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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 06.04.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-04-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070406020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907040602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907040602
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-04
- Tag1907-04-06
- Monat1907-04
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BezuaS-Prei- Anzeiqen-PreiS Forsch, nryer. lli. -unkow. »lt. terberg. ilbendS: Strauß, l- iger. Becker. Zölkel. 2llb. Schulze. 1er. Knautk. Pollack. Vogel. >eger. -raupner auth. Lorenz, ller. chätzing. WeSner. am ersten rsss se 25 isse 25 /H, ä lenSwerth, luffet ron vdl., 17. «srs »lt auf an sich 'M «l-.I ,anteste lt, das ir und enbräu- avr lt „Echt Verkauf rd dort- a eigne ist auch lichst be- nen be- e. Dir.: le Unter- «b?» mtnahme »SIS Ltor. , 44 Heilungen "MW »»» »II. d sieht man » L7 tänlick i« 8 fesche« l«PeIe »444 l'M. "MW fiir Leipzig und Vororte durch unser« Träger und Spediteure in« Haus gebracht: Aus» gab« 4. (nur morgen«) vierteliädrlich 3 M., monatlich 1 M.: «uSgabe 8 (morgens uud abend«) vierteljährlich 480 M., monatlich 1.50 M. Durch die Post bezogen (I mal täglich) innerhalb Deutschlands und der deutschen Kolonien vierteljährlich 3 M., monatlich l M. ausschl. Poslbestrllgeld, für Oeslerrrich-Ungarn vierteljährlich 5 L 45 b. 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Anzeigen »Annahme: AugustuSplatz 8, bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen- Expeditionen d«S In» und Auslandes. Haupt-Filiale Berlin. CarlDuncker.HerzglÄayLHofbllchhandlg., Lützowstratze 10 (Tel. VI, 4M3'. FUial-Expediti on: DreSden.Marie nst r.31. Nr. 85. Sonnabend 6. April 1907. 181. Jahrgang. Das Neueste vsm Lage. (Die nach Schliß der Redaktion eiugegangeneu Depeschen stehe« auf der 8. Seite d«S HauvtblatteS.) Der König mit seinen Söhnen in Leipzig. König Friedrich August weilte mit seinen Söhnen, dem Kronprinz Georg und den königlichen Prinzen Friedrich Christian und Ernst Heinrich, heute in unserer Stadt. Gänzlich unerwartet trafen die allerhöchsten Herrschaften heute vormittag mit dem fahrplanmäßigen Schnellzug 9 Uhr 55 Minuten hier ein und begaben sich mittels bereitstehender Hofequipage vom Dresdener Bahnhofe direkt zum Grassi- museum am Königsplatz. Der Direktor des Museums für Völkerkunde, Professor Dr. Weule, der von dem Besuch der Königsfamilie kurz vorher unterrichtet worden war, empfing den König uud die Prinzen am Eingang zum Museum und übernahm nun die Führung durch die Räume, deren hier untergebrachte Kunstschätzc eingehend besichtigt wurden. Dann begaben sich die Herrschaften in den Vortragssaal im zweiten Stock, wo Professor Dr. Weule an der Hand eigener Lichtbildcraufnahmrn einen überaus fesselnden Vortrag über die unter seiner Führung jüngst stattgefundene Expedition in das Innere unserer ostafrikanischen Schutzgebiete hielt. Der König und die Prinzen folgten mit sichtlichem Interesse den Ausführungen des Vortragenden, und die jugendlichen Prinzen richteten in ihrer Wißbegier wiederholt Fragen an Professor Weule, die dieser ausführlich beantworten mußte. Nachdem auf besonderen Wunsch des Königs auch noch eine