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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.12.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-12-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188412195
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18841219
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18841219
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1884
- Monat1884-12
- Tag1884-12-19
- Monat1884-12
- Jahr1884
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.12.1884
- Autor
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Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. Amtlicher Theil. Bekanntmachung. Dirtenigri» Personen, tvclebe die Abfeodnng von Packereien und Werthsendungen «tt be- stiinneten Visenbahnzügen «nd PosttranSporten re. beabsichtigen, werden ersucht, wahrend der Zeit von» 21. biö einschliesilich 2^. dieses MonatS, die betreffenden Sendungen mindestens eine Stunde vor der für gewöhnlich als Schiusi der Vinliefe- rung für die betreffenden Beförderungsgelegen heiten festgesetzte» Zeit zur Post zu geben, da die Fertigstellung der bezügllcbeu ttzcgenstande zur Abfendung wahrend der vorbezeickrueten Tage, zur Fernhaltung von Störunge» im Pvstdicnst- betriebe, a«S Älnlast des gesteigerten Päckerei- »erkehrS um eine Stunde früher, als für gevöhn» lich, erfolgen must. Leipzig, L7. Deeember 1884. Der Kaiserliche Obcr-Postdirector. Walter. Freitag oen 19. December 1884. Bekanntmachung. Weihnachts Päckereiverkehr. A« Sonntag, den 21. December, sowie am erste« WeihnachtSsciertag, werden die Packet- Annahme« nud Ausgabestellen der hiesigen Post ämter wie an de» Wochentagen geöffnet sein. Leipzig, 17. December 1884. Ter Kaiserliche Ober-Postdirector. Walter. Ptklmutmachung. DaS 34. Stück des diesjährigen ReickSgesctzblatteS ist bei nnS eingeqangen und wird bis zum 10 Januar 188Z aus dem NathhauSsaalczur Einsichtnahme össeullich au-hängen Dasselbe enthält: Nr. 1574. Gesetz wegen Ergänzung deS tz. 100 o de- Gesetzes, betreffend die Äbänderung der Gewerbeordnung vom 18. Juli 1881 (Rcichs-Gesehbl. S. 233 ff. von 1881). Dom 8. December 1884. Nr. 1S7L. Verordnung, betreffend die aizderweil» Festsetzung der Caulion des Rendanten der Pakentamtscaffc. Vom 8. December 1884. Leipzig, am 16. December 1884. Der Natii der Stadt Leipzig. Vr. Gcorgi. Krumbiegel Zu Herstellung einer gewiffcn Ecntrole haben wir be schlössen, den bestellenden GrubenräuiiiungS- und Abfuhr anstalten von Neujahr 1885 ab zur Pflicht zu machen, daß ste die Rechnungen über die Kcstc» der Grubcnentlecrungen vor ihrer HinauSgabc an die Hausbesitzer zunächst dem Ober- aufscher für den Düngererport (Sladlbaus. 2. Etage, Zim mer 102) vorlegen, von welchem dieselben, dasern sich gegen deren Richtigkeit Bedenken nicht ergeben, abznstempeln »nd dann zurückzugrben sind. Wir bringen dies hierdurch zur allgemeinen Kenntniß und zwar nickt nur für die Absuhranstalten zur Nackachtung, sondern auch für die Hausbesitzer zur Benachrichtigung, daß sie zunächst die Abstempelung der ihnen etwa unabgestempelt zugehenven Absnhrkoslcn-Rechnungcn zu verlangen berechtigt sind. Leipzig, den 7. December 1884. Der Rath der Stadt Leipzig. 