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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 29.07.1905
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-07-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19050729012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1905072901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1905072901
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1905
- Monat1905-07
- Tag1905-07-29
- Monat1905-07
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vezullS-PreiS tz> tz« od« d«r« >»--«»«- HM« »tz>«d»ltt »^neljidrlich M S.—, d«l po«tm«Uga «ügUcha Anftell»«, t»«tza»S I» S.7L Durch dt« Post bezog« für Deutsch- dach ». Oesterreich otertestährltch -/t 4^0, für die übrig« Länder Untt Aettuag-preisitstr. Dtese Nummer ko fiel «f «ll« Bahnhöfen und III ^Ibl tei dm AeitungS-verkäuf«, i* Aebuktto» «n» Er»ebitto« LÜS Fernsprecher L2S ' e Johavathgaff» S> HauZt-Filtuk DreSbem M arieustraß, -4 Eerusprecher Ami 1 Nr. 17UH H«U>r»Kittul, verN«: kurlDuuck er, Herzal.BayrHofd»ch-a»dk-» Lützowuraßr tO Gauiprecher Amt VI Nr. Ü0M Morgen-Ausgabe. MMer TaMM Handelszeitung. AmtsökaS des Lönigl. Land- ««- des LSnigk. Amtsgerichtes Leipzig, des Nates «ud des NoNzeiamtes der Ltadt Leipstg. Nr. 381 Sonnabend 29. Juli l908. U» zeigen-VrriS Ue Sgestnütene Petitzeile L» Familie» «ud Stellen-Lnzetgeu 20 «efchüfMm^eig» «t« «er Stell, »ach Durts. Di» LgespalN» NeNamezeil» 75 Snnatzmefchlntz für knzei^n. I Ltz«»d-R»Sgab«; oormtttag« ist ll-rt ' M»rg«» AnSgad« uachatttta-S 4 Uhiß ülizeig« -ud -et» « VteExpchtttmi zu richte». Ertra-Vetla«« tnn» mit ber Morge»» Lusgubch »ach besonderer verrt-barim-. Die EzDebMo» kp Wochentag» nunnterdroch« geöffnet im» ttüh 8 bi» abend« 7 Uhr. D«ck «mb Verl« »o» G. doiz t» Leipzig (Inh. ve. B.R.ch ». »ltnkhardtt Herausgeber: vr. Victor Klt«khardt- SS. Jahrgang. Var Aichtigrtr vom läge. * Gestern nachmittag ging über Erfurt und Umgegend ein schwere- Hagelwetter nieder, da- großen Schaden anrichtete. (S. Sachs. Umg.) * Der Kaiser ist gestern nachmittag von Cadinen über Elbing abgereist, von wo um 2 Uhr 55 Min. die Weiter reise erfolgte; der Kaiser wird am 3l. Juli in Kopen hagen erwartet. * Wie in weimarischen Hofkreiseu mit Bestimmtheit ver lautet, wird sich der Großberzog von Sachsen-Weimar nach Ablauf deS Trauerjahre- mit der jüngeren Schwester seiner verstorbenen Gemahlrn, der Prinzessin Hermine von Reuß ä. L. verloben. * Der zweite lippesche Sensation-Prozeß findet am 2. August in Detmold gegen die bückeburgisch gesinnt« .Lippesche Tageszeitung" statt; Grund de» Strafver fahren- ist die Anzweiflung de» Telegraphengeheim- nisseS in Lippe. * Wie der „GauloiS" mittrilt, wird sofort nach Kund machung de- zur Zeit dem Senate vorliegenden Tren- nunasgesetzes eine Bischof-konferenz zusammentreten, um Einigkeit de- Handeln- bei den französischen Kirchensürslen zu erzielen. * Auch ein amtlicher Bericht von der japanischen Sacha lin-Armee meldet die Besatzung von Alexandrowsk nach zweitägigem Kampfe. (S. rusf.-jap. Krieg.) * China wird der Friedenskonferenz eine Forderung von einer Milliarde Dollar- für in der Mantschurei an gerichtete Schaven vorlegen. Lum Ziege -er Zentrum; in Savern. Der Kampf, der heute iu Bayern gekämpft wird, reicht in eine lange Vergangenheit zurück, und es gewährt des- halb auch zur Beurteilung der Gegenwart Interesse, sich an frühere Stadien dieses Kampfes zu erinnern. Ein geschätzter Mitarbeiter von uns weist darauf hin, wie hierzu bedeutsames Material in Kuno Fischers monu mentalem Werke über Hegels Leben vorhanden ist, und führt dann aus: Hegel, der in der Schlacht von Jena mit geplündert worden war und