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02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 19.02.1910
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-02-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19100219026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1910021902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19100219
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1910021902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1910
- Monat1910-02
- Tag1910-02-19
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Der Deutsche L a n d m i r t s ch a f t s r a t in Berlin beendete heute seine Tagung. In der vergangenen Nacht hat die griechische Flotte meuternd den Piräus verlassen. Eine Abordnung französischer Parlamenta rier ist in Petersburg eingetrossen. Der bekannte französische Ballonkonsiruktcur Le- baudy erlitt einen schweren AutvmvbilnnsaU. Neuerte vradtmeläungen vom 18 Februar Deutscher Reichstag. Berlin. lPrtv.-Tel.i Der Reichstag lehnte den sozialdemokratischen Zusatzautrag zu dem Toleranzantrag des Zentrums mit 2:18 gegen 8g Stimmen ab. Dafür stimmten nur Sozialdemokraten und Freisinnige. Der Loleranzantrag wurde mit 160 gegen 1.16 Stimmen ab- gelehnt. Dafür stimmten Zentrum. Polen und Sozial demokraten, 8 Abgeordnete enthielten sich der Abstimmung. Auf der Tagesordnung stand dann die Interpella tion der Sozialdemokraten, was den Reichs kanzler zu seinen Aentzerungen im Abgeord- netenhause am 16. Februar vcrauiastt habe, die das in der Verfassung des Reiches und mehrerer Bundesstaaten gewährleistete allgemeine, gleiche, geheime Wahlrecht hcrab- zusctzen und zu bedrohen geeignet seien. Staatssekretär Delbrück erklärte, der Reichskanzler sei bereit, die Inter pellation morgen zu beantworten. Damit mar dieser Gegenstand für heute erledigt. Dann trat das Haus in die Beratung des Etats des Rcichsamts des Innern ein, wozu nicht weniger als 84 Resolutionen vvrliegen. Auf Vor schlag des Abgeordneten Bassermaun und des Präsidenten Spahn wurden von der allgemeinen Aussprache beim Titel Staatssekretär die in den letzten Tagen bei den kleineren sozialpolitische» Vorlagen behandelte Materie, sowie die neue Reichsvcrsicherungsordnung ans der Erörterung aus- geschieden. Ans den Neichstaqskommissiouen. Berlin. sPriv.-Tel.) In der B n dg c t kv m m is st o n d e s R e i ch s t a g e s wurde heute über die sozial demokratischen A n s ch n l di g u n a c n gegen Werftbeamtc verhandelt. Ter sozialdemokratische Ab geordnete Sc vcring hatte behauptet, aus der Kaiser- lichcn Werft zu Danzig habe ein Mitglied des Werftvor- standcs angeorönct, der Fische wegen Löcher ins Eis zu hauen. Bei Nacht seien dann in diese Löcher wertvolle Materialien versenkt worden, die bei gelegener Zeit wieder herausgeholt und verkauft werden sollten. Severins hat dem Geh. Admiralitätsrat -Harms eine acnaue Beschrei bung der Oertlichketteii, wo die Schätze versteckt lein sollten, gegeben. Die Untersuchung hat sofort auf telcaraphtsche Anordnung des MartneamtcS in Danzig stattgefunden. Staatssekretär v. Ttrpitz teilte das Ergebnis mit: Das Loch im Eise ist vorhanden, aber es ist auf Befehl eines Kapitäns geschlagen worden, um Wasser zu baben. Eine .Kommission von zahlreichen Beamten ist sofort an die Untersuchung hcrangetreten inrd hat die Aufbewahrungs räume unter Siegel genommen. Der vom Abgeordneten Severing genannte Feldwebel Manulewski hat tatsächlich Sachen versenken und auch verbrennen lasten, aber das waren Sachen, die vv» der Kommission als wertlos zur Vernichtung ansgeschieden waren, wie alte Glasteilc, Scgeltiichlappen. die nicht mehr als Putzlavvcn dicne.n können, und dergleichen. Tie Beseitigung der Lachen ge schah unter Vorwisien des Ressortdirektors. Zeugen da für sind drei Arbeiter.' Abg. Severina wollte die Untersuchung nicht als genügend gelten lasten, denn alle Beteiligten seien gewissermaßen Mitschuldige. Er werde nur dann weitere Angaben machen, wenn man die, die das Material dazu lieferten, an der Untersuchung beteilige. Er have ein Telegramm ans Danzig erhalten, wonach die Gegenstände gesunden seien und man die Sacke unter drücken wolle. Staatssekretär v. Tirpitz forderte Sevc- ring aus, seine Angaben außerhalb des Reichstages zu wiederholen, damit die ordentlichen Gerichte sich damit be schäftigen konnten. Seitens der meisten weiteren Redner wurde die Lache für erledigt angesehen. Es soll ein ge druckter Bericht darüber ansgegcben werde». Im Verlaufe der weiteren Beratung des Etats der Wersten wurden mehrere Abstriche beschlossen. Deutscher Landwirtschaftsrat. Berlin. lPriv.