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02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 02.03.1905
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-03-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19050302021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1905030202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19050302
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1905030202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1905
- Monat1905-03
- Tag1905-03-02
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Dieses Matt wird bei, Leiern von Dresden uuü Umgeduu- am Lage vorher bereu» ab» Abend-Zlnsgade z,«gestellt. während es die Post»Abonnenten am Morgen m emcr Ge>amtauLgahe erhallen. VerugzgeMr: >teet,I,»drti» ">r »«»»», btt tttalt» t»»im,liaertt»Na«»n, »nlcr» r>otn, „»,»»» und m»r,.u«, an t-»u»> und Moulaak» „ui einmal) »1>>l »oV> dnr«l'a»«ivariiae<»m- mimonur» » Ml Pc« » MI »0 P». tpei »mmalwer 3»»eU»»a t»i«t> die L-oIi»Ml. lolme^eltellaeidi „n AiiS- land in» »ni>vre<Innde»i eZ»>it>laa«. t» «» druck all« «ttittt u. Oriainal- M»ie»»i„c„ nur m» deuilicher Ou»> i«»anaade«,Drr»d.4ia»>r') «ulu'ti,. Rakl'lrilaliche vonorar- a«>»rück>« blriden unbrrücküNinat: »»veuaiiale Mauiiilrnnc wcrücii uickil auivcwatir». »»learamm-Ndrel»»: Nachricht«, »««»de» KeszvLrnSel 185k Uevlrrg von Klepfrh L Reirliardt. Anreizen, tant. Nnnvlime von Nnkiindtoun»«« di» »aainiiiiaa» L Ut>r und Vciniaa» nur Mar>»»ttra>je u> vvu N d>« ' -Nllir lie twa'.tiaeErund- «eile iill >> Liloen A An- ttiiidiauiiii.'n a»> der P>" ai'eiie tttt!« ls, ! «>e ü>:alt>ae -,cNk aui T.erl itilk Sd ttz'u . a>« Üinacicuidl ije>le »L! Pi« !.i!i illummr»» „aid Li»n>- uiid Keic,»,«,» i>val»,e i)ii„»d i ,!e so Li», aui ^Iwill'nle <«u >l!>u. rivamae tzeilr aui LerUiilr und ul» liinaeilludi uoPt»^ ÄuswaruaeA!»- »aae nur »rae» ^vraudvciadluuu^ Brleadlaller werden m» lu ttzig. dereLned aernlliteäianlcklllil: Leut l Slr. U llird »tr. 20SL Lar lionfirmslioii: Leilineli Lsilekr limbeii-HimiM v»» U. S,M bk »k. 48.—. Xn»I>eii-?ilIel«k'»n ÜIIi.l!.—Ii'izU.ZS,— ^ » _ ^' I*i nx;vr 8tir»«»v S , , , Illüo ^ 6iö88i688x62illf!iM8kürLiilld6ll-L6^6iälnix. 2?»» 1 Lnieael - Mcucste Tral tberlchte. Hofaachiichten. ?tlldeitticher Verband. G "tk ibanverband. Gerift tsvridandliingeu. giussiich- ! ^ -V rhIHi»», 1 7, ^züllili. japa»ii>vcr Klttg. »Tie Iubitäuinsuuninier", B.iltiiig Ellen K.ys über ludivt^nelle E'Z > hniig. s I Neueste Trahtincl-nnstcu vom 1. März. DaS Ariedensvräscnzgcset». Berlin. lPriv.-Tel.j Die Budgetkommission des Reichstages setzte die Beratung des Friedens- vräsenzgesetzes fort. Mg. v. Kardorff meinte, bezüglich der Notwendigkeit der Vermehrung der Kavallerie habe sich die Lage heule insofern geändert, als ein Krieg noch zwei Fronten kür uns nicht in Frage komme und die Finanzlage des Reiches schlecht sei. Der Kbiegsminister werde wenig Gegenliebe mit seinen Kavalleriefordernngen finden, wenn nicht an anderen stellen, z. B. bei den Manövern, gcsvart würde. Jedes Jahr ein croßes Knisermanöoer sei nicht nötig, sei direkt nachteilig für die Ausbildung der Truppen, wie ihm Höhere Militärs er klärt hätten. Kriegsininister v. Einem trat dem unter Hin weis aus die Korosmanöver in »»deren Ländern entgegen. Staatssekretär Freiherr v. Stengel verbreitete sich über die Finanzlage des Reiches. Das neue Zolltarisgesetz und die Handelsverträge träten am 1. März 1906 in Kraft, alsdann würden auch höhere Mehreinnahmen erzielt werden: durch