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Sächsische Volkszeitung : 06.08.1920
- Erscheinungsdatum
- 1920-08-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192008062
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19200806
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19200806
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungSächsische Volkszeitung
- Jahr1920
- Monat1920-08
- Tag1920-08-06
- Monat1920-08
- Jahr1920
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 06.08.1920
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Nr.LVS 1». Sahrg. «eschöstZstUl« ««» Lre-tz—«.1«. « SMlWe Freitag, «. August 19S« Feruspaache, LI«» P»ftsch»«Ltu>nt-r SeiPgi« Sstr. ILM VoMeLnum Bezugspreis, Vierteljährlich in der GejchSstSstelle oder von der Polt abgeholt Ausgabe L mtt tlluftr. Beilage Iv.it« Ausgabe » ».4L In Dresden und gan, Deutschland frei Hau» Ausgabe 1 1«.«» UuSgab» » V.VV ^ — Die Sächsisch« »olkszeitung erscheint an allen Wochentagen nachm. — Sprechstunde der Redaktion: LI di» 1» Uhr vorm. Anzeige«, Annahme von BeschLstSan,eigen bi, L« Uhr. von Familien«»,eigen bis LI Uhr vorm. - Preis für dl« Petit^paltzeile 1.4« X. im ReNameteil »>S0 X. Familienan,eigen I.»« - Für undeutlich geschriebene, sowie durch Fernsprecher aufgegebene Anzeigen können wir die Verantwortlichkeit siir die Richtigkeit deS Textes nicht Übernehmen WWW WISWiW» IlllÜ WWl Bon Geheimrat Marx, Düsseldorf In Immer weiteren Kreisen hat sich die Ueberzeugung befestigt, daß die Einführung der katholischen Schulorganisation überall, auch auf dem Lande, dringend notwendig ist. Schon die Vorbereitung aus den Schichalstag an dem nach Inkrafttreten des Reichsschulgesetze in jeder Gemeinde des Deutschen Reiches eine Abstimmung darüber erfolgen wird, inwieweit die Schulen konfessionell, simultan oder religionslos eingerichtet werden sollen, ist eine Erfassung aller iatholischer Volksteile, ein Aufklärung aller Bevölkerungskreise über die Bedeutung und Notwendigkeit der Konfessionsschule erforderlich. Es ist hocherfreulich zu sehen, daß die katholischen Eltern sich mit stet- wachsendem Eifer um die Schule, ihre Einrichtungen und ihre Fortent wickelung kümmern. Beweis dafür ist das Interesse an den Wahlen zu den Elternbeiräten. Die Hauptsache ist, daß nun an allen Orten eme systematische, unentwegte Kleinarbeit und Aufklärungsarbeit ein setzt: die Eltern wollen sich betätigen, sie wollen mehr als bisher über die Schule erfahren und wollen sich tatkräftig für da- Wohl der Schule und Kirche «insetzen. Dazu ist eine Organisation notwendig, die die Arbeit nach einheitlichen Gesichtspunkten regelt, der Betätigung stets neuen Stoff zuführt, die Entwickelung der Dinge auf dem Schul gebiet darlegt. Die Einführung der Schulorganisation ist deshalb dringender wie jemals. Wir müssen uns leider auch aus schwere Kämpfe auf dem Schulgebiet gefaßt machen und vorbereiten. Vertrauensseligkeit würde sich einst schwer rächen. Auch in anscheinend ruhigen und gesicherten Gemeinden kann ganz unerwartet ein „Schukfall" eintreten. Ohne wcitschauenbe Borbereitung steht man dann allzu oft rat- und fassung- los dem Ganzen der Dinge gegenüber. Es werden übereilt« und un. sachgemäße Beschlüsse gefaßt, sehr zum Schaden der guten Ziele, die «an erreichen will. Die Zentrale der Schulorganisation kann darüber manch Erbauliches erzählen. — So erfreulich der Eifer der Eltern an der Entwicklung der Schule ist, so gefährlich kann er werden, wenn kr nicht kn den angemessenen Schranken gehalten wird. So ist die neuerdings so modern gewordene Bewegung des TchulstreikS ein weiterer Beweis für die Notwendigkeit einer straffen, zielbewußten und sachkundigen Organisation. Die Ent scheidung über das Unternehmen eines Schulstreikes kann unmög lich den direkt beteiligten, meist stark erregten