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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 26.07.1905
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-07-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19050726015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1905072601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1905072601
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1905
- Monat1905-07
- Tag1905-07-26
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vrzugS-PrrtS ku b» Ha»pe«rp«dt1t«i »dm der«» A»--aba> pelle» »bqeholt: vtertrljührlich 8.—, bei zweimaliger täglicher gastet Irma t»< Hau« ^s -.75 Durch bi» Post bezogen fiir Deutsch, laub ». Oesterreich vterteljLhrltch ^s 550, fk, di» ädrig« Ltnder laut Zeituugäpreiältft». Diese N»»»« kaftrl aus all« vatzuhäf« »nd III IbI t«td«»Sttt»»g-.V««»f«»^V Neda Mu» «» Gxpepttta»: 15» 8er»s-rrch«r Wi 8»hm»ut»gafi, -c Haupr-AilMtt Drrs»em Martenstrab« -4 Aerusprecher Amt 1 Nr. 1718^ Haspr-Allial» Perlt«: l»rkL»»ckrr, Herzol-BayrHofbuchdaudlg» Lä-owuraß« 10 Verusprecher AM VI Nr. -SM Morgen-Ausgabe. WWgtr,TaMa1t Handelszeitung. Amtsvkatt des Lönigl. Land- «nd des LSmgl. Amtsgerichtes Leipzig, des Nates «nd des Volizeiamtes der Ltadt Leipsig. A«zetgk«-Prr1» die 6gespaUene Petitzeile 28 Familie»« und Stellen-Au-eigeu 20 Fiuoaztelle Anzeigen, OeschästSauzetg« out er text oder au beionderer Step« »ach Darts. Die 1 gespaltene Siettmnezeti, »uulr-Meschlus, fstr Aazei»e«r «brnd-LllSgab«. oormwag- 10 llhr. Mar-»»-«»-gäbe; aachmttta-s 4 Uhr. U»»rtg« stud stets« dw«v>«dttto» pirtchtr» Grtra-Vetla««» <»»» am der Marge». LusgLdH »ach besonderer vrretubaruuch Di, *rd«SUto» tv wochentags «unterbrochen arössuet »o» früh 8 btS abeudS ? ÜHr. Druck und Perlaa vou P. Pa» tu Leipzig (Inh. vr. V..N. » »- rtturdardtl Herausgeber: v» Victor -Uukhardt. Nr. 375. Mittwoch 26. Juli 190S. 99. Jahrgang. Var lvicdligrte vom Lagt. * Da- „N. Wiener Tghl.* macht Mitteilungen über den Inhalt der Unterredung zwischen den beiden Kaisern. Es sei über den Frieden, besonders aber auch über ein bevorstehende- schwedisch-norwegisch-dänisches Bündnis und über die Kriegskostenentschädigung gesprochen worden, die Rußland nicht in bar zahlen wolle. (S. Letzte Dep.) * Die Generalversammlung de- deutsch-österreichi schen Alpeuverein- in Bamberg wählte Leipzig als Ort der nächsten Tagung. * Charle-Ioly, der bekannte Musikkritiker de- »Figaro* in Pari-, ist gestorben. (S. Feuill.) * Da- schwedische Ministerium Bostroem hat seine Entlassung eingereicht; der Sonderausschuß de- Reich-tag- schlägt vor, der Auflösung der Union bei zustimmen, wenn eine Volksabstimmung in Norwegen sich dafür au-spricht. (S. Ausland.) * 3n Lodz ist eine Bombeusabrik entdeckt worden; zwanzig Sozialisten und Anarchisten wurden verhaftet. Sechs D»n>che Kosakenregimeuter meutern und lehnen den P»lizeidienst ab. (S. Ausland.) Mt MgesrOnetenkatm »acb Kamerun. LlS die Vorlage für den Bau der Kamerun eisenbahn Kommission und Plenum des Reichs- tage- beschäftigte, bot sich dem windigen ein merk- würdig scharfes Bild deS parlamentarischen Willens und Verständnisse-, soweit unsere Kolonialpolitik mit diesen zu rechen hat. Unverkennbar ist der Wille des Reichstages, durch Aufwendung größerer Mittel eine erfolgreiche Arbeit in den Schutzgebieten zu ermöglichen, VerkehrSstrahen und Eisenbahnen zu bauen, für die militärische Stärke deS Gouvernement- zu sorgen und auch dem Kaufmann und Siedler auf dem Wege der ReichShülfe beizustehen, in den letzten fünf Jahren ge wachsen, und selbst die langwierige