schnittlich werde der Mehrertrag aus etwa 70 bis 80 Millionen Mark abzuschätzen sein. Davon seien nach der Lex Trimborn für Arbetterwittven- und -Waisenversicherung etwa 20 bis 30 Millionen Mark abzuzicbe»: für dev Rcichshaushalt verbliebe ein Mehrertrag von 20 bis 20 Millionen Mark, was aber nicht ausreichend sei zur Sanierung der Neichssinanzen. Es sei da her eine größere Finanz- und Steuerreform er forderlich. Er hoffe, die Vorarbeiten dazu in allernächster Zeit zum Abschluß zu bringen. Tie Finanzvcrlältnisse zwischen Reich und Einzelstaaten würden dürft) die Reform aufs tiefste berührt. Die neuen Steuervorlagen würden vor dem Herbste nicht vorgelegt werden, aber dann so, daß nachträglich die Mehrausgaben schon für das lausende Jahr noch durch sie ge deckt werden könnten. Mg. Gröber lZentr.) verwies darauf, dak der Nimbus des Kolosses Rußland geschwunden sei. Die Ost» und Westgrenze seien ausreichend geschützt; man könne al>o mit aller Ruhe die Regierungsvorlage vrüsen. Wenn man Militär, Marine, vslasiatijches Expeditionskorps, Schutztruppe und die Unteroffiziere, die früher nicht eingerechnet waren, in die Präscnzziffcr einbeziehe, komme man zu einer Militär- belastuna von weit mehr als 1 Prozent der Bevölkerung, also mehr, als man früher vorgesehen. Von der jährlichen Abhal tung großer Manöver könne die Schlagsertiskeit des Reichs- Heeres nicht abhängig gemacht werden. Kriegsministcr von Einem erkürte, mit Unteroffizieren und Freiwilligen stelle sich die Milit« ärbelastiiiig, einschließlich der Marine, auf 1,08 Prozent der Bevölkerung. Unser Gesamtbedarf an Kavallerie belauft sich normalmäßig aus 108 Regimenter. Er wolle nur die Relation zwischen Infanterie nnd Kavallerie von 1870/71 wieder Herstellen. Die Kavallericdioision bei der Garde sei für Versuchszwecke unentbebrlich, sie sei sozusagen das Ver suchskarnickel. Aba. Bebel sSoz.j hält die großen Manöver für die hillicren Ossiziere allerdings sür unentbehrlich, sie müßten sogar noch größer sein in dienstlichem Interesse: aber die Prnnkmanöver seien überflüssig samt den Prunkvaraden. Redner fragt dann an, warum man nickt suche, auch bei »ns, wie in Frankreich, die zweijäbriae Dienstzeit für die Kavallerie durchzuführen, und ob die Bildung eines Korps von Automobil- Freiwilligen vereinbar sei mit der Militärverfassung und welche Stellung dieses Korps im Kriegsfälle habe. Kriegsminister v. Einem erwiderte, die Automobilfreiwilligen hätten mit der Militärverfassung nichts zu tun, es sei aber sehr dankenswert von den Automobilisten, daß sie sich bei den Manövern frei willig dem Militär zur Verfügung stellten. Dem Mg. Bebel danke er für sein warmes Eintreten für die Manöver: er, der Minister, hätte das auch nicht bester macken können. sStür- mische Heiterkeit.! Wenn man ans Bebels Vorschlag, bei uns, wie in Frankreich, jeden Mann zur zweijäbrigen Dienstzeit beranziehen wollte, so müßten wir eine Präsenz von 530 OM Mann gaben. Weiterberatung morgen. Nnsstsck,-javanischer Krieg. Petersburg. Heute morgen ist General Stössel mit seiner Flau hier eingetivsscn u»o aus dem Babubaft vom Kuegs- mliiisler und dem Edei des Geneiasttabes emv'ange» worden. Der Frau des Generals Slvstel w»>de» von Pelc>sdu,ger Dame» des Port A>Ihur-Koni tccs Blumen übe-re cbt. Siöiftl begab sich von Huna begrüßt, nach dem Parade,immer, wo General Bagda- nowitich eine Amprache an thu rirbti-te. worin er dainus bi,»virs. daß der Geneial ei» durch Mißerfolge aus dem KriegSichaiivlntz »ud durch Wirren