sich in einer solchen Geldnot befand, daß Goethe Knebeln beauftragte, ihm „bis zu zehn Thalern" zu geben, mußte auf eine Aenderung ferner äußeren Lebensverhältnisse Bedacht nehmen und seine Blicke richteten sich u. a. auch auf Bayern. Die Hand zur Erfüllung seines Wunsches bot ein Landsmann Fried- rich Immanuel Niethammer aus Beilslein, „unter Hegels Freunden wohl der treueste, probehaltigste und hülfereichste." Er hatte in Jena als außerordent- licher Professor der Philosophie gemeinsam mit Fichte das „Philosophische Journal" herausgegeben, worin jene Forberg-Fichteschen Aufsätze erschienen waren, welche die Anklage und Verfolgung wegen Atheismus hervor riefen. Niethammer hatte die wohlgemeinte Warnung der Regierung mit Besonnenheit, aber mit vollständiger Bewahrung der Lehrfreiheit über sich ergehen lassen, und so wirkte dieser wegen Atheismus angeklagte und ver folgte Professor der Philosophie an derselben Universi- tät nachher als Professor der Theologie und Leiter des homiletischen Seminars. Ein solcher Fall ist kaum je in einer akademischen Laufbahn vorgekommen. Er wurde sodann von der bayerischen Regierung nach Nürnberg als evangelischer Oberpfarrer und Professor der „Sektion der für die Bildung der religiösem Volkslehrer erforderlichen Kenntnisse" berufen. So hieß in der Sprache der neu organisierten Universität fürstbischöfkichen Andenkens die theologische Fakultät. Als die bayerische Herrschaft in Würzburg nach dem Frieden von Preßburg (26. De- zember 1805) ein vorläufiges Ende genommen hatte, blieb Niethammer in bayerischen Diensten und wurde zur Leitung der ihm anvertrauten Unterrichtsange, legenheiten erst nach Bamberg als „LcmdeSdirektions- rat", dann nach München, der Hauptstadt des neuen Königreichs, als „Zentralschul- und Studienrat" (Ober- schulrat) im Frühjahr 1807 berufen. Niethammer er öffnete nun seinem Freunde Hegel zunächst den Zugang zu einer publizistischen Tätigkeit als Redakteur der unter Aufsicht der Landesbehörde stehenden „Bamberger Zeitung", und später bewirkte er Hegels Ernennung zum Professor der philosophischen Vorbereitungswissen schaften und zugleich zum Rektor des Gymnasiums zu Nürnberg. Niethammer hatte als Oberschulrat in München und einflußreichstes Mitglied der „Sektion für die öffentlichem Unterrichts- und Erziehungsanstalten" den neuen Schul- und Studienplan auSgearbeitet, der durch da» königliche Edikt vom 8. November 1808 Ge setzeskraft erhielt, und al» „Allgemeine» Normativ für die Einrichtung der öffentlichen Unterrichtsanstalten" den Behörden verkündet wurde. Man nannte ihn auch den „Nietbammerschen Schulplan". In diesem Plane war auch dem philosophischen Unterricht em breiter Raum vergönnt; Niethammer hatte seine Pädagogien Grundanschauungen in einer gleichzeitigen Schrift über den „Streit de» PhilanthropismuS und Humanismus" öffentlich dargetan, er hatte darin die beiden entgegen, gesetzten Richtungen der Pädagogik, welche man heute als die realistische und humanistische bezeichnet, in ihrer Bedeutung gewürdigt, ihre Berechtigung erörtert in ibrem ganzen Umfange für den humanistischen Unter- richt in Anspruch genommen. Gegen diesen Schulvlan. sowie überhaupt die liberalen Bestrebungen Nietham mer» und anderer in» Land gerufenen Männer richtete sich nun die Reaktion, und der Briefwechsel zwischen den beiden Freunden Niethammer und Hegel gibt darüber interessanten Aufschluß. In einem „Die alt bayerische Finsternis" überschriebenen Abschnitte be richtet Kuno Fischer: „In Altbayern lagen die Geisteszustände, verschlossen und unempfänglich gegen das Licht der Neuzeit wie sie waren, in dickem Tunkel." „Dieses Bayern ist ein wahrer Tintenklecks