platz 8 bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen expeditionen des In» und Auslände«. Haupt Filiale Berlin Karl Dunck: Herzog!. Bahr. Hosbuch- handlung. Lützowstraße 10. (Telephon VI. Nr. 4603). es le: r. nn in. c» tu. I » WS dt; ch. Nr. 318. Das wichtigste vom Tage. * Der Aufenthalt der Kaiserin in E n g l a n d ist wieder um zwei Tage verlängert. Der Verlauf des gestrigen Festtages hat die Engländer sehr befriedigt. (S. Art.) * Die sozialdemokratische Partei Preußens plant für den Tag der Eröffnung des Landtags Massenversammlungen gegen das bestehende Wahlrecht. * Der Nat der Stadt Leipzig beschloß den Bau eines Krematoriums auf städtische Kosten. (S. Lpzg. Ang.) * Der anarchistische Lese- und Diskutier!! nb, Freie Sozial! st en wurde in Leipzig polizeilich aufgelöst. * Die Vertreter der Ententemächte haben abermals die bul garische Negierung in freundschaftlicher Weise wegen der Banden wirtschaft in Mazedonien verwarnt. * Die französische Negierung erhielt für ihre Marokko politik von der Kammer ein Vertrauensvotum mit fast neun Zehnteln Mehrheit. (S. Ausl.) Die Ataisevfahvt nach Englnnd. Die Fasttage verlaufen trotz der Irrungen uud Wirrungen des nebligen Ankunftstages in ungestörter Harmonie. Insbesondere sind der Kaiser und die Kaiserin hoch erfreut über den Vertan» des Besuches in der Londoner City und liei gerührt von dem herzlichen Empfange seitens der Londoner Bevölkerung. Abends fand auf dem Schlosse eine musikalische Abendunterbaltung stakt, bei der ein 250 Perionen starker Walli fischer Sänger chor kentjche, wallisische und englstche Liece- vorkrng. Auch ,n London beherrschte die Feiertaasstimmung irotz der Abreise des Kaisers noch den späteren Abend. Die Gebäude in den Straßen, durch welche der Kaiser und die Kaiserin nach der Gnildball gefahren waren, wurden abendS glänzend beleuchtet. Eine große Menschenmenge wogte auf und ab, an vielen Stellen war der Verkehr vollständig ein gestellt. Unter der Menge herrschte große Begeisterung; überall zeigte sich herzlicher Frohsinn. Ein Gruß an Berlin wurde gestern aus der Feststabt abgesandt. In Erwiderung einer Depesche des Oberbürgermeisters von Berlin, Kirschner, sandte ver Lordmayor an diesen folgendes Aniworttelegramm: „Von dem Be suche, den Ihr erhabener Souverän heute unter allgemeinem Enthusias mus der Cny abgestattet hat, wird bei uns lange Zeit mit Freude und Begeisterung gesprochen werden. Die Stadt London sendet der Stadt Berlin und ihrem Oberhaupt, sowie seinen verehrlichen Amtsgenossen herzliche Grüße. Höflichkeiten. Der Kaiser hat auf Ersuchen des Prinzen von Wales die Ebren- mitgUedscbaft der Gesellschaft der Künst-, deren Präsident der Prinz ist, angenommen. — Der Kaiser überreichte dem Botschafter Lascelles ein kostbares Geschenk. Donnerstag 14. November 1907. Englisch-deutscher Verkehr in Portsmouth. ^)ie deutschen Offiziere gaben gestern an Bord der „Hoh->n;ollern" e»n Fest, zu dem hauptsächlich höhere Marine- und Armeeoffiziere, sowie der Mayor von Portsmouth geladen waren. Einige deutsche Ossiziere waren der Einladung zu einem Matinee im Königs theater gefolgt, wo Sarah Brnbarv in „Adrienne Lecouvreur" auftrat. Abends gaben Admiral und Lady Besanquot zu Ehren der deutschen Olfiziere einen Ball. Ein Teil der deutschen !lnte<o!fiziere wird heute in der Artilleriejchule