im Innern gedrucktes Rußland wiedersehe, Stössel sorach »n seiner Eiwidernng die lleberzengnng ans. daß die Wirren nicht von de» Rüsten, sonder» vv» den Javanern tiervorgerusen leien, die die russischen Stellringe» auch aus dem Kriegsschauplätze mit Protlamaiionen überichlstlete,,. Tokio. In einer Versammlung van Bankiers und anderen Finanjleuten wurde die Snvltription der i n n e r e » A » > e i b e beraten und anSgesührt, daß, sobald die Liste» anigelegk sind, die Anleihe überzeichnet wcrbcn würde. Tie Bankiers aaben bekannt, daß sie 60 Millionen, der kaiserliche Hurshalt 5 Millionen »nd andere Körpeischasteii und Privatpersonen 40 Millionen übe» nehmen werden. Zur Lage in Nustland. Paris. Die ,.Humanste" verösfentlicht einen Aufruf des russischen Popen Gapon an das Proletariat und ein offenes Schreiben desselben an den Kaiser Nikolaus, das in maßlos heftigen Ausdrücken bgesaßt ist nnd mit Dynamit-Attentaten und sonstigen terroristisch-revolutionären Maßregeln droht. Petersburg. Im Gouvernement Minsk wird die Einstellung des Unterrichts in allen Lehranstalten gemeldet. Ardatow lGouv. Nishni-Nowgorods. Seit dem 27. Fe bruar herricht in den Rulebokschcn Werken der allgemeine Ausstan d. Die Arbeiter fordern Lohnerhöhung und Ermäßi gung der Preise sür Wohnungen und Holz. Tiflis. Die von den Unruhen erfaßten Kreise des Gouvernements Kutaiß sind bis zur Beruhigung der Gemüter dem Generalmajor Alichanow unlerslelll worden, der mit den Vollmachten eines Gouverneurs ausgestattet ist. Zu seiner Verfügung steht eine besondere Truppenableilung. Potsdam. Prinz Eitel Friedrich unternahm heute vormillgg in einem geschlossenen Wagen die erste Aus fahrt, die eine Stunde dauerte, nach Sansiouci. Der Prinz wurde von dem sich ansammelnden Publikum freudig begrüßt. Berlin. sPriv.-Tel.s Tie P e t i t i o n s k o m m i s s i o n des Reichstages beschäftigte sich heute mit einer Petition des Verbandes fortschrittlicher Jrauenvereine in Berlin, in der um Zulassung oer weiblichen Postbeamten zu den höheren Stellen des Postdienstes durch Freigabe der Sekretärprüsung gebeten lvird. Die Kommission beschloß, Ucbergang zur Tages ordnung vorzuschlaycn. Eine Bittichnst des Zenlralvcrbandcs deutscher Industrieller, die das Verbot der Arbeit an Sonn- und Festtagen in Glashütten belriifl. wurde als Material über wiesen. Zur Berückiichligung überwiesen wurde eine Bittschrift über Beseitigung des Soiilttaa'oieiistes in den Slandcsamlsver- waltungen des Deutschen Reiches. Berlin. Die Wahlprüsungskom Mission des Reichstages beschloß, die Wahl Jaunez-Metz wegen Wahl beeinflussung durch hohe Beamte zu beanstanden. Berlin Tie diplomatische» Vertreter des Reichs in Rom. Brüssel, Bern und Belgrad haben gestern dir bestehenden Han delsverträge mit Italien. Belgien, der Lchwriz und Seibien in derselben Weise, wie es in Wien und Bukarest geschehen ist, geknndi gt. Berlin. DaS Landgericht verurteilte wegen Er pressung, begangen an dem früheren Breslauer Landgerichts- direktor Hasse, den Konditor Lächel zu 5 Jahren Geiängnis, zusätzlich einer anderen Straft zu zusammen 9'/2 Jahren Ge fängnis, den Handlungsgehilfen Heuer zusätzlich einer anderen Strafe zu 4^1 Jahren Gesängnis und den Schreiber Gunz zu 4 Jahren Gefängnis, alle drei zu 5 Jahren K yroertusi. Die Verhandlung fand unter Ausschluß der Oesftullichkcit statt. Bremen. Tie Meldung auswärtiger Blätter über einen in Aussicht stehenden D i r e kt i o n s w c fti i e l beim Nord deutschen Lloyd wird der „Weser-Ztg." von