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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 16.10.1905
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-10-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19051016013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1905101601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1905101601
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1905
- Monat1905-10
- Tag1905-10-16
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Bezua-.Prets M HMAtzwz^pzzw, ab« G»t> R»OH»b«» abgshutt- tt«ttckt»hrü«h U^4Y HM täglich ß»et»WÜgrr Z»stell»»G t»B Ha»A virrteljähritch ^ss S,—» Durch unser« «S» wärttgen Ausgabestellen und durch di» Pofl bezogen ftir Deutschland uud Oesterreich pterteljährlich fltt di« ädrig« Redakti», «ch tflxpedtti»»» ZuhMuittgaste ch Telephon Nr. 1»^ »tt. «n. 117» Berit»«, Redakti«»»-v»re«»r Berüu NFV V, Dorotheenst«»« SC. T«t. 1. Nr. «7C, Dresdner Redaktion»-v»rraur TriSd«» , Mdiuer1»str. Vs, T«I,^Nr.»C>R Nr. 527. Morgen-Ausgabe. WpMrr TaMM Haudelszeituug. Amtsblatt -es Äiinigl. Land- u«d -es Lönigl. Ämtsgerlchtes Leipzig, des Nates «nd des Volizeiamtes der Ltadt Leipzig. An-eigni-Prel- dts Sgejpalten« Petftzetl« Cb Pf. Familie a-> Wohnung»- uud Stelle» Anzeigen LU Pf. Fiuauzteü« «»zeig«, GeschLstsaazetgen unter Text oder au besonder er Stell« nach Daris. Kür da» Erscheinen au bestimmten Dagen u. Plätzen wird Kto« Garantie übernommen. Anzeigeu-A» nähme: UuA»ftu»platz 8, Eck« Johannttgaffe. DK Expeditto» ist wochentags „unterbrochen geöffnet van MH 8 di» abends 7 Uhr. AiliaPGxpedUt»»: verlt», Ltttzowstr. 10. » . vre»d«,Vtart«ustr.SL. Druck uud Verlag vo» U. Polz in Leipzig «uh. Dr. R, «. ck W «tt»rhardt> Herausgeb«« vr. viktsr Kltukhurd t. Montag 16. Oktober 1908. SS. Jahrgang. Var Mtdtigrte vs« rage. * Die „Nordd. Alla. Zt«." bestätigt die Nichtigkeit der Meldung de» „Reuterschen Bureaus", das, Frankreich England niemals um Bei stand gebeten und England niemals einen solchen angeboten habe. (S. letzte Dep.) * Die sächsischen Stimmen im Bundes ¬ rat werden gegen die Einführung von SIroni sch iffahrtSabgaben abgegeben werden, so das; diese damit überhaupt gefallen sind. (S. Deutsch. Reich.) * Ter Rücktritt de- preußischen Iu st iz- minister » Schönstedt steht bevor. (S. Deutsch. Reich.) * Die Zahl der mit Feuerwaffen versehenen Auf- ständischen in Deutsch-O st afrika wird noch auf 5000 Mann' geschätzt. (S. Deutsch. Reich.) * Die preußischen Oberprasidenten be. rieten im Handelsministerium über das Schulunterhaltungsgestz. (S. Dtsch. Reich.) Politik»« lvocdegrcdau. Während in der vorhergehenden Woche die Unter redungen des Fürsten Bülow mit den beiden französi schen Journalisten daS allgemeinste Interesse bean spruchten war es in dieser daS europäische Echo dieser Unterredungen, das den Politiker beschäftigen mutzte. Fürst Bülow hatte zuerst für seine Plaudereien, in denen doch viel positives Material steckte, in Frankreich und England nickt daS, waS man eine „gute Presse" nennt. Es war zu lange gegen uns Mißtrauen gesät worden, als daß man sich im Auslande so schnell zu einer Aner kennung unserer loyalen Absichten hätte entschließen können. Aber die Wirkung der Bülowschen Erklärungen, war trotzdem bedeutsam. Sie lock- len den Fuchs aus dem Loche. Herr Delcassö verlor im Zorn über seinen glücklicheren Gegner den letzten Rest von Besinnung und plauderte im Pariser „Matin" sein großes GehemniS auS. Wenn Herr Delcasss wirklich gehofft