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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 15.02.1907
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-02-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070215014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907021501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907021501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-02
- Tag1907-02-15
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A«zeiae«.PreiS Morgen-Ausgabe 8 nMgcr.TagMaü Handelszeitung Ämlsvlatt -es Nates und -es Nolizeiamles -er Ltadl Leipzig Nr. 48 Freitag 15. Februar 1901 , /°U u»l». 1t7^s ISS.I0 l tiltl a«l>t «oottZ unsere Kolouialpolitik sich zu anschickt, sind britische Eut in unserem afrikanischen Besitz beiseite zu schieben. Besonders Iran »Nl- »in« nn- 181. Jahrgang L »ut l vw- torov, l. Im , Ud«r «ul, >r «uä S^S, »dSr»». r«a Nm l 178ZS. t S4>0, «r «to- norroa I vw»»lr »» «ot- >o k»rl« «rv all», l« dm * Die preußische Regierung verhält sich, wie gestern Minister v. Rhein baden im Landtag auSiührte, gegen oie von nationaliiberaler Seite beantragte generelle Revision der Beamtengehälter ablehnend und wirv in dieser Haltung von den Konservativen und dem Zen trum unterstützt. (S. Dtschs. R.) * Ben Mansur, der frühere Khalif RaisuliS. ist in Tanger auf offener Straße ermordet worden. (S. AuSl. a. letzte Dep.) * Präsident Diaz hat seine Vermittelung zwischen Honduras und Nicaragua den Präsidenten beider Staaten angeboten. I» s»I, zz m.v , u, e, die Konser- Frege und Graf Stolberg im Präsidium d uu- l UL- »l«U« l»»0it» ll«d«r > U«t- Nolt t n <tsr Var wichtigste vom rage. * Der frühere UnterstaatSsekretär im Reichsamt des Innern, bieheriger Kurator der Universität Bonn, Dr. von Rottenburg, ist gestern gestorben. (S. Dtschs. R.) '/L loUo äsa S«l>. >ut»- ll«m > l» »til« s.d- «ot- »eiti „tm »Itll- «ul Vl» dürm r^.Mv 401, LSI, SS^, 18U1, 48 ts»^ U44.7S 8«^I0 »VS,7S 437,— Utü.7S 183/25 tü»,3v »78,40 18,80 8UI0 243,35 203,75 2tb,70 218,50 152,30 132,SO KM«. 88F0 2432i5 437,— sis,eo 219,— I32H0 41. 41. a»,»l 4 »dou 4 üv»u 7 ZlrlavenbanOel in Oenircben Kolonien? (Von unserem Londoner Korrespondenten.) Wenn Englands Presse sich über deutsche Kolonial verhältnisse äußert, kann man von vornherein sicher sein, daß dies zu einem bewußten Zwecke geschieht. Die Fiage „cm bono" ist da immer am Platze. Und zwar findet sich die Pnsse aller Parteien dabei in dem gemeinsamen Instinkt deS britischen Landhungers zusammen. DaS Rezept, nach dem in Kolo nialangelegenheiten anderer Nationen immer verfahren wird, lautet kurz und bündig: „Was dir nicht selbst gehört, ver ekle e- andern, um es zu besitzen". Das haben Großbritan niens politische Literaten immer getan; fast immer mit Erfolg. Selbst dem Freunde am anderen Ende des aus ewig imaginären und nur von Finanzjongleuren auszu beutenden KanaltunnelS wird der afrikanische Besitz als wertlos hingestellt. Wenn etwas als wertlos „aner kannt* ist, woher das Kapital zur Verwertung be kommen? Und der koloniale Onkel John Bull, jetzt ausgezeichnet verkörpert durch Eduard VII., „oo karisien äs I-ouäres", — der versteht sich doch auf die Werte. Mit den Belgiern macht man eben es nicht anders. Der von der belgischen Kammer regierte Kongo wird bald nur eine Dependence des Britischen NigerienS sein; auch haben die britlicheu Helden der Boy Alexander-Expedition weiß Gott nicht die 3jährige Tour von Lagos nach dem Nil gemacht, nur um einen auSgestopjten Okapi nach Hause zu bringen. Wie systematisch hat man unseren holländi schen Nachbarn ihren Borneo-Besitz zu verärgern ver sucht! Warum schließlich in die Ferne schweifen? Wie bundes brüderlich haben von den „Times" di- zu den „Daily News", von dem Ueber-Tory-Heiligen bis zum offiziellen