und einseitig urteilenden Elementen überlasten werden: es muß eine mehr objektive, unbe teiligte Stelle geschaffen werden, di« nach ruhiger, sachlicher Ab wägung aller in Betracht kommenden Umstände schließlich die Ent- scheidnng trifft. Als solche eignet sich vorzüglich der für die Gemeinde oder vielleicht noch bester, der für die Diözese eingerichtete OrtS ausschuß der Schulorganisation, weil er aus den Geist lichen, den Lehrern und Lehrerinnen aller Art, den Stadtverordneten und Gemeindevertretern, den Vetretern der Eltern der ganzen Gemein- d? oder des Bezirks, den Beauftragten der verschiedenen katholischen Vereine besteht, also die Gewähr bietet, daß alle katholischen Kreise an der wichtigen Angelegenheft interessiert und beteiligt werden. Eine überaus ernste und bedeutungsvolle Ange legenheit ist der Schulstreik. Er mag in manchen Fällen notwendig, in manchen sogar pflichtmäßig sein: jedenfalls bringt er die Gefahr mit sich, daß manches kostbare Gut an Autorität und Erziehungsidealen unwiderbringlich zerschlagen wird. Er darf nur als das äußerste Mittel angewendet werden, wenn alle anderen Mittel und Wege, ein* Besserung kerbeizuführen, versucht worden und ohne Ergebnis geblie ben sind. Er darf regelmäßig nur bei schwerer GewissenSbe dränguks der in Betracht kommenden Eltern unternommen werden. Wirtschaftliche oder materielle Gründe können nur in ganz besonders liegenden AuSnahmefällen einen Schulstreik rechtfertigen. (Belegen einer Schule mit Sicherheitswehr. Weite der Schulwege und dergleichen sind nicht als ausreichende Gründe anzucrkennen.) Auch die Tatsache, daß ein Lehrer sich weigert, den Religionsunterricht zu erteilen, kann regelmäßig für sich allein nicht genügen, den Schulstreik zu rechtfertigen. Die Ablehnung kann aus mannigfachen Gründen erfolgen, sie braucht nicht aus NeligionShaß zu geschehen; der Lehrer braucht seine Gründe nicht anzugeben. Die Verweigerung der Erteilung des Religions unterrichts stellt für sich allein noch keineGewistenSverletzung derEltern dar Anders ist eS, wenn der Lehrer sich zugleich verletzender Bemer- lungen über den Glauben die Kirche usw. in Gegenwart der Schul- linder oder in der Oefsentlichkeit schuldig macht, wenn er die Kinder mssordert, sich am kirchlichen Religionsunterricht nicht mehr zu betei ligen, oder sie sogar einladet, an dem von ihm erteilten allgemeinen Moralunlerricht teilzunchmen. Es ergibt sich also eine ungemein große Mannigfaltigkeit der möglichen Vorkommnisse. Die beteiligten Eltern sind in ihrer an sich berechtigten Erregung erfahrungsgemäß zu radikalen Beschlüssen ge- urigt. Es muß also eine ruhige, sachliche Prüfung der ganzen Sach- luge veranstaltet werden, ehe man zum letzten Mittel, dem Schulstreik, gnift, besten Folgen unübersehbar, auf jeden Fall aber bedauerlich ünd. Der Orts- oder vielleicht noch bester der Bezirksausschuß der vchukorganisation ist, wie gesagt, eine für die Untersuchung und Be urteilung solcher Fälle recht geeignete Stelle, die zugleich auch die Ge währ bietet, daß di« Verbindung der katholischen Lehrerschaft mit den übrigen BevölkerungSkreisen in einer für alle Beteiligten gleich not wendigen und erwünschten Weise hergestellt und gefördert wird. Aus allen angeführten Gründen ergibt sich als dringende Pflicht der Stunde, nunmehr überall, auch in kleinen Gemeinden, an die Ein führung der katholischen Schulorganisation heranzutreten. (Das er. forderliche Material ist vom Büro in Düsseldorf, Neußer Straße 25 zu beziehen.) Aus dem Reichstage Berlin, 6. August Am Donnerstag ist endlich das Gesetz über die Entwaffnung der Bevölkerung in dritter Lesung und damit endgültig verabschiedet wov. den. Der Entwurf wurde mit einigen Abänderungsanträgen der Re gierungsparteien in unwesentlich veränderter Fassung gegen die Stim men der gesamten Unabhängigen, der