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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.11.1892
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-11-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18921115014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892111501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892111501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-11
- Tag1892-11-15
- Monat1892-11
- Jahr1892
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At»« H»»»«vdttt»» oder d» tt» «u» bezirk uud d» Vororte» «richtet» Ao«- gabestell«, abgeholt: vi«trljShrttch^4ch<h vet »w«t»altg«r täglicher Zuft«ll,»g t»S Ha»« » ächL D«ch die Post dezoae» für -utschlaad «d Oesterreich: virneh Morgen-Ausgabe. ^ s.—. Direkte tägliche Nreuzbandsen i»s A^lmch: mouatwh ^4 st.—> Di»Morge»M»«g»b« erscheint tägNch V.^lNr, dt» Lbead-Aurgad« Wochentag« » Uhr. Ltktw, «» Lr-Esvr DieLrvedttto, ist «ochentag« „»»techroche» «äsfuK von MSUch« 7 UH» Filistle»: vtt» «<««'» E-rii«. (Alfred -ahstX Uoiversttüt-streb« 1, L««i« Lösche. Lachartueustr. 1«, part. «ch NSni-Splatz T riWgerIagMM Anzeiger. Sxgan für Politik, LocalgeMte, Kandels- und GeMtsveMr. TnsEmBM» Die 6 gespaltene Petitzeile 80 Reklame» »nt« demRedactio»«strich «ge« spalte») bO-L. vor de» AamMamachrichäu» (ügespattru) 40 Größere Schriften lont nusermn Preis« Verzeuhniß. Tabellarischer und Ztsterusatz »ach höherem Tarif. Ertei»Beilage» (gesalzt). »ar mit dt» Marge» »AnSgab«, ohne PvsibesörLeruag » 60.-. «it Poftbes-rderml, 70.-. ÄK«th«schl»ß fir A,ser«te; vb,»d.V»saab«: vormittag« 10 Uhr. Rtorg»»»Ausgab«: Nachmittag« 4 Uhr. So»»- »»d Festtag« früh '/F Uhr. vet d» Filiale, »ad Aanahinestelle» je el»O halb« Et»»d« früh«. Lisentt« sind stet« ,» dt» TrstMtia» HU Da»« «Ld Verla, »o, P Pdkß S kchtztz. 584. Dienstag den 15. November 1892. 86. Jahrgang Amtliche Bekanntmachungen. Sekanntmachurig. die am 1. Derember 1892 »prz««eh»ende Kiehzählnng delr. Nach Beschluß des Bundesrathes vom 7. Juli d. I. hat eine Erhebung der Viehhaltung »ach dem Stande vom 1. Dccember 1602 statlzusindcn und soll diese Ausnahme von HauS zu HauS erfolgen. Die Aufnahme erfolgt mittelst gedruckter Formulare, von denen jedem Hausbesitzer eines zugestellt wird und für deren Ausfüllung nach Anleitung der aufgedrucktrn Borschriften der Letztere zu sorgen verpflichtet ist. Auch in denjenigen Hausgrundstückeu, in denen notorisch keine der in Frag» kommenden Thiergattungeu gehalten werden, soll ein Erhebungsformular behändigt werden. In solchem Falle hat der Besitzer ein „Bacat" oder „werden nicht gehalten" in die Spalten des Formular» zu setzen. Mit der Durchführung dieser Zählung haben wir unser statistisches Amt beauftragt, welches die brlr. Listen bis zum 88. November austragen und vom b. December ab wieder etnholen lassen wird. Sollte bis zum 25. November in einem Grundstück eine Liste noch nicht abgegeben worden sein, so ist eine solche ungesäumt bei Vermeidung einer Strafe bis zu 20 -4l bei unserem statistischen Amte — ttupsergäßchca I, U., — zu verlangen. Leipzig, den 12. November 1892. Ter Rath -er Stadt Leipzig. 