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Sächsische Volkszeitung : 10.04.1926
- Erscheinungsdatum
- 1926-04-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192604104
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19260410
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19260410
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungSächsische Volkszeitung
- Jahr1926
- Monat1926-04
- Tag1926-04-10
- Monat1926-04
- Jahr1926
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 10.04.1926
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Nummer 78 — 25. Jahrgang «mal wöch. Bezugspreis für April 3 M. einjchl. vesteilqels. Anzeigenpreise: Die Igesp P-mzeiie S0L. Stellengesuche 2a H. Die Petiireiilamezeile, Milli» Meter breit, I OsferrerigebUhren für Selbstabholer Lv bei Uederienoung üurch oie Post außerdem Bortozuschlag Ein'.cl lN Soniilaas.Nr 15 I. Veschästl. Teil: I, Hillebrand in Dresden. Sonnabend, 10. April 1926 Im Falle höherer Gewalt erlischt ,eüe Verpflichkunx auf Lieferung sowie Erfüllung o Anzeigenaufträgen u. Leistung v. Schadenersatz Für unseuti. u. d. Fern» ruf üdermitk Anzeigen übernehmen wir keine Ver. antwortung. Unverlangt eingesandte u. m. RUckporlr nicht versehene Manuskripte werö nicht aufbewahrt Hauptschristleit.: Dr. Joseph Albert. Dressen Kri8laII unä Qlas kür jeäe?3fel 8. DI88I0 OrunserStr, 2Z Oresclen weichästsftclle, Lrurl nnd 4icrlan! Laxvina- Luchdruikerol GmvH-, DreSdex-A. I, PoUersircitze 17. Fernruf L1VI2. Pxkychecklxuto Trerdex 117U7 Bankkoxlo: Bnssenne Si Nrinsikie, ?re?!>e». Für christliche Politik un» Kultur Redaktion der EachNicheu Volk-zettung TreSdeixAttsiadt I, Polierstratze 17 gernru« 20711 >u,d 2IVIS. Die Nase des Diktators Der Name Mussolinis ist wieder einmal in aller Leute Munde. Eine alte Frau, die sich den Revolver an der Hand festgebunden hatte, hat dem „Duce" auf dem Platze vor dem Kapitol quer durch die Nase geschossen. Die Täterin ist eine Geisteskranke, die entweder unter dem Zwange einer fixen Idee gehandelt hat oder von gewissenlosen Dritten mißbraucht worden ist. Von außen her macht der Vorgang auf dem Kapitol den Eindruck einer Parodie auf Casars Tod. Für Italien aber ist da mit eine Sensation gegeben, die noch einmal die faschisti sche Diktatur gründlich befestigt. Mussolini ist nicht der Mann, eine solche Situation ungenützt zu lassen. Seine Fähigkeit, auf politische Wen dungen zu reagieren, hat sich von jeher als ganz außer ordentlich erwiesen: er hat immer „die richtige Nase ge habt". Diese Eigenschaft dürfte sich diesmal, wo seine Nase in so ungewöhnlicher Weise gereizt worden ist. in ganz besonderem Maße erweisen. Seine Handlungen aber dürften nicht nur für Italien, sondern für ganz Europa einige Bedeutung gewinnen. Nach innen und außen will der „Duce" offenbar die begeisterte Stimmung nach dem mißlungenen Attentat ausnutzen. Im Innern wünscht er offenbar den Ap parat der faschistischen Partei noch besser in die Hand zu bekommen als bisher. Darauf deutet die von der Agen- zia Stefani ausgegebene Lesart, daß man nach dem At tentat, „eine Säuberung der Parteilisten" vornehmen werde. Es scheint also fast so, als ob man die Anstifter des Anschlages in den Reihen der eigenen Partei sucht. Ob das stimmt, mag dahingestellt bleiben: jedenfalls be steht die Tatsache, daß die Scharfmacher der eigenen Par tei heute für den italienischen Ministerpräsidenten gefähr licher sind als seine erklärten politischen Gegner. Die Opposition ist niedergeschlagen, die liberale und sozia listische Presse so gut wie vernichtet. Es fehlt den Ra dikalen des Faschismus an einem Felde der Betätigung. Diese Tatsache hat eine gewisse Mißstimmung gegen den Führer geschaffen, der am lebhaftesten der bisherige Generalsekretär der