auf Whalcisland be wirtet werden. Für nachmittag sind allgemein Einladungen zu einem Emp'ang durch ven Mayor in der Stavihallc ergangen, auf den eine Festvotstellung im KöniaStheater folgen soll. Die Gäste werden sich zu diesen Festlichkeiten auf schön geschmückten Wagen d 'r nädti'chcn Straßen bahn unter Anführung eines Wagens mit einer Kapelle begeben. Die „Hohenzollern- und die Begleitschiffe „Königsberg" und „Sleipner" bleiben bis Sonnabend in Portsmouth. Politische Urteile. Premierminist r Campbell-Bannerman hielt in Bristol eine Rede, in welcher er ausjühite, der dem Kaiserpaare m London bereitete Empfang habe deutlich bewiesen, w'e wahr die Gefühle der Freundschaft und Sympathie seien, die das britische Volk dem Ka serpaare, sowie der mächtigen Nation gegenüber empsi-ioe, die es vertrete. Das Rmtersche Bureau hat Erkundigungen eingezogen über die An sichten, welche in englischen Regierungskreisen hinsichtlich des Be suches des Kaisers und derKaiierin herrschen, und ist ermächtig!, als Ergebnis dieser Erkundigungen folgendes mitzu'cilen: das Auswärtige Amt gab feuer riesen Befriedigung über die Herzlichkeit dcS Empfanges Aus druck, der den Majestäten bei ihrem Besuche der City von London bereitet wurde, und es wurde an dieser Stille anerkannt, raß der Auf enthalt res Kaiters und der Kaiserin wesentlich ru einer weiteren Besserung der guten Beziehungen zwitchen den beiden Ländern beitragen müsse. Im weiteren wird gesagt, raß die Ansichten der eng lischen Regierung über den Kackerb such vollständig übereinstimmen mit den Ausführung'«. Vie P remiermin stcr Sir Henry Campbell- Bannerman am9.d.MtS. in leiuer Rede auf dem Guildhall- Ban kett in dieser Hinsicht gemacht hat. Die waren nun aller dings nicht gar zu „herzlich" gehalten. Etwas reserviert lautet auch eine neue Ministerreve vom gestrigen Tage. Minister Lord Grove wies bei einem Bankett in der City ebenfalls auf den Besuch des Kaisers hm und sprach seine Freude über den Empfang aus, der dem Kcv'ser zuteil geworden ist. Zweifellos könnten ivlche Besuche den Frieden nicht verbüraen, abei auch aujiauchend' Schwier „recken sei » hiesig die Folge von Miß verständnis n; deshalb sei eS um die Sache des Friedens um so besser bestellt, je öfter man sich neffe, gleichviel ob es sich um Sou veräne oder andere Meirichen handle. Ter Herzog von Wellington äußerte bei dem Bankett Basingftoke, er sei überzeugt, daß der Deutsche Kaiser ihm den hohen Orden vom Schwarzen Adler zur Eiinnerung daran verliehen habe, daß ein Vorfahre von ihm als Kommandeur der englilchen Armee mit der deutlchen Armee in einer sehr kritischen Zeit der Weltgeschichte gemeinsam im Felde gestanven habe. Er zweifle nicht, daß ver Kaiser in Erinnerung zu bringen wünsche, vaß in früherer Zeil zwischen Großbritannien unv Deutschland herzliche Freunvschaft bestanden habe. Tte englische Presse erklärt sich durch die gestrige Guilbhall-Rede des Kaisers be friedigt. Insbesondere hat natürlich der Passus, daß „die Haupt stütze und Gründlage des Weltfriedens" die Aufrechterhaltung der guten Beziehungen zwischen England unv Deutschland sei, dem Naiionalstolze der Engländer geschme chelt. Wir heben aus den Preßäußerungen nur die bezeichnende Bemerkung des „Daily Tele graph" hervor: „einige Monarchen halten sich für den Frieden vorbereitet M. Jahrgang. und