Guerilla ip Südwest afrika mit ihren großen Anforderungen an Leuten und Geld hat diese Stimmung der Reichsboten nicht zu erschüttern vermocht. Man ist sowohl vom Optimismus der ersten Kolonialperiode, da man in Ostafrika ein zweites Indien zu besitzen vermeinte, als auch von dem Pessimismus der neunziger Jahre, da man in den Schutzgebieten fast einen wertlosen Plunder oder im günstigsten Falle eine Domäne fiir dividendenhungerigs Privatgesellschaften und privilegierte Blutegel erblickte, zu einer ruhigen, sachlichen Würdigung unseres über- seeischen Besitzes zurückgokehrt und beginnt allmählich, sich auf eine planmäßige Arbeit einzulassen. Die alten Klagen vom AssessoriSmuS und Militarismus mit ihrxm Paragraphenregiment, ihrem sprunghaften Vorgehen oder regungsloser Gleichgültigkeit sind längst nicht mehr so laut wie vor fünf Jahren, man bringt dem Kolonialdirektor Dr. Stuebel, der das Kaysersche Erbe antreten mußte, unverkennbar großes Vertrauen ent gegen, und die Bewilligung der Logo- und Mrogoro- bahngarantie wäre noch vor wenigen Jahren ein schöner Traum gewesen. Man ist im Reichstage auch auf den Sitzen, da sonst mehr Interesse für die letzte Petition aus dem hintersten Dörfchen MasurienS al» für die gesamtenKolonien in drei Erdteilen herrscht, all mählich zu der Einsicht gekommen, daß es kindisch ist, von dem jungen Kolonialbaum goldene Früchte zu er- warten, wenn man seinen Wurzeln den Quell des Lebens versagt — man griff also in den Beutel und gab ein Stück Geld her. Freilich, wenn man die Summen, die mit knapper Not zu erlangen waren, bei Lichte besieht, so ist man versucht, das alte Wort auSzurufen: Was ist da- unter so viele? Wer aber, wie Dr. Stuebel. mit einem Deutschen Reichstag zu rechnen hat, der noch vor einem Lustrum geradezu eine stille Wollust dabei ver spürte, wenn er unbarmherzig den Kolonialetat zu sammenstrich und Posten um Posten hohnlächelnd ab lehnte, der ist mit kleinen Gaben zufrieden und hütet sich, den neuen guten Willen der Herren Reichsboten gar zu arg auf die Probe zu stellen. Schon die Kamorunvorlage schien ein zu gewagte» Experiment zn sein, und als Graf Ballestrem die Sitzungsperiode des Reichstages schloß, ehe die Bahn vorlage unter Dach und Fach gebracht war, fehlte eS nicht an Propheten, welche der Forderung den sicheren Tod verkündeten. Dolchs Weisheit ist allerdings After- Weisheit, die Kamerunbahn wird zu stände kom men. Erwägungen rein parlamentarischer Art, die Unsicherheit über die Beschlußfähigkeit de» Hause lieben eS geraten erscheinen, den Fraktionen Feit zu gönnen, sich mit der Denkschrift eingehend zu beschäftigen und wenigsten» ein leidliches Urteil über die Kamerun- Forderung zu gewinnen. Unverkennbar war nämlich di« Unsicherheit, mit der die einzelnen straktion-redner ihre Erklärungen zur Vorlage der Regierung machten, und mancher, nicht mit dem Mandat gefürstete Zuhörer auf der Tribüne hätte bin und wieder einem Tribunen unten zu Hülfe kommen können. Selbst Herrn Lütt mann, der sich der Kolonialpolitik in redlichem Be mühen widmet, schlüvkten etliche recht kräftige Verleben unter. Wenn er auf Grund privater Informationen davon redete, daß Frankreich von seinen Konzessionären in Dahomeb und an der Elfenbeinküste die Gerechtlame für den Bahnbau und den Erwerb von Konzession», gebieten wieder zurückgekauft habe, so dürfte er den B«. Wei» dafür einstweilen schuldig bleiben', seinem Ge- wäbr»mann Kat vielleicht die Tatsache vorgelchwebt, daß etwa dreißig französisch« Konzessionäre ihre Titel dem Herrn Kolonialminister gern wieder zur Verfügung