zuständiger Sette als jeder Begründung entbehrend bezeichnet. St Ingbert. Von dem gestrigen Nachlschneli-uge Hom burg (Pinsti—Saarbrücken sind bei der Einsahtt in die Station Tt Ingbert die Maschine nnd 3 Wagen entgleist. Verletzt wurde »fti»and. jedoch ist derMaieriabchaden groß. Beide Gleise sind noch gesperrt. Die Ursache des Unsalls ist unbekannt. Paris. Die Kammer beendete in der heurigen Vor- mittagssitzuna die allaemeine Beratung über das Militär budget. Mg. Ferri de Ludre lenkt die Austncrkiamkeit des Kriegs:»inislers aus den neuen Anstoß den Deutschland gegen wärtig dem Baue van Forts an der (vreuze aegeben habe und verlanai Maßnabmen zum Schutze Nauens gegen einen feind lichen Einsall. Einige Kavilcl des Geirerai-ElalS werden hieraus angenommen. Weilerberatung uachmilags. Paris. Ter frühere Präsident der Teputiertenkammer, Briison, verösseittlicht im „Sißcle" eine Erklärung, in welcher die Behauptung, daß er das A u s k u n s > s z e l t e l s y st e m organisiert oder auch nur gebilligt habe, zurüftgewiesen wird. London. An der hier in den letzten Tagen slattgebabieu transatlantischen Domoserkvni ' renz nahmen von seilen des Norddeutschen Lloyd Präsident Platbe, Generaldirektor Dr. Wiegand und Direktor v. Helmolt, von der Hambura- Ameri'ä Linie Generaldirektor Ballin und von der Cnp.ard- Linie Lord Jnverclydc teil. London. iPriv.-Tcl.l „Daily Mail" meldet, daß ein Kanins zwischen bnlsarisch makedonischen Revolutionären und türkischen Truppen bei Kuklsth stattgesuudcu habe. Die Auf ständischen waren in einem Häuft verborgen, ihr Versteck wurde aber den Türken verraten. Die Türken kamen heran, um das Hans zu umzingeln »nd anzngrciscn. Tie Insurgenten feuerten: dabei wurden ein Türke getötet und mehrere verwundet. Dir entstehende Verwirrung wurde von den Jistnraenten benutz'., um durch die Hintertür zu entkommen. Die Türken rächten sich dadurch, daß sie das oanze Don ansplündcrten und dar nach sämtliche Häuser verbrannten. Die Einwohner wurden aransam massakriert. Bisher sind 34 schrecklich verstümmelte Leichen gesunden worden. Im ganzen wurde» 150 Häuser niedergebrannt. K o n st a n t i n a p el. In der Nacht zum Sonntag bot eine bulgarische Bande ans dem Tone Negiovar. südöstlich vo» Floiina, 2 Pattinrchntsviicster »nd 1 Bauern entführt und eimaidet 2 er rumänische Gesandte hat von der Pwtte Be strafung der Schuldigen verlangt. Lertlichcs und Tiichsischcs. Dresden. 1. März. —* Se. Majestät der König ist liente mittag 12 Uhr 25 Minuten znin Besuche der Stadl Ehemniy dorthin abgereisi. In seiner Begleitung befinden sich Lberstalimcisier v. Haugk. Hostnarschall Gras Rer, General ä In suitt! Generalmajor von Altrock nnd Flüaeladjulant Major v. d. Decken. Wäbrcnd der Anwesenheit des Königs in Ehcmnitz werden auch die Staais- minister v. Metzick am 1. und 2. März und Freiherr v. Hausen am 2. März dort weilen. Als Ordonnanzoffizier des Königs ist Haupimann Wirili vom 181. Regiment betehligi. Zn der heute nachmittag 5 Uhr beim Könige ii» Hotel Römischer Kaiser" stattsindenden Tafel sind an nachstehende Herren Einla dungen ergangen: Slaalsnnnister v. Metz'ch, koininandlerenden General Grat Vitzthum v. Eftstädt, Obctittiiar'chall Graf Vitz thum v. Eck'iädt »nd ltzeneralleiitncint Bane, >rrcisha»vttnani'. Freiherr» v. Weift. Oberstleutnant Freiherr» Leuftarl v. Weißdori. Aintslxniptniann Dr. Morgenstern, .ttre'svorsitzendcn v. Trelna- Knnst und Wissenschaft. 