Partei, Farinacci, Ausdruck ge geben hat. Mussolini hat diesen Mann daher von seinem Posten in der üblichen Form des angenommenen Ent lassungsgesuches abberufen, er hat kurz nach dem Atten tat dem neuen faschistischen Parteivorstande zugerufen: „Wenn ich vorangehe, folgt mir, wenn ich zurück- weiche, wütet nicht!" Dieses Zurückweichen ist vor allem in einer Rich tung festzustellen: in der Politik des „Duce" gegenüber dem Vatikan. Mussolini weiß genau, daß er gegen den Vatikan auf die Dauer nicht Politik treiben kann. Ohne die Neutralität der Kurie würden sich gerade die Kreise bald gegen ihn wenden, auf die er sich heute am festesten stützt. So hat er die religionsfeindlichen Ele mente, die im Faschismus von Anfang an vertreten ge wesen sind, stets zurückgehalten. Die Folge war eine ruhige Zurückhaltung der Kurie, die grundsätzlich den Faschismus als ein notwendiges Gegengewicht gegen den Bolschewismus beurteilt. Das wurde in dem Augenblick anders, als Farinacci und sein Anhang den Kardinal staatssekretär Gasparri angriff und als die italie nische Regierung durch den Entwurf einer neuenKirchen- gesetzgebung in die Rechte des Papstes einzugreifen drohte. Die Folge waren scharfe Erklärungen des offi ziellen Blattes der Kurie, des „Osservatore Romano", auf die hin der Ministerpräsident einlenkte. Von der neuen Kirchengesetzgebung hört man nichts mehr, und Farinacci ist kaltgestellt. Nicht im Kampf gegen die Kurie will also der Dik tator neuen Ruhm für den Faschismus gewinnen. Er hat (klüger als die „Faschisten" in Deutschland) erkannt, daß eine Diktatur im Zeichen des Kulturkampfes un möglich ist. Aber Ruhm braucht jeder Dikta tor, und wenn im Innern keine strahlenden Lorbeer kränze zu gewinnen sind, muß man sie außerhalb des Landes suchen. Die Außenpolitik des „Duce" ähnelt daher etwas der Methode, die der dritte Napo leon angewendet hat (und die über Solferino nach Se dan führte). Mit der „Faschisierung" Südtirols fing es an. Dann kam der Korfu-Konflikt mit Griechenland. 1626 soll nun nach dem Ausspruche des Diktators das „napoleonische Jahr" des Faschismus werden. Mit den Brandreden gegen die Slldtirol-Propaganda in Deutsch land fing das an.' Die Intrigen auf der Genfer Konfe renz bildeten eine würdige Fortsetzung. Nunmehr heißt bas Schlagwort: Koloniale Expansion. Mussolini tritt damit in die Fußtapfen seines Kol legen Primo de Rivera, der bekanntlich aus Ma rokko die notwendige Autorität für seine Regierung mitbringen wollte, dabei aber unter die Scharen Abd el Klüms und den üblen marokkanischen Regen geriet. Aebnliche Erfahrungen hat Italien mit seiner Kolonial- psluik eigentlich bisher auch gemacht- An der Aornalj- Kritische Tage für England Die Bergarbeiler-Konserenz LonSv», 9. April. Der Exekutivausschutz des Berg- arbeirervcrbaudes hielt gestern eine Vorkonferenz ab. Heute wird die Delegierten-Konferenz den Standpunkt der Berg arbeiter in bezug ans den Bericht der Kohlenkommission festlegen. In gntnnterrichteten Kreisen sagt man, das; der Exekativaiisschutz beschlojsen habe, die Vorschläge der Bergwerk-bcsitzcr zurttckzuweisen und der Konferenz anzu- empfehlen, gegenüber den örtlichen Abkommen und einer Herabsetzung der Löhne energischen Widerspruch zu erheben. Die Exekutive der Bergarbeiter wird der Konferenz wahrscheinlich den Vorschlag unterbreiten, die Annahme jeglicher Lohnverminderung, die Ausdehnung der Arbeits stunden und jede Abweichung von dem Minimallohnab- kommen zu verweigern. — Die „Times" gibt ihrer ernsten Sorge heute an leitender Stelle Ausdruck. Sie betont, daß die Bcrgarbeiterschaft anscheinend um die eigentliche Ent scheidung herumzngehen bestrebt sei, denn cS handele sich Kr eerster Linie nicht mehr bloß um die Vorschläge der Re gierung oder der