haben sollte, durch diese Ent hüllungen einen Umschlag der öffentlichen Meinung herbeizuführen, wenn er vielleicht von einer Bürger krone träumte, die ihm das dankbare Frankreich setzt auf dem Präsentierteller darbringen würde, dann sah er sich ganz gründlich getäuscht. Wenige Tage genügten, um gegen ihn einen wahren Sturm von Entrüstung in der französischen Presse zu entfesseln und ihn mit Worten wie Hochverräter und Derbr ber zu überschütten. Und auch wo man im Ausdruck Maß hielt, da wandte man sich von dem einst fast allmächtigen Minister wie von etwas Unreinem ab. DelcassS ist in Frankreich endgültig abgetan, daS ist wohl dos erste Fazit, das man aus die- sem Vorgänge ziehen kann: und seine gewundene Er klärung im „Figaro", die im Grunde eine Bestätigung seine» „diplomatischen Geheimnisse»" bedeutet, kann an diesem DerdammungSurteil nicht das geringste ändern. Aber Herr Delcass«? ist für uns schließlich Gekuba. Er hat nur Interesse, insofern man an seinem Schicksal die Stimmung der französischen Nation gegen Deutschland ableien kann. Delcassä wollte den Krieg mit Deutsch land; er wollte die „Revanche" verwirk lichen. Und wie man sich auch zu den Ten- denzen der DelcassSschen Politik stellen mag: ungeschickt war sie nicht. Er hatte Italien „verführt" und er hatte England völlig auf seiner Seite So glaubte und behauptete er weniastens selbst. ES war alles wieder einmal „crzbereit" — wenn eben Frankreich die Revanche nock ernstlich newollt hätte. Aber den übrigen Mitgliedern des französischen Kabinetts ebenso wie den leitenden Persönlichkeiten der Kammer kam rechtzeitig die Besinnung: ihnen graute vor dem Nachtwandler auf dem Dache. So schied man Herrn Telcassö au». Und was sich damals innerhalb der politischen Kreise der Republik vollzog, daS scheint sich jent innerhalb der Masie de» französischen Volkes zu wiederholen. ES ist die Abkehr von der Politik der Re vanche, die wit augenblicklich beobachten können, ein Ge- sundunqtzprozeß, der Zeit braucht und den man nicht stören soll, der aber Hoffnung auf völlige Genesung läßt. Und England? ES wird immer wieder von deutschem EhauviniSmuS geredet, immer wieder werden vn» einzelne englische Friedensfreunde in Reinkultur vorgeführt. Und der Deutsche, gutmütig und vertrauens selig wie er ist, glaubt der Friedensbotschaft immer wieder. Aber allmählich muß selbst da» kindlichste Ge müt in seinem Vertrauen wankend werden, wenn eS die geradezu niederträchtige Perfidie sieht, mit der da» eng lische Kabinett gegen da» Deutsche Reich gehetzt hat. Denn Delcassö war im Grunde auch nur ein Opfer; er glaubte zu verführen und wurde selbst verführt. Alle«, waS er gegen Deutschland tat, war ihm von den Lords LonSdvwne und Balfour einqeblasen worden. Ja. der eigentlche »plrltm, rsator fitzt wohl noch höher. Um e» ganz offen auszusprechen, e» ist Eduard VII. selbst, der die antideutsche Politik al» seine persönliche Auf- gäbe betrachtet. Aber „der König kann nicht Unrecht tun", und für die Hobe Politik kommen allein die verant wortlichen Minister in Betracht. WaS baden sie zu sagen? Gewiß, die englische Regierung hat „mündlich" und „vertraulich" erklären lassen, daß die Mitteilungen über die militärisch« Verständigung zwischen Frankreich und England „unwahr" seien. Doch mit solchen halben Ableugnungen ist uns nicht gedient. Deutschland hat ein dolle» Recht, Klarheit zu fordern. Und man sollte meinen, daß auch daS englische Volk sich über den Weg Rechenschaft abzulegen sucht, den seine