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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.01.1898
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-01-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980117027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898011702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898011702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-01
- Tag1898-01-17
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Größere Schrift«» la»t unserem Preis» «rzeichitß. Tabellarischer uud Ziffrrnsatz »ach höherem Tarif. Extra>vcilagen (gefalzt), aor mit d« Morara-An-gabe, ohne Postbesürderuax SS.—, mit Postbeförderung 7V.—. A»«,h«eschlu- fiir Anzeigen: >br»d-An-gab«: Vormittag» 10 Uhr. VLorg«»-Ausgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Sit dm Filiale» und Annahmestelle» je ein, halb« Stunde früher. Anzeige» stad stet» a» die Sxprditio» zu richten. DrMk »ad V«rla- »o» E. Polz i» Leipzig. 82. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 17. Januar. Jener Sorte von „BiSmarck-Organen", zu deren GesckästS- PraxiS eS gehört, den Altreichskanzler gegen jede Maß nahme des „neuen Curses" auözuspielen, und die jetzt, um sich selbst als die wahren Hüter einer nationalen Politik binstellen zu können, ihre Nörgeleien gegen den Kiaotschau- Pcrtrag mit angeblichen Aeußerungen des Fürsten zu decken versuchen, wird dieses Spiel gründlich verdorben durch die Meldung, daß der Schloßherr von FriedrichSrub sowohl dem Großherzog von Weimar, wie dem Herzog- Regenten von Mecklenburg-Schwerin gegenüber sich dahin geäußert habe, er halte daS Vorgehen Deutschlands in Ostasien „für eine ganz vortreffliche Action, die gar nicht besser hätte eingeleitet und durchgeführt werden können". Um so eifriger bemühen sich nun die Gegner des Fürsten, seine Verdienste zu verkleinern und die Besetzung der Bucht von Kiaotsckau als eine verheißungsvolle Wendung in der deutschen Colonialpolitik erscheinen zu lassen, auf die während der Amtsführung deS Fürsten, der sich nur für die Colonien in Afrika interessirt habe, nicht zu rechnen gewesen sein würde. Dieser Entstellung der Tbatsachen tritt die „Berl. Börsen-Ztg." mit folgenden Ausführungen gegenüber: „Bevor von Afrika in colonialer Beziehung die Rede gewesen ist hatten wir eine Expedition nach China. Im November 1875 war ein deutscher Schoner ia dortigen Gewässern räuberisch überfallen worden. Der Reichskanzler wußte, daß Vorstellungen in Peking aussichtslos sind, wenn sie nicht mit starker Hand unterstützt werden, er lieferte das Vorbild zu der jetzige» Expedition; sechs Kriegsschiffe der jungen Flotte mit 1400 Mann gingen ab, fanden nach ihrer Ankunft die Zusicherung der Unter- stützung von England, Rußland und Nordamerika, so daß, ivenn China den Nacken steif gehalten hätte, im März 1876 die Mannschaften von 36 Schiffen mit 340 Geschützen zum Landen bereit waren. China gab die verlangte Genug- thuung und traf die begehrten Anordnungen zur Verhütung der Wiederkehr solcher Frevel. Im Jahre 1880, auch noch mehrere Jahre vor der Anbahnung afrikanischer Colonisation durch das Reich, hat Fürst Bismarck die Samao - Vorlage eingebracht, die einer Gesellschaft, welche die Plantagen und Rechte des Hauses Godeffroy auf Samoa zu übernehmen bezweckte, eine Zins garantie deS Reiches, die im Jahre 300000 ./« nicht sollte über steigen dürfen, gewähre» wollte, um dem Südseehaudel Deutsch lands, der allen anderen Nationen vorangeeilt war, einen festen Stütz- pnnct zu gewähren. Ter