Organ des frömmelnden Rabiko-SozialiSmuS, die britischen Publizisten ErzbergerS Kolonialjkandale als Kultur- und ZivilisationS- tatea gefeiert! Britischen Enthüllungen über Mißstände in deutschen Kolonien wird man daher geneigt sein mit deut größten Mißtrauen gegenüberzutreten. Die alte liberale Manchester-Phrase von Englands zivilisatorischer Advokatur zieht nicht mehr. Wir haben nicht vergessen, daß da« Gladstonesche Vermögen durch westindische Sklaven halterei aufgebaut, daß der junge Gladstone kurz vor seinem ersten KabinettSamt noch ei« glühender Verteidiger der Sklavenausbeutung, und daß der alte Gladstone in seiner armeniersreundlichen Orientpolitik durch seine Petroleum- iuteressen beeinflußt war. Gerade jetzt aber, wo einem kräftigeren Fluge Hüllungen über Mißstände nicht mit einem Achselzucken dann nicht, wenn sie unmittelbar vor der Aufrollung der Kongofrage Deutschland, daS streng an der Souveränität deS Kongostaal« festhaltende Deutschland, der illoyalen Aus führung der Kongoakte in seinen eigenen Nachbarbesitzungen beschuldigen. Direkt besprochen und in der einen oder der anderen Weise erledigt werden müssen solche Enthüllungen aber, wenn sie in amtlichen Berichten der englischen Regie rung unter Berufung auf deutsche Kolonialbeamte als Zeugen Eingang finden und wenn diese Berichte dem Parlament zur Vorlage gebracht werden. Der Bericht, den wir im Sinne haben, ist vom britischen „Colonial Osfice" ausgegeben, führt das Rubrum 6ä 3285—3 und enthält den letzten Jahresbericht des kürzlich von seinem Amte zurückgetretenen High CommissiouerS von Nord-Nigeria, Sir Frederick Lugard. In vielem Bericht werden die deutschen Kolonialbeamten an der Hand ihrer angeblichen eigenen Aussagen der aktiven und passiven Unter stützung deS SklavenraubS und de» organisierten Sklaven handels beschuldigt und auch die heimische Zeutralinstanz wird für diese« Verhalten verantwortlich gemacht. Diese Beschuldigungen fallen um so schwerer ins Gewicht, al« Sir Frederick Lugard sich durch seine gemäßigte, aber keineswegs energielose Eingeboreneopolitik selbst unter den britischen Kommissaren ausgezeichnet und durch diese Politik in Nigerien mit Recht den Ruf eine» der größten „ReichSarchitekteu", de« ihm di« Time» geben, erworben hat. Der Bericht ist geradezu eine klassische Abhandlung über die Methoden, wie durch eine kluge Eingeborenen-Politik im dunkelste« Afrika mit einer Handvoll weißer Männer und den unscheinbarsten finanziellen Mitteln eine riesige Kolonie bl» 8 gespaltene Petttzetle für Geschäfts- Inserate au« Leipzig und Umgebung 25 Pf, Familien^ Wohnung«- u. Stellen-Aa-elaen, sowie A» mrd Verkauf« 20 Pf* finanzielle «»zeige» SO Pf, für Inserate von auswärts SO Pf. Reklame» 75 Pf, auswärts 1 Mark. Beilage gebühr 4 Mart p. Lausend exkl. Postgebühr. GeschästSanzeigen an bevorzugter Stelle iw »reise erhvht. Rabatt nach Tarik. Für Jaseraw vom Ausland« besonderer Tarif. Vie flrichrtagr-?r8riär«ten. Im Hinblick auf die in nächster Woche aktuell wer den« Frage der Besetzung des Präsidentenpostens im neu gewählten Reichstage ist es von Interesse, sich daran zu erinnern, wie eirrander die verschiedenen Perioden von Reichslagspräsidien gefolgt sind, ohne sich zu gleichen. Der am 23. März 1871 zum ersten Präsidenten des ersten Reich«- tazeS nach Wiederaufrichlung deS deutschen Kaiserreichs ge wählte Nationalliberale Simfon, der bereits seit dem 2. Mär, 1867 al« Präsident des Nord- deutschen Reichstage« fungiert hatte, wollt« schon *) Pergl. da« Vorwort zu: Vergleichend« Torstellun« des deutschen und ausländischen Strafrecht«. Vorarbeiten zur l Deutschen Strafrechtsreform; Verlag von Otto Liebmann s in Berlin. Deutsches Keich. Leipzig, 15. Februar. * VundeSrat. In der gestrigen Sitzung de« BundeSrateS fanden die