8t. tl. 1575, 92. I)r. Äeorgi. vr. Hasst. Siebstahls-Sekaimtmachnng. Gestohlen wurden laut hier erstatteter Anzeige: 1) Eine silberne Remoutotr-kavounett-Uhr mit Secunde, herzförmigem Schildchen mit lilumenartiacr Gravirung aus der anderen Seite, desecter Feder und auhaugeuder kurzer Tal«t- Panzerkette, am 12. d. M.; 2) 2» Flasche» Weißwein mit d« Etiauette „Deide-Heimer Hofft!!ck" und bezw. „Liebfrauenmilch" »od 4 Flaschen Cognac, während des letzten Monats; 3) 18 Flasche» Moselwein in braunen Flasche», «it kupfer farbigen Kavseln, ohne Etiquette, am 31. vor. M.; 4) ein Winterüberlikhrr von drmkelblauem Stoff, mit schwarzem Sammetkragen, anz S. d. M.; 5) rin Winteruberzteher ven schwarzblauem glatte» Stoff mit schwarzem Sammetkrage», gelb- und blaugestreistem wolleuen Futt«, schwarzen Horuknöpseu uud Kettchenheukel, am IS. d. M.; 6) ein Douimernberztrhcr von graugrünem Stoff, mit gelbem Kettchenhenkel, »in Winter üderiteher v«u braunem Stoff mit bellwollenem Füll», eine klein« Fiött (Piccolo) u»d «l»r schwarz« Pelzmütze, am 13. d> M.: 7) ein Coli, stguirt: 8 ", ,I. -6", „Lurräort", «uthaltend eine Niste «tt MaAdel». vom 4. bi« S. d. M.: 8) ein Packet in grauem Papier «tt verschiedenen Sorten Wolle u»d 9 Stück buntwollenen Decke«, am 11. d. M.; 0) ein Handwagen, vierrädrig, grüngestrichen, mit d« Firma: ,.6. SobiÜLS, L.-Lutrit»«:d", auf demselben: ein Tragkorb und 2 Tücke mit schmutziger Ha««» «»- Letdwische und zum Theil mit «euer Bettwüsche, mit de, Zeichen „L, IV.", „L. L.", >V.", 8.". „dl. 4V.". .A L" ..bl. 8/ »ud „bl. 7 ". theil« mit Monogramm versehen, am 1. d. M.; 10) ein Handwagen, vierrädrig, blaugestrichen, mit Kafteuauf- satz, die Firma „6b von Drolltread, l^rpaig'' in weißer Farbe tragend, auf demselben ei« Strohsack, - Harlofftlsäckr und «in Tragkorb, am 5. d. M.; 11) ein Feder-Handwagen, Lrädrtg, grangestrichen, mit der Firma „8. 8trioü«rm»L», l^ipeig" vrrsehen, am 3. d. M. Etwaige Wahrnehmnngeu Über den verblieb der gestohlenen Gegenstände oder über den Dhäter sind »»gesäumt bel unserer Lrimtnal. Abtheilung zur Auzclge ,« bringe«. IKipzig, am 14. November 1802. Da» Poltzetamt der Stadt Leipzig vretschartder. Einjährige DienstpAicht für Mädchen. —7- Unsere Zeit wird charakterisirt durch ein vielseitiges hastendes Streben; man möchte jetzt in einem Jahrzehnt genau so viel erreiche», wie früher in einem Jahrhundert. Als ob man früher unendlich viel versäumt und vernachlässigt hätte, soll nun „zum Abdruck", zum Schluß des letzten DecenoiumS, in fieberhafter Eile alles das noch eingeholt, durchgesetzt und eingcordnet werden, was man von der einen oder der anderrn Seite al« unerläßlich zu bezeichnen Pflegt Eine brennende Frage der Gegenwart bildet jedoch ent schieden die „Fraueufrage", wenn auch Manche-, wa« in d.cse Frage embezogen zu werden pflegt, für übertrieben und excentrisch gelten muß, besonders wenn sich da» Streben auf Be friedigung derEmancipationSgelüste bezieht. So mancher Wunsch und so manche Forderung hingegen verdienen unsere Beachtung und Unterstützung; dieses ist sicher auch der Fall mit dem Wunsche, welchen Helene Lange eine Autorität auf dem Ge- biete der Mädchrnerziebung, aus der letzten Genrralversamm- luna de« allaemeinen deutsche» Frauenvrrein« äußerte, indem sie sagte: „Wenn ich einen frommen Wunsch au-sprechen darf, so ist e« der, daß alle jungen Mädchen, wie der Man» sein Milttairjahr, ihr Jahr m einem Bolk«kiadergartcn oder sonst einer Veranstaltung zum öffentlichen Wohl« „abdienen" müßten." Einjährige Dienstpflicht für unsere jungen Mädchen