Vorschlag ist, hauptsächlich durch die mit kaufmännischen Details reich ausgestattete Beredsamkeit Ba In der ger's bekämpft, abgelehnt worden. Im Frühjahr 1884 hat Fürst Bismarck die erste Dampfer vor läge eingebracht, welche die Einrichtung regelmäßiger Postdainpsschifss-Berbindungen von Deutschland nach Ostasien und Australien betraf. Obgleich der berühmte Frühschoppen bei Bismarck am 20. Juni dem Gefetzent- wnrf unter die Arme griff, ist dieser nicht erledigt worden. Bamberger'- Witz, diese Vorlage sei lediglich deS Kanzler- rsvanebe pour Samoa, triumphirte, aber der Kanzler sagte: „Ich nehme von der Vorlage nicht definitiv Abschied, sondern sage: Auf Wiedersehen." Einen besseren Ausgang hatte die gleichzeitige Ver handlung deS Reichstags über den Handels- und Schifffahrtsvertrag mit Korea, der wiederum da- wachsame Auge Bismarck'- für di« Interessen Deutschlands im Osten darthat. Er ist am 28. Juni in dritter Lesung genehmigt worden, nachdem vom Regierungstijche aus constatirt worden war, daß der Vertrag die durch ihn vrr- heißenen Vortheile ia vollem Maße erst würde verwirkliche» können, nachdem dir regelmäßige Postdampserltnie ringrführt sein würde. Di« Dampseroorlage ist 1885 wiedergekehrt, verstärkt durch die afrikanische Linie nebst Zweiglinie. Die ostasiatische wurde nunmehr fast einstimmig angenommen, die australische ist mit elf Stimmen, die afrikanische mit neun Stimmen Mehrheit genehmigt worden. DaS Interesse des Reichstag» für Ostasien überwog also bedeutend. Gleichfalls 1885 hat Bismarck die scharfe Fehde mit der englischen Regierung wegen Neu-Guineas geführt. Er hatte Erfolg, nachdem Gras Herbert in London gewesen, Lord Rosebery nach Berlin gekommen und durch die Der- öffentlichung des ganzen Notenwechsel» von Seiten des Kanzlers dir Doppelzüngigkeit und Hinterhältigkeit der englischen Minister in Helles Licht gestellt worden war. Allerdings waren die Engländer dadurch gereizt, daß der Kanzler 1884 den Eintritt eines Vertreter- Deutschlands in die internationale Liquidationskommission in Kairo durchgejetzt und die Vertreter Transvaals in Berlin freundlich und ermuthigend empfangen hotte. Noch trat 1885derConfiict mstSpanirn wegen derCarolinroiuseln rin, die doch auch nicht in Afrika liegen. Als im Interesse deS Frieden-, nachdem die päpstliche Coulisse vor geschoben, auf die Carolinen verzichtet worden war, sind die Marschallinselnmitder deutschen Flagge beehrt worden, auf welchen deutsche Firmen Niederlassungen hatten. Im Jahre 1886 traten noch drei Inseln der SalomonSgruppe in die deutsche Macht sphäre." Alle- die- ergiebt die lebhafte Würdigung, die der erste Kanzler für die Interessen des Reichs im fernen Osten ge- badk, und erklärt seine Freude darüber, daß seine Bahnen weiter beschritten worden sind. Wie bereits mitgetheilt worden hat der Staats- secretair deS Innern ein Rundschreiben an die Ministerien der Einzelstaaten gerichtet, in dem er diese ersucht, ersten- festzustellen, wie weit daS Coalitions- recht in den letzten Jabren von der Arbeiterschaft miß- braucht worden ist, insbesondere wie ost bei Ausständen A uS - schrei tun gen vorgekommen uud Arbeitswillige von der Arbeit rurückgehalten worden sind, und zweitens sich darüber zu erklären, ob „weitere gesetzliche Maßnahmen in Aus sicht zu nehmen sind, um bei grundsätzlicher Aufrechterhaltung der CoalitionSfreiheit der Anwendung nnerlaubter Mittel zur Durchführung der Kämpfe um Lohn- und Arbeitsbedingungen entgegenzulreten". Dieses Rundschreiben hat begreiflicher Weise die