Regierung zu gehen fest entschlossen war, den Weg eines Weltkrieges. Frankreich hat an Tclcassä die Sühne vollzogen. Wird man auch in England den Mut finden, Herrn Balfour abzuschüttcln? Erst wenn das geschieht, wird man mit einigem Reckst darauf rechnen können, daß der Welt friede von Störungen bewahrt bleibt. Fürst Bülow wird jedenfalls über die bisherigen Wirkungen seiner Unterredungen nut den französischen Journalisten befriedigt sein. Umsomehr muß man es bedauern, datz ihm die auswärtige Politik anichernend so gut wie gar keine Zeit läßt, sich um die inneren An- gelegenheiten zu kümmern. Das trat besonders zu Tage, als der Vorstand des deutschen Städte tages in Sachen der Fleisch not ihn um eine Audienz ersuchte. Tas Ersuchen war telegraphisch ge- stellt, aber Fürst Bülow schob die Antwort auf die lange Bank, als handelte es sich um die gleick>gültigste Sache der Welt. Und dann kam der nichtssagende Brief. Beschwichtigungen, nichts als Beschwichtigungen. Er hebungen, nichts als Erhebungen, könnte man in leich ter Variation mit dem Lessinqschen Fürsten sagen; darüber hinaus reicht die Energie der Negie rung nicht. Das ist eine Mißachtung der Beschwerden und Kümmernisse weiter Volkskreise, di« sich noch einmal schwer rächen kann. Tie Wahl in Essen hatte dafür schon einen Vorgeschmack ge geben; eine weitere nicht zu unterschätzende Kundgebung ist jetzt durch die Nachwahl in Kattowitz- Zabrze dazu gekommen, wo der radikale Pole Kor - fanty gleich im ersten Wahlgange die Majorität er hielt. Es ist eine Quittung mehr für die Stimmung in Qberschlcsien. Daß die Erfüllung berechtigter Forderungen durch aus nickst gleichbedeutend nist schwächlicher Nachgiebig keit zu sein braucht, haben die Berliner Elektri- zitätsfirmen in dem Lohn- und Macht- kämpf mit ihren Arbeitern gezeigt. Sie hatten von vornherein, soweit ihnen die Forderungen der Arbeiter berechtigt erschienen, Zugeständnisse gemacht. Aber von dieser Linie ließen sie sich nach keiner Richtung ab drängen. Als die Arbeiter zu streiken anfingcn, weil ihnen das Entgegenkommen der Gesellschaften nicht ge nüg e, siihrten sie den Kamvf mit aller Festigkeit und Entschlossenheit, indem sie ihre Werke zumachien. -so batten 40 000 Arbeiter Gelegenheit, darüber uackzuden- ken, daß auch ihren Ansprüchen eine Grenze gezogen ist. Der Kampf wäre mit der neuen Woche noch verschärft wor den, da weitere 20 000 Mann ausgesperrt werden soll ten. Aber das erübrigte sich, da die Gesellschaften den Arbeitern nochmals die Rückkehr zu den bereits bewillig ten Bedingungen in Aussicht stellten und zugleich von jeder Maßregelung absehen zu wollen erklärten. Tas war konseguent und großherzig zugleich. Und die Arbeiter waren ihrerseits klug genug, den Sperling in der Hand der Taube auf dem Dache vorzuziehen: sie be schlossen, die Arbeit wieder aufzunehmen. Sie haben genau so viel erreicht, wie sie auch ohne Streik hätten erreichen können; aber sie haben wenigstens rechtzeitig die Hand zum Frieden ergriffen, so daß ein ansckeinend reckst gefährliches Feuer noch im Entstehen gelöscht wurde. Man darf gerade nach diesem Ausgang hoffen, daß ein ähnlicher Streik sich wenigstens in Berlin nicht so bald wiederholt. Um gereckt zu sein, muß man allerdings zugeben, daß auch die streikenden Berliner Arbeiter sich durchaus innerhalb der gesetzlichen Schranken gehalten haben. Man braucht nur einen Blick auf die Streik bewegung in Moskau mit den Pöbelerzessen und der brutalen Willkür der Truppen und Gendarmen zu werfen, um den Unterschied zwischen den deutschen und russischen Zuständen zu sehen. Gerade deshalb nbw muß, wie bei einzelnen Streiks, so in der sozialen Ge setzgebung sich Autorität mit Wohlwollen paaren, wenn wir unsere Vorrangsstellung behaupten wollen. Deutsches Reich. Leipzig 16. Oktober. * Ostafrikanisches. Der „L.