1>r. Georgi. Hennig. Peklinntlnachililg. Vckanntmachnng. Unter Bezugnahme aus die Verordnungen deS königlichen Ministeriums des Innern vom 24. Oclober und 4. December cr. bringen wir hiermit zur allgemeinen Kenntniß, daß nach stehend unter (D aufgeiührte, hier wohnhafte Schmiede in Gemäßheit von H. 6. Abs. 3 der Verordnung vom 19. Mai 1870 das Prädtcat als geprüfter Hufbefchlagmeister zu führen berechtigt sind. Leipzig, am S. Tcccmber 1884. Der Rath der Stadt Leipzig. I)r. Georgi. Cichoriu«. T Heinrich Otts Besser. Peter Bergmann, Christian ffrnst Ludwig Büthig, Heinrich RuSolph Brenvel, Irievrich August DitteS» Christian Arirvrich Dörfer, Johann Christian Friedrich CuderS, Fr cvrich Crnst Cngel, Friedrich Hermann Patzjchke. Couard Berlitz. Bmlillich-Ailction. g, Januar 1884 sollen im Forstreviere Connewitz auf dem Kablscklage in Ablheilung 8» I. von Vormittags 8 Uhr an o». 30 Nm. Eichen-Nutzscheite I. und N. Elaste, »120 - Eichen-, 5 Rm. Weißbuchen. 2 Rm. Ahorn- unv 2 Rm. Linden-Vrennschette; II. von Vormittags 10 Uhr an on. 100 Hausen starker Abraum und « 30 Haufen Schlagreisiig (Langhansen) unter den öffentlich auohäugenden Bedingungen und der üblichen Anzahlung an den Meistbietenden verkauft werden Zusammenkunft: aus dem Helzkchlage am Gautzscher Fußwege turck die sogenannte» Fuchslöcher. Leipzig, am 18. December 1884. DeS Raths Forst-Deputation. Erstatteter Anzeige zufolge hat Friederike Hundt au« «roh msthlingen ihr unter dem 19. August 1882 vom dortigen Orts Vorsteher ausgestelltes Dienstbuch vor einigen Wochen in hiesiger Ttod« verloren. Wir bitten, dasselbe im AnsstndungSsalle anher abzugeben. Leipzig, am 1b. D'cembrr 1884. Ta» Polizei-Amt der Stadt Leipzig. . Breischneider. Veklmiltmachung. Ich ersuch«, mir den AufcnihaliSorl des Arbeiters Carl Raute aut ^ .tpzig zu den Acten I. 2070 84 mitzutheilen. k agdeburg, den 12. December 1884. Ter Crfte Staatsanwalt. Ncolai-GWnastum. Anmeldungen für Ostern 1888 werden am 8.» V. «nd 12. bi- Ist. Januar von 12—1 Uhr im Rectoralezimmer bcS Schul gebäudes (ikönigsstrahe 14ä) angenommen. Wünschenswerth ist, daß gleich bei der Rnmeltung die letzte Zchulcensur beigebracht werde. Leipzig, 18. December 1884. Prof, vr. Mahlioff. Nichtamtlicher Theil. Der Proceß gegen Reinsdorf und Genoffen. Die Hauptperson in dem Proccß, welcher gegenwärtig vor dem Reichsgericht verhandelt wird, ist Reinsdorf. Er sagt von sich selbst, daß er der eigentliche Ansttsler des Dynamit» altcnlales aus dem Niederwald war und daß Die, welche er zur Ausführung bestimmt hatte, nur seine Werkzeuge waren. ReinSdorf ist Anarchist, cr ist es aus eigener Wahl und mit Bewußtsein, er handelt nach bestimmten Grundsätzen und geht conseqnrnt aus daS ihm vorschwebende Ziel los, gleichviel ob er dabei zu Grunde geht. DaS Attentat war für ihn daS Mittel, um der Well zu zeigen, daß die Anarchisten die Fürsten nicht liebe» und die Socialdemokratie auS ihrer Untbätigkeit auszurütteln. Reinsdorf betrachtet den Kamps zwischen der Anarchie und dem geordneten Staat als eine Machisrage. „Hätten wir deutschen Anarchisten ein paar Armeecorps zu unserer Verfügung, dann brauchte ich zu keinem Reichsgericht zu sprechen." Damit schloß ReinSdorf eine Rede am 17. December. Wenn Reinsdorf eine vereinzelte Erscheinung wäre, ein Fanatiker, der auS sich allein schöpft und sich seine eigenen, von denen aller übrigen Menschen abweichenden Vorstellungen gebildet hat. so könnte man ihn beklagen, weil er sich für ein Hirngespinnst opfert und weil er durch seine