dann Krieg geführt, während der Kaiser sich für den Krieg vor bereite und den Frieden aufrechterhalte. Letzteres sei natürlich ras Bessere." Wo waren die Anarchisten welche für den Londoner Tag Demonstrationen gegen den Kaiser angekündigt hatten? Antwort aus diese Frage gibt lolgendes Tele gramm: Die von den Arbeitslosen geplanten Straßenkundgebungen gegen die Feierlichkeiten in London sind von der Polizei vereitelt worden 4 Verhaftungen wurden vorgenommm. — Ja, die Londoner Polizei paßt bei solchen Gelegenheiten besser auf, als die Variier, welche fremde Monarchen beschimpfen läßt (vergleiche Alfons XII). Reue Programm-Aenderuna. Die Kaiserin bleibt doch noch zwei Tage langer! Nun mehr wird vom offiziösen „Niederlänvischen Korrespondenzbureau" be kanntgegeben, daß der Besuch der Kaiserin auf Schloß Loo erst am 19. d. M. stattfinven wirv. Die wiederholte Abänderung des Pro gramms wird jetzt oifüiös damit erklärt, daß die Kaiserin vom eng lischen KömaSpaare gebeten ist, ihren Besuch wegen der Feste, die an läßlich des Besuches des spanischen KönigSpaares stattfinven werden, um zwei Tage zu verlängern. Tagesschau. Prinz Arnulf von Bayern. Aus München wird uns geschrieben: Der rasche Tod des Prinzen Arnulf erweckt hier aufrichtige Teilnahme. Den weiten Volkskreiien ist er, soweit nicht das militärische Dienstverhältnis zu ihm in Beziehung kommt, wohl der unbekannteste der älteren bayerischen Prinzen gewesen. Er war frei von jedem Haschen nach Popularität und lebte, wenn es seine Stellung ermöglichte, zurückgezogen seinem Berufe und seinen wissenschaftlichen Liebhabereien. In erster Linie war er Soldat, ein Soldat, wie heute der Präsident der Kammer in seinem Nachrufe sagte, von echtem Schrot und Korn. Kaum 18 Jahre alt, m9--schierte er als Leutnant im Leib-Jnfanterie-Rcgiment 1870 mit diesem aus und kämpfte in diese». Charge bei Wörth. Dann erst wurde er zum Ordonnanz, offizier im Stabe des Generals von der Tann ernannt, als welcher er sich bei Sedan das Eiserne Kreuz erwarb. 1877 verfolgte er als Major im russischen Hauptquartier den russisch-türkischen Krieg. Fast 14 Jahre lang, von 1892 bis 1906 stand er an der Spitze des I. Armeekorps als wirklicher Kommandeur. Er betrachtete seine Stellung nicht als Sine kure und er war ihr vollauf gewachsen. Mit hoher Achtung und mit größtem Vertrauen erfüllte sein Wissen und Können und seine Tätigkeit die Untergebenen. Sie wußten, daß er auch gegen sich streng war und auch au sich selbst die höchsten Anforderungen stellt-.. Große verständnisvolle Neigung zeigte er zu geographss^eir Stu dien. Sch und die Lust an der Jagd im großen Stile veranlaßten ihn auch, den bekannten Forscher Dr. Merzbacher, der ursprünglich Pelz händler in München war, infolge seiner wissenschaftlichen Leistungen zum Ehrendoktor der Universität München und zum Mitglieds der Aka- demie der Wissenschaften ernannt wurde, auf seiner letzten Reise nach dem Innern des asiatischen Kontinents zu begleiten. Mit dieser Reise hatte er, der schon seit Jahren schwer magenleidend war, seinen Kräften zu viel zugemutet. Statt der Erholung, die er auf der Rückreise in Venedig erhoffte, sand er den Tod. Deutscher «inflntz tu Hongkong. „Seit dem Jahre 1887 befindet sich Hongkong auf dem Wege, eine deutsche Kolonie zu werden." Nach der Zeitung „La Depeche