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Der sächsische Erzähler : 15.05.1878
- Erscheinungsdatum
- 1878-05-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735715891-187805153
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735715891-18780515
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735715891-18780515
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Bemerkung
- vorlagebedingter Textverlust
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDer sächsische Erzähler
- Jahr1878
- Monat1878-05
- Tag1878-05-15
- Monat1878-05
- Jahr1878
- Titel
- Der sächsische Erzähler : 15.05.1878
- Autor
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11878 Mittwoch, den IS. Mai iluction zielten Dreiimddreißigster Jahrgang. Bischofswerda, Stolpen und Umgegend. Amtsblatt -er Kgl. Amtshauptmannschaft und der Kgl. Schulinspection zu Kauhen, sowie des Königlichen Verichtoamtes und des Stadtrathes zu Dischofswerda. Genug, die ruchlose That ist geschehen; das Attentat erfolgte, als Se. Majestät Sonnabend Nachmittags gegen 3^ Uhr mit der Großherzogin von Baden, von dem Brandenburger Thor kommend, die Linden entlang nach dem Palais fuhr, ungefähr bei der kleinen Mauerstraße. Der Attentäter feuerte drei Schüsse vom Trottoir in den Wagen, ohne zu treffen, und lief dann über den Reitweg in den Mittelweg der Linden, vom Publikum verfolgt. Als man ihn festhalten wollte, feuerte er noch einen Revolverschuß ab, warf dann den Revolver fort und wurde sestgehalten. Der kaiserliche Wagen hielt unmittelbar nach den Schüssen und blieb eine Zeit lang stehen. Der kaiserliche Jäger war gleich anfangs von dem Bock gesprungen und hatte sich an der Ergreifung des Attentäters betheiligt. Nach einigen Minuten wurde ein zweites Individuum in der Mitte der Linden ebenfalls von dem Publikum ver haftet, welches, wie man sagt, den Attentäter befreien wollte. Letzterer (der Attentäter) ist der Klempner geselle Emil Heinrich Max Hödel, genannt Lehmann, aus Leipzig. Derselbe wurde nach dem nächsten Polizeibureau, Mittelstraße gebracht, wo die ersten Vernehmungen stattfanden. In der Stadt flaggten zahlreiche Häuser, vor dem Palais waren andauernd große Menschenmassen versammelt, welche Hochs auf den Kaiser ausbrachten. Unmittelbar nach seiner Verhaftung sagte Hödel- Lehmann aus, er hätte sich nur selbst entleiben wollen aus Noth, aus Hunger. Seine Aus sage soll gelautet haben: „ich habe mich vor dem Kaiser erschießen wollen, damit er sicht, wie groß das Elend ist." Es wurde behauptet und auch von anderer Seile wurde bestätigt, Hövel habe noch am Freitag mit bekannteren Berliner Socialisten verkehrt, wie von einer Seite — mit einem hohen Grade von Wahrscheinlichkeit — ver lautet, allerdings nur um Unterstützung zu erlangen. Bei der Durchsuchung des Verhafteten fand man: 1 Revolver mit 2 Patronen und 4 Hülsen, 16 Patronen, 1 Reisepaß, 3 Photographien (socialistischer Größen), 2 Taschenmesser, 3 Mitgliedskarten zu socialistischen Arbeitervereinen, 1 Heft der „Zukunft", einige socialdemokratische Blätter, einen Geburtsschein, eine Abonnements-Sammelliste für den „Vorwärts". Daß Hödel ein enragirter Anhänger der Social- Dies« Zeitschrift erscheint wöchentlich zwei Mal, Mittwochs und Sonnabends und kostet einschließlich der Sonn abend« erscheinenden „belletristischen Beilage" vierteljährlich 1 Mark SÜ Pfg. (IS Ngr.). Inserate «erden bi« Dien«tag« und Freitag« früh » Uhr angenommen. / crzeich- in die Das Attentat auf Kaiser Wilhelm. „Hervorragende Persönlichkeiten haben keine Schonzeit, wie das Wild, sondern sie sind jederzeit dem Hasse und der Rache eines Verwegenen blos- gestellt" — erklärte einst Fürst Bismarck im Reichs tage bei der Debatte über die Todesstrafe. Wer hätte wohl vermuthen können, daß sich dieser Aus spruch an unserem greisen Heldenkaiser noch erfüllen Werde! Und doch richtete am Sonnabend ein Leipziger Klempnergeselle in den Straßen Berlin's sein Mordblei auf ihn; nur der gnädigen Fügung Gottes verdankt es die deutsche Nation, daß der mörderische Schuß sein Ziel verfehlte. Merkwürdig genug, daß gerade die deutschgesinnte Stadt Leipzig die Attentäter auf den Kaiser liefert. Es ist wohl Jedem noch erinnerlich, wie wunderbar der Kaiser vor 17 Jahren einem ähnlichen Mordanschlage ent ging. Damals war es ein Leipziger Student, Oskar Becker, der in den Anlagen von Baden- Baden zwei Revolverschüsse auf den Monarchen ab feuerte. Jener Tollkopf gab als Motiv seiner That an, er habe den König tödten wollen, weil er die Einigkeit Deutschlands nicht herbeiführe. Nachdem nun diese Einigkeit geschaffen, findet sich abermals ein wahnwitziger Elender und erhebt die Mordwaffe gegen den Schöpfer und Schirmherr» unsres geeinigten Vaterlandes. Noch sind die An deutungen über die Beweggründe spärlich und un gewiß. Man sagt, der Mörder habe sich selbst als Anhänger der sozialdemokratischen Partei bezeichnet und es seien auch sozialdemokratische Schriften bei ihm gefunden worden. Wir wollen die Partei selbst in keiner Weise der direkten Theilnahme am Ver brechen beschuldigen und sind auch überzeugt, daß sowohl die einzelnen Mitglieder als auch die Preß organe derselben sich von jeder Jdeengemeinschaft mit dem Mörder lossagen werden; aber dies Alles ändert nichts an der Thatsache, daß das Programm dieser Partei in mehr oder minder verblümten Aus drücken von jeher den Umsturz aller bestehenden staatlichen Einrichtungen gepredigt hat und daß diese wahnsiynige Lehre sehr wohl die Wirkung äußern konnte, in dem Kopfe eines leidenschaftlichen und unreifen Parteigängers den Mordplan aufkeimen zu lassen.
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