wahnwitzigen Gedanken und Entschlüsse furchtbare Gefahren und unabseh bares Unglück berausbesckwört. Aber leider ist die Sache viel schlimmer. Reinsdorf ist kein wahnwitziger Thor, sondern nur der TvpuS einer ganzen Gattung, er ist ein Gesinnungs genosse von Stellmacher und Kämmerer, von Hövel und Nobiling, er gehört zu denselben Leuten, welche in Paris ihre Versammlungen Hallen und sich für das Gesammts interesse des ProlctarialS auszuopsern bereit sind. Zn Gens hat er die ersten Anregungen zu den Gedanken bekommen, zu deren Ausführung er sich später berusen süblte. Solche Leute sind eine Gefahr für die gesammte Gesellschaft, weit <»c mit ihrem Fanatismus ansteckend ans ihre'N'»gcb»ng wirket weil sie in unklaren Köpfen Wünsche und Hoffnungen erwecken, die niemals in Erfüllung gehen können. Reinsdorf besitzt die Gabe, die anarchistischen Lehren in wohlgesetzter Rede und mit einer Art von Begeisterung vorzutragen, welche bei den Zuhörern den Eindruck macht, daß cr selbst von Dem über zeugt ist, was er sagt. DaS Meiste, was er seinen Anhängern Vorträgt, wird von ihnen nicht verstanden, aber daß cr ihnen ein Leben mit wenig Arbeit und viel Vergnügen verspricht, VaS verstehen sie Alle, und auch daS leuchte! ihnen ein, daß man eine solche Verbesserung der Lage nicht erreichen kann, ohne daß man etwas dafür thut. Co verschafft er allmälig einen grundstürzenken Plänen Eingang bei seinen Kameraden und sic lasten sich halb willenlos als seine Werkzeuge gebrauchen. Auch die Märthrerkrone hat für Leute dieser Art etwas Verlockendes, sie erlangen dadurch eine Bedeutung, die sie durch sich selbst niemals erreichen würden, und so wirkt das Gist immer weiter und weiter, bis es eine furchtbare Kata strophe berbeiführt. Deshalb ist es heilsam und notbwcndig, daß die Staatsbehörden diesem Treiben mit voller Kraft ent gegentreten, daS Uebel an der Wurzel fasten und eS anszu- rotten trachten. Da« ist die Aufgabe der Sicherheitsbebörven und der Gerichte, der Presse fällt die nicht minder wichtige Aufgabe zu, die Lebre dieser Fanaliker. welche sich Anarchisten nennen, aus ihren Znhall und Werth zu priisen »nv die Nichtigkeit und Undenkbarkeil der Aussübrung klar zn legen. ReinSdorf hat ein vollständiges anarchistisches Programm entworfen. Er versteht unter Anarchie einen GcscllschcislS- zustand, welcher jeden, normal angelegten Menschen ermög licht, die höchste Stufe der Bildung »nd Entwickelung zu erreichen, die Menschen von der übermäßigen Arbeit zu ent lasten, ihnen Kummer und Noth abzunchine», sie von allem unnatürliche» Zwange zu befreien, eiivlich die Tuniinheit »nd den Aberglauben auS der Welt zu schassen. Um diese? Ziel zu erreichen, soll die Privatprovuction beseitigt und dafür die organistrtc Arbeit cingesührt werden. Das soll von unten heraus geschehen durch ÄrbeitSgenossenschasten, welche haupt sächlich mit Maschinen arbeiten. Vorbedingung dazu ist die Enteignung de- Grund-, Capital- und WerkzeugbesiycS, die Abschaffung des stehenden Heeres, der Polizei, die Folge ein Zustand, in welchem zwei Stunden Arbeit für Jeden genügen, um seine Pflicht zu thun. Man sollte meinen, daß die Nnaiissührbarkeit diese- Pro gramm- jedem normal angelegten Mcnscbcn, zu denen sich bock ReinSdorf sicher auch rcchnct, ohne Weiteres einleucbten müßte, DaS scheint aber keineswegs der Fall zu sein, denn sonst Würden diele Lehren