Helene Lange bezeichnet e« al« einen „frommen Wunsch", und ein solcher dürste der Gedanke auch im günstigsten Falle noch auf längere Zeit bleiben; dennoch hat derselbe so viel für sich, daß er zum Nachdenken reizt. Es wäre entschieden aut, wenn jede« junge Mädchen einen Cursu« in der Kindergärtner«» durchmachte, um ersprießlichen Umgang mit Kinder» »u erlernen; nicht minder empfehlenswert- war« ein praktischer Cursu« in der häuslichen Krankenpflege oder in Volksküchen. In Nr. 29l de- „Leipz. Tgbl." (Zur Verhütung der Verbrechen in der Jugend) haben wir un« bereits für Errichtung von Logirhäulern für die Jugendlichen ausgesprochen, weil da« Schlafstellenwese», oder richtiger Schlasstellenunwesen, keinen Familienanschluß und keine Famiiienerziehuoa kennt. Diese Häuser sollen unter vernünftiger Aufsicht einer Oberin mit ihren Helferinnen Pensionat« bilden, in welchen in den Feierabend stunden Unterricht und Anweisung in der Hau« baltung«kundr, im Kochen, Nähen, Stopfen, Flicken, Maschinennährv, Bügeln, Putze» der Geräthe, Waschen und Scheuern, Zubereit«« brr Speise» ». s. w„ überhaupt in allen Uerrichnmgen, wie solch« i« einfach«, kleiobüraerlichen HanstzM, »«Sn»»»,» nutz peakttsch „rnwrttzbar And, «o» theilt wird. Auch diese Logirhäusrr bildeten rin gute- Uebungsgebiet. Oder ist diese Uebung überflüssig? — „Bei keinem Men gen", sagt Helene Lange in dem erwähnten Bortrage, „ist die Fähigkeit, nicht zu sehen, was wirklich vorgeht, nicht zu hören, wenn ein Nothschrei durch das Land schallt, nicht zu empfinden, wenn das Elend ihnen nahe tritt, in Träume zu versinken, wenn daS Leben wache Menschen verlangt, großer, al« bei der Mehrzahl unserer jungen Mädchen der so- renannten besseren Stände, — aber aus den Mädchen werden zraucn I" Von denselben „höheren Töchtern" sagt Proseffor Ziegler („Die sociale Frage eine sittliche Frage"): „Man schleppt sie durch das wilde Lebe», durch die stacht Unbedeutendheit unserer sogenannten Geselligkeit, läßt sie pflichtloS in der Welt umherslattern, sich putzen und zieren, kokettsten und mit Männern smarmuziren, und als geistige Nahrung gicbt man ihnen sranzösische und englische Romane oder die unter solchen Umständen geradezu schädliche und verwcicklichcnde, weil lediglich spielerische Beschäftigung mit der Musik. Und da wundert man sich noch, daß so viele Frauen eitel und gefall süchtig, kleinlich und für geistige Interessen stumpf, unlogisch und charakterlos sind. Statt aber dem entgegen zu arbeiten, verschließt inan ihnen gewaltsam den besten und einzigen Weg, der darüber hinaus führt: den Weg ernster geistiger Arbeit." DaS auf diese Weise gekennzeichnete Drobnenleben so vieler jungen Mädchen der höheren Stände fällt gerade in die Jahre, die für die geistige Richtung des Menschen di« ent scheidendste» zu sein pflegen. Sic bilden den Zwischenraum zwischen Schule und Heirath, vorausgesetzt immer, daß ein solcher Abschluß erfolgt. Bei den 40 Procent der in großen Städten unverheirathet bleibenden grauen dehnt sich die Zeit de« Tändeln- und geschäftigen NichtßthunS ins Unendliche aus. Der Gedankeulethargie der ersten Jahre folgt dann gewöhnlich quälende innere Unruhe, ein bis zum Unerträg liche» gesteigertes Gefühl von Leere. Au« den Honig naschenden Schmelterlingswesen werden nur zu häufig eitle, beschränkte, oberflächliche Frauen oder