4* Residenztheater. Wieder eine Uraufführung, — aber diesmal ein großer, beinahe außerordentlicher Peiterkeitserfolg. Einem neuen Lustspiel „Die I u b i l ä u m s n u m m e r" von Alwin Römer u. H. Haßkerl war das Los so lieblich Mallen; ob mit Reftst? Das Muck ist ja llind, und das Publikum will heute — leider! — mehr denn sonst im Theater um jeden Preis amüsiert sein. Mer warum denn um alles in der Welt die Be- zeichnung .^Lustspiel"?! Das heißt ja geradezu die Kritik heraus- fordern be, einer Grundiabel, die höchstens in der Operette dis- kutierbar als dramatischer Vorwurf wäre. Man höre: Ein junges Mädchen Hai das Abiturienten-Eramen bestanden und will gegen den Willen ihres Vormundes studieren. Warum nicht? Geben doch heute selbst reichsdeutiche Universitäten ihre Hörsäle dem schönen Geschlechte frei. Aber Hedwig Ressmann versteift sich samt ihrer männerteindlichen Tante, einer ge schiedenen Frau Sabine Lerche, die wenig Verstand, aber viel Geld zu haben scheint, gerade aus die Universität, an der ei» Prosestor der Medizin doziert, der ein energischer Gegner der Frauenbewegung ist. Was tun? Ein kleiner Betrug hilft über alles weg. Die wissensdurstige Abiturientin nimmt die Legitimationspaviere ihres Coustns, läßt sich immatrikulieren: nun kann der Rummel losqehen. Zum Unglück ist der Pseudo- Studio gerade der lOOO. akademische Bürger der Universität: und die Jubiläumsnummer wird sein Ung ück. Der Betrug kommt, nachdem im zweiten Auszuge rasch noch das selig ent schlafene „Alt Heidelberg" zu neuer Herrlichkeit erwacht ist, pflichtschuldigst an den Tag, und nun ist Holland in Nöten. Der düpierte Professor ist zuerst fuchsteufelswild, schreit nach dem Staatsanwalt und droht allerhand Unheil anzurichten, vis er im vierten Aufzuge sich eines besseren besinnt und den Pseudo- Studio heirate:. Läßt man die Grnndidce des Stückes passieren, die freilich, da das Stück in der Gegenwart spickt, in jeder Hinsicht unmöglich ist. und nennt man den Vieralter bescheiden „Schwank", so ist das Ganze so übel nicht, ver rät im einzelnen sichere Theaterroutine und einen gut entwickelten Sinn für S'inationSkomik. 'Die Charakteristik hält sich aller dings sehr bescheiden an der Oberfläche und nur an Aeuberlich- > keiten; der Dialog ist von harmloser Anspruchslosigkeit und ent behrt zu sehr der humoristischen Pointen. — Ter Ausfüh rung bietet die Novität eine stattliche Reihe im landläufigen Sinne dankbarer Rollen. Am besten waren die Damen Münch» heim — ganz famos als Frauenrechtlcrin! — und Eschborn, die als jüngster Fuchs bildhübsch aussah und liebenswürdiger als sonst spielte, sowie Herr Schröder, der in einer jugendlich komischen Rolle seine außerordentliche Verwendbarkeit im Ensemble zeigte, und Herr Göritz, der bis auf einige unschöne Nehcrtreibnngen den trinkfesten Reimarus in sehr wirksamer Chargierung gab. Nachdrückliche Anerkennung für ibre Lei- stungen^ denen nur mehr textliche Sicherheit — bisweilen die reine Lchwimmschnlc! — zu wünschen gewesen wäre, verdienen noch die Herren Eivenack iProfessor Ginsbcrgs, Janda lRessmannj, Gähd lDr. Weiser) und Olbrich, neben Frl. Becker, die nur nicht immer dieselbe Perücke tragen und nicht immer denselben Ton onschlagen sollte. Das Ziisammcnspicl war unter der sorgfältigen Regie des Herrn Direktors Witt leidlich flott, hätte aber im ganzen mehr zusammengchen können. — Tie Ausnahme, die das Publikum der Novität zu teil werden ließ, war außerordentlich freundlich, sodoß die beiden Autoren nach dem dritten Aufzuge, lebhaft akklamiert, zu wiederholten