Anträge des vierten Ausschusses über ». den Ent wurf eines Gesetzes, betr. die Herstellung von Zigarren in der Hausarbeit, d. den Entwurf einer kaiserlichen Verordnung, betr. die Ausdehnung der ZA 135 bi» 139d der Gewerbe ordnung auf die Werkstätten der Tabakindustrie, e. den Ent wurf von Bestimmungen, betr. die Einrichtung und den Betrieb der zur Anfertigung von Zigarren bestimmten An- lagen, Zustimmung. * Aus Berliner Ministerien. DaS Staat-ministerium trat gestern zu einer Sitzung unter Bülows Vorsitz zusam men. — Dem Ministerialdirektor im Ministerium der öffent lichen Arbeiten Dr. Hinckeldeyn ist der Charakter als Wirklicher Geheimer Rat mit dem Prädikat Exzellenz ver liehen worden. * SrklSrungen Per württembergischen Regierung. Ministerpräsident Dr. von Weizsäcker gab in der Zweiten Kammer im Namen der StaatSregierung die Erklärung ab, daß durch den Rücktritt des Ministerpräsidenten von Breit ling ein Wechsel in der Politik nicht eingetreten sei. Die Regierung werde auch in der Schulfrage nicht hinter die frühere BolkSschulnovelle zurücktreten. — Der Minister er klärte auch, daß sich die Frage der Betriebsmittelgemeiuschaft zurzeit in gutem Fahrwasser befinde. — In sonderbarem Widerspruch hierzu steht, daß der preußische Eisenbahnminister in der Budgetkommission mitgeteilt haben soll, daß die Ver handlungen über die BetrirbSmittelgemeinschaft aufgehoben seien! * von Rottenburg -f». Völlig überraschend traf gestern die in einem Teil unserer letzten Ausgabe schon w eder- gegebene Nachricht von dem Tode des Kurators der Bonner Universität, deS Dr. Franz Johannes von Rollenburg, Exzellenz, ein. Er ist einem Schlaganfall erlegen. Am 16. März 1845 in Danzig geboren, studierte er 1862 bi« 1865 in Heidelberg und Berlin Recht«- und Staats wissenschaften und arbeitete dann an verschiedenen Ge richten als Referendar und Assessor. Im Jährt 1872 verließ er den Justizdienst und widmete sich im Ausland, vornehmlich in London, staatsrechtlichen Studien. Im März 1876 kehrte er in den Staatsdienst zurück, und zwar in den de- Auswärtigen Amte-; und 1881 berief ihn Bi-marck als Vortragenden Rat in die Reichskanzlei. Zehn Jabre später sehen wir ihn als UnterstaatSsekretär im Reichsamt des Innern, wo er als eifriger Förderer der Sozialresorm galt. 1896 tchied er als Wirkl. Geh. Rat mit dem Titel Exzellenz aus, in demselben Jabre, in dem der ihm befreundete sozialreformerische preußische Handel-Minister von Berlepsch dem Stummschen Einfluß wich. Beide Männer haben auch fernerhin mit ein ander in regem Verkehr gestanden und ihr gemeintame« sorial- ! politisches Interesse betätigt, namentlich auch in der Gründling I und Förderung de« Vereins für Soziale Reform und in per 1 Herausgabe der „Sozialen Praxis". Rottenburg erhielt nach Ln»rige»-A»nadme: AnguftuSPlatz 8, deiiämtltchen Filiale» ». alle» Annoncen- Expeditione» des Ja- und Auslandes. im Laufe der ersten Legislaturperiode sein Amt niederlegen. Durch die große Stimmenzahl, mit der darauf jein« Wiederwahl erfolgte, ließ er sich bestimmen, bis mm Ende der Legislatur auszuharren, obgleich seine Gesund- »eitsverhältnisse ihm die wiederholten Aufregungen, nament- ich durch Provokationen von sozialdemokratischer Seite, nicht gestattet hätten. Als Simson zum Beginn der zweiten Legislaturperiode von längerem Unwohlsein noch nicht her gestellt war, richteten sich die Blicke aus den früheren Präsi- »cnten des Abgeordnetenhauses, damaligen Oberbürgermeister von Breslau, v. Forckenbeck. Er wurde auch zu Beginn der dritten Legislaturperiode, am 22. Februar 1877 wiederum zum Präsidenten gewählt, ebenso nach der Auf lösung des Reichstags infolge der Ablehnung deS ersten So zialistengesetzes am 11. September 1878. Im nächsten Jahre, im Zusammenhang mit der Wirtschaftsreform und der