nervöse, unzufriedene, verbitterte Fräulein. Wie unfäbig andererseit« so viele Frauen aus den sogen arbeitenden Elafsen, die aus Roth und Liebe zur goldenen Freiheit als Mädchen der Fabrikarbeit sich zuwenden und io per arbeitsfreien Zeit nur nach Genuß trachten, zur Er füllung de» Krauen- und Mutterberuse« sind, braucht kaum Hervorgehober: zu werben. Wo bleibt bei solchen Zuständen da- vielgepriesene deutsche Frauen-Jdeal? Der Gerechtigkeitssinn, das Ehr gefühl, der Stolz, die Menschenliebe, überhaupt Alle«, was ut und wahr an der echten deutschen Frau ist, muß ,ch auflehnen gegen solche Unnatur, wie besonder« die rasche Entwickelung modernen ManchesterthumS sie geschaffen. Aber nicht ausstachelnd und kämpfend wünscht die deutsche Frau einzugreifen, sondern opfernd und helfelnd. Sie überläßt es neidlos dem Manne, Wunden zu schlagen, wenn sie nur helfen und heilen kann. Und ein praktisches Heilverfahren bietet der Vorschlag von Helene Lange. Es soll besouverS dem bester gestellten Theile unserer Frauen das verschafft werden, wa« ihm so sehr fehlt: wirkliche ernste Arbeit, der Einblick in solche und das Berstäodmß dafür. Alle jungen Mädchen zwischen dem acht- ehutea und rinundzwanzigsten Jahre sollen von Staat« wegen zu einem Dienstjahre verpflichtet werden. Ein echt deutscher Gedanke. Dem Vaterlaodc und seinen künftigen Söhnen in erster Linie würde e« zu Gute kommen, wenn seine Töchter zu einer gewissen Stramm heit im Dienst und »u LeistungStüchtigkrit erzogen würden. E« müßten (gleichsam al« „Easeriirn") neben de« bestehenden eine Anzahl neuer Volkskindergärten, Krippen, Kinder- bcwahr-Änstalten, Volksküchen, Krankenhäuser, Arbeiteriuuen- Logirhänser, Dienstmagde-Herberacn rc. eingerichtet werden. Entsprechend ihren Neigungen (Wahl der Garnison uud Truppe) würden die dienstpflichtigen Mädchen diesen ver schiedenen Departement» zugeiheilt. Dann hätten sie unter freundlicher aber „strammer" Leitung ihr Jahr abzudienen. Förderlich wär auch zum Schluffe dir Ausstellung eines Zeug nisses über Führung und Leistung. Bei vorhandener Neigung könnte auch das Dienen auf Avancement zugelasteu werbe», die zur Leitung der „Einjährigen" befähigte. Dieses Dienstjahr würde den Charakter der erwachsenen Mädchen i» einer Weise bilden und stählen, wie es das Familienleben nur in AuSnahmefällen, Schul« und Geselligkeit überhaupt nie zu thun vermögen. E« würde die Augen der jungen Damen für da« wirkliche Leben öffnen, e« würde sie für Viele-, wa- später von ihnen verlangt wird, tüchtig machen, eS würde sie ihren Dienstboten menschlich näher bringen und sie gerechter macken iu den Anforderungen an dieselben. Da« zunge Mädchen würde körperlich und seelisch erstarkt in da« Elternbau« zurück- kehrcn. ES konnte bei einer so gewaltigen Anzahl von Dienst- leistendrn in weit umfangreicherer Weise für die Kranken, für die Armen, insonderheit auch für die Kinder aus dem Volke gesorgt werden, von denen leider so viele jetzt verwahrlosen und sittlich gefährdet sind, so daß dem Lervrecherthum durch dir „Jugendlichen", da» jetzt in so grauenhafter Weise zu genommen hat, wirksam begegnet würde. Dem Mangel an HilsSkräflen in unseren Krankenhäusern wäre mit einem Schlage abgeholfrn, und im Kriearfalle würde ein ganze« Heer von gelernte» und erprobten Pflegerinnen zur Verfügung stehen. Und noch Ein«. Indem wahrend