nicht seit einer ganzen Reihe von Jahren sich erhalten und immcr mehr Anhänger gewonnen baden. Zuerst mag sich der gesunde Menschenverstand da gegen sträuben, nach und nach gewöhnt sich aber da- Ohr und daS BorstelliingSvermögcn an diese Ungeheuerlichkeiten nach der alten Erfahrung, daß der Mensch DaS glaubt, waö er wünscht, »nd so wird cS möglich, daß sich Leute finden, welche den Muth finden, mit der Ausführung deS anarchistischen Programms den Anfang zu machen. I» welcher Begriffs verwirrung sich die Führer dicker gefährlichen Bewegung be finden. beweist der Ausspruch ReinSdorf'?, daß er nicht vor dem Reichsgericht stände, wenn die Anarchisten einige Annec- corpS zu ihrer Verfügung hätte». Er'gesteht also selbst ein, daß der von ihm geträumte GcsellschaskSuistand nur unter Anwendung derselben Mittel nnd Werkzeuge zu er reichen ist. die er selbst auS dem Staat der Zukunft auSge- schicden wissen will. Der. welcher den anarchistischen Staat nach Rcinsdors'schem Muster ausricblen will, muß Soldaten, viel Soldaten zu feiner Verfügung baben. ReinSdorf hat sich den anarchistischen Staat sehr büosch auSgcmalt und für die Besitzlosen mit den verführerischsten Lockmittel» ciusgcstattct, aber er scheint sich doch nicht klar darüber zu sein, aus welche Weise er denn zu diesem Eldorado gelangen will. Er wollte die EnthüllungSseier aus dem Niederwald zu einer Demonstration benutzen. Ob und welche Fürsten dabei ihren Tod gesunden hätten, galt ihn» gleich, im» kam eS zunächst darauf an, die allgemeine Aufmerksamkeit aus die anarchistische Bewegung zu lenken, Schrecken zu verbreiten und unter der» Herrschaft diese» Schrecken» dann weiter zn operiren. DaS I dann eigentlich geschehen sollte, darüber scheint er nicht voll-1 ständig klar geworden zu sein, aber auS seiner emphatischen Scbliißbenicrkuiig von den mehreren ArmeecorpS scheint doch hervorzugchen, daß nach seiner Ansicht die Anarchisten sich zu nächst der Herrschaft Uber den bestehenden Staat bemächtigen müssen, bevor sie da» neue StaatSaebilde aufrichtrn können. Nehmen wir also an, eS wäre ReinSdorf und seinen An hängern gelungen, in der allgemeinen Verwirrung die Staats gewalt an sich zu reißen, dann würden sie jedenfalls in die Lage gekommen sein, die neu gewonnene Macht gegen die Verthridigcr deS bestehenden gesellschaftlichen und staatlichen Zustandes abzuwehren und das hätten sie nur vermocht durch Anwendung derselben Mittel, deren sich der heutige Staat bedient, um seine Existenz aufrecht zu erhallen, än Paris ist ja der Versuch zum Umsturz des bestehenden und zur Aus richtung deS socialistischen Staates gemacht worden, da» ging aber nur deshalb, weil Paris damals der Soldaten entbehrte, um die Regierung in Versailles zu beschützen. Als diese wieder über die nölhige Anzahl Soldaten verfügte, war eS mit der Herrschaft der Commune zu Ende. Der Staat nach dem Programm NeinSdors'S ist erst dann möglich, wenn der heutige Staat in Trümmer zerfallen ist. wenn die Regierung nicht mehr stark genug ist, um sich am Ruder, wenn die Besitzenden nickt mehr im Stande sind, sich im Besitz zu erhallen. Ein solcher Zustand werde aller menschlichen Berechnung nach niemals eintreten. ES kann Vorkommen, daß die Regierung zeitweise von einer herrschende» Strömung überwältigt wird, wie dies in Deutschland im Jahre 1848 der Fall war. aber daß dieser Zustand zu einem