Bergwcrksbesitzer, sondern zunächst um eine grundsätzliche Stellungnahme zu dem Berichte der Kohlenkrmu.ission. Angesichts der Vorschläge der Exe kutive sind die Aussichten für die Erhaltung des Frie dens im Bergbau zweifellos schlechter geworden, da nur noch drei Wochen zur Beilegung der Schwierigkeiten zur Verfügung stehen. Die Konferenz der Bergarbeiter muß eine Klärung darüber bringen, wie die Bergarbeiter sich zu dem Berichte der Kohlen- euguctelrommission verhalten. Bekanntlich hat sich die Regierung bereit erklärt, den Bericht im ganzen anzunchmen, falls die Unternehmer und Arbeiter das gleiche täten. Die Unternehmer haben sich schweren Herzens bereit erklärt, den Bericht im großen und ganzen anzunehmcn, so daß nur noch die Stellung nahme der Arbeiter aussteht. Wie zu befürchten war, droht die Bergbaukrise nunmehr in einen reinen Lahn streit aus zuarten. Der Bericht der Enguetekommission hat vorgeschlagcn, die Minimallöhue nicht anzutastcn, wogegen die Zuschläge zu den Minimallöhnen, die sich nach der Förderung richten, distrikt- mäßig zu regeln und nötigenfalls zeitweilig herabzusetzen. Um diese distriktmäßige Regelung sowie um Verminderung der Zu schläge geht der ganze Streit. Die Bcrgarbeiterverbände von Lancashire und Cheshire haben sich bereits gegen jede Lohn kürzung ausgesprochen und es ist anzunehmen, daß die Ver treter der übrigen Bergbandistrikte die gleiche Haltung ein nehmen werden. Die Lage würde dann außerordentlich ernst sein. Coolidge für Völkerverständigung Washington, 9. April. In einer Ansprache bei der Grundsteinlegung zum Klubgebäude des National Preß Klub führte Präsident Coolidge aus: Für die Entwicklung un serer auswärtigen Beziehungen hat die Haltung der Presse eine sehr große Bedeutung. Eine der erntestcn Pflichten der Regierung ist die Anbahnung und Erhaltung freundschaftlicher Beziehungen zu allen fremden Länern. Eine Grundlage hierfür bildet unser Außenhandel. Inter nationale Freundschaft und Sympathien stellen also einen nich. zu unterschätzenden Geldwert dar. Freundschaft und Sympathien werden aber nicht dadurch gefördert, daß man andere Völker verunglimpft und Karikaturen von ihnen entwirft. .Hierdurch kommt vielmehr eine feindliche Ge sinnung zum Ausdruck, die Keime zu künftigen Kriegen eglt. Wir sollten einsehen, daß auch andere Völker Rechtx zu vertreten haben und daß sie berechtigt sind, ihre Jnrer- esien mit allen billigen Mitteln zu fördern. Mussolini aus der Fahrt „Unsere Zukunft liegtauf dem Masse r." Rom, S. April. Das Panzerschiff „Cavour" ging gestern Nachmittag in Gaeta vor Anker, wo sich der Generalsekretär der faschistischen Partei Turati, die Mitglieder des Direktoriums und die saschi« frischen Provinzsekretäre von Mussolini verabschiedeten. Das Schiff ging sodann abends nach Tripolis in See. In Mussolinis Begleitung befinden sich die Unterstaats, sekretäre der Marine, der Ministerpräsidentschast und des Kolo- nialministeriums, sowie der Chef des Marinestabes. Der Gene ralsekretär der faschistischen Partei Turati, das Direktorium der Partei und die Prooinzsekretäre envarteten Mussolini an Bord. Mussolini schritt die Front der Ehrcnkompagnie ab und hielt dann eine Ansprache an die faschistischen Parteisekretäre. Cr sagte, er habe sie an Bord des Schiffes berufen, damit sie die Marine, auf der die wesentlichsten Hoffnungen für die Zukunft beruhten, Ehre bezeugten und damit die Faschisten bei der Rück kehr in die Heimat dafür sorgten, daß das Bewußtsein von der Wichtigkeit der Marine vollständig erwache. Er fügte hinzu: Wir sind Menschen des Mittelmecres und unsere Zukunft — ich will damit niemanden kopieren — hat immer aus dem Wasser gelegen und wird immer auf dem Wasser liegen. Paris, 9. Avril. Die Reise Mussolinis nach Nocd- asrika wird