S o c i a l d e m o k r a t i e in große Erregung versetzt. Ihre Begriffe von Freiheit, Ruhe und Frieden decken sich eben vollständig mit denen, über die Goethe seinen Götz sagen läßt: „Rub und Frieden! Ich glaud'S wohl! Den wünscht jeder Raubvogel, um die Beute nach Bequemlichkeit zu verzehren!" Ihre Beute, auf die sie ein Recht zu haben glauben, ist nicht nur der ganze Arbeiter staud, sondern da- ganze Reich. Um diese Beute bequem verzehren zu können, verlangen sie für sich die Freiheit, jede andere zu unterdrücken, jeden Arbeitswilligen zum Streik zu l zwingen und „Ruh und Frieden" auf der Grundlage der I völligen Unterwerfung Aller unter die socialdemokratische I Diktatur herzustellen. Nach diesen Begriffen ist daher „CoalitionSfreiheit" lediglich die Freiheit der Socialdemo kratie zur Vergewaltigung Widerspänstiger und CoalitionS- freiheit der Letzteren lediglich ein frecher Eingriff in da- socialdemokratische Recht, den die Reick-gesetzgebung unter drücken zu helfen verpflichtet ist. Es kann daher nicht be fremden, daß der „Vorwärts" dem Staatssecretair einen er bitterten Kampf ankündizt; woher aber da» Centralorgan die Zuversicht nimmt, rem Grafen PosadvwSky anzukündigen, er werde diesen Kampf nicht überleben, ist schwerer ein- zuseben. DaS christlich-sociale „Volk" scheint freilich in diesem Kampfe auf die Seite der Genoffen treten zu wollen, denn eS schreibt: „Mit umständlicher Ausarbeitung kleinlicher reaktionären Maß regeln verthut also die Bureaukratie ihre Zeit, statt durch Reform im großen Stil der modernen Production rin modernes, aus kon servativer Organisation des vierten Standes beruhende» Arbeits- recht zu schaffen. Wir wünschen selbstredend auch, daß man die bestehenden Gesetze mit aller Energie anwendet. Aber mit diesen neuen Tffteleien wird man gar nichts erreichen alS die Verschärfung des Guerillakriege» zwischen Polizei und Socialdemokratie. Wir Christlich-Socialen wollen von vielen Kunststücken der Bureaukratie ebenso wenig wissen wie von allen jenen kleinlichen Recepten. die man jetzt von rechts her zur Reform des allgemeinen WahlrechtS oerjchreivt." Aber die christlich-sociale Unterstützung reicht nicht auS. Nun schreibt allerdings auch die „Germania": „Die Einschränkung des Loalitionsrechts bleibt immer rin ge fährliches Experiment. Wenn man den Unternehmern an standslos die Bildung von Ringen, Syndikaten, Ausstandsver- sicherungen gestattet, wird e» eine tiefgehende Erregung Hervorrufen, wenn andererseits dem arbeitenden Volke die Bedingungen erschwert werden, auS denen eS seine Lage mit gesetzlichen Mitteln verbessern kann Hoffentlich ist der Alarmschuß des „Borw." noch recht ¬ er tig genug gefallen, um eine Urberrumpelung nach Art de» Skumm'scheu „kleinen Socialistengejetzes" zu verhindern. Für den „Ruckwärtecurs" in der Socialresorm ist das Aktenstück jedenfalls nrnd". der daS Centrum wird sich Wohl mehr als zweimal besinnen, bevor es sich weigert, den arbeitslustigen Arbeitern Schutz gegen socialdemokratischcn TerroriSmuS zu gewähren. Es sehnt sich allerdings selbst nach einer „Freiheit", die ihm gestattet, fremde Freiheit zu vernichten, aber eS zählt denn doch zu viel Arbeitgeber unter seinen Wählern, als daß eS wagen dürfte, die Arbeitswilligen ohne Schutz zu lassen. ES ersieht auch aus dem Rundschreiben des StaatS- secretairS, daß eö sich um nichts, als um die Feststellung von Fällen, in denen das CoalitionSrecht gcmiß braucht wird, und um eventuelle Eindämmung solchen MißbranchS handelt, also um etwa-, was lediglich