Wiedergabe verschiedener Nationalgssänqe der Einge borenem mittels des Phonographen, sowie einiger National tänze mittels Kinemathogräphen erfolgt war, verließen die königlichen Herrschaften dem Bortragssaal, um sich in die anstoßenden Räume zu begäben, wo sich die Sammlungen aus Ost- und Westafrika, Brasilien usw. befinden. Die jugendlichen Prinzen interessiertem sich für alles und wur- den nicht müde, sich bei Professor Weule nach Ursprung und Herßunft der verschiedenen exotischen Gegenstände zu er- kundigen. Gagen Uhr verließ die Königliche Familie das Grassimirsenm, nicht ohne Professor Weule den Dank für seine kundige Führung ausgesprochen zu hoben. Beim Ver- lasten des Museums brachte die draußen harrende Menge -- die Kunde von der Anwesenheit der Königsfamilie hatte sich inzwischen in der Stadt verbreitet — dem König und den Prinzen herzliche Huldigungen dar, die sich fortsetzten, als die hohen Herrschaften sich zum nahen Rathaus begaben. Hier wurde ein« Auffahrt zum Turme mittels Fahrstuhl unternommen und dann die Fahrt zum neuen Meßplatz vor dem Frankfurter Tor fortgesetzt. Die Abreise der König lichen Familie erfolgte mit dem fahrplanmäßigen Zuqa 2 Uhr 25 Min nachmittags. Der König hatte jeden offi ziellen Empfang abgelehnt; er trug loährend seines hiesigen Aufenthates Zivilkleidung. Ein deutscher Prinz als amerikanischer Student. Vor wenigen Tagen brachten wir die Nachricht, der fünfte Sohn des Kaisers, Prinz Oskar von Preußen, werde vielleicht die Havard-Universität beziehen. Ein Teil der Presse glaubte diese Nachricht als „Tartarennachricht" abtun zu können mit dem billigen Hinweis darauf, daß dies bis herigen Gepflogenheiten nicht entsprechen würde! Daö nennt man dann „gut informiert" sein, wenn man mit solchen Gemeinplätzen argumentiert. Die Sache liegt denn auch ganz anders. Wie die vielfach offiziös bediente „Neue Polit. Korresp." meldet, ist zwar von einer solchen Studienreise des Prinzen Oskar nicht die Rede gewesen, Wohl aber — was für die Sache selbst von gleicher Bedeutung ist — von einer Reise des jüngsten Kaisersohnes, des Prinzen August Wilhelm. Die Absicht besteht noch, daß er eine Reise nach Amerika unternimmt und einen Teil seines Aufenthaltes dort zum Studieren an der Havard- Universität verwendet. DaS wäre sehr erfreulich. Denn wenn der Kaiser, wie er wiederholt betonte, es fördern will, daß Deutschland und Amerika voneinander lernen und zu dem Zweck ihre Professoren auslauschen, dann wäre es nur konsequent, wenn auch die Kaisersöhne ihren Blick durch eine genaue Kenntnisnahme amerikanischen Wesens erweitern. Die AbrnstungS-Arage. Der Abgeordnete de PressansL hat den Minister des Auswärtigen Pichon benachrichtigt, daß er ihn nach Wiederzusammentritt der Kammer über die Haager Friedenskonferenz interpellieren werde, um Auskunft zu er halten, ob die französische Regierung beabsichtige, den Vor schlag Englands zur Abrüstung zu unterstützen oder eine widernatürliche Allianz mit Deutschland und Rußland ein zugeben, um den Abrüstungsantrag im Haag zum Scheitern zu bringen. — Auch der „Temps" ist jetzt' gegen die Ab rüstung! In einem Artikel über die Haager Konferenz erinnert der Pariser „Temps" an daS Schicksal der Ab» rüstungsfrage auf dem ersten Kongreß im Haag, als nach der Resolution, die im