stellten, weil ihre privaten Mittel nicht dazu langten, den Bedingungen der Konzessionsurkunden nachgu- kommen. Wir erwähnen diese Tatsache lediglich deshalb, weil sie beweist, daß selbst fähige und arbeitsfreudige Köpfe unseres Parlaments sich auf private Informationen verlassen müssen und daher von diesen in ihrem Urteil :n nicht immer wünschenswerter Weise abhängen. Daß eine beabsichtigte Einwirkung auf daS Urteil von Ab geordneten durch private Informationen möglich ist, daß eine solche für das Schicksal wohlbegründeter Vor lagen geradezu eine Gefahr werden kann, wird niemand leugnen können. Unser Reichstag besitzt nicht den zehn- ten Teil von Kolonialsachverständigen, die im englischen und französischen Parlament auf Grund eigener Sach kenntnis die schwarzen und weißen Lose in die Urne werfen. Wir haben keinen Monsieur Etienne, dessen Urteil weit über die Grenzen Frankreichs hinaus ge schätzt wird; was bei uns von den Bänken der Fraktio nen an Sachkenntnis ertönt, ist meistens nur die Er innerung an Vortragsabende der Kolonialgesellschaft oder ein Exzerpt aus der notdürftigen deutschen Kolo nialliteratur. Und selbst die Redner, welche mit diesen Hülfsmitteln bemüht sind, einen Widerhall in den Herzen zu erwecken oder der Regierung zu Leibe zu gehen, kann man leicht an den Fingern herzählen. Professor Hasse weilt nicht mehr unter den Lebenden des Parlaments, bleibt also Dr. Arendt, der es sich nicht nehmen läßt, mit möglichster Wichtigkeit zu all und jedem kolonialen Punkte zu sprechen. Seine Lor beeren haben Herrn Erzberger nicht ruhen lassen; das allmächtige Zentrum hat heute in ihm seinen Kolonial experten. Weit wertvoller als das Urteil dieser Fraktions redner ist dem wirklichen Kolonialpolitiker die Meinung des Vizepräsidenten des Reichstages, Geheim rat Paasche. Er begnügt sich nicht damit, alte Bedenken mit alten Gründen vorzubringen, er fährt nicht in den Gleisen der Information, sondern er beleuchtet von einem selbständig gewonnenen Punkte auS die Gegen stände kolonialer Debatte und hält sein Urteil frei von dem Ballast der Fraktionsmaximen. Lange, ehe der Vorschlag kam, Abgeordnete zu einer Reise nach Kamerun einzuladen, hatte Geheimrat Paasche die Absicht, sich aus eigenem Augenschein von den Zu ständen in unseren Kolonien zu überzeugen, und seine — nach neuester Meldung freilich noch aufgeschobene — Reise nach Deutsch-Ost- afrika bedeutet die Verwirklichung dieses Vorsatzes. Man will von gewisser Seite damit die Neigung der maß gebenden Stelle in Verbindung bringen, den Geheim rat Paasche zu gegebener Zeit auf den Posten de- Kolonialdirektor- zu rufen, nachdem schon einmal bei ihm sondiert wurde, ob er be reit sein würde, diesem Rufe zu folgen. Damals lehnte er ab; ob seine Reise heute damit zusam- menhängt, bei einem neuen Rufe durch eigene Studien in einem deutschen Schutzgebiete besonder- vorbereitet zu sein, vermag natürlich niemand zu beurteilen. Wenn aber der Vizepräsident des Reichstage- die Strapazen einer solchen Studienreise nicht scheut, wenn nach ihm sich andere Abgeordnete bereitfinden lassen, an Bord eine» WoermanndampferS nach Deutsch-West afrika zu fahren, so darf man nach den Ergebnissen solcher Reisen für die Zukunft fragen. ES ist bereits früher der Ruf in der Presse laut geworden», Abgeord- nete ins Parlament zu senden, die mit afrikanischen Verhältnissen vertraut sind; nur schade, daß die Erreger dieses Rufes zu deutlich in den Kulissen zu sehen waren, und noch schlimmer, daß sie alles andere, als geschickte Parlamentarier zu werden versprachen! Wenn man also