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Sächsische Volkszeitung : 11.10.1904
- Erscheinungsdatum
- 1904-10-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-190410113
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19041011
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19041011
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungSächsische Volkszeitung
- Jahr1904
- Monat1904-10
- Tag1904-10-11
- Monat1904-10
- Jahr1904
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 11.10.1904
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«r. 23». LienStag, den 1». Oktal,«» 11X14. ». Jahrgang. Sächsische UolksMng Erfttzetnt titgltch »«chm. »tt AuSnahwe de» Gönn- urrd Aefttaur. I ^ ^ — — > J«se»«»e »erden die SgripaUene Petitzeile oder deren Rau« m ll»»dds>giger lagedlatl für llladrdell. ßrcdt u. freidelt. Redaktion«.Gvre«,runde: Lt—18 Uh». " " " Pillnitzrr Eteahe 48. — Fernsprecher «wt I Nr. 13W. Grfcheinl täglich »ach», »it NuSnah«» der Gönn- und Feftlaar. v«F»,«p»»i»! »ierteljLdrl- L »U. LS Pf. lohn» «.-stellgeid). «ei ani>erdeut1chkn Poslanslalt-U. ZeirungSpreiSI Gin,elnum»rr 10 »t NedaktionS-Gprechslunde: LI—>8 Uhr. ll»sddä«giger Lsgedlsn für llladrdel». ßrcdt u. freldett. Inserat« »erden die Sgrspalrene Pelitzeile oder deren Rau« m 18 Pf. berechnet, bei Wiederholung bedeutender Rabatt. vnchdrulkerei, Vtrdaktta» und Geschäftsstelle, Dresden Pillnitz«» Gtrahr 48. — Fernsprecher «wt I Nr. ,36k. Kündigung der Handelsverträge. Alls parlamentarischen Kreisen wird uns hierzu ge schrieben: Wie rasch ist diese Forderung ausgesprochen, ohne daß man an die folgenschweren darauffolgenden Zeiten denkt. Es macht in manchen Kreisen auch populär, mit diesen: Wunsche recht breit aufzutreten. Der verantwortliche Lei- ter der Neichspolitik aber kann nicht nach dem Tagesbeifall handeln: er weiß, daß eine Kündigung der Handelsverträge gleichartig ist mit einer offiziellen Kriegserklärung. Der Zoll krieg ist die Wirkung, falls nicht innerhalb eines Jahres ein neuer Handelsvertrag abgeschlossen wird. Ein Zollkrieg aber schadet beiden Teilen: er ist eben ein echter und wahrer Krieg auf wirtschaftlichem Gebiete. Vom Reichskanzler nun deshalb die Kündigung der Handelsverträge zu fordern, Hal len wir für sehr übereilt. Die Oeffentlichkeit und diese Stniwcr und Dränger sind über den Gang der Vertrags verhandlungen doch gar nicht unterrichtet; sie wissen nicht, wo die Hindernisse liegen, sie haben sich wohl auch die Folgen dieser noch nicht überlegt. Der stete Ruf nach der Kündi gung der Handelsverträge mit Oesterreich und der Schweiz kommt uns einem fortwährenden Säbelgerassel gleich. Wir aber haben keine Freude am Säbelgerassel. Auch erscheint uns gerade der jetzige Moment für eine solche „Drängelei" sehr ungeschickt gewählt. Mit den wichtigsten Vcrtragsstaa- ten find wir einig geworden; nur Oesterreich und die Schweiz flehen noch ans; da ist es ganz selbstverständlich; daß eine .Kündigung in dem Moment eintreten muß, wo eine Eini gung nicht erzielt wird. Die alten Handelsverträge mit den beiden Staaten können nicht weiter bestehen, wenn wir mit den übrigen Staaten neue abgeschlossen haben. Das ver trägt sich nicht miteinander. Der späteste Termin der Eini- gung aber ist der 31. Dezember 1904, das wissen die beiden Staaten so gut wie wir. Am 1. Januar 1906 treten die be reits abgeschlossenen neuen Verträge in Kraft, falls sie der Reichstag genehmigt; von diesem Tage ab können auch die seitherigen Verträge mit der Schweiz und mit Oesterreich nicht mehr in Wirksamkeit bleiben, und da eine Kündigungsfrist