-A." ist wieder in dec Lage, neue Nachrichten aus Ostafrika zu bringen, dis teilweise denen der amtlichen Stellen widersprechen. Dem Blatt wird von Dar - eS - Salaam aus gemeldet: Tie amtlichen Nachrichten von Unruhen bei Bueni und Kondutfchi beruhten auf Irrtum. Zwischen hier und Bagamoyo ist alles ruhig. Hauptmann Merker schätzt die Aufständischen in den Matumbi- und Kitschi-Bergen onf 5000 mit Vorderladern ausgerüstete Leute, die mit Speeren und Bogen Betvaffneten mitgerechnet. Die Aufständischen vermeiden natürlich offene Gefechte, führen aber geschickt den Busch- und Guerillakrieg. Tie Lehre der Zauberer, daß die gefallenen Aufständischen nach kurzer Zeit wieder auferstehen, findet überall Glau ben. Leutnant Spiegel bat auf dem Marsch von Kilwa nach Lindi am Mbeknru den Aufständischen mehrfach schwere Verluste beiqebracht. Hauptmann Nigmann ist am 6. ds. Mts., von Mahenge kommend, in Ruvembe eingetroffen. Nach seinen Ermittelungen stehen zwei- bis dreitausend aufständische Wapangwa in zwei Ko lonnen bei Kidugala; andere Wavangwa und Wanaoni sammeln sich bei Mbesela. Der Wagonihäuptling Schabruma soll einem Gerücht zufolge die Station Songea belagern. Stabsarzt Zupitza ist mit seinem Detachement bis Lula vorgedrungen; die aufständischen Wasagara sind nach Osten geflohen. * Weiterer Ministerwechsel in Preußen. Noch ist kaum daS unfreiwillige AbschiedSaesnch d«8 Handels- Minister- Möller an allerhöchster Stelle genehmigt worden — eS soll übrigens trotz LucanuS in schließlich höchst anerkennender Form geschehen sein —, so weiß die „Kreuzzeitung" noch weiter zu melden, daß der Iustiz- minister Schönstedt, wenn auch erst in 2 bis 3 Wochen, ebenfalls „gehen" wird. Die Nachricht über rascht nicht. Sie tauchte schon vor Monaten, dann wieder vor etwa vier Wochen auf. Und sie war schon damals glaubhaft. Denn die bei den für Ministerabzüge üblichen Motive, gesundheitliche oder Altersrücksichten und ge- setzgeberische oder Verwaltungsmißgriffe begegnen sich bei dem Minister Schönstedt. Er ist 52 Jahre rm Dienst und steht im 73. Lebensjahre. Seit 1894 leitet er das Justizministerium, in das er von seiner Stelle als Oberlaudesgerichtspräsideut iu Celle berufen wurde. Zu seinen verdienstvollen Arbeiten kann gerechnet werden, die Mitwirkung bei Einführung des neuen bürgerlichen Rechts und die Aufbesserung der Richter gehälter. Sehr anfechtbar war dagegen sein Eintreten für den berüchtigten Assessorenparagraphen, der glück licherweise im Interesse der Gleichmäßigkeit der An- stellungsgrundsätze vom Landtag abgelehnt wurde, in dessen Geist aber vielfach die Verwaltung von ihm ge leitet wurde. Man erinnere sich nur an die Zurück setzungen aus konfessionellen Rücksichten. Auch daS Ver halten des Ministers bei dem Königsberger Sozialisteu- prozeß wurde vielfach mit Recht angegriffen. Schließ lich aber scheiterten einzelne seiner Pläne direkt, wie z B. die beabsichtigte Scheidung bei der Ausbildung von Justiz- und Derwaltungsbeamten. * Die preußische Schuluuterhaltungsgesetzvorlage wurde bezw. wird in diesen Tagen innerhalb des Kultus ministeriums nochmals, und zwar unter Hinzuziehung der Oberpräsidenten