dauernden wird, ist schon sehr unwahrscheinlich. Die furcht barste Umwälzung, welche die Welt jemals erlebt hat, war die Revolution von 1789. Damals schwang sich auch das Proletariat zur Herrschaft auf und suchte seine Ideale zu verwirklichen. Die Religio» wurde abgcschasst, jegliche Autorilät durch die DolkSsouverainität ersetzt und schließlich ging die gesammte Bewegung in einem furchtbaren allge meinen Blutbade auf. Die Monarchie hat zwar nickt wieder dauernd Fuß zu fasten vermocht, aber eine geordnete Regierung »ach den Grundsätzen de» modernen Staates und der modernen Gesellschc<t besteht noch heute in Frankreich und wird so lange bestehen, als die Franzosen überhaupt noch Lebenskraft -«fitzen. Der socicilistische oder anarchistische Staat spukt nm in den Köpfe» von Fanatikern, zu denen ReinSdorf gehört. Deshalb wüsten derartige Leute mit der vollen Kraft. v«!,che das Gesetz der Staatsregie-Ang verleiht, bekämpft und vernichtet werden, die zur Nachfolge Gcneiglen aber wüsten daran erinnert werden, daß ihnen nicht nur da- gleiche Schicksal blüht, sondern daß sie überhaupt einem wesenlosen Phantom nachjagen, welches sie nimmer erreichen können. * Leipzig, 19. December 1884. * CS ist sehr bezeichnend, daß die deutschfreifinnige Partei mit ihrer Abstimmung über die Forde rungen für das Auswärtige Amt fast von ihrer gefammten eigenen Presse im Stiche gelassen wird. Auch die unbedingtesten Regierungsblätter könnten sich nicht schärfer mißbilligend über jenes Volum aussprechen, als es eine ganre Reihe unzwcisclhasl und correct fort schrittlicher Organe thun. Wir ersehen daraus, daß die Presse mit der BotkSstimmung bester sich in Fühlung zu halten versteht als die deutfchsreisinnigcn Abgeordneten, bei denen der FractionSterroriSmuS alle anderen Regungen unter drückt. Indessen, wir wollen die Hoffnung noch nicht aus- gebcn, daß auch bei einer Anzahl von Abgeordneten die bessere Erkenntniß noch nachkommt, wenn sie in der Ruhe der Weihnachtsserien und vielleicht auch im persönlichen Verkehr mit de» Wählern die Sache sich noch einmal überlegen. Es folgt bekanntlich noch eine dritte Lesung, bei welcher die Fehler der zweiten wieder gut gemacht werden können. Es wäre freilich ein eigentbümlichc» Schauspiel, die Fort schrittspartei, di^ mit ihrer Charakterfestigkeit und Consequenz so unendlich zu prahlen pflegt, ihren Beschluß zweiter Lesung bei der drillen zurücknehmcn zu sehen. .Umfallen" pflegen diese Caloue es ja wohl zu nennen, wenn cS bei de» Nationallibcralen jemals vorgekommcn ist, und sie hatten dann dafür nicht Hohn und Spott genug. Es giebt auch gar keine Entschuldigung für diese Wandlung, denn kein neuer Gesichtspunkt kann vor der dritten Lesung vorgebracht werden, der nicht auch in der zweiten schon vorhanden ge wesen wäre; die Erklärung deS „UmsallS" würde eben nur in der Angst vor dem eigenen Siege angesichlS der Stimmung de- Lande- und der Wähler liegen, und in dieser Hinsicht, dessen sind wir gewiß, werden die nächsten Tage nnd Wochen keinen Zweifel lasten. Es fehlt nicht ein Anzeichen, daß mindestens ein Theil verdeutsch freisinnigen Partei sich bereits nach einer Deckung für den Rückzug umsiebt. Der beklaqcnSwertbe Eindruck des Votums vom 15. December wird freilich dadurch nicht ans- gelöscht und vergessen darf diese Abstimmung den dabei Betyeiligten nicht werden. WaS len anderen