dem Rechte selbst zu Gute kommt. Davon, daß Arbeitgeber Geschäfts genossen, die irgend einer vorgeschlageuen gemeinsamen Maß regel zur Abwehr von Streik- u. dergl. widerstreben, nach social demokratischem Muster einschüchterten und zwängen, hat daö Centrum wohl noch nichts gehört, und wenn eS davon gehört hat, so wird es nicht vergebens auf Mittel zur Bekämpfung auch d escS Mißbrauchs dringen. Im Uebrigen muß der „Vorwärts" selbst constatiren: „Die Organe der Schlotbarone und der Großagrarier, „Die Post", „Berl. N. Nachr.", „Berl. Pol. Nachr.", „Nationallibrrole Corr.", „Nat.-Ztg." und „Deutsche Tagesztg." drücken in mehr oder minder lauten Fanfaren ihre Freude über den Eifer Posa- dowsky's aus. Tie „Volks-Zeitung" greift recht energisch, die „Berliner Zeitung" schon stiller, die „Vossiiche Zeitung" blos mit einer historischen Reminiscenz, und die am ungenirtesten kapitalistische „Freisinnige Ztg." fast gar nicht den Erlaß an." Worauf der „Vorwärts" die Hoffnung gründet, Graf Poi'a- dowSky werde den ihm «»gekündigten Kampf nicht überleben, ist also nicht einzusehen. Oder meint etwa da- „Central organ", das sich jetzt zuweilen auf BiSmarck beruft, bei diesem Unterstützung zu finden? Die „Hamb. Nachr." schließen einen Artikel über da- Rundschreiben deS Grafen PosadvwSky folgendermaßen: „Wir stimmen diesem Schritte deS Staatssecretairs des Innern zu und haben nur zu bedauern, daß man sich immer noch nicht entschließen kann, mit dem alten Mißbrauche, derartige Erlaße als „vertraulich" zu behandeln, zu brechen. Durch diese H e i m l i ch k e i r wird der Eindruck heroorgerusen, alS ob es sich dabei um etwas handle, was das Licht der Orsfrntlichkeit zu scheuen habe, um ein Pudendum; während doch lediglich der Staat seine Pflicht thnt, wenn er Mittel und Wege jucht, den socialistischen Terrorismus gegen Arbeitswillige zu brechen. Darum handelt eS sich und nicht, wie der „Vorwärts" meint, darum, „dem Proletarier die letzte Waffe aus der Hand zu winden." Nicht das Eoalitione- recht, sondern der ossenbare Mißbrauch desselben soll beseitigt werden. Wir würden es mit Eenugthuung begrüßen» wenn die ins Auge gefaßte Vorlage, betreffend diesen Mißbrauch, dem Reichstage baldmöglichst zuginge. AuS der Verweigerung der Zustimmung seitens der Majorität würde eventuell ein weiteres wirksames Agitations mittel für dir Wahlen zu gewinnen sein. Im Uebrigen halten wir eS sür nothwendig, die widerrechtliche Veröffentlichung im „Vorwärts" zu benutzen, um mit allen gesetzlich zulässigen Mitteln zu erforschen, welcherBeamte eS gewesen ist, der dem „Vorwärts" da- Aktenstück zugesteckt und sich damit unter Verletzung der Pflicht zur Amtsverschwiegenheit, sowie unter Täuschung des Vertrauens, daS der Staat in seine Treue setzt, zum Compliceu der Socialdemokratie gemacht hat. Es ist unerläßlich, daß hier mit der rigorosesten Strenge vorgegangen und ein Exempel statuirt wird, welches der Neigung zu ähnlichen Acten der Be amte nselo nie auf dem Wege der Abschreckung wirksam entgegentritt." Die Mächte haben alle Veranlassung, England das chinesische Anleihegcschäft nicht allein machen zu lassen und seinem Bestreben zu einer finanziellen Vormundschaft über China zu gelangen, entgegenrutreten. Der große Geldbeutel soll England in China die Wege zur Herrschaft ebnen, und eS wird in englischen Blättern unverblümt gefordert, daß England durch Ueberuabme der Anleihe da- Recht und die Macht erhalten müsse, sich jederzeit in die Angelegen heiten China- einzumischen. ES ist, schreiben die „Hamb. Nachr.", eitel Spiegelfechterei, wenn von der englischen Regierung ausgcsprengt wird, man wolle China bei Gewährung der Anleihe nur die Verpflichtung auferlegen, daß es das Land allen Nationen ohne Unterschied zum Betriebe von Handel und Gewerbe öffne uud in Zukunft keiner Macht, Concessionen ausschließlicher Natur, sei es iu territorialer oder handelspolitischer Beziehung, einräume. Keiner Macht ausgenommen England: daS ist, was die englische Regierung in Wahrheit will. Was dem gesckäfls kundigen England seine finanzielle Vormundschaft über China einbringeo würde, lehrt ein Blick in die Zukunft der chinesischen Industrie. Nach englischer Berechnung würde der aus ländische Handel Chinas, sobald dieses Land in dem Maße wie Japan erschlossen wäre, den Werth von vier Milliarden erreichen. China ist weil reicher al- Japan an natürlichen Einnahmequellen, welche die Zunahme des allgemeinen wirth- schaftlichen Wohlstandes und die Entwickelung der einheimischen Industrie fördern müssen. In China wächst die Baumwolle, die Japan erst importircu muß; China producirt Seide in besserer Qualität und könnte diese Production, sowie Thee-, Zucker- und Tabakcultur noch ganz riesig vergrößern. Auch beginnt China mit der Ausfuhr von Wolle, und jegliche einträgliche Cultur könnte in dem einen oder andern Theil dieses riesigen und Fer»LHetsir. Kampf und Entsagen. 12s Roman von M. von Eschen. Nachdruck vrrboten. Der Nothverband ist fertig; immer noch regungslos liegt der Mann da. Wolf und Helja erheben sich von dem Boden. Er merkt, daß sie schwankt. Im Nu hält sein Arm das Mädchen umfangen. Armes Ding, denkt er bei sich. „Es war doch etwa- zu viel für Sie?" fragt er besorgt. Und Helja erzittert bei dem Ton bis inS Herz. Und fester umfaßt er die Schwankende jetzt — sie scheint einer Ohnmacht nahe, ihr Köpfchen sinkt willenlos an seine Schulter. Da schreien die Kinder, welche sich bislang, von der Köchin im Zaum gehalten, schüchtern verkrochen haben, plötzlich von Neuem auf. Und entschlossen steht Helja sogleich fest auf dm Füßen. „Verzeihung, ich bin Dergleichen so wenig gewohnt." Damit tritt sie auf die Kinder zu. Die Köchin findet, daß sie überflüssig und in ihrer Küche diel besser aufgehoben ist als hier, zumal da sich die „nichtsnutzigen Göhren" von dem gnädigen Fräulein viel leichter beruhigen lassen als von ihr. Ohne Scheu vor schmutzigen Händen und arm seligen Kleidern hat sich Helja mit den Kindern befaßt. Jetzt sitzt sie auf einem Bündel Stroh, das Jüngste auf dem Schooß, das Aeltere neben sich, leise plaudernd, dazwischen ab und zu mal mit der Hand über die struppigen Köpfe streichend. Wolf ist in der Nähe deS Verwundeten geblieben. Er lehnt an der Mauer, seine Blicke schweifen abwechselnd von dem Mann zur offenen Thür, ob der Arzt endlich kommt — dann wieder und wieder zu Helja hinüber. Auch heute schmiegt sich nur ein einfaches, schmuck- und glanzloses Kattunkleidchen um ihre Gestalt. Dennoch, meint Wolf, ist sie ihm noch nie so lieblich erschienen, wie eben mit dem Madonnenblick in den großen Augen und dem Madonnenlächeln um den kleinen Mund. Niemand spricht ein Wort; tiefe Stille ringsum, leis nur zuweilen in das Schweigen hinein klirren die Ketten, wenn Wolf's Lieblinge mit dem stolzen Kopfe nicken, ertönt ein Stöhnen des Armen, der immer noch nichts von sich weiß. Endlich kommt der Grenadier zurück, mit ihm der Arzt und Leute mit einer Trage. Der Mann kann zum nächsten Krankenhaus geschafft werden. Dir Grenadier soll die Kinder nach Hause bringen und der