Interesse der menschlichen Wohlfahrt die Beschränkung der Militärkosten für wünschenswert erklärte, der Burenkriez unv der russisch » japanische Krieg den Ideologen die Antwort gaben. Der „TempS" warnt vor dem neuen Versuch, das Danaidenfaß der FriedenSmacher zu füllen, und rät, sich auch der ganz inS Leere gerichteten Polemik zu enthalten, die über die Frage der Rüstungseinschränkung jetzt einen Teil der Presse beschäftigt. Die Machte befänden sich dieser Frage gegenüber schon in der lächerlichen Situation von Leuten, die vor einer Tür sich Komplimente machten. Jeder sagt: „Bitte, nach Ihnen!" Und weil keiner vorangeben will, bleibt man draußen stehen. ES sei die Aufgabe der Presse wie der Politik, mit der Wirk- lichkeit zu rechnen. Wenn man die Iveologen noch lange von ihren Friedensidealen so fort reden ließe, würve ganz Europa schließlich in Verwirrung geraten. -- Genau dasselbe, was wir gestern gesagt haben, und was auch „Daily Graphic" geschrieben hat! — Dem „Petit Parisien" zufolge wird der Minister deS Aeußern Picbon die Note der russischen Regierung über die Haager Konferenz erst nach Besprechung mit dem ehemaligen Minister und Senator Löon Bourgeois beantworten, der zum leitenden Vertreter Frankreichs auf der Haager Konferenz ausersehen ist. Großer Streik in Dresden. Etwa 1400 Arbeiter der Nähmaschinenfabrik und Eisen- gicßerei vorm. Seidel L Naumann, Aktiengesellschaft, sind heute morgen gemäß einem gestern abend vom Metallarbeiter verband gefaßten Beschluß in den Ausstand getreten. Gegen ZOO Arbeiter der Freien Vereinigung deutscher Metallarbei ter haben sich dem Streik nicht angeschlossen. Heute nach mittag wird der Verband der Metallinbustriellen der Kreis haupt Mannschaft Dresden, dem die vom Streik betroffene Firma angehört, Stellung nehmen. Die Streikenden ver hielten sich bis jetzt ruhig. Aus dem Hamburger Hafeo. Die Vorstände des Vereins Hamburger Reeder und des Schiffsmaklervereins haben beschlossen, ihre Mitglieder um Zeichnung eines GarantiesondS in Höhe von 500 000 zur Deckung deS durch den Ausstand der Schauerleute entstandenen Schadens zu ersuchen. Von dem Garantiefonds tollen die Reeder 400 000 aufbringen im Verhältnis ihrer Tonnage. Die veuthencr Morde uud der Mord in Sönitz. Wir teilten vor einigen Tagen mit, daß die Entdeckung des RoßschlächterS und SpeisewirtS Llberka in Beutheu (Oberschlesien) als Mörder des seit einem Jahre verschwun denen Arbeiters Brunner den Verdacht erweckt hat, daß Liberia auch den Mord an dem Gymnasiasten Ernst Winter ,m März 1900 verübte. Es fiel auf, daß in beiden Fällen die Leichen zerstückelt und vom Tatorte fort geschafft wurden. Unterdessen ist es den Beuthener Behörden gelungen, den Llberka zu überführen, daß er in dortiger Gegend noch drei andere Morde verübte. Auch diese weisen eine gewisse Ähnlichkeit mit der Kouitzer Tat aus, da Liberka die Mordtaten nach seinem Geständnis aus Rache ausgeführt hat und auch angenommen wird, daß Winter von einem rachsüchtigen Liebhaber eines Mädchens erschlagen wurde, lieber die bisherigen in Könitz aufgenom menen Nachforichungen meldet jetzt ein weiteres Telegramm: Die Kouitzer Staatsanwaltschaft stellt auf Anordnung deS Marienwerder Oberstaatsanwalts umfassende Nachforschungen an, ob der Beuthener Mörder Liberka als Mörder des