im Lichtblau Deutschlands", hatte Hegel gelegentlich gesprächsweise zu dem Geheimrat Bayard gesagt, der die Montgelassche Aufklärung in Schutz nahm und sich große Dinge davon versprach." Das Alte und Neue gingen in dem zusammengewürfelten Königreiche nicht zusammen. Die altbayerische Finster nis war dem Lichte der Neuzeit nicht bloß abgewendet, sondern auch von Grund aus abgeneigt und erbost über alle die neuen Männer, welche man zur Gründung und Verbreitung zeitgemäßer Bildung ins Land gerufen hatte. Einer der höheren Beamten in München, Christoph von Aretin, hatte eine sog. Patriotenpariei gestiftet und gegen die neuberufenen protestantischen Gelehrten gehetzt. Jacobi wurde im Theater öffentlich beschimpft, A. Feuerbach durch Pöbelhaufen in seiner Wohnung heimgesucht, Thiersch durch ein mörderisches Attentat bedroht, Jacobi kehrte so schnell wie möglich nach Gotha zurück u. s. f. Hegel bezeichnete diese uner- hörten Szenen, Ausbrüche der Roheit und des wilden Fanatismus, mit dem Worte: „Hyozoismus", um nicht in gutem Schwäbisch „Sauwirtschaft" zu sagen, was er übrigens auch sagte. König Max I. nannte jene Pöbel szenen „Bübereien" und verurteilte sie; aber bald stieg die Reaktion aus den Abgründen des Pöbels auf die Höhen empor und nahm selbst den König gefangen. Zumal nach dem Untergange Napoleons auf dem Felde von Waterloo änderte sich die Lage und Richtung der Dinge. Seit dem österreichischen Einfluß kam in Bayern die Geltung der stockkatholischen Partei ins Uebergewicht. was vor allem Niethammer in ssiner Stellung zu fühlen bekam. Noch im Frühjahr 1811 hatte Niethammer trium phiert. Er hatte als protestantisches Mitglied der Studiensektion beim Könige seine Entlassung oder die seines katholischen Gegners (Widmayr) verlangt; die letztere war erfolgt und sein Einfluß von Neuem be- festigt. Fünf Jahre später sehen die Dinge ganz anders aus. In einer Sitzung der Studtenkommission vom 26. April 1816 war Niethammer überstimmt, und es war durch die katholische Mehrheit (wozu jener Wid mayr und Cai. Weillen gehörten) beschlossen worden: daß für den Eintritt in die Progymnasien das Alter der Zöglinge herabgesetzt werden solle, wodurch der Elementarunterricht beschleunigt, verkürzt und also ver schlechtert wurde, und daß in den Gymnasien der Unter- richt in der Mathematik und in der philosophischen Vorbereitungswissenschaft aufzuheben sei. Darüber war es in der Sitzung zum Streit gekommen. Niethammer hatte sich abermals an den König gewendet und vorge stellt, daß jene Beschlüsse auf die protestantische Erzieh ung unanwendbar seien. Ter König aber hatte in seinem Reskript vom 4. Juni 1816 den Gegnern Recht gegeben, ihre Beschlüsse bekräftigt und dem Oberscbulrat Niet- Hammer „das allerhöchste Mißfallen" eröffnen lassen, so wohl über sein Benehmen in jener Sitzung als auch ins besondere darüber, daß derselbe in seiner Eingabe sich „die Repräsentamtschaft des protestantischen Religions- teils in Schulsachen" angemaßt habe, während in Schul- fachen die Konfession nicht in Frage komme. Niethammer hatte schon in einem Briefe vom 19. No vember 1815 seinem Freunde Hegel verkündet, daß eine allgemeine Reaktion im Anzuge sei, und deren Zeichen geschildert: „Wie die Würmer, Frösche und anderes Ge schmeiß oft dem Regen nachziehen, so die Weillen und Konsorten dem trüben Tag, der sich über die ganze zivi lisierte Welt ausbreitet. In der allgemeinen (Sünd-) Flut, in der alles Veraltete zurückströmt, glaubt dieses literarische und pädagogische, wie das übrige Gesindel seinen Moment gefunden zu haben, und ich fürchte fast, es hat ihn gefunden! ..... Was daraus werden wird, ist mir an sich sehr gleichgültig, nickt