Be- ratuna des Zolltarifs im Reichstage, richtete Forckenbeck am 20. Mai 1879 ein Schreiben an den Reichstag, in dem er erklärte, daß er bei dem Gegensatz, in den er in bezug aus tiefgreifende Fraaen mit der Majorität des Hauses ge kommen sei, das Amt des Präsidenten des Reichstages nieder- lege. Bei der Neuwahl des ersten Präsidenten am 21. Mai 1879 erhielt der Konservative v. Seydewitz 195 von 324 Stimmen. Erst dadurch, daß auch der erste Vizepräsident des Reichstages, der süddeutsch« Nationalliberal« von Stauffenberg, ebenfalls sein Amt niederlegte, kam cs zum erstenmal zur Wahl eine- ZentrumSmanneS in daS Präsidium: an Stwuffenbergs Stelle wurde am 29. Mai 1879 mit 162 von 301 Stimmen s103 Zettel waren unbe- chriebenj der dem Zentrum angehörige Frhr. v. Francken- stein gewählt. An den Platz von Seydewitz trat für kurz« Zeit der Reichsparteiler Graf v. Arnim-Boitzenburg als erster Präsident svom 13. Februar 1880 bi« 16. Februar 1881j. Nach den Neuwahlen von 1881 wurde zwar Graf v. Arnim-Boitzenburg zum ersten Präsidenten wisdevgewählt, er nahm aber die Wahl nicht an, weil er nicht mit einem Ultramontanen zusammen das Präsidium führen wollte. ES folgten sich die konservativen Präsidenten v. Goß ler, von Wedell-Piesdorf und v. Levetzow. Von 1879 bis zur Auflösung des Reichstags 1887 gehörte ein National liberaler überhaupt nicht dem Präsidium deS Reichstage» an. Nach den Kartellwahlen s1887s wurde der Nationalliberale Dr. Buhl zum ersten Vizepräsidenten gewählt. Im Jahre 1888 sam 23. Dezember! erhielt der konservative Abgeordnete v. Levetzow den Platz als erster Präsident. Nach den Februarwahien von 1890 fetzte das Präsidium sich auS einem Konservativen fv. Levetzow), einem ZentrumSmann so. Buol) und einem Deutschfreisinnigen sBoumbach) zusammen. 1893 wurde der Nationalliberale Bürklin zum zweiten Vizepräsidenten gewählt, der bann im Jahre 1895 zusammen mit dem konservativen ersten Präsidenten von Levetzow, nach Ablohuung der Beglückwünschung deS Alt- reichSkanzlerS zu seinem 80. GeburStage, au« dem Präsidium austrat. Nummchr würbe eS an erster Stelle mit Herrn v. Buol, dem ZentrumSmann, besetzt, der e« bi« 1898 be hielt; darauf ging «S an Graf Balle st rem über, der e« bis zur Auflösung deS Reichstage» am 13 Dezember 1906 innebatte. Neben ihm waren u. a. von Nationalliberalen di« Abgeordneten Büsing und Pnasche tätig. mit der unter Herrn Dernburg im Kolonialamt üblich gewordenen Beschleunigung deS Geschäftsganges er folgen wirb. vir aeMÄe Rrattechtsrrksrm. Die 3V Jahre, die seit dem Jnkrastlreten unseres Stras- gesetzvuches ins Land gegangen pnd, haben, wie wohl selten eine gleiche Zeitipanne, einen außerordentlichen Aunchwung au; allen Gevielen unseres Kulturlebens, wichtige Fort schritte auf dem Gebiete der Wistenschaslen und der Technik und erhebliche Wandlungen im wirtschaftlichen und sozialen Leben mit sich gebracht; sie haben neue Anschauungen ge zeitigt, alte verdrängt und das Denken und Empfinden unie- res Volkes vielfach >n andere Bahnen gelenkt, kurz die Zelten haben sich seit 1871 wesentlich geändert. Kein Wunder, daß unser Strafgesetzbuch den völlig umgestalteten Verhältnissen unserer Gegenwart nicht mehr gerecht wird. Es haben sich ja schon bald nach seinem Inkrafttreten — zu Anfang und gegen Mitte der 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts — und dann auch späterhin mancherlei Mängel und Lücken in seinen Vorschriften herausgeslellt. Diese hat man jedoch durch Einfügung neuer und Abänderung alter Paragraphen zu beseitigen gewußt. Gegenwärtig ist durch Ausbesser. arbeiten nichts mehr zu erreichen. Die veralteten Stellen treten allerorts und »n zu großer Menge hervor. Alle weiteren Reparaturen würden nutzlos sein. Es hat sich «ine Neugestaltung von Grund aus notwendig