von einem Jahre vorgeschrieben ist. müßtediesespätestensam31. Dezember 1904 erfolgen, falls bis dahin ein neuer Vertrag nicht fertig ist. Eine frühere Kündigung hätte gar nicht viel Wert und nicht viel Bedeutung: ob sie die Verhandlung be schleunigen würde, kann man bezweifeln; sie könnte auch nur erbittern. Woher wissen aber nun die Dränger und Stürmer, daß ein neuer Vertrag mit den beiden genannten Staaten bis dahin nicht abgeschlossen werden kann? Sie sind doch in die Verhandlungen nicht eingeweiht und moderne Handelsver träge mit den Verästelungen unseres Erwerbslebens kann man nicht im Handumdrehen zu stände bringen. Die an deren Staaten wehren sich auch um ihre Interessen und da braucht es geraume Zeit, bis ein Mittelweg gefunden wird. Man macht sich in vielen Kreisen gar kein richtiges Bild von diesen mühsamen Verhandlungen. Unsere Unterhändler haben wohl ihre Instruktion auf den Weg erhalten; nun kommt aber der andere Staat mit ganz neuen Wünschen, von denen die Unterhändler nicht von sich aus Stellung nehmen können. Sie müssen sich nach Berlin wenden an ihre Vorgesetzten Behörden; diese halten wieder unter sich Beratungen ab und dann geht die neue In struktion den Unterhändlern zu. Wir selbst hatten dieser Tage Gelegenheit, den Stoß von Akten und Anfragen anzu sehen, die allein wegen eines verhältnismäßig leichten Han delsvertrages hier in Berlin eingelaufen sind. Wenn nur einer der lauten Nufer diese Faszikel du^charbeiten müßte, würde er bald sehr ruhig sein; mit dem Draufhauen ist eben hier nichts erreicht. Nach unseren Informationen stehen aber auch die Aus sichten auf eine Verständigung mit der Schweiz sehr gut, so daß in kürzester Zeit der Abschluß zu erwarten ist; eine Kün digung des Vertrages mit der „kleinen Schweiz" — wie man vielfach so verächtlich spricht — würde nicht zu unserem Nutzen ausfallen; man nehme doch nur einmal die Statistik vor. Im Jahre 1903 führten wir für 171,8 Millionen Ware ans der Schweiz ein, während wir eine Ausfuhr von 304,1 Millionen dorthin hatten. Diese günstige Handels bilanz verdanken wir in erster Linie dem Zollkrieg Frank reichs mit der Schweiz; damals hat sich der deutsche Handel dieses Terrain erobert und es seitdem behalten. Ein Zoll- krieg unsererseits mit diesem Nachbarlande würde dem fran zösischen Handel sehr willkommen sein, da er uns verdrängt und unsere Industrie schwer schädigen würde. Namentlich Süddeutschland müßte die Zeche bezahlen I Etwas anders liegen die Dinge gegenüber Oester- reich - Ungarn ; dort haben wir eine Untcrbilanz von rund 226 Millionen. Das weiß Oesterreich-Ungarn auch; aber doch würde es sehr falsch sein, hier mit einer Kündi gung voranzugehen, wo man nicht einmal recht in die Ver- Handlungen eingetreten ist. Oesterreich hat leider zu wenig Beamte für diese Arbeiten. Deshalb muß es immer wieder mit dem einen Staat ablehnen, wenn es mit dem anderen unterhandelt. Im Laufe dieses Monats werden die Ver- Handlungen mit Oesterreich-Ungarn wieder ausgenommen werden und nach Abschluß des russischen und jetzt auch des rumänischen Handelsvertrages sind die Schwierigkeiten gar wenige geworden. Oesterreich weiß, daß es die Minimalzölle auf Getreide annehmcn muß und daß wir im Interesse der heimischen Viehzucht unsere Grenzen stark bewachen werden, um gegen die Einschleppung von Seuchen geschützt zu sein. Angesichts dieser Verhältnisse nun zu rufen: Kündigung der Handelsverträge! halten wir für höchst untunlich und na mentlich sollten sich alle jene, die durch das Volk in verant wortliche Stellen berufen sind, vor einem solch tönenden