bloß für meine Person, sondern selbst beinahe auch schon für die Sache.. Zum Glück bedarf die Bildung ihr Asyl nicht mehr in Bayern zu suchen, wo man sie ohnehin nur hereingelockt zu haben scheint, um sie totzuschlagen l Aber sie sollen uns doch nicht so im stillen abtun! und sie sollen uns nicht nach dem Schnitt vormaliger Mönckschulen unsere protestantischen Studienanstalten verstümmeln! Da gegen will ich mich wehren bis auf den letzten Mann der ich noch zu sein hoffe!" Wie richtig seine Auffassung und Beurteilung der Zeitlage war, bewies ihm das königliche Reskript vom 4. Juni 1816 „Ein merkwürdiges Dokument ist aller- dings diese allerhöchste Entschließung, mir — schrieb Niethammer — insofern nicht unerwünscht, al» es mir zum Beweis dient, daß die Protestanten in diesem Lande förmlich rechtlos sind." Am 2. Februar 1817 wurde das Ministerium MontgelaS entlassen und im Laufe des JahreS zwischen Bayern und Rom ein Konkordat geschlossen, „das Seinesgleichen gar nicht hat"; so schrieb Niethammer am 27. Dezember 1817. Und was sagte Hegel zu der bayerischen Reaktion, die ihm Niethammer so handgreiflich geschildert? Er tröstete sich damit: Ich halte mich daran, daß der Welt geist der Zeit da» Kommandowort zu avancieren ge geben, solchem Kommandowort wird pariert, die» Wesen schreitet wie eine gepanzerte festgeschlossene Phalanx unwiderstehlich und mit so unmerklicker Bewegung als die Sonne schreitet, vorwärt» durch dick umd dünn usw. .. die Reaktion, von der wir soviel dermal sprechen, habe ich erwartet, sie will ihr Recht haben: I» vSrltö, en In reponNNnot. an I'emdr»»»<>, ist ein tiefsinniges JacobischeS Wort." Dazu bemerkt Kuno Fischer: „Echt Hegelsche Worte! Worte von dem unnachahmlichen Stempel diese» Pbilo sophen. Der Weltgeist ist nicht pressiert. Die Welt geschichte ist der Fortschritt im Bewußtsein der Freiheit. Nachdem die große Individualität (Napoleon I.) in einer ungeheuren Tragödie sich selbst zerstört hat, bleibt nichts übrig, als der Chor. Jetzt kommt der Chor obenauf und beginnt zu handeln. Das Kommandowort des Welt- geistes heißt: die Massen avancieren. WaS Hegel im Anfang des neunzehnten Jahrhunderts, nach den Tagen von Fontainebleau und Waterloo voraus- gesehen und vovausgesagt hat, das ist heute, am Ende dieses Jahrhunderts, wohl ein gemeinverständliches Wort. Er hat gesagt: die Massen avancieren!" Hundert Jahre nahezu sind vergangen, seitdem die geschilderten Vorgänge sich abgespielt haben, und die neuesten Ereignisse :n Bayern zeigen uns, daß noch immer dieselben Kräfte, Ideen und Mächte im Kampfe miteinander stehen. Wir fragen uns, würde Hegel, wenn er diese Ereignisse hätte verfolgen, wenn er hätte sehen können, wie die Massen sich in den Dienst dessen gestellt haben, WaS er als Reaktion ansah, noch an seiner frohen Zuversicht: „Die Weltgeschichte ist der Fortschritt :m Bewußtsein der Freiheit" festhalten? Gewiß, diese Ueberzeugung ist so sehr das Leitmotiv seiner ganzen Philosophie, daß ihn solche Vorgänge nicht irre hätten machen können. Und wir wollen trotz alledem und olle- dem an dieser ideellen Hoffnung festhalten. Kundert Jahre sind freilich lang, und wenn der Weltgeist nicht pressiert ist, so mag es dem Lebenden dabei doch manch- mal bange werden. Denn wer möchte sich darüber täu schen, daß es wieder ein trüber Tag ist, der sich, nicht über die zivilisierte Welt, eben über Deutschland aus zubreiten droht!" Und trotzdem wollen wir hoffen; sind doch die hundert Jabre nicht ohne allen Fortschritt geblieben, das gilt zunächst von Bayern besonders selbst. Ist es doch nicht mehr bloß eine Regierung, die den libe ralen Fortschritt von außen importieren will, die