in Paris mit größtem Interesse verwlgt. Der „Tempo" erklärrc Donnerstagabend, man müsse sich aufrichtig freuen, daß Mus'olini keine schwere Verletzungen dovongetragen habe, denn sein Verschwinden, wenn es auch nur vorübergehend gewesen wäre, würde nötigerweise schwere Verwicklungen in der gegenwärtigen italienischen Politik Hervorrufen. Der „Temps" geht dann auf die Erklärungen Mussolinis vom Balkon des Palazzo Chigiin, in denen es heißt, das Ausland wird von uns in die Schranken gewiesen werden. Niemand, so schreibt der „Temps", denke daran, Jial.en feinen Platz an der Sonne zu bestreiten. Aber die Art, wie man in gewissen Krei sen die Tendenz des neuen Italien auslcge, lasse eine Unruhe über die Ziele des Faschismus im Auslande aus- kommen. Die Reise Mussolinis nach Tripolis in Beglei tung einer starken Flotte bedeute den wahren Beginn einer neuen Entwicklung in der italienischen Politik. Küste hat es seine vor langen Jahren durch den Negus Menelik von Abessinien empfangene Niederlage noch nicht ausgewetzt, und in Tripolis ist es dank des Wider standes der Senussi-Stämme über den Küstenstreifen noch nicht sehr weit hinausgekommen. Nach Tripolis fährt nun unter Entfaltung militärischen Gepränges Musso lini. Wird er mehr Glück haben als die, die gleiches vor ihm versuchten? Das Problem, das ihn auf die Bahn der Kolonial politik gebracht hat, ist im Grunde das gleiche, das allen Regierungen Europas Kopfzerbrechen macht und auch in Deutschland den Wunsch nach Kolonien wieder wachge rufen hat: der Menschenreichtum unseres Konti nents. Italien zeigt unter allen europäischen Nationen mit den stärksten Bevölkerungszuwachs in den letzten Jahren. Verhängnisvoll aber ist, daß der italienische Diktator den Versuch zur Lösung dieses Problems mit dem Versuch zur Erhöhung seines Prestiges verbindet. Er gedenkt diese ganz Europa bewegende Frage nicht auf friedlichem Wege zu lösen, sondern mit imperialisti scher Politik. Nicht durch wirtschaftliche Verständigung mit anderen Völkern will er die Lage seines Volkes bes sern, sondern durch nationale Expansion. Dank diesem Willen wird Südtirol italienisch kolonisiert, soll Tripolis kolonisiert werden, dank dieser Einstellung, sprechen heut die Faschisten von einer italienischen Irredenta in Süd- krankrelch (dort letzt allerdings etwa eine haltze Million Italiener), wie man vor dem Kriege von einer Irredenta in Oesterreich sprach. Zweifellos: der Diktator hat eine ungemein feine Witterung dafür, wo die großen politischen Probleme liegen, aber seine Art, sie zu bewältigen, ist außerordent lich gefährlich. Den europäischen Interessen muh eine solche Politik auf die Dauer verderblich werden. Sie bedeutet letzten Endes, daß eine Nation sich gegen die andere auf dem schmalen Spielraum, der uns geblieben ist, rücksichtslos durchzusetzen versucht. Es ist viel zu wenig beachtet, daß der Faschismus in Italien entstanden ist aus dem Gefühl, daß der Versailler Vertrag Italien nicht genug Vorteile gebracht habe. Die Methoden von Versailles auf allen Gebieten der Politik an zuwenden. das ist faschistische Staatskunst. Frankreich hat an der Ruhr erfahren, daß man diese Methoden ohne eigenen Schaden auch nicht gegen den Schwächeren ver wenden kann. Aber geradezu verhängnisvoll muh eine solche Politik werden, wenn sie zwei starke Militär. Mächte in Gegensatz bringt. An der Grenze Tripolis- Tunis und im Gebiete von Nizza aber liegt außerordent lich gefährlicher Konfliktstoff angehäuft, der die Be ziehungen zwischen Frankreich und Italien und darüber hinaus das ganze Konzert der europäischen Mächte ge fährden kann. Ist Mussolini sich der Unzulänglichkeit seiner Me- Hode bewußt,? Manche Maßnahme seiner Innenpolitik,
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