besprochen Es handelte sich dabei in erster Linie um die finanzielle Seite des Gesetzes, wer zum Träger der Schulunterhaltungspflicht gemacht werden soll. * Keine StromschiffahrtSabgaben! Wie wir auf Grund von Mitteilungen aus durchaus einwandfreier Quelle versichern können, werden die sächsischen Stimmen im Bundesrate gegen dieEin- führung von Stromschiffahrtsabgaben abgegeben werden. Ta sich außerdem Bayern, Baden und Hcssen-Tarmstadt und vermutlich auch noch Württemberg und die drei Hansestädte lzusammen 23 Stimmen) in der Opposition befinden werden, so ist da mit nach Art. 78 der deutschen Neichsverfassung der p -eußiscke Antrag auf Abänd-rung des Art. 54 der Ver fassung bii'.fallg geworden, und Sackst ., wie auch die ädrigen deutschen Bundesstaaten bleiben vor einer Be lastung des Verkehrs befreit, deren unheilvolle Folgen mit Recht schon oft betont worden sind. * Der Kampf gegen die Tanzkranzchen wird setzt von der preußischen Regierung unternommen. Man will rücksichtslos gegen solche Tanzlustbarkeiten einschreiten, die unter dem Deckmantel des Vereinswesens als Tanz lustbarkeiten einer geschlossenen Gesellschaft gelten wollen, bei näherer Prüfung aber sich ohne Zweifel als öffentliche Tanzlustbarkeiten charakterisieren. Ferner ist auf solche Tanzvcrgnügungen zu achten, welche unter dem Namen „Kaffeekränzchen" oder unter einer ähn- licken, den Zweck des Zusammenkommens verschleiern den Bezeichnung namentlich in den Städten so häufig Vorkommen. In zweiter Linie soll aber durch energische Handhabung der durch die bestehenden Polizeiverord- nungcn geregelten Genehmigungsvflicht auf die tun lichste Einschränkung der öffentlichen Tanzlustbarkeiten kingewirkt werden. Ob man damit mehr erreicht als Erbitterung über polizeiliche Chikanen, scheint zweifel haft. * Die Kattowiher Wahl, Zentrum und Sozialdemo kratie. Ein kalter Wasserstrahl pflegt eine ernüchternde Wirkung auszuüben, der Wasserstrahl von Kattowitz hat auf Zentrum und Sozialdemokratie die entgegengesetzte Wirkung ausgeübt. Daß die „Kölnische Volksztg." den Kopf vollständig verloren hat, beweist sie schon, indem sie in einem Atem den nationalliberalen Bewerbern einen „Mischmaschkandidaten" nennt, und indem sie zu- gleich hervorhebt, daß das nationale Moment absolut ausschlaggebend für die Grupvierung gewesen sei. Ge wiß wurde Herr Voltz von den Konservativen ebenso unterstützt, wie von den Freisinnigen, aber hier kamen sa doch nicht die Unterschiede der politischen Parteien zur Geltung, sondern, wie ja die „Köln. Volksztg." selbst zu gibt, lediglich die nationalen Gegens^e. Wie Herr Kor- fanty der nationalpolnische, so war Herr Voltz der natio- naldeutsche Kandidat, also alles eher als ein Mischmasch- kandidat. Wer aber war der Mischmaschkandidat? Da» war der Zentrumsbewerber HerrKapitza, der sich der „deutschen" Zentrumsfraktion an- schließen wollte und dessen polnische Abstammung zugleich von seinen Wahlmachern geflissentlich bcrvorge- hoben wurde. Diese „Mischmaschtakkik" fiel dann ver dienterweise durch. Ebenso hirnverbrannt wie die Be zeichnung deS Herrn Voltz al» eine» Mischmaschkandi daten ist eS, wenn Zentrum und Sozialdemokratie ge- meinsam betonen, die Wahl stelle eine Protestkund- aebung gegen den Hakatismu» dar, der fick bi» auf die Knochen blamiert habe. Justament da» Gegenteil ist richtig: der HakatiSmu» hat einen doppelten Erfolg zu verzeichnen. Ersten» hat er seine Werbekraft auck unter den Katholiken bewiesen, denn 4000 deutsche Katholiken