Mutter einstweilen ein kleines Schmerzensgeld mitnehmen. Der Major wird selbst später nach Allem sehen. Die Kinder be ruhigen sich nicht eher, bis ihnen auch Helja einen Besuch verspricht. Wolf und Helja bleiben allein. Allein wandeln sie eben den schmalen Pfad zwischen den Mauern der Gärten inmitten der Häuser zurück: eine sonnenlose Atmosphäre. Nur um daS zier liche Köpfchen webt es mit lichtem Glanz — der Schein seines eigenen Feuers. Wolf meint, er muß etwas sagen, und kann in dem Moment doch nichts Anderes finden, als das, wovon sein Herz erfüllt ist: „Wie gut sind Sie doch, Helja!" Helja erinnert sich plötzlich all der mannigfachen Regungen, die gerade in den letzten Tagen ihre Seele bewegt haben. Sie schüttelt den Kopf. „Nein — nicht gut!" bricht sie aus, reißt, da sie eben den Garten betreten, einen Zweig wilden Weines über seinem Eingänge hier loS, und dann, indem sie die Ranke spielen läßt in ihrer Hand, stößt sie hervor: „Solch rin Ding bin ich nur, so bin ich nur!" Und ohne ein Wort weiter eilt das Mädchen, diesmal vielleicht sich doch am meisten vor einem Moment überquellender Zärtlichkeit fürchtend, davon. Die Ranke war auf den Boden gefallen. „Arme» Ding!" — Wolf hebt die Ranke auf. „Armes Ding!" seufzt er noch einmal. Nun tritt er in sein Zimmer. Er setzt sich in seinen ArbeitS- stuhl und blickt durch die offenen Fenster zu den hohen Mauern von drüben, wo er eben mit ihr hergekomemn ist. Ob eS gerade ein großmiithiger Act von Miß Edith war. Einem ein Vermögen bedingungsweise zu überlassen? Ob da» Geld wirklich so nothwendig ist? — Von den hohen Mauern löst sich Wolf'S Blick sinnend zu den grünenden Gärten zurück, die Syringen und die Goldregen blühen drunten, sein Zimmer ist ein Juwel an Behaglichkeit, feinem LuxuS und vornehmer Stille. Und Wolf meint plötzlich: Er ist ja so gut wie an Lilian gebunden. „WaS gab e«, mein Junge?" Die Hauptmännin, zum AuS- gehen bereit, steht hinter ihrem Sohn. So sehr hat sie ihn erschreckt, daß er eben die weiche Hand der Mutter wie eine Eentnerlast auf seiner Schulter fühlt. Der Major lacht über sich selbst. Dann giebt er einen kurzen Be richt, zu dessen Schluß eS heißt: „Ist eia liebes Geschöpf, Mutter, zart, weich, schwach, doch im Empfinden stark! Ein Weib nach alter Art, da» zu schützen, zu leiten eine Wonne bedeutet für einen Mann, und —" Die Hauptmännin schweigt; ein klein wenig aber ziehen sich ihre Brauen zusammen. Der Wind treibt den Blüthenstaub der Syringen und Gold regen gegen das Fenster; stärker strömt der Duft herein. Zwei Spatzen piepen auf dem Sims. Die Sonne ist tiefer ge sunken, das prächtige Pferdestück, ein Adam, über Wolf's Schreib tisch, liegt im Schatten. „Lilian wartet", beginnt die Hauptmännin endlich. „Ja, ja." Der Major macht eine Bewegung, als ob er auf springen möchte. „Weißt Du" — jetzt hat seine Mutter ihre Haltung wieder gefunden — „die Hattenbach ist doch eine Sieben. Eine etwas unbequeme Frau für einen Officier, diese Lilian, stichelt sie neulich; und ein gefügiges Töchterchen noch weniger. Natürlich gönnt sie Dich dem Mädchen nicht, noch das Mädchen Dir!" Eine hastige Bewegung Wolf's unterbricht die Rede, die ihm sehr ungebührlich dünkt. Unentwegt aber fährt die Hauptmännin fort: „Allerdings, Lilian paßt nicht für jeden Mann. Für AlvenSlohe zum Bei spiel gar nicht." DaS hat Wolf längst begriffen. Doch er nickt nur melan cholisch. Seine Mutter aber, die jetzt wieder ganz Gutmüthigkeit ist, fährt fort: „WaS aber meinst Du, Wolf, wenn man AlvenSlohe für die kleine Helja