Gym nasiasten Winter in Frage kommt. ES verlautete, daß Liberka 1900 und 1901 bei dem Abdeckereibesitzer Schultz in Stellung gewesen sei. Polizeilich gemeldet war er aber nicht, und die Leute, die zu jener Zeit mit einem Manne, in dem man den Liberka vermutet, zusammenqrbeiteten, erinnern sich nur. daß jener „Wilhelm" geheißen habe. Die gewöhnlichen Leute wissen hier fast niemals die Zunamen ihrer Mitarbeiter, sondern bezeichnen sie nur nach den Vornamen als „Knecht August", „Schlächter Wilhelm" usw. Ob die jetzige Frau Dähnert, die sich auch zurzeit in Könitz aufhält, und welche die Ge liebte des Winter gewesen sein soll, mit dem Liberka in Verbindung gestanden hat, muß noch aufgeklärt werden. Jener „Roßschlächter Wilhelm" wurde im Jahre 1901 in Könitz auf Grund eines Steckbriefes verhaftet, weil er eine Straft zu verbüßen batte. Als der Beamte, der ihn damals festnahm, jetzt gefragt wurde, ob der Verhaftete Liberka geheißen habe, bejahte er die«. Heute hat sich aber herausgestellt, daß der Mann als „Schulz" gesucht und im Hastjournal eingetragen wurde. Wie der Beamte dazu kam, die Frage auf den Namen LiberkaS zu bestätigen, weiß man noch nicht. Jetzt soll aus Beuthen eine Photographie deS Liberka beschafft und er mittelt werden, ob er mit dem Roßschlächter „Wilhelm" identisch ist. Erst dann wird sich ausweisen, was an dem Verdacht Wahres ist. poMisGes. Deutschland und England. In den Wiener diplomatischen Kreisen wird das Dementi deS Berliner Reichskanzlerorgans bezüglich eines Besuches des Kaisers Wilhelm beim König von England lebhaft besprochen, und es wird der Ansicht Ausdruck gegeben, daß diesem Dementi größere Bedeutung bei zumessen sei, als es scheinbar der Fall ist. Man hätte erwartet, daß der deutsche Kaffer tatsächlich in naher Zeit dem König von England einen Gegenbe'nch abstatten werde, und nun dementiert die „Norddeutsche Allg. Ztg." in so kalegorischer Weise die betreffende Nachricht. Man er innert sich da unwillkürlich jenes Dementis, welches der Sekretär des Königs von England Lord Knouys seinerzeit der Nachricht von einem Besuche des König« Eduard in Berlin entgegensetzte, als die Be ziehungen zwischen England und Deutschland viel zu wün schen übrig ließen, und ebenso zwischen den beiden Höfen keine geringe Verstimmung herrschte. Es wird nun behauptet, daß da« Dementi des ReichskanzlerorganS gleichfalls auf eine Verstimmung zurück,uführen sei, die die Aktion Englands hinsichtlich der Erörterung Feuilleton. l-erne aus cken einfachen l^denslSufen kleiner VSter, clap ckas l^den nicht ein Mittel rum eigenen Qwcft. soackern eine Aufgabe rum Wohle anckerer sein soll. Lenit van Sergniann. Alle 8tSrke wirkt nur ckurch biiockernisse ernannt, ckle fle üdervSltlgen Kaan. Line verhängnisvolle Reise zur Leipziger Messe in, Jahre 1LL7. Das Reift» war vor dreihundert Jahren noch keine fo bequeme und angenehme Sache wie in unserem Zeitalter des Dampfes und der Elektrizität. Die Unzulänglichkeit der Verkehrsmittel, die Unsicherheit der Verkehrswege und die Zerfahrenheit der allgemeinen politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse, wie sic zu jener Zeit in unserem Vaterlandc herrschten, machten auch eine kleinere Reise zu einem sehr riskanten Unternehmen, und wenn der ordentliche Haus vater je gezwungen