geistigen Kräfte des Landes selbst stehen im Kampfe, in Wissenschaft, Kunst und Literatur steht Bayern hinter keinem deutschen Dolksstamme mehr zurück, ja auf man chen Gebieten hat es die Führung übernommen, daS Volk ist im Grunde so gesund und tüchtig, es hat in ihm vor allem das Bewußtsein, im deutschen Reiche einem großen Ganzen anzugehören, so tiefe Wurzeln ge schlagen, es istssinerDynastie treu ergeben, die die Staats- idee gegenüber dem klerikalen Andrängen doch nicht ganz wird preiSgcben wollen und dürfen; das sind Elemente der Hoffnung; und es wird doch schließlich auch zu schätzen wissen, was es an diesem Staate hat. Freilich in einem Punkte würde Hegel sein Urteil vielleicht modi- fizieren, in dem Urteile: „Die Massen avancie- r e n". Die Massen in dem Begriffe, den man jetzt mit dem Worte zu verbinden pflegt, avancieren, wenigstens in Deutschland, nicht nur nickst, sondern sie bilden die höchste Gefahr für den Fortschritt zur Freiheit. DaS zeigen die bayrischen Wahlen besonders grell, wo sich die Massen durch den ehemaligen päpstlichen Schlüssel soldaten an den Kriegswagen des Klerikalismus haben spannen lassen. Der Kampf für die Entwickelung zur Freiheit ist wieder einmal im wesentlichen dem liberalen Bürgertum allein überlassen, und von den schwarzen und roten Massen bedrängt, hat es ckinen schweren und vielleicht langen Kampf zu bestehen. Aber man soll auch hier nicht verzagen, die Zeit wird ja doch einmal kommen, und vielleicht gewahren wir bereits Zeichen davon, wo die Massen von links einsehen, daß die Rich tung, in der sie jetzt von ihren Führern geleitet werden, das Gegenteil von Avancieren ist, daß sie dann wieder wirklich avancieren zu einer Freiheit, m der die Insti tutionen der Freiheit nicht benützt werden sollen und können, um die Freiheit zu erdrosseln, sondern zu der gesicherten Freiheit geistigen, sittlichen und materiellen Fortschritts. Der r«;ri;ch-japan!;che ffrieg. 5le Vernichtung -er russischen Flette. Aus Tschifu wird gemeldet: Kapitän JonaS vom Dampfer „Sheikh" erzählt daS folgende Erlebnis, daS mit der Vernichtung der russischen Flotte in der Tsuschima-Straße zusammenhängt: Der Dampfer hatte mit einer Ladung Eisenbahnschwellen für Taku den japanischen Hasen Otava am A. Mai verfassen. Am 27. Mar bemerkt« das Schiff eine große Memze S ch iffs t rü m m « r, di« sich nordwärts der Tsuschima-Straße vermehrten. Man erkannte nun, daß in der Nabe eine Seeschlacht stattaesunden haben mußt«. Bald darauf bemerkten die Leute des Dampfers »wei russische Matrosen, die auf einem Wrack aßen. Obgleich die Japaner beständig die See durch- uchten, um noch lebende Matrosen aufzufischen, waren dies« leiden zu weit in die See getrieben worben. Sie wurden an Deck deS Schiffes gebracht, einer war so schwach, daß er hinaufgetragen werden mußte. So viel man von den Schiff- brüchigen erfahren konnte, waren es sechs Kameraden gewesen, die sich auf dem Wrack zu retten versucht batten. Einer wurde von den Wellen heruntergewaschen, di« anderen drei fielen vor Schwäche ins Wasser und ertranken; auch die beiden übrig gebliebenen Matrosen batten schon all« Hoffnung auf eine Rettung aufgegeben. Sie gehörten zum russischen Kriegs schiffe „Na warin". Der Dampfer „Sheikh sucht« die Gegend nach weiteren verunglückten Matrosen ab, er wurde dabei von einem japanischen Kriegsschiff angehalten und in den KriegShafen Sasebo gebracht, den sie am 29. Mai er reichten. Vie japanische Sachalin-Armee meldet nach einem amtlichen Telegramme au» Tokio, daß «ine japanische Abteilung am 24. Juli um 1 Uhr nachmittags den Feind in der Nähe von Alcova I zurücktrieb und die Linie von Polowinka bis Alcova II