heute auf anderem Wege zum Ziele zu kommen sucht, so wird man als Unparteiischer gern seine Zustimmung zu solchen Reisen von Abgeordneten aussprechen. Nur macht auch in diesem Falle eine Schwalbe noch keinen Sommer, und man darf sich von diesen einzelnen Ferien- reisen in tropische Gebiete nicht allzuviel versprechen. Wir sind allerdings weit davon entfernt, daS Gute dieser Parlamentarierfabrten zu verkennen. Auf keinem Gebiete deS öffentlichen Lebens wird mitsolchenUebertreibungen gearbeitet, wi« in der Kolonialpolitik. ES gab eine Zeit, wo man förmlich nach neuem Kolo- ntalskandal suchte^ um ihn mit grellen Farben auSzu- malen und der gierig horchenden Menge mit den ge- bührenden Moritatenversen vorzuführen. Wenn irgend ein direktion-loser Beamter oder Offizier sich zu Aus- schreitungen hinreißen ließ, welche lediglich sein eigenes Gefühl für Ditte und Wurde in ein böse» Licht stellten — flugS war man bei der Hand, den Vtab über die gesamte Kolonialverwaltung zu brechen und auf Gute und Böse gleicherweise Hohn und Hatz prasseln zu lassen. Aber man vergaß, daß die Lei st und Aren- berg keine Typen unserer Beamten und Offi ziere in den Kolonien bilden, daß vielmehr mancher opferfreudige Mann auf schwerem Posten vflicktgetrcu aushält und oft Gesundheit und Leben auf dem Felde seiner BerufSehre und Treue läßt. Erst ein persönlicher Besuch wird einem Parka- mentarier das richtige Augenmaß für die Leistungen unserer Kolonialbeamten ermöglichen. Wer Afrika mit eigenen Augen gesehen, zieht von mancher Kritik, die so willig und eilig durch die Presse weitergeacben wird, den Aufschlag ab, der nach afrikanischer Sitte stets den eigentlichen Tatsachen beigesügt wird. Sin solcher par lamentarischer Besuch muß daher den Beifall aller Be amten in den Kolonien finden, denen an einem gerech ten Urteil der Öffentlichkeit gelegen ist. Daß der Berliner Zentralbehörde in gleicher Weise an einer solchen Reise gelegen sein muß. liegt auf der Gand. Wa» wollen die dickleibigsten Denkschriften über die Mole von Swakopmund besagen gegenüber einer einzigen Au»bootung von Abgeordneten bei bewegter Deetz Der eigene Blick wird in Fragen deS Verkehrs schwerer wiegen als alle Argumente von der Ministerestrade. Aber trotz dieser unleugbaren Vorteile wäre cS vor eilig, von einer folchen kolonialen Fahrt einen großen Impuls, einen Umschwung in der kolonialen Stimmung der gesamten Volksvertretung zu erwarten. Dazu ist eine solche Reise zu kurz. Die wenigen Wochen des Aufenthaltes geben dem Reisenden das Küstenpano rama, ein großes Bild, in dessen Einzelheiten er nicht einzudringen vermag. Dazu wird natürlich beim Em pfang alles in großer Gala und „auf neu gebügelt" sein. Nicht nur in Rußland gibt es Potemkinsche Dörfer, und wenn unsere Parlamentsreisenden auch den besten Willen haben, alles mit prüfenden Augen zu sichten — sie wer den dazu einfach nicht imstande sein. Dazu sind ihnen die Verhältnisse zu neu. Sie werden auf Treu und Glauben manches hinnehmen müssen, wie es ihnen ge zeigt wird. Immerhin begrüßen wir jede Studianreise von Ab geordneten in unsere Schutzgebiete als ein erfreuliches Zeichen des immer stärker erwachenden kolonialen Inter esses, daS ohne Zweifel schon in der nähten Zeit auf stärkere Proben als bisher gestellt werden wird. Mag man die Marokkofrgge auch aus der eiaentlichen Kolo nialpolitik ausschalten wollen — es gibt noch andere Fragen, welche auf afrikanischem Boden gelöst werden miisfen und bei denen Deutschland sein Wort in die Wagschale werfen muß. Die afrikanische Karte wird sicherlich ihr heutiges