-Tel.i Der heutigen letzten Sitzung wohnte der .Kronprinz in Vertretung des durch Er kältung am Erscheinen verhinderten Kaisers bei. Dr. -Höstcrmann, Dozent an der Königlichen Gärtnerlehranstalt in Dahlem, referierte über die Geschichte und Bedeutung der Elektrokultur unter besonderer Berücksichtigung der neueren Bersnche. Wahlrcchtsdemonftratiouen. Frankfurt. Bei dem gestrigen Z u s a m m e n st ö ß e zwischen der Polizei »nd Demonstranten wurde, wie weiter gemeldet wird, der Kriminalschutzmann Attrot vor der Kvnstablcrmache mit einem Stockdcgen be droht und ihm zweimal hintereinander gestoßener Pfeffer ins Gesicht geschleudert. Er gab hierauf zwei Revolver schüsse ab. die aus dem Publikum erwidert wurden. Um Mitternacht traf im Polizeipräsidium die Meldung ein, daß die Polizei in der Fahrgasse mit Schüssen und Stein- mürfen angegriffen worden sei. Nus England. Dublin. Ter Londoner Korrespondent von „Frec- mans Journal" erklärt, wenn die Bedinaungen der Nationalisten und der Arbeiterpartei von der Regierung nicht angenommen würden, so würden sic inner halb zweier Monate eine allgemeine Neuwahl er zwinge n. Auch John Dillon hat sich dem Korresponden ten gegenüber in einem Briefe dahin geäußert, daß eine Neuwahl vielleicht tu wenigen Wochen erzwungen werden würde. Griechenland am Vorabend der Revolution. Konstantinop c l. sPrtv.-Tcl.i Aus Athen lies die telegraphische Meldung ein, daß die griechische Flotte vergangene Nacht meuternd den Piräus verlassen habe. Typaldos befinde sich an Bord eines Kriegsschiffes. Zum jüngsten französisch-marokkanischen Zwischenfall. Paris. Eine offiziöse Mitteilung bestätigt, daß das Ministerium des Auswärtigen angesichts der Haltung Muley Hafids eine Reihe von Maßnahmen ins Auge gefaßt habe, die gegebenenfalls in allmäblich fort schreitender Weise getroffen werden sollen. Zunächst wird Mnlcy Hafid anfgcfordert werden, eine Antwort bctr. das jüngste von El Mokri Unterzeichnete französisch-marokka nische Abkommen zu erteilen. Diese Aufforderung wird erst in einigen Tagen nach Fez gelangen. Plan wird also über die Gesinnung des Sultans erst in ungefähr zwei Woche» im klaren sein. Wenn er dann noch Schweigen beobachten oder erklären sollte, daß er das Abkommen ab- lehnc, >o werde man zu gewissen Zwangsmaßrcaetn schrei ten und u. a., wie schon gemeldet, die Bcichlaanahme des Zollertrügnisses vornehmen und gleichzeitig die franzö sische Kolonie in Fez in Sicherheit bringen. Selbstver ständlich werden die fremden Mächte von diesen Maß nahmen noch vor ihrer Ausführung verständigt werden. Es erscheint aber möglich, daß die Zustimmung Mulen Hafids in kurzem erfolgt. Dann würde cs überflüssig werden, Repressalien zu ergreife». Berlin. <Priv.-Tel.> Tie Meldung eines Berliner Blattes, daß die Aeadömie Franeaisc eine Einladung der Berliner Universität zur Hnndertjahr - Feie r abgelehnt have, wird in leitenden Kreisen der hiesi gen Universität bezweifelt, und vvn dem Pariser Blatt .Eclair" bestritten. -Heute ist übrigens von der Univer sität Toulouse eine Zusage ans die Einladung zur Hiindert- jahr-Fcter eingetrossen. Man nimmt an, daß die fran zösischen Hochschulen sich untereinander verständigen, um ein einheitliches Verfahren in dieser Frage herbeiznführen. Rom. iPriv.