Bestand- tyeil der kanzlerfeindlicben Coalition. daS Ccntrnm, betrifft, so hat Herr von Hellvorsf schon daS richtige Wort gesprochen, es ist eben eine Partei ohne jedes Gefühl für nationale Gesichtspunkte und zn einer nationalen Politik ganz unbrauchbar. DaS mag noch so „abgedroschen" sein, wahr bleibt cs darum doch. Selbst die „Krcuzzeitung" meint zu den neuesten Leistungen ihrer guten Freunde im Centrum: „Daß eine so große Partei auS persönlichen Motiven eine durchaus gcrccblscrtwte Forderung ablehnt, ist nicht nur höchst betrübend, sondern kann auch für die Zukunft nur die Befürchtung erregen, daß diese Partei fortan immer mehr sich in die Haltung einer. Opposition „guanck möms" hineinleben wird." Man muß eS aber nach so vielem Vorangegangenen leider auch jetzt bezweifeln, daß der rechte Flügel der konservativen Partei, der in der „Kreuz- zeitnng" den Ausdruck seiner Gesinnung erblickt, entschieden und dauernd den Ultramonlanen den Rücken wenden wird. * AuS den verschiedensten Tbeilcn deS Reich- sind dein Reichskanzler aus Anlaß der letzten Verhandlungen im Reichstag Telegramme zugeganaen. a»S denen sich cr- giebt, welch peinlichen Eindruck die Stellung der Volksver treter >m Lande hervorgerufen hat. Ein Telegramm auS Bielefeld lautet: ES erfüllt uns mit Beschämung und Trauer, daß eS möglich ge- wesen ist, in dem gestrigen Beichlujse einer Mehrheit des dcuischen Reichstages einen Act unbegreiflichen Vorgehens gegen Ew. Durch- Aufla-e L8,7S0 izbonllk«en1»»reis Viertels. 4'/, Mit. incl. Brinaerlohn 5 Mk.. durch dir Post bezogen 6 Mk. Jede einzelne Nummer 20 Pj. Belegexemplar 10 Pi. Gebühren jür Extrabeilagen (in Tageblatt-Format gesalzt) ohne 'Voslbesörderung 39 Mk. mit Postbesörderring 48 Mk. Inserate stgespaltene Petitzeile 20 Pf. Gröbere schritte» laut nuj. PieiSvrrzetchntfi. Tabellarischer u. Histernsatz nach Höhen» Tarif. krcllnnk'n unter dem Redactionsstrich die4ges»alt. Zeile 50 Pf., vor den Familiennachrichten die Kgcipaltene Zeile 40 Pf. Inserate sind s,et« an dic ffrpeSittn» zu senden. — Rabatt wird mcht gegeben. Zahlung praemunerruiclc» oder dura» Post- nachuahme. 78. Jahrgang: laucht, den verdienstvollsten Staatsmann, erkennen zu müssen, der unser Volk im falschen Lichte erscheinen läßt. Mir wissen, daß das deutsche Volk im Großen und Ganzen ander« denki, als c« nach der Ablehnung der als »oll,wendig bezeichne»,, Vorschläge Ew. Durch- lauchl erscheinen Iviintr, und suhlen u»o gedrungen, zu bezeuge», wie alle patriotischen Herzen uuserem verdicnlc» Kanzler zujubcln und ich ihm zu tiesgesühltestcin Dank verpflichtet fühlen sür die hohe Stellung, welche er durch sein einzigartige« Geschick in auswärtigen Angelegenheiten dem deuls'chen Volke errungen Hai. Im Austriigc der heute versammelten VerwaltmigSrätbe und Vorstände der RavenSbcrger Spinnerei und mechanischen Weberei. Hermann Deliu«, Commerzienrath. Em Kreis von ReichSsrcunden in Sch o rndorf äußert ich, wie folgt: Im Innersten empört über die feindselige Haltung der Reichs- tagsmajorität vom 15. d. M., sende» wir Ew. Durchlaucht den Aus- druck der tiefsten Verehrung und des vollsten Vertrauens. (Soll türke nnd erhalte Ew. Durchlaucht auf Ihrem Posten. Aus Mannheim ist folgendes Telegramm eingegangen: Unter dem Eindruck der ReichstagSverhandlnng vom 15. d. M. fühlt sich eine Gesellichaft deutschaesinnter Männer verschiedener