Aussehen nicht be halten. Ein wohlunterrichtetes Parlament wird aber für eine Regierung eine wertvolle Stütze sein, wenn eS gilt in Fragen des nationalen Bewußtseins daS letzte Wort zu sprechen. k'. Der imrkL-japimkae Krieg. Witte «nb Graf Laenrborff. Der „Bester Lloyd" meldet von eingeweihter Seite: Witte erklärte einem Vertrauensmann«, daß er ein de tailliertes Tagebuch führen und dieses während der Dauer der Friedensverhandlungen täglich in sxtanso dem Zaren übermitteln werde. Graf Lamsdorff erhielt von dieser Er klärung, wie auch davon Kenntnis, daß diese Tagebuchauf zeichnungen nicht durch das Auswärtige Amt, sondern unmit telbar an den Zaren Nikolaus geleitet werden sollen. Darauf verlangte Lamsdorff mit Entschiedenheit, daß WitteS Berichte nicht direkt, sondern: durch das Auswärtige Amt vorgeleat werden sollen. Zugleich beauftragte Lamsdorff die „Petersburger Telegraphen-Äaentur", die Nachricht von einer direkten Berichterstattung WitteS an den Zaren zu dementie- ren, welcher Befehl auch auSgesübrt werden mußte. Der Zar bat sich mdes vollständig auf die Seite WitteS ae- stellt und angeordnet, daß Witte obn« Intervention des Auswärtigen AmtS sein« Berichte unmittelbar dem Zar unterbreiten möge. Um aber auch dem Grafen LamSdorst gerecht zu werdrn, wurde entschieden, daß eine zweite amtliche Berichtszusammenstellung WitteS nebenher an das Aus wärtige Amt geht. Die täglichen Hauptberichte bleiben aber frei von jeder Einflußnahme de» Auswärtigen Amtes. Somit ,st daS Dementi der „Petersburger Telegraphen-Agentur" ganz wesentlich «inzuschränken. veutsches Feiest. Leipzig, 28. Juli. * Di-titzlinwidri-keite» sollte» in letzter Zeit auf dem kleinen Kreuzer „Frauenlob* vorgekommen und so arger Natur gewesen sein, daß sie sogar zur Enthebung de« Kom mandanten von seinem Posten geführt hatten. Wir batten von den auf- ärgste aufgcbaulchten Gerüchten gar nicht erst Notiz genommen, weil wir auf Grund eigener Informationen in Kiel erfahren hatten, daß die ganzen Vorfälle nicht der Rede wert waren. Da die wache aber die Runde durch die ganz« Presse machte, erschien eine amtlich« Klarstellung der Vorfälle doch angezrigt. Diese erfolgt nunmehr in dir „Nvrdd. Allg. Zig.*, welche schreibt: Di» Angaben über die Disziplinlosigkeit sind im Wesentlichen frei erfunden. Richtig ist nur, daß in der Nacht vom 4. zum v. Joni einzeln» kl»in» Gegenstände de« Echiff-invrntar- über Bord geworfen «nd andere beschädigt wurden. Ein erheblicher Schaden ist nicht entstand»«. Die Behauptung, die Manoe-zucht der Marine nrhme beklagen-werterweise ab, ist entschieden zurlick- zuwetstn. Ein« schwer«« Insubordination ist besondrr» bei drr aktiv« Schlachtflotte nicht öfter vorgekommen, als in frührrrn Jahren. Wir möchten uustrerseitS noch hinzufügen, daß die Mel- düng, die Mannschaften de- ^Frauenlob-* hätten durch Hissen eine- schmutzigen Lappen- statt des mit den Flaggen zu gebenden Gegensignals die Aufmerksamkeit de« Kaiser- wahrend der Kieler Woche auf sich lenken wollen, schon einfach d«-- halb nicht wahr sein kann, weil der Kreuzer „Frauenlob* während der Kieler Woche gar nicht im Kieler Hafen lag, sondern in der Strander Bucht. Die Nachricht von der Dienstenthebung de- Kommandanten beruht auf einer Der- wech-luna: wahrend der Kieler Woche kam nämlich mit anderen Personalverfügungen auch der Befehl heraus, daß der jetzige Kommandant de- -Frauenlob* zum Herbst da- Kommando der ArtillerieschulschiffeS „Mars* übernimmt. * »enaffen unter sich. Dem Gefecht zwischen Kaut-ky und dem „Vorwärts* tritt jetzt ein neue« zwischen der „Leipziger