Bayerischen Volkspartei und eines nur geringen Teiles der deulschnationalen Rechten angenom men. Der Gesetzentwurf hatte bei Beratung der ersten zwei Lesungen vor allem die unabhängige Sozialdemokratie in Wallung versetzt, ez war mehrfach von dieser Seite her zu starken Ausfällen gegen die Regierung gekommen, man hatte lange und aufreizende Obstruktions reden gehalten. ES war also zu erwarten, daß auch die dritte Lesung nicht ohne Schwierigkeiten von unabhängiger Seite her vor sich gehen würde. Von alledem geschah jedoch nichts. Die Unabhängigen hat ten vernünftigerweise ihren zähen und obstruktiven Widerstand ausge geben und sich insolge der Erkenntnis der Nutzlosigkeit und auch der Unklugheit ihrer früheren Haltung eines besseren besonnen. Sie konn ten es sich allerdings nicht versagen, noch einlal Dr. Rosenseld vorzuschicken, der alle ihre Argumente gegen das Gesetz mit großem Phrasenschwall von neuem wiederholte. Da hörte man in seiner von Entrüstung zu theatralischer Breite gedehnten Tonart alle die alten Kamellen der Unabhängigen über Einwohnerwehren, über Spitzelwirt» schaft der Reichswehr, über vergewaltigte Proletarier. Da hörte man Proteste über Protest« — alte Geschichten, die immer wieder aufge wärmt dadurch weder wahrer noch überzeugender werden Man gibt sich im Hause auch keine Mühe, ihm zuzuhörcn. Man kennt Herm RosenfeldS Litaneien zur Genüge. Der Präsident bittet zweimal um Ruhe und um Einstellung der Privatgespräche. Es nützt nichts. End lich ist Dr. Rosenfeld fertig. Nach ihm spricht der Außenminister Dr. Simons. Er setzte klipp und klar auseinander, daß entgegen den Be hauptungen der Unabhängigen die Regierung durch die Beschlüste der Konferenz von Spaa gezwungen ist, ein derartiges Gesetz vorzulegen. Die Unabhängigen streiten es durch Gegenrufe ab, sie, die sonst immer so wacker auf die Erfüllung der Forderungen der Entente gedrungen haben. Nun es nicht nach ihrem Geschmack ist, sind sie jetzt mal an derer Meinung. Der Minister spricht über die Ausgaben des durch den Gesetzentwurf vorgesehenen Neickiskommissars zur Durchführung der Entwaffnung. Er fordert von ihm völlig paritätisches Vorgehen. Dann kommt er auf die polnische Frage. Sw kann ernst« Weiterungen ziehen, denn wie der Minister sagt, hätten die Franzosen ein Interesse daran, den Polen zu helfen und Tnrppen durch Deutschland zu sen den. Wenn cs wahr sei, wie man meldet, daß die Franzosen bereits im besetzten Gebiete Vorsorge für einen Durchzug durch Deutschland träfen, dann sähe er darin bereits eine Verletzung der deutschen Neu tralität. Denn auch besetztes Gebiet sei deutsches Gebiet. Die Lage ist ernst, ja sogar gespannt. Der Minister bittet, alle-s zu vermeiden, um diese Spannung nicht noch zu vergrößern. Die letzten Worte des Ministers üben eine starke Wirkung auf das Haus aus. Dcr Emst der Lage kommt allen zum Bewußtsein. Und in der Tat, wir wissen nicht, was geschehen kann, wenn eine Neutralitätsverlctzung Vonseiten' Frankreichs neue Verwicklungen hcraufbeschwört. Für die Mehrheits- sozialisten spricht der Abg. Stelling. Er gibt dem Gesetz im all gemeinen seine Zustimmung. Ein Mitglied der Bayerischen Volks partei erklärt, seine Freunde würden gcgcn das Gesetz stimmen. Nach ihm läßt sich die Kommunistin Klara Zetkin vernehmen. In ihrem agitatorischen Redefluß kämpft sie gegen die Art und Weise an, wie man das Gesetz durchzusühren gedenke. Mit diesem Gesetz, so ruft sie aus, will die Bourgeoisie die Revolution entwaffnen und auf halten. Es wird ihr nicht gelingen. Es lebe die Weltrcvolution. Der Zentrumsabg. Burlage empfiehlt in kurzen sachlichen Aus führungen die Annahme der von den Regierungsparteien eingebrachten Abänderungsanträge. Der Minister des Innern, Koch, hat daS Schlußwort. Er stellt noch einmal fest daß alle Waffen außer denen der