de« Dieostjahre« di« Töchter de« Wohlhabenden mit den Armen dir gleich« Arbeit zu thun, ja die Armen zu bediene« hätten, würde die böse Kluft zwischen den Ständen um ein gute« Theil mit Überbrückl und damit der Socialdemokratie wirksam begegnet werde». Da« Volk der Arbeitenden würde in den „Bester Situirten" nicht «ehr ausschließlich Genießende sehen, sondern st« im Gegentheil als freiwillig der Bequemlichkeit Entsagende» Dienend« und Helfende achten lernen. Ehrerbietung und Zuneigung für die erwähnten Damen, dir ihre Kranken ge bettet, ihre Kinder gewartet und ihre Hungernden gespeist, ihre geistig Darbenden belehrt und erfrischt haben, ohne daß ihnen eine Artzeit z» gering oder zu beschwerlich gewest» wir«, würde» an Stell« von Neid «ud Groll trete». Deutsches Reich. 88. Berlin, 14. November. Tie Militair» Vorlage bat einen neuen Vertheidiger gefunden, der ihrer und ihres Urhebers durchaus würdig ist: die Wochenschrift „Adels- und Salonblatt", die für jene Kreise ge schrieben ist, die sich bescheiden mit der geistigen Kost der „Kreuzzeitiinz" nähren. ES hofft vom „Reichstag" zuversicht lich, daß er sich mit „untergeordneten Modificationen" begnüge und die „große Frage", deren gesunde Constitution dem trüben Wasser der Zeitungörcthorik tapfer widerstanden, bejahe. Die zweijährige Dienstzeit ist daö einzige Bedenken, denn dadurch fällt ja für den „Mann" der große Sporn weg, durch tüchtige Führung früher wegzukommcn. Eine muihige Fansare wird angcstimmt ob der günstigen Avance- mcillSverhällnisse der SecondelicutcnantS, die unser der „zwar gesegneten aber doch hyperconscrvativcn" Regierung Kaiser Wilkelm'S I. angeblich zwölf bange Jahre aus den Premier- lieurcnank warten mußten. „Die Militairvorlage bedeutet somit eine wesentliche Stärkung der Aristokratie, gan» be sonders der Geburtsaristokratie", heißt eS zum Schluß. Soweit da« adelige Distanzreiterblatt; eö wird gut thun, sich daran zu erinnern, wenn einmal „anscheinend ofsiciöS" verlautet, daß das Bündniß zwischen Frankreich und Rußland in aller Stille perfect geworden sei. 6. U. Berlin, 13. November. DaS Gewerbegericht nebst EinigungSamt für Berlin tritt bekanntlich am 10. April kommende» Jahres in Wirksamkeit, nachdem da« Ortsstalut die staatliche Genehmigung erfahren hat. E« ist dies vielleicht die größte Organisation, die seit langer Zeit überhaupt i» einer deutschen Stadlzemeinde hat auf- gebaut werden müssen. Bekanntlich hat daS Gcwerbegericht dreierlei Betätigung; eö entscheidet zunächst gewerkliche Streitigkeiten zwischen Arbeiter» und Arbeitgebern sowohl in der gewerblichen Thätigkeit überhaupt, wie auch in der Hausindustrie, sowie endlich zwischen Arbeitern des selben Arbeitgebers» sosera dieselben m eine gewerbliche Streitigkeit unter einander geraten. Ferner ist das Ge- wcrbegcricht als EinigungSamt tätig, wenn Streitigkeiten zwischen Arbeiter und Arbeitgeber über die Bedingungen und Fortsetzung oder Wiederaufnahme de« ArbeitSverhättniffr« entstehen, sofern beide Thrite da» EinigungSamt anrusen. DaS Gcwerbegericht ist endlich dazu bestimmt, auf Ersuchen Gutachten über gewerbliche Fragen zu ertheilen. Da an dieser durch daS Reichsgesetz vom 29. Juli l890 geschaffene» neuen commuiialcu Justttution alle Arbeitgeber und alle Arbeitnehmer, die seit mindestens einem Jahre io Berlin wohnen und da« 25. Lebensjahr