Volkszeitung* und Vollmar zur Seite. Die dem Abgeordneten v. Vollmar nahestehende „Münchner Post* hatte einen sehr scharfen Artikel geaen da« herrschende Militärshstrm gebracht, dessen duftigste Blüte die war, ein Schwein, das zum Schlachten geführt werde, sei bester daran, al- ein Soldat, der z. B. für den Marokkolärm sein Lebt» lasten müsse. Dieser Artikel war von der bürgerlichen Presse gebührend gebrandmarkt und speziell Vollmar an die Rockfchoße gehängt worbe». Dieser aber leilte daraus der „T. R * telegraphisch mit, baß er persönlich mit dem Artikel nicht in Verbindung gebracht werden dürfe. Dieser Schritt Vollmar- hat di« „Leipz. volkszta* mächtig in Harnisch ge bracht, und in Hellem Zen» schreibt sie sich nach einem Seiten hieb auf den „Vorwärts*: Genoß« Vollmar hat insofern eine» Rekord -»leistet, daß er lei»« Bitt» n» EnqchnlbiM»- b« bür-Mtch« Pr»si«sogar-«I «graphisch»»- geben läßt! Wohin soll denn dies«- System führe»? Bisher war e- Brauch in der Partei, auf das Urteil der bürgerlichen Press« zu pfeifen und auf einen Swrlmen anderthalb zu setzen. Hot denn Vollmar gar keine Empfindung mehr dafür, das « durch der- artige Erklärungen nur sich iilbst und die Partei lächerlich macht? Schon eine gering« Dost- Parlestakt hätte den Genossen Kollmar davor bewahren müssen, den Artikel drr Münchner Post zu verleugnen, ganz gleichgültig, ob der Artikel vom ersten bi- zum letzten Buchstaben allen Ansprüche» d»- gulin Geschmacks entsprach oder nicht. Zu unsrrr Genugtuung hat ein grober Teil der Parteipreste sich mit dem angegriffenen Artikel solidarisch erklärt, was nicht nur recht u»d billig ist, sondern auch den Traditionen der Partei entspricht. Nach diesen Proben kann eS ja in I«oa recht gemütlich werden, uod die Zuhörer dürften sür ihre 50 mancherlei interessante Intimitäten au« der sozialdemokratischen Partei zu hören bekommen. « verN«, 25. Juli. * Die neueste Kaiserzufammenkunst wird « der au«- ländischen Presse fortgesetzt eifrig kommentiert. Der Peters burger Korrespondent der „Bost. Ztg." weist aber in einem längeren Telegramm auf di« Zurückhaltung hin, mit der die Presse der russischen Hauptstadt die Zusammenkunft bespricht. So will z. B. die deutsche „St. Petersb. Ztg.* ledig lich die vrivate Seite de- Besuch- anerkennen, glaubt aber an eine Aussprache über die inneren Fragen. Die „Rpwosti Wremja*, der „Swet*, und die „Börs.-Ztg.* erüuwrn an Kaiser Wilhelms Bild: „Völker Europas* rued au den warmen Empfang de- Prinzen Arisugawa, »o die Krüger-Depesche und an da« Verhalt«, Dsetschlaub« im Burenkrieg«. Die „Nowofti Wremja* meint, di» Spanamig zwischen England und Deutschland und di» »och immer nicht völlig beseitigte Marokkofrage trieben Deutschland in die Arme Rußlands (??). Die „Nowofti* meint, der Krieg mit Japan habe Deutschland genützt; darum sei e« für Deutschland günstig, daß der Krieg fortgesetzt werde. E« hätten auch kürzlich die Offiziösen in Deutschland in diesem Sinne geschrieben (?). Der allgemeine Ton aller Artikel der Petersburger Presse ist eher kühl als warm; er steigert sich in der demo kratischen „Syn Otetschestva* zur offenen Feindseligkeit. DaS Blatt resümiert in dreißig Zeilen alle-, wa- es iu den letzten Wochen über die deutsch-russischen Beziehungen geschrieben hat und meint, e- gebe für Rußland -egen den deutschen Nachbarn lediglich da- Wort: „Oaevaat oausulesl* Die russische Gesellschaft habe schon häufig Gelegenheit gehabt, die Folgen de« guten Einvernehmen« beider Staaten zu fühlen; doch bestehe die Hoffnung, daß di« Zusammen kunft einen rein privaten Charakter