Reichswehr und denen der waffentragenden Beamtenschaft abge- liefert werden müßten. Die sogenannte „Orgesch" sei mit dem Ab kommen von Spaa nicht vereinbar und auch nicht von der Regierung anerkannt. Die Abstimmung ergibt das anfangs mitgctcilte Ergebnis. Darauf tritt das HauS in die Weiterberatnng der Interpellation bctr. Arbeitslosigkeit und deS Antrages Ledebour (USi bctr. ErwerbS- losenfürsorge. Vonseiten deS Zentrums spricht hierzu der Abg. Andre. Er bedauert, daß weite BolkSkreise der Frage der Arbeits losenunterstützung nicht das nötige soziale Verständnis entgegenbrin gen. da sie fälschlich der Meinung seien, die Erwerbslosen rekrutieren sich mehr oder weniger aus Faulenzern. Dem sc« nicht so. Die Er werbslosigkeit liege nicht an der Schuld der einzelnen Arbeiter, son dern sie hänge von anderen Faktoren ab. wie Kohlenmangcl, Mate rialmangel, Mangel an Aufträgen. Es sei darum dankenswert, wenn der ReichsarbeitSministcr «ine Verbesserung der ErwerbSlosensürsorge in Aussicht gestellt habe. Der Rcichsarbcitsminister habe auch mit Recht eine,, Appell an die Arbeitgeber gerichtet und sie an ihre sozialen Pflichten erinnert. Redner beschäftigt sich mit Einzelsnllen. Er chlicßt mit der Versicherung, daß wir unsere ganze Kraft cinsetzen müß- ten, um die Arbeiterschaft vor einer wirtschaftlichen Katastrophe z» bewahre». Mit allseitig gutem Willen, mit vereinter Kraft von Ar- beiterschaft. Unternehmertum und Staat müßte die- gelingen. Vertagung Von unserem parlamentarischen Vertreter im Reichstage wirb uns über die Schlußsitzung des Reichstages geschrieben: Man ist müde, übermüdet! Man ist ermattet und erschöpft! Die letzten zehn Tage parlamentarischer Tagung haben an die phy- fische Leistungsfähigkeit wie aber auch an die Nervenkrast der Abge- ordneten die denkbar größten Anforderungen gestellt. Dazu kamen die lähmenden Einwirkungen der Hitze, die sich gerade in dem Kollosal- bau des Reichstages besonders unangenehm fühlbar machen. Im Plenarsitzungssaale vor allem bildet sich bei solcher Temperatur eine Luft heraus, die man wahrhaftig mit den Wohlgerüchen Arabien- nicht zu vergleichen wagen darf, die aber ein stundenlanges Verweilen geradezu zur Qual macht. Nun also ist vertagt. Auf schier acht Wochen geht der Reichs tag in die Ferien. Angesichts einer politisch so gespannten Situation, wie wir sie augenblicklich und unter dem Druck der Notwendigkeiten von Spaa einerseits und den Ungewißheiten von Genf andererseits vor uns haben, dürfte diese Frist manchem doch wohl etwas zu reich lich erscheinen. Die Möglichkeit einer früheren Einberufung ist aber naturgemäß nicht ausgeschlossen, und das ist auch gut so, denn nach unserer Verfassung von heute ist ja das Volk „souverän", ist dem nach also der Reichstag als Vertretung des Volkes die eigentliche Re gierung, während Kabinett und Minister nur die ausführenden Organe sind. Es ist aber unbedingt notwendig, daß nun endlich einmal die Regierung zum Atemholen kommt. Seit ihrer, ohnehin schon unter größten Schmerzen und Sorgen bewirkten Bildung hat sie bis jetzt noch nicht zum Verschnaufen kommen können. Unvorbereitet mußte sie nach Spaa gehen, und das hat sich schwer gerächt. Sofort nach Spaa galt es, die politisch-parlamentarischen Auswirkungen der unter Diktat, druck übernommenen und Unterzeichneten Verpflichtungen vorzuneh. men. Un unendlich schwierigen Verhandlungen mit den Parteien ist das nun auch zuwege gebracht worden, und nun erst kann die Regie rung daran gehen, sich auf der neuen Basis, die dornig und steini, ist, einzurichten. Eine ungemein bewegte Tagung liegt hinter uns. Wohl noch selten waren so viel politisch-parlamentarische KonfliktSftoffe aufge häuft, wie diesmal. Die notwendigen Verpflichtungen au» dem Frie densvertrag nunmehr in das Stadium der Ausführung zu setzen, haben