interessiren könnte?" Wolf stöhnt. „Na, e» wäre ein Glück für das Mädel —" Im Eifer für die gute Sache hat seine Mutter diesmal des Sohnes Stöhnen nicht beachtet. „Du hast doch nichts dagegen, Wolf?" fragt, da immer noch keine Antwort erfolgt, plötzlich zärtlich die kluge kleine Frau. „Wie kann ich etwas dagegen haben, wenn Fräulein von Hausen ihr Glück macht?" Der Major läßt sich wieder auf den Stuhl fallen, seine Hand trommelt auf dem Fenstersims, daß die Spatzen schreiend davon flattern. Frau von Weilar schaut betroffen den Vögeln nach. Dann schlingt sie mit echter, unverfälschter Muttersorge die Arme um ihres Sohne» Nacken. „Wolf, mein Junge, Du stehst doch mit Lilian gut?" „Lilian ist eine offene, vornehme Natur, die ich im Innersten hochachte", giebt er mit dem Ton der Wahrheit zurück. „Wolf!" Die Hauptmännin küßt überglücklich ihren Sohn auf die Stirn. Ihr ist ganz leicht um'S Herz geworden, sie ruft vergnügt: „Nun aber muß ich gehen. Adieu, unterhaltet Euch gut!" „Danke, Mama!" „Friedrich!" Kaum daß der Major die Mutter geleitet, ruft er dem Diener: Friedrich, sagen Sie Fräulein von Dernburg, daß ich verhindert sei, sie zu begleiten. Unaufschiebbar — Na, Sie wissen ja —" Friedrich ist ein geschulter Diener, sein Herr kann sich auf ihn verlassen. Trotz ihrer vornehmen, offenen Natur, trotzdem er Fräulein von Dernburg wirklich hoch schätzt und sich geradezu an Lilian gebunden hält, — eS ist ihm unmöglich, gerade jetzr mit Lilian zusammenzukommen. Friedrich muß das gnädige Fräulein auf dem Gang ge troffen, seine Bestellung hier auSgerichtet haben. Lilian's leise, aber weittragende, hellklare Stimme klingt zu Wolf herein: „Schade, aber es thut nichts! Sagen Sie dem Herrn, es hätte mir zu lange gedauert, ich wäre schon im Gehen begriffen." Und im Geist sieht der Major die junge Dame stolz und kühl mit dem Kopf nicken — und ebenso entschweben! Noch eine Weile bleibt er sitzen, starrt in die Syringen und den Goldregen, dann springt er auf und geht durch den schmalen Gang noch einmal nach dem Stall. Niemand ist hier — der Boden ist bereits von den Blutspuren gesäubert —, un verrückt aber an seiner Stelle noch liegt das Bündel Stroh, auf dem Helja mit den Kindern gesessen. Er läßt sich darauf nieder — da, auf den Halmen schimmert es, nahe seiner Hand, ein yoldiges Haar! Er greift danach, schlingt es um daS Wappen Ichild an seinem Ring. Dann läßt er e» entflattern. Nun geht er zurück; er will arbeiten. Da auf seinem Platz, zwischen Papieren schon vergraben, fällt ihm noch einmal di junge Ranke in die Augen. Die Blätter sind geknickt, die Blüthen in Knospen verdorben, gestorben — als wäre e» ein Mensch, dem man wehe thun könnte, bebt seine Hand davor zurück. „Heu", murmelt er mit gewaltsamem Humor, faßt den schwankenden Zweig und schleudert ihn, dem Winde ein Spiel, zum Fenster hinaus. Wenige Minuten, und Wolf'S Feder eilt über das Papier. Ob er sich nicht in der Gewalt hat? Klar, folgerichtig und folgsam stellen sich die Gedanken ein. ES wäre in der That ei i Unsinn, sich um ein Mädchen das Leben zu verderben, sich uno seiner kleinen Mama, die so viel mit ihm durchgemacht hat, dc c er so viel schuldet. — Und wenn die Kleine einen Anderen findet, der cs gut mit ihr meint „Wetter, das hätte beinahe einen großen Klecks gegeben!" Wolf aber hat auch seine Feder in der Gewalt, und nur ein kleiner Spritzfleck zeigt, daß sie beinahe daneben geglitten wäre. Er ist entschieden bei Lilian schon zu weit gegangen, tr
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