zurückgelegt haben, be theiligt sind, so kann man sich ungefähr eine Vorstellung davon machen, ein wie großer Theil der Berliner Bevölke rung (die Hälfte) an diesem Gewcrbegericht ein Interesse hat. Das Erste, was zu geschehen hat, wird die Vorbereitung der Wahlen sein. Hierzu gehört vor Allem die Aufstellung der Wählerlisten; die Huadcrttauscude der Wahlberechtigten wer den ihre Eintragung in die Wählerlisten zu bewirken haben. Zu diesem Zwecke werden im Wahlbureau de« Magistrats und in 8 Wahlbureaup in je einem der Berliner ReichStagS- wahlkreiie während 14 Tagen in einer Turnhalle oder in einem Saale einer städtische» Lehranstalt mehrere Secrrtaire und Schreiber an den Soootagvor«ittaatn und an den Wochentagen in den späte» Nach»ittag»stund«n, wenn die Arbeiter Feierabend haben, ttziitig sein. Auf Grund diese« so gewonnenen Urmaterial« wird die Wähler liste ausgestellt werden, wa« wiederum einige Wochen er fordern wird. Nachdem diese Vorbereitungen etwa bi« Ende dieses Jahre« abgeschlossen sein werden, wird die Wählerliste öffentlich auSgelegt und die Reklama tionen gegen dieselbe zur Erörterung kommen. Zu wähle» sind 2l0 Beisitzer aus dem Stande der Arbeitgeber und ebenso viel aus dem der Arbeitnehmer. Da- Gcwerbegericht al« Gericht wird ungefähr den Umsang der Organisation von 3—4 Amtsgerichten für Civilstreitsackcn unter 300 „ck haben. Bei dem sehr unvollkommenen Verfahren, wir es nach dem jetzt abgeschafften tz. 120 a der NnchSgewerbe- Ordnung bestand, standen in Gewcrbestreiksachen täglich (da» Jahr zu SOO Arbeitstagen gerechnet) 40—50 Sachen an. DaS Gewcrbegericht hätte schon hiernach in circa 15000 Streitsachen im Jahre zu verhandeln; diese Zahl ist aber deshalb zu gering, weil die Steigerung der Bevölkerung, welche in drei Jahren 150 000 Seelen betragen hat, nicht in Anrechnung gebracht ist. Wenn oian nun auch aiinimnit, daß von ven mindesten» 15 000 Streitsachen wohl die Hälfte ohne Zuziehung von Beisitzern wird verhandelt werden, in Fällen also, wo der Streit durch Vergleich, Bersäumnißurtheil, Anerkeununa durch den Vorsitzenden allein erledigt wird, so bleiben doch ungefähr 7500 Sachen übrig, deren prompte Erledigung nicht weniger al« 3 mit einem recht-gelehrten Vorsitzenden und 4 Beisitzern besetzte Kammer» vorauSsrtzt. Nach einer, wie wir glauben, sehr zuverlässigen Schätzung dürfte die wahlberechtigte Bevölkerung Berlin« zu den GrwrrbegerichtS- wahlen etwa 400 000 Personen betragen (lOO OOO Arbeit geber und 300 000 Arbeitnehmer). Abgesehen von der großen Mühe, welche dir Einführung dieser neue» Organisation, die der Gewerbedeputation des Magistrat- obliegt» erfordert, Werden auch die Kosten nicht unerheblich sei». Hoffen wir, daß die neue Organisation durch die Art, wie sie gehandhabt wird (hierauf kommt e« ganz allein an, nicht auf etwa« bester «der schlechter sormulirte Gesetzesparagraph«,), wesentlich zur Förderung de« sociale» Frieden« m der Reich«hauptstadt bei tragen werde. V. verlt«, l4. November. (Telegramm.) Da« „Berl. Tagebl." schreibt: Wir stad iu der Lage, zu versichern, daß sämmtliche größeren Bundesstaate» über die Militairvorlage einig sind, nicht einer drrselben hat eia« abweichend« Meinung geäußert. E« ist somit durchaus hinfällig, wenn man von der Anwesenheit de« König« von Dachsen i» Berlin eine entscheidende Wendung in der Frage erwarten