-Tel.) Der Leiter der Gießerei der grvßcn, mehrere tausend Arbeiter beschäftigenden Gewerk schaft Tosi in Legnano, der deutsche Ingenieur Stei ger, wurde gestern von einem Arbeiter meuchlings über fallen und trotz heftiger Gegenwehr mit einem Messer fünfmal an Kopf und Hals verwundet. Ter Attentäter floh. Wenige Schritte vom Tatorte standen zebn Arbeiter und sahen der Untat ruhig zu. Man vermutet ein Kom plott. Die Gießerei ist bis zum Abschluß der polizeilichen Untersuchung gesperrt. Paris. lPriv.-Tel.i Das Automobil deS bekannten B a l l o n k o n st r « k t e u r 3 L e b a u y stieß gestern mit einem Automobil-Omnibus zusammen und stürzte wn. Lebandn wurde aus dem Wagen geschleudert und erlitt mehrere Rippcnbrüche. Sein Begleiter wurde er heblich verletzt. Petersburg. Eine Abordnung französischer Parlamentarier ist hier eingetrossen. vertllclm unä ZScdrkcber. Dresden, 18 Februar —Se. Majestät der König wohnte heute vormittag von 9 Uhr au den Nckrutenbesichtigungcn beim 2. Bataillon des Grenadier-Regiments Nr. 161 im Gelände bei. Um 11 Uhr nahm der Monarch militärische Meldungen ent gegen und empfing die Herren Staatsminister und den Königs. Kabincttssekrct.är zu Borträgen. —Begnadigung. Ter König hat den am 12. Dezem ber v. I. wegen Ermordung seines unehelichen Kindes vom Schwurgericht Bautzen zum Tode verurteilten Kut scher Vetter ans Vischheim zu lebenslänglichem Zucht haus begnadigt. Vetter wurde zur Verbüßung der Strafe in das Zuchthaus nach Waldheim gebracht. —* Gestern nm die sechste Abendstunde fand für den verstorbenen Gesangsprosessor Herrn Angusto Souvestre eine kurze, erhebende Trauerfcicr in seiner Wohnung an der oberen Scdanstraßc statt. Eine stattliche Traucrver- sammlung hatte sich «ungesunden, die sich in dem stimmungs voll gezierten Zimmer, das den grvßcn hellbraunen, silber- Hun t unck lvirrenrcbsst. s* König!. Opernhaus. In der gestrigen Carmen- Aufführung stellte sich hier eine neue Carmen vor, die zweifellos bald von sich reden machen wird. Fräulein Lilly Herling nennt sich die vortreffliche Künstlerin und kommt aus Nürnberg. Es ist nicht bekanntgegeben morden, ob es sich um ein AnShilfsgastspiel handelt oder ob weitere Absichten mit dem Auftreten des Gastes verfolgt werden. Jedenfalls ist sicher, daß die Gesamtleistung des Gastes eine ansterordentlich genußreiche war, die sich dem hiesigen Ensemble unschwer cinfügte. Gerade weil die hiesige Hof- opcr selbst treffliche Vertreterinnen der Partie besitzt, hatte cS die Künstlerin nicht leicht, ihre Persönlichkeit zum Siege zu führen. Daß ihr dies aber so gut gelungen ist, ist ein Beweis ihrer ungewöhnlichen Künstlerschast. In der Er scheinung eine angenehme Mitte zwischen dem Fraucuidcal Botticellis und Rubens haltend, bestrickt Frl. Herking vor ollem durch ihre ganz hervorragend aiisgcarbcitete schau- spielerische Leistung, die nicht nur durch ein echtes theater- blütiges Temperament, sondern auch durch eine Menge ctgenpersönlicher Züge belebt war. Diese Carmen bewegte sich nicht in der üblichen rassigen Schablone mit dem üblichen mehr oder weniger echten Opcrntcmpcrament, sondern hatte gerade in der starken persönlichen Note der schauspielerischen Ausarbeitung den -Hauptretz. Diese Car- men nahm ihre ganze Liebesaffäre ron Anfang an selber nicht ernst. Sobald sie von ihrem Liebsten oder von ihrer Liebe spricht, muß sie selbst darüber lachen: sie kennt sich selber viel zu genau, als daß sie nichr wüßte, daß so eine Geschichte nicht länger als sechs Wochen bauert. Oder wie fein beobachtet, wenn ihr am Schlüße Don Jose den Tod androht und ernst zu machen scheint und in plötzlicher fassungsloser Angst nicdcrkniet und bas Kreuz schlägt! Oder wenn sie im ersten Akt erst mit dem Zuniga anzu bandeln versucht, bei ihm kein Glück hat und dann den Ios6 aufS Korn nimmt! Gesanglich war die Leistung der Dame ebenfalls sehr anerkennenswert, wenngleich nicht auf der Höhe der darstellerischen. Das Organ scheint gut ge bildet und wird namentlich durch eine sehr scharfe Aus sprache vorteilhaft gestützt. Dagegen gibt sie den richtigen sinnlichen Reiz für die Carmen-Partie nicht her. Beson ders zu loben ist die reiche Verwendung eines wirklichen, tragfühigen Pianos an Stelle des oft so üblichen farblosen Mezzvforte. Das mäßig