Coloniale" behauptet dies ein „vo.vaxerir Iisbituel ckss vtzaalss astinoisss". Es klingt gewiß fragwürdig, ist aber mehr als Phrase. Allerdings leben nur 45V Deutsche in Hongkong; davon nehmen jedoch 170 leitende Stellungen be». den blühendsten Handelshäusern von rein deutschem Gepräge ein; und auch sonst gibt es kaum ein Unternehmen irgend einer Nation in dieser Stadt, das nichts Deutsches an sich hätte. Deutsche trifft man überall an, in allen Komitees, allen Direktorien, jedem Aufsichtsrat. Alle eng- lischen Baufirmen, Jmmobiliengesellschaften usw. haben, oft als Mehr- Feuilleton. Die Winkel, die der Körper bei der Verbeugung bildet, sind für Individuen und Völker, für einzelne Umstände und ganze Zeiten gleich bezeichnend. Lichtenberg. * Die deutsche Hochseefischerei. In demselben, oder wohl in noch höherem Maße, als die Bedeutung der Fische, namentlich der Seefische, für die Ernährung des deutschen Volkes zugenommen hat, sind begreiflicherweise auch die Unternehmungen gewachsen, die sich mit dem Fang und dem Absatz der rohen oder ver arbeiteten Fische befassen. War vor 20 Jahren die alte Methode der Fischerei an unseren Nordseeküsten — von Segelfahrzeugen mittels kleinerer Netze und Angeln — noch durchaus vorherrschend, so ist heute das Bild, das das deutsche Seefischergewerbe bietet, ein völlig anderes geworden. An Stelle des Segelfahrzeuges ist überwiegend der Dampfer getreten. Die deutschen Küsten freilich sind ihres Fischreich, tums durch die höchst intensive Befischung leider verlustig gegangen. Die Fischerei wurde dadurch gezwungen, ihre Fangreisen immer weiter auszudehncn, um zu Fischgründen mit noch ungeschwächter Ergiebigkeit zu gelangen. Für den mit starken Maschinen ausgerüsteten modernen Fischdampfer bilden ja größere Entfernungen kein Hindernis, zumal da man im Eis ein Mittel besitzt, die gefangenen Fische lange Zeit hindurch so gut und zuverlässig auszubewahren, daß ihrer Qualität kein erheb licher Abbruch geschieht. Die Segelsahrzeuge verloren aber durch 'diese Entwickelung noch mehr von ihrer Konkurrenzfähigkeit, so daß ihre Tage leider gezählt sein dürften — zum großen Bedauern jedes Freundes eigenartiger, autochthoner Wirtschaftserscheinungen. Die Fischerei des hamburgischen Elbdorses Finkenwärder und des Villenortes Blankenese bildet zurzeit den fast einzigen Rest der deutschen Segel hochseefischerei. Diese Zeilen sollen indessen nicht dieser Betriebsform gewidmet sein, sondern der an ihre Stelle tretenden Dampffischerei, die heute schon einen sehr beachtenswerten Faktor im deutschen Wirtschaftsleben darstellt — sind doch nicht weniger als 250 Dampfer unter deutscher Flagge mit der Hochseefischerei beschäftigt. Durch gütiges Entgegenkommen der größten deutschen Fisckereigesellschaft, der „Nordsee" in Nordenham, die allein über eine Flotte von 50 Dampfern verfugt, war es dem Verfasser dieses gestottet, einige Fangreisen mitzumachen, um auf diese Weise das Leben und Treiben an Bord jenerFahrzeuge kennen zu lernen, zu guten und schlechten Stunden. Dem Charakter des Sommers 1907 entsprechend, überwogen freilich die letzteren. Ein Fischdampfer neueren Typs ist ein Fahrzeug von 35 bis 40 Meter Länge, mit 300 bis 300 Bruttoregister. tonnen Raumgehalt, Schonertakelung (2 Mästens und einer Maschine von ca. 400 Pferdekräften, die dem ziemlich breit