Parteirichtung gedrungen, Ew. Durchlaucht sür die unentlvegie Wahrung deutscher Interessen und für die entschiedene Zurückweisung maßloser Angriffe ehrfurchtsvollsten Dank auszusprechcn. Im Austrage: Berthold Fuhs. * Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" schreibt zur parlamentarischen Lage: Wenn man die Mehrheit, welche die im Reichslag für da« Auswärtige Ami gesorLerten Positionen ablehnte, onalvsirt, so ergiebi sich, daß den Hauplbestandtheil das Ceni rum bildet, welches auSnabmSlo« dagegen gestimmt hat. Es macht einen eigenidümlicheii Eindruck, zu sehen, wie daS Leotrnm auf diele Weise im Verbände mit der fortschrittlichen und der Sorialdemokratie der Staatsgewalt gegenüber tritt und an deren Schwächung und Lchädi gung arbeitet. Die socialdomokraüschen und sonstigen Republikaner können ja in direkter Linie absehen, daß jede Schwächung der Re gierung. jede Schädigung ihres Ansehens und ihrer Wirksamkeit den Zwecken der Republik and deS einstweiligen Umsturzes des Bestehende», kurz der Revolution» zu Gute komme. Die zah men und wilde« Republikaner kommen damit ihrem Ziele näher, und alle diejenigen Elemente, welche, wie Polen und Dellen, aus ihrem jetzigen politischen Verbände gelöst sein wollen, können ihre Hoffnung, dieses Ziel zu erreichen, durch jede Schädigung der brstehenden Regierung bestärken und der Verwirk lichung näher bringen. Liegt eS nun im Interesse der katholische» Kirche oder Geistlichkeit, sich diesen Auffassungen dienstbar zu er- iveijen? ES ist zwar bekannt, daß der päpstliche Ni intim' Megü seiner Zeit Herrn von Barnbüler erklärt hat: ,.Niiö — das I^ißt der päpstliche» Politik — kann nur noch die Revolution Hellen." Wir halten diesen oft citirtrn Satz indeß sür einen ganz irrthüm- lichen und den italienischen Prälaten, der ihn ausgesprochen hat, für einen eifrigen Diener der Curie, aber doch für einen Politiker ohne Uriheil Die Ansicht, daß die Revolution dem Kathoiicrsmus ani- hrlsen könne, erweist sich in der ganzen Geichichte der Gegenwart als eine falsche. DieRevolonon r»Frankreich, in Ilalien hat da« Ansehen der Kirche in diesen Ländern sicherlich nicht gefördert: wir sehen nawrutliä, in Frankreich, daß sich die Franzose» niehr und mehr ihrem Klerus entfremdet sühlen, seit derselbe aufaehört hat, gallikanischer Färbung zu sein, und zur kosmopolilisch-valicanischen abergegangen ist. Revolutionen und große Calamilälcn mögen in den Individuen de» religiösen Sinn, die Einkehr deS Einzelnen in sich, fördern; der kölnischen Geistlichkeit sind sic aber noch niemals voridellhast gewesen. Dieselbe bedarf im Gegentheil der Anlehnung an ein festes StoatSwesen, und ein so'ches vermag sie wohl durch ihren Beistand zu kräftigen, aber, wenn einer von beiden Tbeilen den anderen zu stützen hat, so ist eS in Wirklichkeit ste:s der Staat, der. sei cs in seinem Interesse, sei eS nach dem Glauben seiner Herrscher, die Kirche gestützt hat, nicht aber die Kirche den Staat. Die Anarchie gefährdet stets in erster Linie die Kirche, und erst starke Regierungen, wie in Frankreich die Napoleon deS Ersten, verleihen derselben vnrch den weltlichen Arm wieder den Halt, dessen sie zu ibrer Reorganisation bedarf. Wenn die Leitung der klerikalen Politik diese historische Wahrheit noch nichi erkannt hat, so wird sie ihr überall da klar werden, wo die staatliche Ordnung in Verfall