war, sich auf eine Reise zu hegeben, so bestellte er vorher sorglich sein Haus und verwahrte sein Testament im Familienschrein, um dann von den Seinen wie auf Nimmerwiedersehen schmerzlichen Abschied zu nehmen. Wie sehr solche Vorsorge begründet war, zeigt uns der tra gische Ausgang einer Reift, die der ddürnbergcr Patrizier Sigmund Oertel im Mai 1.557 mit einer Gesellschaft von dreißig anderen Kaufleuten zur Leipziger Messe unternahm. Er wurde, nahezu vor den Toren Leipzigs, von einem säch sischen Edelmannc und dessen Spießgesellen überfallen und derart zugerichtet, daß er noch am gleichen Tage starb. In einem der alten Patrizicrgeschlechtcrbücher, deren es >n Nürnberg noch viele gibt, findet sich eine rührende Be schreibung dieses Ereignisses, die von dem Knecht des Er mordeten, Hans Kornthauer, herrührt. Das Dokument in seiner schlichten, die treueste Anhänglichkeit an den Herrn atmenden Sprache ist kulturgeschichtlich interessant genug, um feine Wiedergabe, wenigstens im Auszüge, zu rechtfertigen. „Den 7. May", also schreibt Hans Kornthauer, „ritten ich und mein Junckberr Sigmund auf Leypzik zu. Als wir nun bis Cuzl, 2 Meilen Weg herwärts, kamen und an unserm Tisch aßen und fertig waren, sprach der Junckherr zu mir: wie, wenn wir sein gemach fortzögen? damit war die andere Gesellschaft, so an unserem Tische mitgeaessen, zufrieden, und wir setzten uns nach dem Mittagsmahl aus und zogen fort, als nämlich: Sigmund Oertel, Hans Schuventten- dorffer der Alte, Hans Schonich. Jörg Platt, ein Schwabe von Augsburg, Endreß Rindfleisch von Preßla*), ich tzanßla**) Kornthauer, und waren unser Sieben. Wie wir nun vor das Thor zu Cuzl hinauskamen, so guckten ich und Endreß Rindfleisch hinfür, wie sichs einem Diener auf der Straße gebührt. Als wir kaum ein« Viertel Meil Wegs ritten und der Wind gegen uns gieng, auch eine sehr große Hitze war und es sehr staubet«, ritt der Junckherr neben *1 Jedenfalls Breslau. **) Fränkische Dftilektfornr für „Häuschen". uns her uud sagte: ei, reit auch eine Meil hinten im Staub wie ich! das war nun sein zeitlich Verderben, wie Ihr hören werdet. Als nun der Junckberr vorausritt und der Schwab von Augsburg ihm nach und dann ich und die andern, und wir nicht eine halbe Meile Wegs mehr Zen Leypzik hatten, kam uns allen ein Schlaf an. Da führte das Unglück 5 Reuter und einen zu Fuß von Schönau dem Dorfe uoer- zwcrch*) durch das Korn zu uns an die Straßen: wir ritten aber in einer Seichte, gleich einem Hohlweg. Nun über rannten uns diese obgemeldeten Bößewichter, die alle Büchsen in den Fäusten hatten mit aufgeschlagenen Hahnen; der erste Gabriel von Droschwitz, ein Edelmann, der rannte sogleich dem Junckherr mit der Büchse in den Mund und stieß ihm die untren Zähne aus. Da ich das sah, griff ich an meine Büchse, indessen rennt Einer her, und stoßt mich mit der Büchsen in meine Seite, daß ich und mein Klepper, der schwach war, schier zu Haufen gefallen wäre) darnach schlug er mir nach dem Angesicht, aber ich bückte mich und ließ den Schlag über mich hin rauschen. Indessen nahm mein Junckherr die Flucht, er sah wohl, daß wir überrascht und übermannt wären. Aber Wilhelm von Droschwitz sprach zu einem Knecht, der jedoch auch einer vom Adel, einer von Staps war: Sieh dort reitet der Bößewicht davon, renn ihm nach