hoben Herrn Voltz ihre Stimme gegeben. Zum zweiten aber, und die» ist fast noch wichtiger, hat die Wahl eine Klärung gebracht, die dem Hakatismu» nur erwünscht kein kann. Sie hat bewiesen, daß die Politik der Konzessionen an die Polen grundverkehrt ist, denn sonst hätte gerade die Partei, die den Polen alle erdenklichen Zugeständnisse mgckt, nickt eine so furchtbare Niederlage erleiden können. Sie hat ferner bewiesen, daß man die soge nannten gemäßigten Palen i tt der Laterne sucken kann und daß die große Mehrzahl der Polen einem Korfanty foljst, der au» seiner Todfeindschaft gegen do» Deutsche Reich niemals ein Hehl gemacht bas. Sie hat endlich bewiesen, daß die bakatistischen WarnunaSrnke vor d * „polnischen Gefahr" kein leere» Gerede find, wie e» da» Zentrum immer hat glauben machen wollen. * kleine politische Nachrichten. Alt Nachfolaer de» Ober- Präsidenten von Wrstpreoßea. der Müller ersetzen soll, wird Re- gterungSrat von Jagow in Marienwerder genannt. Er gehört zu den wegen ihrer Kanal-Gegnerschaft einstmals gemaß regelten Staatsbeamten, die später die Treppe wieder htnausfielcn. — Die VersassuugSkommtsstoa der württembrrgischen Abgeordnetenkammer ist wieder zusammengetreteu. Sie berat gegenwärtig die durch die beabsichtigte Verfassungsänderung be dingten Abänderungen d«S Wahlgesetze» zum Landtag. Tie wichtigsten Bestimmungen des Gesetze» betreffen die Wahl der durch den Proporz zu wählenden Abgeordneten von Stutt gart und der 17 ebenfalls durch Verhältniswahl zu be rufenden Abgeordneten für daS ganze Land. — Der frübere polnische Reichstag-adgeordnete Landschaftsrat Alexander vonGräve auf Borek bet Krotojchin ist gestorben. Er hat von 1867 bi« 1871 al» Vertreter de» Wahlkreises Kroioschin-Koschmiu der polnischen Fraktion im Norddeutschen Reich-Inge angehört. — Der Provinzial- ausschuß der Provinz Hannover Hai beschlossen, di« von der StaaiSregterung gesorcerte Garantiesumme für den Rhein- Leine-Kanal im tzöchstbeirage von 1O77VOO zu übernehmen, unter der BorauSievung, daß die Städte Hannover. Minden und Osnabrück vier Fünftel der Summe ihrerseits übernehme«. Gleich zeitig wurde eine Resolution zugunsten de» EtichkanalS nach Pein« und Hildesheim angenommen. - Nurlancl. Frankreich. * Der »Matt»" hält gegenüber de« Dementi durch di« „Agencr HavaS" jede Zeil« der Enthüllung«» aufrecht. Er meint, die Berichtigung sei erfolgt, well die deutsche Presse sie verlangte. Während die britisch« Regie rung verächtlich schwelge, beuge sich die französische. Da» sei kein Dementi, sondern eine Gefälligkeit. — Der Ton der Presse ist im allgemeinen ruhiger. Mau meint jetzt, daß di« Polemik wesentlich Deutschland und England angrht und beginnt den tertiu» gMuckea» zu spielen. Der „TempS" mahnt heute recht eindringlich zur Be- wnnenbeit und Ruhe und meint, eS sei besser, sich de» zwischen Deutschland und Frankreich zustaud« gekommenen Einvernehmen» zu erfreuen, alS di« jetzige schonungslose internationale Polemik sortzusktzen. Man versteht, datz man in Frankreich die jetzige heftig« Diskussion am liebsten rasch adgrschnittea sehr« möchte. Schweiz. * L« »en Telcaffö-Enthüllungen macht der Berliner Mit arbeiter der „Reuen Züricher Zeituua" di« nachfolgenden Be merkungen: „Angesichts ber jetzigen Preßfrhde wegen der „Matta"- Enthüllungen uud der scharf zugespitzten Fragen, von wem eigent lich DelcassS da» Versprechen einer englischen Krieg-Hilfe erhieltz möchte ich an folgende Tatfache erinnern. Im August diese- Jahre» demeutiertr