zu dürfen glaubte. Die Militairvorlage ist am letzten Donurr«ta- im Bunde-rath berathen worden und wir haben guten Grund ru der Annahme, daß die Berathung im Wesentlichen zu End« geführt worden ist. Di» Militair-Borlag« wird also am 22. d. M. «it der Eröffnung de« Rrich«tagt« «mgebracht »erde» «»»«. Daß der Vuadesrath an derselbe» eioig« A»d«r»»,« tz«^no«»e» hat, geh» sch«, »a« de. Au« einandersetzungen de« Militair-Wochenblatte» hervor. Un richtig ist dagegen, daß auch die Steuergesetzt bei Eröffnung de« Reichstags bereit« vorliegen werden. --Berlin, 14. November. (Telegramm.) Der Kaiser und die Kaiserin empfingen heute Mittag >m Schlöffe das Präsidium des Landtage«. Der Kaiser äußerte, da er vollkommen von dem Umsang und der Bedeutung der Auf gaben des diesmaligen Landtages erfüllt sei, so hoffe er, die Einsicht und Hingebung der Mitglieder beider Hauser werde eine Verständigung über die hochwichtigen Vorlagen hcrbei- 'ühreu, welche zunächst rin ernstliches Studium erforderten; eS heiße zunächst Einsicht in dre Acten zu gewinnen. Der Kaiser schloß mit dem Wunsche gedeihlicher Arbeit. — Dem „ Neichöauzeiger" zufolge besteht die Absicht, dem Reichstage gleich nach dem Zusammentreteu den Gesetzentwurf vorzulegeu» wodurch die dem BnndeSrath erthellte Ermächtigung zur Gewährung de» deutschen Vertrags-Zolltarif« an nicht meistbegünstigte Staaten bis zum 1. April 1893 verlängert wird. — Dem BundeSrathe ist ein Antrag Bayern« in Gestalt eine« Gesetzentwurfs zugegangen, der Abänderung der Gewerbe ordnung in Bezug auf den Hausirhandel bezweckt und nicht unerhebliche Beschränkungen desselben anftrebt. Die wichtigste Bestimmung de« Antrages geht dahin, daß der Hausirschein, der für die Dauer des Kalenderjahres erthcilt wird, den Inhaber berechtigt, sein Gewerbe im Umherzicben im Bezirke derjenigen Behörde zu betreiben, die den Wandergewerbeschein ertheilt bat. Zur Ausdehnung de« letz teren auf einen anderen Bezirk ist die Zustimmung der zuständigen Behörde de« letzten erforderlich. Die Ausstellung der Scheint kann auch kürzere Zeit, als für da« Kalenderjahr oder für bestimmte Tage während desselben erfolgen. Soweit da« Feilbieten von geistigen Getränken im Falle be sonderen Bedürfnisse« vorübergehend gestattet wird, ist die räumliche und zeitliche Beschränkung der Erlaubuiß im Wandergewerbeschein anzugeben. Die Ausdehnung kann versagt werden, wenn in dem betreffende» Bezirk kein Bedürsniß besteht oder eine entsprechende Anzahl von Waudergewcrbescheinen bereit» ertheilt oder auf den be treffenden Bezirk au-gedehut ist. Der Gesetzentwurf, dessen Ein- fllhrungstermln offen behalten ist, bezweckt also: Beschränkung des Hausirhandel« auf einen bestliumten Bezirk und Ab- häogigmachung der Erthcilung de- Haustrscheines von dem durch dl« zastthendeu Beböroeu festzustellenden Bedürsniß. Die Begründung sucht, dem vernehmen der ,M. Z." nach, zunächst die großen und von vielen Seiten bei der ReichS- regierung, be, dem Reichstage, bei den Eiuzellaudtagen em- gebrachten Beschwerden über den jetzigen Betrieb des Hausir- bandel« festzustcllen, sowie darauf hinzuweiseu, daß die bis- beriaen Bestrebungen, Abhilfe zu schaffen, wirkungslos ge blieben sind. Man stehe einem Kampfe zwischen dem Großbetrieb und dein Kleinbetrieb gegenüber, bei welchem sich da« Kleingewerbe in einer seiner Existenz