Schlagwort hüten. lieber den mutmaßlichen Inhalt der neuen Verträge zu schreiben, halten wir für überflüssig: aber das eine darf man aussprechen, daß es mit dem Abschluß und der Annahme sämtlicher neuer Handelsverträge nicht sein Bewenden haben kann; dann muß vielmehr die Frage erörtert werden, ob das System der allgemeinen Meistbegünstigung noch beibehalten werden kann, wir halten es für überlebt, ja, für einen han delspolitischen Unsinn in einem Zeitalter, wo alle Länder sich mit Zollmauern umgeben; in erster Linie muß unser höchst unklares handelspolitisches Verhältnis mit den Ver einigten Staaten einer gründlichen Prüfung und Umände rung unterzogen werden. Diesem Lande noch die Meistbe günstigung zu gewähren, während es diese den deutschen Waren versagt, würde eine Demütigung für uns sein und ein schwerer wirtschaftlicher Fehler. Das Ziel muß auch hier sein, von der allgemeinen Meistbegünstigung zu lang fristigen Handelsverträgen überzugehen, die auch die deut schen wirtschaftlichen Interessen genügend schützen! Die Verlegenheit der österreichischen Sozialdemokratie. Unsere deutschen Scharfmacher können von dem Partei tag der österreichischen Sozialdemokraten in Salzburg ler nen. Es kam hierbei zu höchst interessanten Eingeständ nissen. Die österreichische Regierung läßt die Sozialdemo kratie ziemlich ungeschoren, sie kümmert sich nicht weiter um deren Tun und Treiben, als sie dies auch anderen Parteien gegenüber beliebt. Und so kommt es, daß den Genossen ein gewaltiger Agitationsstoff fehlt; sie reiben sich dann unter einander und können die Massen nicht in Bewegung bringen. Tic Prügel, die bei uns in Deutschland die Polizei von den Sozialdemokraten erhält, fallen dort reichlich auf die eige nen Führer ab. So gestand ein Genosse Bartels- Wien ganz offenherzig ein: „Wir sind nur verdrießlich, weil uns die Polizei nichts tut; da müssen denn die Führer die Blitz ableiter sein." In diesem Satz steckt eine bittere Lehre für Deutschland, für die Scharfmacher und für übereifrige Po lizeiorgane: man lasse die Sozialdemokraten und ihre Or ganisation nur einmal ein Jahr ganz ungeschoren, küm mere sich um sie nicht mehr als uni andere Parteien, be handle sie nach den Gesetzen wie alle anderen Leute und wir sind fest überzeugt, daß das österreichische Klagelied auch in den Reihen der deutschen Genossen angestimiut wird. Was der Staat zur Bekämpfung der Sozialdemokratie tun kann, liegt zu einem guten Teile in dieser eigenartigen Beschwerde enthalten: man gebe einfach dein Arbeiterstand ebendasselbe Recht, das andere Stände auch besitzen, man sei nicht klein lich und engherzig gegenüber demselben und man wird sehen, wie auch in Deutschland die Genossen jammern, daß ihnen die Polizei „nichts tut". Das Zentrum hat im Reichstage stets diesen Stand punkt vertreten. Tie österrcichisclien Sozialdemokraten be finden sich bereits in der größten Verlegenheit ob dieser Haltung der Regierung: allgemeine Unzufriedenheit der Genossen brach auf dem Salzburger Parteitage aus. Man erwartete irgend einen „Clou", der Bewegung in die Mas sen bringen sollte; aber niemand fand ihn; darüber jam merten fast alle Delegierten. Ter Reichsratsabgeordnete Eldersch setzte zwar recht forsch ein; er verkündete gegenüber dem steten Fortwurstcln mit dem 8 l4: „Tie Arbeiterschaft kann sich diese Attentate nicht gefallen lassen, sie muß zu einem entschiedenen Schlage ausholen." Ganz schüchtern erscholl der Ruf: „Zu wel chem?" Und der kühne Abgeordnete verstummte. Aber die Genossin Schlesinger gab nicht nach, sie setzte dem Re ferenten die Pistole