besetzte. An jener Gegend ist der Feind 1 Bataillon Infanterie, einige Frei- willige und 8 Feldgeschütze stark: er floh in der Richtung auf Lonikow zu. Noch vor diesem Treffen war eine andere Abteilung unter dem Schutz von TorvedobootSzer- störern nach der Landungsbrücke von Äl«randrow»k, die die Ruffen »u verbreunen suchtem>gescknckt. ES gelang dieser Abteilung, noch die unverbrannte Brücke zu nehmen und ver schiedene Angriffe de» FeinkeS aozuschlagen. Ebenso wurde Nugati von den Japanern besetzt und die Russen unter Mitwirkung der obengenannten Schisse vertrieben. Um 3 Uhr nachmittag» besetzte eme japanische Abteilung Alcova IIi, währt» ei» ander« auf Tlexaudrow»! zu marschierte. E» gelang dieser Truppe, die Ruffen zu schlagen und die Stadt Alexandrowsk zu besetzen. Der Feind behauptete sich östlich der Stadt und in den Höhen im Nordoffen der Stadt. Bei Tagesanbruch am 25. Juli gingen die Japaner wieder zum Angriff vor und trieben den Feind dis Novo und Michaelowsky. An demselben Tag« fielen Done sowie Alexandrowsk unverbrannt in die Hände der Japaner. Diese machten 200 Gefangene. A« den chriedeneverhandlnnge«. Ein Berichterstatter des „Daily Tcklegr.", der sich an Bord des Dampfers „Kacker Wilhelm" befindet und dort eine Unterredung mitWitte hatte, meldet, Witte erklärt«, «r habe in Paris weder mit Rouvier noch mrt anderen Mitgliedern der französischen Regierung über eine neue Russen- anleihe gesproßen. Witie sagte ferner, er sei mit der Aus gabe betraut, wenn irgend möglich, «inen dauernden Frieden zu schließen, habe über keinerlei finanziell« Mission. - " l Deutsches Reich. LechztL 28. Juli. * Zum Färbereiar-eiler-Ausftantz ist heute zu melden, daß von den Färbereibesitzern ein Ausgleich i« dem Sinne vorgeschlagen wird, daß die Arbeiter eine» erhöhten Mindest lohn erhalteu, wenn auch ihre Forderung »och nicht ganz er füllt wird. Es finden deshalb heute (Freitag) in Glauchau gemeiufchaftliche Versammlungen statt. In Gößnitz tagt heute zur gleichen Zeit die Färberkonvention. Den Verhandlungen der Färbereibesitzer und Arbeiter in Glauchau wohueu heute auch Vertreter der Webereibesitzer bei. Der Webereiverband, der eiuer allge meinen Färdereiarbeiterau-iperrung nicht geneigt sein sollte, steht doch dem Vernehmeu nach einer allgemeinen Aussperrung jekt sympathisch gegenüber, fall- e- heute zu keiner Einigung kommen sollte. Wurde ein FLrbereiarbeiterauSstand eintreten, so würde daS Geschäft in den Webereien gleichzeitig mit unterbunden, weil die Webereibesitzer Rohwaren nicht an fertigen lassen können, die, wie sie wissen, nicht rechtzeitig an die Kunden infolge eine» FärbereiarbeiterauSstandeS zur Lieferung gelangen können. Jedenfalls ist die Hoffnuna be rechtigt, daß sich heute noch die Parteien einigen. (S. Letzt. Dep.) das Tie und Berlin, 28. Juli. * Die Kaisertzegennun» wird von der „Petersburger „Nowoje Wremja" mit folgenden verständigen Ausführungen kommentiert: Die jüngste Kaiserbegrgnung in den Schär« ist mit der Be gegnung de» Präsidenten Loubet mit König Eduard auf dessen Rückkehr aus Algier nach England zu vrrgleicben. Wenn sogar diese offizielle Begegnung und der Besuch des engliichen GejchwaderS tu Brest die Festigkeit und Integrität des französisch - russischen Bündnisse» nicht tm geringsten erschütterte, so kann auch die Kaiserbegrgnung französisch - ruisische Bündnis in keiner Weise erschüttern, beginnende« FrirdeuSverhaudlungen zwischen Rußland Japan sind rin derartig große» Weltereignis, daß die Be stätigung der freundschaftlichen Beziehungen zwischen den Monarchen Rußlands und Deutschland« als eia sehr wertvolle« Element er scheint, das die Weltpolitik gegen besonders starke