und febl ihn nicht, oder ich will deiner nicht fehlen. Aber mein Junckberr hatte einen großen Vorsprung, daß ick dachte: Gott sei Lob, weil er nur davon ist: da führte noch einmal das Unglück 5t Reuter gegen uns her, unter ihnen Einer van Pappenheimb, die scheute der Junckherr, sonst wäre er wohl entronnen, da er nicht mehr als 3 Büchsenschuß zu einem Dorfe hatte, das Linde heißt und nächst bei Leypzik liegt. Der Knecht hatte aber ein sehr gutes Pferd und errannte ihn, der Junckherr war jedoch erschrocken und fürchtete sich vor denen, die vor uns und bei uns waren: ja, es waren auch hinter uns bei 15 Pferde, sic waren aber unsere Gesellen, die es wohl gesehen, ftdoch gemeint hatten, weil es so nah bei Leypzik war, daß es Leypziger wären, die uns empfingen. Also wehrte fick Junckherr Sigmund nicht, wiewohl er den Hahnen auf die Büchse geschlagen hatte : aber sein Rößlcin begehrte sich zu wehren. Das hörten die Schelmen, die uns drängten, ließen von uns ab und rannten auf ihn zu. Da sagte ich zu meinen Gesellen: ich will mir den Edelmann vornehmen, der meinen Junckherrn gestoßen bat, und ihn über das Roß herunterschießen, allein diese baten mich, dicß bei Leibe nicht zu thun. Indessen sah ich von Weitem, daß der Junckherr vom Pferde fiel, da wollt ich allein hinan und gerne für ihn gestorben sein, da sagte aber Endreß Rindfleisch, der mein guter Gesell und Bruder alle zeit gewesen ist: lieber Hennßl, gieb ihnen keine Ursache; denn solltest du hinrennen, so würden sic demnächst eine Kugel durch den Junckberr schießen: da würdest du an seinem Todte schuldig sein^, und darnach würden sic dir und uns das Gleiche thun. Wahrendem sah ich, daß sich der Junckherr aufrichtete, o, das sollte er nicht getan haben; da schlägt ihm einer mit der Büchsen mitten aut den bloßen Kops, denn er hatte keinen Hut auf, daß er wieder auf die Erde sank. Ta mirs nun unmöglich war, ihm zu helfen, weil sie zu weit von uns waren — nun, lieber Gott, was sollte ich machen, als daß ich mit weinenden Augen zu Gott rief und sprach: o, lieber Gott, komm zu Hilf meinem lieben Junckberr. In dessen ritt ich und Rindfleisch zu ihm hin, aber die Boße- wichter wallten das Rößlein fangen, aber e« schlug dem Edelmann an da« Schienbein, also daß sie e« nicht sangen konnten, darnach ritten sie überzwerchs feldein. Als ich aber Neberzwerch «»«er. zum Junckherrn kam, ging er auf der Wiesen zunächst bei einem Weiher, ich sprang von meinem Klepper, lief zu ihm und sagte: ach, daß Gott im Himmel erbarm, lieber Junck herr, warum seid Ihr nicht bei mir geblieben; ehe ich Euch also hätte schlagen lassen, wollte ich gestorben sein: ich wollte schießen, aber meine Gesellschaft wollte cs nicht. Da Hub er an zu faqen: lieber Hennßek, ich habe eine große Sorge ge habt, daß du schießen würdest; o, du hattest recht gcthan, daß du nicht geschossen hast, denn sonst hättest du mich und Euch alle ums Leden gebracht. Darnach sagte er: laß mich auf dein Rößlein sitzen und fang du meins. Da wollt ich ihm hinaufhelfen, ober er duldete es nicht, sondern saß selbst aus; er war gar keck und meinte nicht, daß er sterben würde. Darauf lief ich zu des Junckherrn Pferd, das sich sogleich von mir sangen ließ. Nun saß ich auf. Indessen kommt der von Pappenheimb und sagte zu mir: warum habt Ihr Euch