und fehr kräftig ge bauten Schiff eine Geschwindigkeit von etwa 10 Seemeilen per Stunde verleiht. Die Besatzung besteht außer dem Kapitän aus 11 bis 12 Mann, darunter 4 Mann Maschinenpersonal und ein Koch. Von Kom fort ist an Bord natürlich nicht viel die Rede, immerhin haben die Schiffe eine ganz gemütliche Kajüte und ein mit dem Ruderhaus in Ver bindung stehendes Kartenzlmmer, das bei schlechtem Wetter ebenfalls eine« ganz angenehmen Aufenhalt gewährt. Das Leben an Bord der Fischdampscr unterscheidet sich erheblich nicht nur von dem an Bord von Passagier-, sondern auch von Fracht» schiffen. Während aus den Handelsschiffen vierstündige Wachen im Borddienst üblich sind, hat man auf Fischdampfern sechsstündige, eine Einrichtung, die allgemein als Verbesserung auch seitens der Mann schaft empfunden wird, da die Leute auf die Weise zu längerer un- unterbrochener Ruhe gelangen. Aber nur während des „Dampfens", d. h. während der Reise des Schiffes zu den Fischgründen, erledigt sicy der Dienst in dieser verhältnismäßig leichten Weife. Wird gefischt, jo ist es mit der Gemütlichkeit für die Leute gründlich vorbei. Je nachdem, ob große oder kleine Fangergebnisse zu erwarten sind, treten für die Dccksmannschast kürzere oder längere Zeitabschnitte, während derer die Netze geschleppt werden, an Stelle der Mündigen Wachen. In der Nord see, die schon stark abgefischt ist, Pstegt man nur dreimal täglich das Netz einzuziehen (zu hievens. Die Verarbeitung des Fanges, bestehend aus Sortieren und Ausnehmen der Fische, dauert dann jedesmal etwa 4 Stunden, wozu die gesamte Decksmannschaft eintreten muß. Der Rest der Zeit bis zum nächsten „Hieven" ist für die wachfreie Mannschaft der Ruhe gewidmet, während ihre andere Hälfte den Decksdicnst wahr- zunehmcn hat. In den fischreichen isländischen Gewässern dagegen, wo das Retz öfters eingeholt werden muß, wird oft die ganze Zwischenzeit durch die Fangverarbeitung beansprucht. Dann haben die Leute oft 48 Stunden lang keine Ruhe, während der Kapitän gelegentlich auch die doppelte Zeit hindurch die Brücke nicht verlassen kann. Rechnet man dazu, daß dieser ganze Dienst sich unter freiem Himmel, oft bei Sturm und Regen, unter Eis und Schnee, bei überbrechenden Sturzseen und im Dunkel der winterlichen Polarnacht abspielt, so wird man begreifen, daß nur Naturen von Stahl ihm auf die Dauer gewachsen sein können Man hat in der Presse nun schon viel über die Besatzungen der Fischdampfer geschimpft, die an Land, wenn sie nach glücklich verbrachter Reue dienstfrei sind, allerdings wohl mal mehr als nötig über die Stränge schlagen. Wer aber den Dienst kennt, den die Leute hinter sich haben, wird gern bereit sein, dieses sehr milde zu beurteilen, und auf Grund unserer persönlichen Erfahrung, gewonnen durch mehrwöchent lichen Aufenthalt an Bord von Fischdampfern, möchten wir doch nicht unterlassen, jenem Vorurteil entgegenzutreten. Jedenfalls besitzt unsere Marine an den Fischdampfermannschaften ein Ersatzmaterial, dem andere Nationen vielleicht gleichartiges, aber nicht überlegenes an die Seite zu stellen haben. Die Entwickelung des Kriegsschiffsbaucs macht ja heutzutage Leute, wie die SegelschiffSbesatzungen, die mit der Segel Handhabung vertraut sind, entbehrlich, erfordert aber Männer, deren Nerven auch den größten Anspannungen gewachsen