gerälh. Wir sehen in dem Vündniß Windtliorsl- Rlchter-Löwe auch durchaus nicht die Demokratie in der Gcsolgschast des Lenirums, sondern umgekehrt das Cenlrum in der der Demo kratie. Diese Erscheinung wird trotz des numerischen Uebergewichts des Centrnms erklärlich durch daS Geschick und den Charakter der Führer. Das Leiitrum geräth ins Schlepptau der Demokratie, weil seine Führung die leidenschaltlichere der beiden ist. DaS Lentrum handelt der Regierung gegenüber in der Regel sd irLto, mit ge kränkter Empfindlichkeit, und glaubt die Regierung durch schl. chic Bebanv- lung z»r Uiiierwersling nölhigen zu können. ES giebt im Cemruin nicht viele politische Köpfe: die wenigen aber, die da sind, verbinden mit ihrer Begabung ein Ucbermaß von reizbarem Selbstgefühl; sie handeln mehr unter dein Eindrücke der Leidenschaft als der B> rechnuiig. Ihr erstes Bedürsniß ist nicht, die eigene Sache z» söroern, sondern dic Regierung und deren Mitglieder zu kränken, zu schädigen, überhaupt mrhr Kampseszorn als Besonnenheit und Ein- sicht zu entwickeln. Wir lassen ununlersiicht, ob die- bei einzelnen Führer» auf Berechnung sich z»rückiührcn läßt, indem ihnen lediglich an der Erhaltung nud Verschärfung des Kampfes gelegen wäre. Wir wollen »n Gegentheil dic Führer des CentrumS lieber sür ous- richlig, aber sür mehr zornig als geschickt ansehen und hier nur der Ueberzeugung Ausdruck geben, daß bei der jetzigen Ton- stcllation uichl die Demokratie im Dienste der Kirche, sondern das Ccnlrum im Dienste der Demokratie als Vorspann eingestellt ist. Dic Dcniokratie steht eben früher aus als Herr Windlhorst. * Im Marine-Etat sind die DicnstalterSzulagen um 18,600 die SeefahrtSznlagen um 10,200 erhöht, so daß für diese beiden Titel jetzt 293,600 resp. 188,200 gefordert werden. Nack dem Verhaltniß, in welchem in den letzten drei Jabren diese Zulagen angewackscn sind, würde der Mehrbedarf für daS ElatSjahr 1885/86 aus Grund der jetzt gütigen Bestimmungen sür DienstalterSzulagen a»s 18,600 und für SeesadrtSzulagcii aus 16,200 anzu nehmen sein. Diese Znlagcn haben die Bestimmung, indem sie die Einkünfte der Mannschaften allmälig verbessern, sec- bcsahrcne Leute zum freiwillige» längeren Verbleiben in der kaiserlichen Marine anznrege», zugleich aber die Neigung der Mannschaften sür den dem Dienst am Lande gegenüber be schwerlichen Bordkienstc wach zu Hallen. Dieser Zweck ist bisher nur unvollkommen erreicht, Tie Erläuterungen des Marine-EtatS Heden hervor, daß die Einkilnste eine« Matrosen der kaiserlichen Marine noch zu erheblich gegen diejenigen der Matrosen der Kauffahrteischiffe zurückstehen. Auch die Abneigung gegen den unwillkommene» Zwang militairischeu Dienstes an Bord erNärt eS. daß die Matrosen, nachdem sic ibre drei Jabre abgedient haben, die Flotte verlassen. Dic Admiralität hegt indeß die Hoffnung, daß es durch eine Er höhung der Einkünfte gelingen werde, einen starken Stamm tüchtiger Seeleute auch in den untersten Chargen zu erhalten. ES soll dies zunächst aus dem Wege versucht werden, s, das; die DicnstalterSznlage, welche nach den jetzt gütigen Bcstim mungen erst vom Äeginn deS ans die Capitulation folgenden EtatSjahrc» ab gezahlt werden Vars, schon vom Zeüpuncl der Capitulation ab gewährt wird, so daß die Mann schaften nicht mehr, wie das bisher der Fall war,
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