nicht gewehrt. Euer sind Sieben, jene nur 5. Aber mein Junckherr, Rindfleisch und ich zogen fort. Als wir ins Torf kamen und bei dem Wirtshaus waren, sprach ich: lieber Junckherr, reitet da hinein, ich will den Balbierer holen: da antwortete er mir: ei nein, ich will voll hinein reiten. Nun saß eine große Menge armer Leute vor dem Thor am Weg, denen der Junckherr etwas geben wollte, da sagte ich: Junckherr. reitet fort, ich will ihnen geben, und gab auch. Darnach, dieweil ich sah, daß er sich so sehr ver- blutete, gab ich ihm meine Wischtüchlein alle, die legte er über den Kopf und setzte den Hut obendrauf. Darauf fragte ich ihn: lieber Junckberr, was sagte der Knecht zu Euch, als er zu Euch kam; er erwiderte, daß er gesagt hätte: Bruder ich muß dick schlagen, thuc es aber nicht gern. Ich jedoch vermeinte, ihnen zu entrinnen, im Dorfe Bauern zu nehmen und Euch zu Hilfe zu kommen, da ich wohl sah, daß wir ihnen viel zu schwach waren. O lieber Gott, sprack er weiter, wohl haben sic mich geschlagen, wohl sind sie unchristlich mit mir umgegangcn, ober verleihe mir nur Geduld. Rindfleisch und ich trösteten ihn nun, so gut wir konnten, aber er Hub wie der an und sagte: ich sehe wohl, daß ick diesen Schlag nickt ertrage, ertrage ich ihn ober, fo bin ick mein Lebenlang ein armer Mensch. Ja wohl, denn das Blut kam ihm vornen über das Gesicht und hinten über den Mantel. Ich gedachte auch nnn an sein Weib und seine Kinder, deren er 7 hatte und das größte von ihnen nicht über 13 Jahre alt. Da ich aber sah, daß er fast mit dem Todte rang, wollt ich ihn mit zeitlichen Dingen nickt beschweren. Als wir nun schier am Thor waren, wo ein Bader wobnte, da sagte ich zu ihm: ach, lieber Junckherr, Ihr verblutet Euch zu sehr, laßt Euch da verbinden. Darauf sagte er zu mir: Ey nein, es kann mir doch kein« Gutthat geschehen reite hinein, hole den Balbier und thne das Haus auf. Nun ritt ich hinein und richtete aus, waS er mir befohlen. Wie er nun mit Rindfleisch ins Haus kam, Hub ich ihn vom Roß herunter, und er legte mir seinen linken Arm über meine Achsel und gieng so mit mir die Stiege hinauf und in die Schreibstube hinein. Darauf setzten w»r ihn in den Sessel und verbanden ihn Als wir ihn verbunden hatten, legten wir ihn ins Bett und wollten ihn ausziehen, da schrie er: o weh, lieber Hanns, o weh, ach, du lieber (hott. Wir zogen ihn aber bis auf das Hemd aus, das voll Blut war. », ... Wie er nun eine gute Viertelstunde im Bett gelegen, gieng ich wieder zu ihm, da sah er mich an, schwieg aber still .... darnach fragte ich ihn wieder: könnt ihr nimmer reden? da schüttelte er den Kovs ein wenig, und als ich ibm dann sagte: befehlet Euch unserm Herrn Jesu Christo, da nickte er und winkte mit den Augen, that sie zu uud schlief ein und bub an zu schnar chen. ... So lag er gegen 6 Stunden schnarchend gleich einem Menschen, der sanft schlief: um 12 Uhr in der Nacht verbanden wir ihn noch einmal. Aber er wollte nicht aus- wachen, und wenn der Balbierer oben in die Wunden druckte, so schrie er dumpf in sich. Aber um ^4 vor 3 Uhr verschied er, wie wirs gesehen haben, gar sanft . . . ." Die Bluttat schien inzwischen in Leipzig großes Aufsehen erregt zu haben: die Behörden hatten eine Anzahl Verdäch tiger cingefangen, und um die Schuldigen zu ermitteln, sollte