sind. Solche aber werden auf der Aischdampferflotte berangebildet. Begleiten wir nun einmal im Geiste einen Hochseefischdampfer auf einer Fangreise! An Bord herrscht eine recht fröhliche Stimmung, denn so gern „Jan Maat" auch an Land weilt, nichts ist ihm verhaßter, als im Hafen liegen und warten müssen, ohne doch frei an Land gehen zu dürfen. Allein, schon bald fällt ein Reis auf die rosige Stimmung. Schars bläst eine steife Brise aus Nordwest, und über dem Bug des mit voller Kraft gegen die See ansahrenden Dampfers brechen schon recht bemerkbare L-Pritzer, während sich der Vordersteven des ohne Ladunch und nur mit wenig Kohlen besonders „wanken Schiffes unter der Wucht der an stürmenden Wogen schon bedenklich hebt und senkt. Noch ist der Rote- jandleuchtturm >n der Wesermündung nicht Passiert, da ist der neue Heizer auch schon so seekrank, daß er keinen Dienst mehr tun kann und ein Matrose an seine Stelle treten muß. Dieser versteht die un- gewohnte Arbeit aber nicht, und die Folge ist, daß der wachhabende Maschinist selber mit angreisen muß, wenn nicht der Dampfdruck fallen soll. — Nun, alles geht vorüber, auch die Seekrankheit, und wenn der Dampfer die englische Küste verläßt, dann ist auch der Heizer auf seinem Posten. Das ist aber auch nötig, denn jetzt beginnt man mit dem Fischen, und da ist keine Hand zu entbehren. Der Kapitän glaubt nach seinem Besteck, einen der als ergiebig be kannten Fischgründe erreicht zu haben, und gibt Befehl, die Netze aus zusetzen. Ein solches Netz gleicht in der Hauptsache einem gewaltigen, nach hinten zu jpltzer werdenden Sack, dessen vordere Oefsnung ungefähr 30 Meter weit ist, und dessen Länge etwa 40 Meter betragen mag. Offen gehalten wird es durch die rechts und links neben der Oefsnung befestigten Scherbretter. Dies sind zwei aus dicken, eisendeschlaaenen Eichenbohlen hergestellte Platten von zirka 1,5 Meter Höhe und 3 Meter Breite, die mit starken Ketten so an den Schleppseilen („Kurrleinen" genannt! befestigt find, daß der Zug, den der mit nahezu voller Kraft vorwartsaehende Dampfer auf das Netz ausübt, die Scherbretter nach außen und unten drängt. Dadurch wird das Netz ausgejpannt und am Grunde gehalten. Während nun das schwere Grundtau, das den unteren Rand der Netzössnung bildet, in weitem Bogen zwischen den Scher- brettern nachschleppt, ist das den oberen Rand bildende Kopftau straff gespannt. Die Fische, die durch das Grundtau aus ihrer Ruhe im Schlamme des Meeresgrundes ausaescheucht werden, suchen naturgemäß nach oben zu entweichen. Dort stoßen sie gegen das mittels des Kopf- taues straff gespannte obere Stück des Netzes. Sie fliehen jetzt nach hinten und geraten dort in den Beutel des Netzes, der so eingerichtet ist, daß es nach vorn kein Entweichen aus ihm gibt. Ganz kleine Fische ver mögen sich durch die Nctzmaschen zu retten, die anderen ereilt ihr Geschick. . Es ist 7H; Uhr morgens. Der Koch hat daS übliche Frühstück an- gerichtet: ein Getränk, das Optimisten mit dem Namen Kaffee be zeichnen. und gebackene Schollen, die vom Fang des vorigen Tages her rühren. Diese gibt es jeden Tag zum Morgenkaffee, nach unabänder licher Gewohnheit. Die Leute Haven sich auch so daran gewöhnt, daß sie sich beklagen würden, wenn es einmal etwas anderes gäbe, und manche
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