alle Leidenschaft in Aufruhe gebracht, die begreiflicherweise durch Niederlage und Zusammenbruch in allen Parteilagern geweckt worden sind. Wir haben parlamentarische Kämpfe von beispielloser Heftigkeit mit erlebt. Bei allen Militärfragen, die gerade diesmal überragend mit im Spiele waren, platzten die Geister mit ungeheurer Heftigkeit aufeinander. Kaum ein Gesetz hat so viel Mühe und Sorge im Parlament verursacht, wie das Entwaffnungsgesetz. Man muß diese Kämpfe unmittelbar miterlebt haben, um fühlen zu können, welch ungeheuerliche Kraft in ihnen konzentriert war. Wenn das Ringen, das sich im Parlament abspielte, ein Spiegelbild derjenigen Kämpfe und Auseinandersetzungen geben sollte, die nun in Ausführung dieses Gesetzes im Lande zu erwarten wären, dann allerdings könnte man nur mit allergrößter Sorge den kommenden Dingen entgegensehen. Di« Unabhängigen haben diesem Gesetz. daS sie als ein Schandgesetz und als ein Ausnahmegesetz gegen die Arbeiter schlechthin bezeichneten, den schärfsten Kampf bis aufs Messer angesagt. Sie haben mit Gene ralstreik, ja sogar mit Wirtschaftssabotage, gedroht. Dieses letztere Leitmotiv hat ihnen Klara Zetkin, die Führcrin der Kommunisten, zugewvrfen. Bei d'er ganzen Geistesrichtung der Unabhängigen 'cars man cs ihnen glauben, daß sie aus ihren Drohungen Wahrheit zu machen suchen. Deutschland wird vor schwere Prüflingen gestellt wer den, bei denen es sich entscheiden wird, ob die Regierung von heute es versteht, die staatliche Autorität zu schützen, ob sie demgemäß exi. stenzberechtigt ist oder ob die Unabhängigen, die Kommunisten und die Radikalen, die noch weiter hinter ihnen stehen, ihre Stunde ange brochen sehen, die ihnen die politische Macht ans Grund von Diktatur und Terror in die Hände spielt. Aber die Aufgaben, die noch nach anderer Richtung der Regie rung harren, sind ganz ungewöhnlich schwieriger Natur. Neben der Konsolidierung im Innern stehen wir nach außen in unseren außen politischen Beziehungen zu den Mächten der Entente wie namentlich z» Rußland und Polen vor der Entscheidung über Fragen schwer wiegendster Natur. Man erinnere sich nur einmal daran, vor welche Entschließungen wir über Nacht hinsichtlich des russisch-polnischen Kon fliktes gestellt werden können Die geographische Lage bringt Deutsch land in gefährliche Verwicklungen, Durch die Ncutralitäts-Erllärnng und insbesondere durch die zu ihrer Wahrung notwendigerweise zu ergreifenden Maßnahmen Yverdon die Schwierigkeiten nicht verringert, sondern nur noch vennehrt Die deutsche Reichsleitung, die zudem überdies auch auf anderen außenpolitischen Gebieten mit schweren Sorgen zu kämvfcn hat — eS sei nur an die immer noch nicht k-e- reinigte Flaggenasfäre erinnert — wird ein Uebermaß von Arbeits- und Nervenkrast auswenden müssen, um die ungeheuer bedeutungs vollen und weitragenden Ausgaben, vor die sie gestellt werden wird, zum Gesamtwohl des Landes zu erfüllen, Es ist selbstverständlich, daß dabei NeichSregierung und Volksvertretung durch berufene Organe engltc Fühlung halten muffe». Wir könnten und dürften nicht über rascht sein, wenn zu einer über Nacht entstandenen kritischen Situation unmittelbar Stellung genommen werden müßt«. Wir leben in einem Zustand, der sich gar nicht beschreiben läßt und von dein noch niemand abseyen kann, welche Gestalt er letzten Endes annchmen und vor allem, welches furchtbares und unabsehbares Unheil er hervorbringen muß. Trotz parlamentarischer Vertagung werden deutsche Volksvertretung und deutsche« Voll unablässig auf dem Posten sein müssen. Als täglicher Mittler, Mahner und Warner wird die deutsche Presse gerade jetzt eine Aufgabe zu erfüllen habe», so hoch und erhaben, wie sie noch nie einem Sachrvalter öffentlicher Interessen gestellt war. ' es I r
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