bedrohten Nothlage befände, zumal da auch durch neuere Bestimmungen über die Sonntagsruhe im HandelSgcwerbe der den seßhaften Gewerbebetreibeuden entgehende Umsatz nunmehr den Hausirern und Detailreisenden zu Gute komme. Schon jetzt erweise sich die vorgeschlagene Regelung als leicht ausführbar und zut bewährt. Es wird darauf hingewiesen, daß der Grund» atz der Würdigung der Bedürfnis frage schon jetzt bestehe ür die umherziehenden Musikanten, Schaubudenbesitzer, aus ländische Hausirer, WirthschaftSgewerbe, die sogenannten VariStö-Theater und die Pfaodlrihcrgewerbe. Damit seien den neuen Vorschlägen bereit« die Wege ge,dort. — Zu den ersten Gegenständen, welche dem Reichstage sofort bei seinem Zusammentritt zugehen werden, wird der Gesetzentwurf wegen Abänderung de« Strafgesetzbuches )die zogenanntr 1,sx Heinze) gehören. — Die Beschlußfassungen de« ReichSversicherungS» amte« erfolgen, wie bekannt, wo rechtliche Entscheidungen zu treffen sind, unter Zuziehung von richterlichru Beamten. Letztere werden auf Vorschlag veS BuudeSrathS vom Kaiser ernannt. Nachdem der bisherige ständige Beisitzer de- ReichS- v rsicherungSamteS für die richterlichen Functionen Geh. Justizrath Freysckmidt verstorben ist, hat der BundrSrath beschlossen, als Ersatz für diesen den königlich preußischen Laubgerichtsdirector Humbert zu Berlin, der seit länger als vier Jahren au«hitfswrife im NeichsvcrsicherungSamte be schäftigt ist und sich zur nebenamtlichen Uebernahme dieser Stelle bereit erklärt hat, in Vorschlag zu bringen. — Wie die .Fönigsb. Hart. Ztg." erfährt, soll sich die in der Thronrrdr angekündrgte Vermehrung der etatS- mäßigen Stellen im Subaltrrnbeamtendienste und Kanzleidienste aus alle diejenigen Hilfsarbeiter erstrecken, die am l. April 1893 über vier Jahre w diätarischer Beschäf tigung sind. — Daß die preußische Eisenbahnverwaltung an arsicktS der Mindereinnahmen au« dem Bahoverkehr und de« Feblbetrags im preußischen Etat sich der Sparsamkeit be fleißigt, muß gewiß gebilligt werde». Ob aber der Wea, der hierzu eingeschlagen wird, überall der richtige ist, mochten wir bezweifeln. So berichten schlesische Blatter, daß die Absicht bestehe, vom 1. Januar ab dir Kosten für die Beleuchtung u»d Heizung der WirthschaftSräume auf deu Bahnhöfen den BahnbofSwirthen aufzu- legen. Da die Wartesäle zu den Betriebsräumen gehören und dem gesummten reisenden Publicum, auch denjenigen Personen, die nicht« verzehren, zur Verfügung stehen, so scheint un» diese Anordnung nicht berechtigt, oder e« müßte wenigsten« im Conlract der Bahnbehörde mit den Wirthen darauf hin- gewirsrn werden. Noch schlimmer aber sind Gparsamkeit«- maßrrgelo, die in Dortmund getroffen find. Der „A.R.-E." wird darüber au» Dortmund gemelbet: „Die oharhia gering besoldete» Rotteuarbettrr dürfen nur »och eine» um deu anderen Tag arbeite», so daß ans jede» Arbeiter wöchentlich 8 bt« 4 Schichten kommen; dt« aus diesem Weg« erzielt« Erspcrniß dürste zur Busgleükniug der Mindereinnahmen der Bahnen wohl herzlich wenig beitragen, dt» Arbeiter aber der bitterste» Nvth pretsaegebe» Einigen älteren Arbeitern wurde .ge stattet", bet einer Lohnreductio» voo 40 ^ per Schicht täglich »u Bewahrheitet sich dies, Meldung, s» wäre st» ei» Weiterer Vewei« dafür, daß di» Verwaltung de, Staatsd«-«» Ach
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