auf die Brust mit den Worten: „Welchen „entscheidenden Schlag", welche „große Aktion", welches „bisher noch unvei suchte Mittel" hat der Referent denn eigentlich gemeint? (Heiterkeit.) Diese allgemeine Art. radikal zn sprechen, erscheint denen, die in den Organisatio nen arbeiten, sehr ihre Aufgabe. Man kommt dort mit den unsinnigsten hyperradikalen Vorschlägen und wird sich dann auf den „entscheidenden Schlag" berufen. (Sehr richtig!)" Nun war große Not unter den Führern; der jüdische Millionär Genosse Tr. Adler stammelte allerlei Verlcgen- heitsphrasen bcr, vertröstete die Genossen auf den Zeitpunkt der „Neukoustruierung Oesterreichs" und gestand offen die Abftaimng in der Agitation ein, aber den „entscheidenden Schlag" enthüllte er den wißbegierigen Genossen nicht. Ein Radikaler Winarsky jammerte über die Versumpfung der Partei und forderte gleichfalls eine große Aktion, aber der Abgeordnete Schumeier hielt ihm entgegen: „Er ver- langt daß andere Vorgehen sollen, und weiß dock, nicht, wohin cs gehen soll; er sitzt jetzt mit in der Parteileitung, aber nix fällt ihn, ein." Ta kam einem Genossen Freund- l i ch ein rettender Gedanke und er en,Pfahl den General streik. der eben in Italien unter so vielen Opfern verkracht ist. Mit gutem Humor und unter Anspielung auf das Ausscheiden zweier Erzhcrzöge aus der Armee fiel der Ruf: „Befassen wir uns lieber mit dem Streik der Generäle." Also auch damit war es nichts. Dr. Adler bestieg nochmals die Tribüne, aber er beruhigte nur und gab dem Parteitag viel Schlafpulver, und Dr. Ellenbogen meinte im Aerger: „Bei uns spielt die Rücksicht auf die Stimmung der Massen eine große Rolle. In Deutschland ist man mit Nicdcrschicßen eher bei der Hand. (Lehhafte Zustimmung.)" So ein bißchen Pulverrauch, mehrere Tote und eine Anzahl Verwundete sind also den friedliebenden Sozialdemokraten viel lieber als ruhige Zustände; wir glauben es gern. Den Abgeordneten wurden die schärfsten Vorwürfe aus der Versammlung entgegengeschleudert; sie seien Bremser und Dr. Adler gar sei der „Oberbremser". Schließlich einigte man sich doch auf folgende nichtssagende Resolution: „Der Parteitag erkennt die schwierige Lage, in der sich der sozialdemokratische Verband innerhalb der heutigen politi schen Versumpfung in Oesterreich befindet und ist über zeugt, daß derselbe alles im Interesse des Proletariats ge tan hat, was unter solchen tristen politischen Verhältnissen getan werden konnte. Er spricht ihm daher Anerkennung und vollstes Vertrauen aus." Nach diesen Worten solche Taten! Zuerst wird die Verbandsleitung nach allen Rich tungen zerzaust und am Schlüsse erhält sie „Anerkennung und vollstes Vertrauen". Aber man sieht, wie die Genossen in Oesterreich förmlich nach einer Ungeschicklichkeit der Regie rung lechzen und nahezu verdursten, weil sich eine solche nicht zeigt. Bei uns zu Hause muß mau hieraus lernen. Was haben die Vorgänge dein, Königsberger Prozeß geschadet, — dank der fehlerhaften Haltung der obersten Behörden in Preußen! Für die Scharfmacher in der Presse, in den Par teien und Arbeitgeberverbänden ist dieser Vorgang in Salz burg nicht minder lehrreich. Hat doch selbst der Abgeordnete Bebel einmal im Reichstage eiugcstandcn: „Wir leben nur von ihren Fehlern." Entziehen wir also der Sozialdemo kratie den nötigen Sauerstoff, indem der Staat und öffent liche Organe nicht in die Fehler ü In Königsberg verfallen. Politische Rundschau. Deutschland. — Die materielle Seite des lippcschen Thronfolge- strcites ist daS große Hausvermögeu. Es besteht aus dem ganzen Domauium, davon l00 000 Morgen