das sogenannte „Bahrreckt" geübt werden. Diesen inter essanten Vorgang, der auf eine uralte Rcchrssitte zurückzu führen ist, beschreibt Hans Kornthauer folgcnscrmaßen: „Am Sonntag, den 9. Moy, schickte der Bürgermeister Jeronymus Lotter zu uns: man sollte die Leiche unter das Rathaus tragen, und wir Sechse sollten als Zeugen auch hinkommen. Ta es nun Mittag war, gicngcn wir unter das Rathaus und die Träger folgten uns mit der Leiche nach. Da sah man viele tausend Menschen^ Fremde, die auf den Markt gezogen waren, und Einhcimffchc, die alle begehrten, den frommen Sigmund Oertel noch einmal zu sehen: dieser lag auf einer wollenen Tcck:n in einer Truh, mir einer schwarzen sammtcnen Decken mit schönen goldenen Engeln oben bedeckt. Als wir nun unter das Rathaus kamen, setzten sic ihn nieder; da sprach der Schaffer zu uns, wir sollten um die Par Herumftehen, man würde den Ucbclthüter bringen. . . . . Wie man nun den Knecht, so mich in die Seiten ge stoßen und den Junckherrn crrannt hatte, brachte, so gieng dem Siegmund Oertel dos Blut unten in der Rinnen des Mundes ein wenig heraus. Da der Knecht nun zu uns kam, war auch ein Edelmann, einer von Staps, hebt der Schaffer an und sagte zu ihm: höre Gesell, was hat dir der ehrliche fromme Mann allhie liegend sein Lebtag gethan, daß du ihn so schändlich um sein Leben gebracht hast. Daraus Hub der Knecht gar erschrocken an und sagte: ich Habs nicht gcthan, ich hab tun müssen. Das war eine schöne Ausrede, und der Schaffer sagte: so leg ihm 2 Finger aus sein Angesicht, und du wirst sehen, ob du es nicht getan hast. Da er sie nun binlegetc, kam dem Junckherrn sein Blut zum Mund. Darauf sagte der Schaffer zu den Schergen: führt ihn weg und bringt einen andern. 5a brachte man einen jungen, aufgeschossenen Edelmann, einen von Droschwitz, und der Schaffer Hub mit gleich:» oben angeführten Worten zu ihm an und der verantwortete sich, er wäre bei der Tot nick: gewesen. Wir hatten ibn auch nicht gesehen, gleichwohl mußte auch er seine 2 Finger auslcgcn, da wollte die Leiche gar nicht bluten, und man führte ihn wieder fort. Daraus brachte man den Wilhelm von Droschwitz und der Schaffer bub abermal an und sagte: Höre du von Droschwitz. was bat dir der fromme ehrliche Mann, der sein Lebtag kein Kind beleidigt hat, gethan, daß du ibn also schändlich um sein Leben gebracht hast. Hebt nun dieser on sich zu ver fluchen und zu schworen, daß er cs bei seiner Seelen Scclig- keit nicht gethan hätte. Spricht der Schaffer zu ihm: leget ihm 2 Finger aufs Angesicht, so werdet Ihr sehen, was Ihr geschworen habt. Er konnte aber mit Reden umgehen und wollte mit uns disputieren, da rief Herr Jeronymus Rauscher: legt die Finger bin! lind wie er sic nun hinlegte, so spritzte dem Sigmund Oertel das Blut aus dem Munde in den Bart, und der Edelmann so erschrack, daß er tödt- licher Farbe war, denn die Leiche. Darnach brachte man einen Knecht, der mußte auch auslraen, aber er wollte nickt bluteu. Dann wollte man 3 Knaben bringen, aber wir sagten, cs seien keine dabei gewcscn. Als dieß zu Ende war. nahmen wir Sigmund Oertel, trugen ihn ins Fürsten- kollegium mit großem schönen Kirchgang, desgleichen ick mein Tag bis anf d»ese Stnnde noch nicht gesehen habe. Wie wir
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