Molen an der Rampe erscheinen konnten. >V. In dem bis auf den letzten Platz auSverkausten Konzertsaale des Ausstellungspalastes hielt gestern abend Frl. E llen Key einen Vortrag über „Die Jndividua- lität des Kindes und individuelle Erziehung". Unter den Zuhörern 'dominierte naturgemäß das weibliche E ement in ganz überwiegender Zahl, »nd unter diesem waren besonders zahlreich jene Vorkämpfeniinen der Frauenfrage vertreten, die ihre Stellung im Kampfe um die Gleichberechtigung der Frau durch allerhand Absonderlichkeiten in Tracht »nd Haarschnitt glauben besonders dokumentieren zu sollen. In georocyenem Deutsch, wenn auch gut verständlich uno gerade hierdurch ihrem Bortraae ein besonders eindringliches Kolorit verleihend, führte Frl. Ellen Key aus. toie die individuelle Erziehung des Kindes die einzig richtige sei und allein geeignet, tüchtige ganze Per sönlichkeiten heranzubiden, dft befähigt seien, oen von Tag zu Tag wachsenden Ansprüchen des modernen Lebens gerecht zu werden. Leider aber würden die Ausgaben der individuellen Erziehung vielfach falsch ausgcfaßt: cs sei ein Irrtum, zu glauben, daß die Jiidwioualiiät eines Kindes vom ersten Jabre ab ichon fcirstehc, »nd diese falsche Ansicht sei die Onclle viel- jacher Fehler in der Erziehung, jedcn'alls sei die alte ichabionen- inätzige Erziehung überhaupt keine Erzicbiing im vollen Sinne des Wortes. In den ersten Jahren befinde sich das Kind in einem wilden Zustande, und erst später, sehr viel später wäre es möglich, die schlummernde Jndividualiiäl aus ihren erste» Regungen zu erkennen. Kant habe den Fehler begangen, Ge woynhei>sha»diu»aen nicht als aus cthi'chen Grundlagen ent sprungen aufzusassen, was doch der Fall sei, wenn durch Sclbst- erziehuiig gewisse Handlungsweisen zur zweiten Natur geworden icien. Auch sei cs möglich, phystologisch das Handeln des Menschen, iiisbesan-dcre deS Kindes, dauernd z» beeinflussen, ebenso könnten seelische Gewohnheiten gezüchtet werden. Hanpl bcdingung sei cS erber. daß solche mit eiserner Konsequenz eingeprägt werden. Der Forderung deS Kindes, für jede» Befehl, de» es erhält, auch den Grund zu erfahren, 'dürft ohne Schaden nicht nachgegelen werden: solche Kinder werden bald unerschöpflich in der Stellung neuer Fragen noch dem „Warum" und „Weshalb", beginnen zu raisonnicren und Ver salien leicht in völligen Ungehorsam. Von gewissen Ideen- affociationen. die zu Furcht und Aberglauben sühreiy muß die Rindessecle sreigehaltcn werden: ebenso hüte man sich, durch Strafen, Verbote und Drohungen diese zu wecken. In dem kleinen Wilden, denn als solcher ist jedes Kind zu betrachte», weckt die Lüge wohl den Gedanken an die darauf folgenden Prügel: bald erber wird auch die Associationsreihe dahin avgeändcrt. daß ans eine schlaue »nd gelungene Lüge auch Vorteile und Lust folgen können. Davor müßten dann eben innere Hemmungen schützen, und cs koiiinil daraus an, in der Kindcsseelc diese inneren Hemmungen zu wecken. Für individuelle Ethik ist das Kind noch gar nicht empfänglich, und Eltern, welche klar sehen, werden in dem Kinde gar nicht den Mauben erwachen lassen, daß das. was -vinz tun darf, auch dem Kmnz er'aubt ist. Sehr vielfach ist die Meinung verbreitet, daß individuell erzogene Kinder die Tyrannen der ganzen Familie lein müßten: durch Prügel werden individuelle Perwulichkeilen gewiß nicht erzogen, wohl aber Roheit geweckt, die dann später mit in die Schule und das Leben aetraae» «irde
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