Wald und fruchtbarem Ackerland, Meiereien, Montongerechtsame usw. und seine Einkünfte werden mit einer Million Mark jähr- lich nicht zu hoch gegriffen sein. Nur 60 000 Mark davon sind nach dem Vertrag von 1868 durch die fürstliche Kammerkasse als jährliche Geldrente an die LandeSkaffe hinaus zu bezahlen. Der nutzbare Grundbesitz des Haus- Vermögens beträgt ein ganzes Fünftel des lippeschen, zwischen der Weser und dem Teutoburger Walde gelegenen Landes, das 1215 Quadratkilometer und 139 000 Ein wohner umfaßt. — Das Jesuitengcscb und die neidischen Gegner. Daß das Zentrum die Aufhebung auch des 8 1 des Jesuiteuge- setzes immer wieder fordern wird, das könnte sich eigentlich auch der einfältigste unter unseren zahlreichen Gegnern den ken. Das hindert die gegnerische Presse aber nicht, immer wieder Kombinationen anzustellen, sobald einmal wieder von einer Aufhebung des 8 1 die Rede ist. Neulich hat der Abg. Spa!,» in seinem Watzlkreise Rtzeinbach von der Not wendigkeit der Aufhetzung dieses Restes der Jesuitenge- setzes gesprochen, da dauerte es nicht lange, bis die „Köln. Ztg." getzeinmisvoll die Auftzebung oder mindestens die Er weichung" des Jesuitengcsetzes als das Winterprogramm des Zentrums tzingestellt tzatte und jetzt haben sich die Geg ner bereits zu der schlaue» Entdeckung durchgemausert, das Zentrum werde bei der nächsten Marincvorlagc einen Kuh handel: Marineporlage gegen Aufhebung des Jesuitenge- setzes in Szene setzen. — Man weiß wirklich nicht, ob die Hundstage schon vorüber sind oder ob die große Hitze des letzten Sommers noch nachträglich ihre Schuldigkeit tut. Auf fällig, wenn nicht besorgniserregend ist jedenfalls irgendwo bei den Herren etwas. — Gin treffendes Zeugnis für die geistliche Orts schulaufsicht gibt der „Evangelische Kirchliche Anzeiger" für Berlin in folgenden Worten ab: „Wir können ganz einfach und kurz sagen, daß diejenige Regelung der Ortssckulauf- sicht die beste ist, die die sicherste Gewähr gibt für das Wohl der Jugend und damit des Volkes der Zukunft. Und wir wüßten nicht, warum die Verbindung der Kirche mit der Schule in der geistlichen Ortsschulaufsichl diese nicht geben sollte. Auf dem Lande — und um das handelt sichs in der ganzen Frage doch vornehmlich. — ist daS Ansehen der Kirche und des geistlichen Amtes noch immer groß genug, mu auch der Schule und ihrer Erziehung, wenn sie in Verbindung mit der Kirche steht, zu gute zu kommen. Wir glauben nickt, daß die Schule an Auto rität und Einfluß gewinnt, wenn sic auch die letzte Ver» bindung mit der Kirche, wie sie in der geistlichen Schul aufsicht für das Volksbewußtsein zum Ausdruck kommt, ab bricht. Wir glauben auch nicht, daß die Autorität der Kirche in der Volkserziehung gehoben werden wird, wenn in den Augen des Volkes durch die Ausschließung des Pastors von der Schulaufsicht der Schein entsteht, als habe die Kirche in Schul- und Erziehungsfragen den Mund zu halten. Aber auf Schule und Kirche ist der Staat mit der Volkserziehung angewiesen — untergräbt er beiden die Autorität, so sägt es sich selbst den Ast ab. auf dein er sitzt. Mag er daun sehen, wer ihm die Jugend erzieht—, es bleibt ihm für die männliche Jugend vielleicht noch die vielgerühnite Erziehungsschule des Militärs. Was aus den Mädchen wird, ist eine Sache für sich —. und wa« aus der männlichen Jugend wird, wenn nicht mehr der Lehrer und der Pastor, sondern der Unteroffizier Volkserzieher wird? Mögen die Antwort unsere Leser sich selbst geben." DaS christliche Volk beider Konfessionen hat sich die Ant-
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