bekanntlich Lord Knolly, der Privatsekretär de« König» Eduard, persönlich und ungewöhnlich schroff in eine« Wiener Blatt«, da» alte Beziehungen zu französischen Politikern hat, all« Gerüchte wonach König Eduard beabsichtige, bet seiner Martenbader Reise mit dem deutsch«» Kaiser zusammenzulrrffen. Bald danach tauchten mancherlei Aadeutungeu iu Londoner Korrespondenzen deutscher Blätter auf, wonach im Zwiespalte mit der englische» Tradition allmählich König Eduaro begönne« hab«, di« hohe Politik persönlich selbständiger zu leiten, al» der vor de« Parlamente verantwortliche englische Ministerpräsident. Sollte sich darauf etwa die Bemerkung der „Kölnischen Zeitung" von „uuver antwortlichen Faktoren" beziehen, auf welch« Delkass» rechnet«?" England. * Die englische Regierung. Balfour» „Daily Telegraph" dementiert di« augrblich autoritativ« Reuter- Meld nng entschieden, wonach England Deutschland informiert habe, daß weder England ei« Versprechen gegeben, «och Frankreich um ein solche» gebeten hab«. DaS Blatt wiederholt, di« englisch« Regierung nehme von Hören« sagen und den Erklärungen unverantwortlicher Blätter keine Notiz, und da» Geschrei gewisser dentscher Blätter könne ihr gleichgültig sein. — Die Prrßassoziation dementiert in einer wohl von LanSdowne inspirierten Erklärung die „Matin"- Geschichte entschieden, aber mit dem Zusatz, die Entente hätte völlig genügt, auch ohne bestimmte Abmachungen; sie hätte England praktische Hilfe garantiert für den Fall eine» unprovozierteu, un gerechtfertigten uud unerwarteten Angriff». Rußland. * Da» russische Ministerkabtnett. Wie di« „Ruß" mitteilt, werden außer dem Premier noch vier Minister deS Minister kabinett-, nämlich die für Hof- uud auswärtige Angelegenheiten, Krieg und Marine, da» Recht behalten, dem Zaren Berichte direkt rinzureichen. Ob der Premier noch ein besondere- Mini sterium für sich behält, ist noch nicht entichiedcn. SS handelt sich vor allem um da» Portefeuille de» Innern, da» Witte schon längst erstrebt. * General Etorssel soll vou „oben" eine« Wink erhalten haben, sich auf einige Zett in» ««»land zu begeben, wie die- der Statthalter a. D. Alexejew seinerzeit getan hat. Letzterer ist bis jetzt noch uicht nach Rußland zurückgekrhrt. * Geheime Druckerei. I« WitebSk wurde ei« geheime Druckerei und Niederlage verbotener Schriften aüt einem Stempel de» sozial-revoluttoaLreu Komitee» entdeckt. SO Personen wurden verhastet. Afrika. * Protest »er Bure« »ege» »le Einführung »o« Chinesen tu Tndafrtka. Di« Buren, unter denen sich General Botha be find, hteltea eine Versammlung ab, worin sie beschlossen, an die Negierung ein« Resolution zu richten mtt der Forderung, die Eiu- filhruua chinesischer Kult» eiuzustrlleu und di», welch« schon im Land« seien, wieder in ihre Heimat zurückzuschick««. Di« Buren drücken ihr Bedauern über die herrschend« Unsicherheit von Leben «nd Eigentum an» «nd legen gegen da» verbot de« Waffratrageu» Beschwerde ein. Union. * Der Konflikt «tt Venezuela. Staatssekretär Nooi «nd der französisch« Botschafter Jafferoad hatteu abermal» «ine Unter redung über di« venezuelafragr. Man glaubt zu wissen, daß Frankreich sich von neuem bemühen werbe, di« Angelegenheit auf diplomatischem Weg« z« regel«, aber es Heiht auch, daß dl« Union I Frankreich zustimmen würde, wenn diese» Grwaltmaßregel», I selbst eine Blockade, anwenden würde. I, Wajhington erwartet die baldig« Abgabe ei«» französische» LUtmat»»».
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