Schwankungen sichert. Ebenio muß man die Bestätigung der freuudschaftliHeu Beziehungen zwischen Rußland, dem Bundesgenossen Frankreichs, und Deutschland für ein gutes Omen halten für die friedliche Erledigung der aus der englisch-französischen Annäherung ent springenden und die Marokkokonserenz veranlaslend« Fragen. In dem gegenwärtigen Augenblicke ist rS besonder» wichtig, fest- zustellen, daß zwischen den europäischen Staaten Solidarität be steht, und die Kaiserbegegnung tu den Schären hat hinsichtlich der weiteren Festigung dieser Solidarität große Bedeutung. * Marschall-Inseln. Wie die „K. Ztg." erfährt, schätzt die Ja l u l t-Ges«i!s cha f t -ihren Verlust durch den O rka n, der am 30. Juni auf Jaluit wütet«, auf mehr als 200000 Dieser Schaden mutz sehr empfindlich sein, da Jaluit die Hauptniederlassung der Gesellschaft ist und auch die Gebäude, welche die deutsche Verwaltung dort benutzt, Eigentum der Gesellschaft sind. Wenn ein Berliner Blatt das Unglück, das die Marschall-Insel« und die Jaluit-Gesell- schaft getroffen hat, zum Anlaß eines heftigen Angriffes gegen dl« Gesellschaft nimmt, so scheint die Gelegenheit hierzu kaum paffend. Wenn ober behauptet wirb, von de« Mar schall-Inseln habe man so gut wie nie «twaS Erfreuliche- ge- hort. so ist dem entgeaenzubasten, daß seit Beginn der deuycben Herrschaft nie Ungünstiges über sie berichtet worben ist und sie dem Reiche niemals «inen Pfennig gekostet Haden, da die Jaluit-Gesellschaft die Verwaltungskosten bestritt. Mit den Eingeborenen ist die Verwaltung stets gut ausgekommen. Die Kopra-AuSfuhr. auf der der Handel beruht, ist von Jahr M Jahr gestiegen. Der Gesellschaft kann mv« allerdings vorwerfen, daß sie in übereifrigem Mitbewerb/gegen eine australisch« Firma — die übrigens mit allen Mitteln den Handel in der deutschen Sübsee an sich zu reißen such« und hierbei nicht etwa, wie bei uns die Jaluit-Geiellschaft, aufs hastigste in ihrem Lande angegriffen wird, sondern im Gegenteil in Australien und England allfeickp Unterstützung findet — Maßregeln hervovgerufen hat, die sich im Rahmen der mit England geschloffenen Verträge nicht aufrecht erhalten lassen. Mer man muß zu ihrem Lob« sescktellen, daß sie von kleinen Anfängen an. und durchaus nicht von vornherein mit großem Gewinn, die deutsche Flagge und den deutschen Handel mit kaufmännischer Tatkraft auf den Marschall- und Karo linen-Inseln hochgehalten und zu Ansehen gebracht bat. Darum ist -hr auch zu gönnen, baß sie nun schon «in« Reihe von Jahren guten Gewinn auS ihrm Unternehmungen ge- zogen hat, uno «S ist zu bcdaucrm daß «in Naturereignis ihr ohne ihr Verschulden so große Verluste gebracht bat. Din „Bombengeschäft" kann die Jäluit-Gesellschaft bei der Ab tretung ihrer Rechte und dem USberaana der Verwaltung nicht machen, Di« Verwaltungsgebäude, di« ff« dem Staate gegen Bezahlung hätte überlassen können, sind nun zerstört, um» wegen der Auflösung des Vertrages vom A. Januar 1888 wird die Gesellschaft aus dem Vertrage kein« Entschädigungs ansprüche an dos Reich geltend machen können. ES wird also bei den schweren Verlusten. die ihr der Orkan verursacht bat. und bei den völlig veränderten Verchaltniffen. mit denen sie nun bald für ihre Unternehmungen zu rechnen hat. der vollen Tatkraft und deS Unternehmungsgeistes der Gesell- schccktSleiter bedürfen, um den Betrieb aus der alten Höbe zu erhalt««. * Z, »end»«tzclS»er1r»nS^Sertz»»»l»n»«» mit Spanien und mit Amerika baben sich di«Nettesten der Kanfmannschaft von Berlin in einer «»«führliche» Eingabe aa de» ReichSka»zler geäußert, di« t» m»»ch« Bezichirsg v«, der i» letzt« Zeit d-
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