ohne politisch» Folgen habe. Die wahre Stimmung, die in der Gesellschaft herrscht, wird nirgend« wiedergegeben. In den Kreisen der ver schiedensten politischen Lager wird nicht ohne Sorge, an manchen Stellen aber auch mit Hoffnung von den Folgen der Zusammenkunft gesprochen. Jedenfalls wird jede Maß regel der Regierung daraufhin geprüft werden, ob sie unter dem Einfluß Kaiser Wilhelm- entstanden si»d oder nicht. Gewerbsmäßige Hetzer werden sicher die Gelegenheit au«- nützen, um die Gesellschaft gegen da« Deutschtum »ufzu- drinaen. Die Pariser Presse halt trotz aller Dementi- an der falschen Lesart fest, daß die Kaiserbegeanuog von Kaiser Wilhelm angeregt worden sei. Dem „Matin* wird au« Petersburg gedrahtet r „Man betrachtet hier dr» Schritt Wilhelm« Ü. al- zwecklos, sofern dem Kaiser daran gelegen hätte, Frankreich nicht unangenehm zu werden. Er erklärt sich nur al« Kundgebung einer Politik, die e« darauf angelegt hat, alle Kombinationen zum Scheitern zu bringen, die Rußland, Japan und folglich England annähern könnten. Jetzt bleibt nur zu wissen, welchen Eindruck diese unerwartet« und geräuschvolle Haltung auf Nikolaus machen wird. Man sagt nur, daß Nikolaus e« nicht liebt, Lektionen (!!) zu empfangen, und daß er unver langte Ratschläge verabscheut. Man erwartet in Peterbof, daß der Zar in übler Laune heimkehren wird.* IauröS schreib!: „Wenn der Zar eiuwilligt, dem Rufe (!) des Kaisers zu folgen, und sich herbeiläßt, England dadurch zu beunruhigen und zu verletzen, geht er gleichzeitig eine Art Bündnis mit Deutschland ein. Unsere Diplomaten und Politiker, die mit der Möglichkeit, der Wahrscheinlichkeit eine« deutsch-russischen Einvernehmen- nicht gerechnet haben, Haden da« phantastischste Gebankenarhäude im Leeren aufgedaut." Clemrnceau schließt einen Leitaufsatz; ,E« wäre gut, in Peterhof wissen zu lassen, daß die Fahrt de- „Polarsterns* bei un« gerechte- (-1) Mißtrauen erweckt hat und daß eS nicht genügt, Rouvier in einer Privatunterredung zu be ruhigen, um dem Lande, da- morgen vielleicht Rouvier nicht mehr kennen wird, seine früheren guten Gesinnungen ivieder- zuaeben. Wir sind eine Demokratie. Unsere Regierung kann nicht- tun ohne die Zustimmung des Lande-, und unsere Diplomatie hat un« so schwer brtrogeo, daß wir da« Recht haben, unser Vertrauen künftig nur gegen gute Sicherheit zu gewähren.* Die englische Preffe bietet ihren Lesern wieder geradezu unglaubliche Sachen und betrachtet natürlich die Zusammen kunft al- «ine deutsche, gegen England gerichtet« Bosheit und wird dabei vom Reuterschen Bureau in bekannter Manier noch unterstützt. „Standard" findet aber Trost in der Be- merkung, Rußland sei au- dem unglücklichen Krieg« so gelähmt und erschöpft hervorgegangen, daß eS für lange Zeit kein beachtenswerter Faktor ,n den diplomatischen Kom binationen sein würde. Die „Times" glauben, di« Monarchen dürften die Möglichkeit eines finanstellen B-,stände« an Ruß- land gegen große Bestellungen bei Krupp für die Osts«häf,n besprochen haben. * Der IOtzanntter-rden für Lon-kränt Dem Groß herzog Adolf Friedrich von Mecklenburg - Strelitz hat der Kaiser die Insignien des Johann,terordens für Souveräne verlieben, wodurch derGroßhertogEh^nmitglirdde-Iodanniter- ardens geworden ist. Die Insiani« bestehen io eine« gal- denen, weiß emaillierten Iohanntttr-Kreuz« der Ehrenritttr, in dessen vier Winkeln sich der mit einer goldenen Krone gekrönte preußische Schwarze Adler befindet, mit der Krone der Rechtsritterdekoration. Dir Insignien werde» von de»
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