besuchte Haus zeichnete den Gast durch reichen Beifall aus. H. v. ß Olga WohlbrÜcr, die mclgelesene Romanschrift stellerin und Novelltsttn, las Mittwoch abend im Künstler- Hause vor einer ziemlich zahlreichen Hörerschaft Ernstes und -Heiteres in eigener Dichtung. Sie begann mit einer „Plauderei über das Lächeln," jenem „Rhythmus heiterer Anmut," den — ihrer Behauptung zufolge — unsere derb- zusassende, von grosser Realistik einerseits und scharfkanti gem Witz anderseits erfüllte Zeit gänzlich verlernt haben soll. Die anmutige Plauderei teilte die Wescnseigentüm- ltchkeit der meisten Plaudereien: sie gab ihrer Autorin Ge legenheit zn allerlei mehr oder weniger geistreichen Ein- und Ausfällen, ohne hinsichtlich ihres Wahrheitsgehaltes einer ernsten Prüfung ans -Herz und Nieren standhalten zu können. Auch die des weiteren zzim Vortrag gewählte Episode aus dem bekannten Roman der Wohlbrück: „Du sollst ein Mann sein!" konnte trotz vieler sein beobachteter Etnzclzüge den Mangel an innerer Wahrheit und psychi scher Klarheit nicht verhüllen; die Grundidee, daß der kleine 7jährtge Markus Lukas die Verheiratung seiner treuen und inniggeliebten Pflegerin sdte er von den ersten Kin dertagen an bereits mit dem Kosenamen „Mammi" bc- nennts mit seinem Vater als einen Eingriff in seine alleinigen Rechte an sie betrachtet, ist zum mindesten nicht scharf genug hcrauSgearbeitet. Ungleich lebenswahrer und daher auch überzeugender wirkte die ausgezeichnet auf- gebaute und glänzend geschriebene Skizze aus dem russi schen Beamtenlcberr: „Der Platz am Fenster" und die in nicht minder brillierende Form gekleidete „Tragikomödie aus dem wildesten Westen Berlins", die in köstlich humori stisch-satirischer Form die Abenteuer des lebensprudeln den, aber stets in Geldnöten befindlichen jungen Barons' v. Gottseincr, seine verunglückte Brautwerbung bei der Kommcrzienrätin Lömcnstein nös Hirichbcrg, seine Ent zweiung mit dem hocharistokratischcn Gvldontcl Baron v. Gottseincr ältere Linie und sein „Begräbnis erster Klasse", d. h. sein Engagement als Sänger und Tänzer tm „Kabarett zur schielenden Eule", schildert. — Daß die Autorin, die bekanntlich von Hans ans Schauspielerin ist, ihren Werken eine routinierte und wirksam gestaltende Interpretin war, ist beinahe selbstverständlich, wenn auch der erzählende Prosastil der Bortragsstücke des ausgcwand ten Maßes vvn Gekärden- und Micnenspiel, vvn Unter streichungen, Kunstpausen, Interjektionen und sonstigen schauspielerischen Effekichcn kaum bedurft hätte. Im Gegenteil. Das Rednerpult ist keine Bühne, ein Roman lein Theaterstück. An Beifall fehlte es der auch in der äußeren Erscheinung die imposante Theaterdiva nicht ver leugnenden Vorleserin nicht. —ckt. s* Der Orchcstcrnerein Philharmonie veranstaltete gestern im Vcreinöhause seinen dritten diesjährigen Auf- führnngsabcnd und bewies in ihm anss neue, daß die 76 an den Pulten sitzenden Herren ciirig bemüht sind, durch ihre Musiziersreiidigkeit die Nachteile mcttzumachcn, in denen sic sich einem Äernssorchester gegenüber besindcn. Sie be sitzen in ihrem Leiter, Herrn Karl Born schein, einen Führer, der sie für ihre Aufgaben zn begeistern verstellt und dessen Battuta sic willig und unter sichtlicher Hingabe für die Sache folgen. Wenn man bedenkt, das, des Dienstes ewig gleichgestellte Uhr nur selten eine Probe mit vollen Pulten gestattet, so wird man cs nicht allzu hoch in Anschlag bringen dürfen, wenn der Streichkörpcr hier und da im Hinblick ans Klarheit und Akkuratesse noch einzelne Wünsche, offen ließ oder der frei cinsetzendc Pianissimo-Nonenakkord in der Genoveva-Ouvertüre nicht mit der wünschenswerten Sauberkeit gebracht wurde. Was aber die persönliche An« teilnahme der einzelnen Mitwirkendcn betrifft, so steht dieic hinter keinem BerusSorchcstcr zurück. Die Ouvertüre kam mit außerordentlichem Schwünge, frisch in den Tempi unk» gegen den Schluß hin lebhaft gesteigert, in fesselnder Weis« zu Gehör. Wenig natürliche Gabe» brachte die Solistin deg
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