gemacht. Die A lfgabe freilich, ein gänzlich neues Strafgesetz zu schaffen, das den modernen Verhältnissen völlig angepaßt ist, denke man sich keineswegs zu leicht. Es kommt nicht nur darauf an, daß der Gesetzgeber an die heimische Rechtsent wickelung anknüpst und dem Rechtsbewußtsein des deutschen Volkes allenthalben gerecht wird — und doch ist schon dies ungemein schwierig. Wenn er seine Aufgabe völlig lösen will, so muß er, da der Rechtsverkehr mehr und mehr ein internationaler wird, einen Standpunkt zu gewinnen suchen, der das heimische Recht als ein individuell gestaltetes Ge bilde der allgemeinen Rechtsentwickelung aller Kulturvölker erfassen läßt.*) Die Reform des deutschen Strafrechts muß also mit einer vergleichenden Kritik unseres und des ausländischen Straf rechts einsctzen. Es ist ein großes Verdienst unseres Reichsjustizamtes, daß es >n Erkenntnis dieser Notwendigkeit selbst die Ver anlassung zu den entsprechenden Vorarbeiten gegeben hat. Es hat nämlich vermittelt, daß sich im Jahre 1902 ein freies wissenschaftliches Komitee aus Vertretern der deutschen Strafrechtswissenschaft aller bestehenden Richtungen bildete, um die Vorarbeiten zu dem großen Werke der deutschen Strafrechtsreform in Angriff zu nehmen. Dieses Komitee, dem berühmte Nechtslehrer der Universitäten aller größeren Bundesstaaten angehören, hat sich die Herausgabe eineS Werkes zur Aufgabe gestellt, in welchem eine vergleichende Darstellung aller in Betracht kommenden strafrechtlichen Materien gegeben, im Anschluss« an diese Darstellung für die einzelnen Materien die Ergebnisse der Rechtsvergleichung kritisch gewürdigt und Vorschläge für di« deutsche Gesetz gebung angeichlossen werden sollen. Den Verlag dieses außerordentlich bedeutsamen und um fänglichen Werkes, dessen Gesamtpreis annähernd 200 ^l. betragen wird, hat die bekannte Buchhandlung von Otto Liebmann in Berlin bereitwilligst übernommen, und so konn ten bereits sieben Bände des Werkes, das den Titel führt: „Vergleichende Darstellung des Deutschen und Aus ländischen Strafrechts. Vorarbeiten zur Deutschen Strafrechtsreform." im Druck erscheinen, während zwei weitere Bände in näch ster Zeit Nachfolgen werden. In den bereits erschienenen sieben und den demnächst erscheinenden zwei Bänden sind Materien aus dem besonde ren Teile des Strafgesetzbuches behandelt. Die Ueber- tretungen und Strafvorschriften anderer ReichSgesetze al« des Strafgesetzbuches haben hierbei nur insoweit Berück sichtigung gefunden, als sie kriminalpolitisch von Bedeutung sind oder ihrem Tatbestand nach mit Verbrechen oder Vcr- ' gehen des Strafgesetzbuchs in engem Zusammenhang« stehen. Die Lösung der schwierigsten Probleme der Strafrechts reform ist spater erscheinenden Bänden Vorbehalten. In ihnen sollen nämlich die grundlegenden Vorschriften des , allgemeinen Teils des Strafgesetzbuchs behandelt werden, die Vorschriften über das Strafensystem, über die versuchte Tat, über die Teilnahme am Verbrechen, über die Kon kurrenz der Verbrechen, über die Gründe, welche die Strafe ausschließen und mildern, insbesondere über die Behandlung jugendlicher und geisteskranker Verbrecher. Hierbei wird zu der Frage Stellung zu nehmen sein, ob und inwieweit die sogenannten geistig Minderwertigen für ihr Tun strafrecht lich verantwortlich, oder ob sie nur unschädlich aemacht wer- . den sollen, und in welcher Weise Letzteres zu geschehen habe. . Man kann den Vorschlägen zu allen diesen Fraaen mit um so gröberer Spannung entgeaensehen, als die Meinun gen der Juristen über die Regelung dieser grundlegenden Vorschriften erheblich auseinanderyeben. ' Ter Grundstein zur Reform des deutschen Strafrechts " ist also gelegt. Bald wird auch das gesamte Material zu- i sammengetragcn sein, so daß der Bau selbst in Angriff ge- ! nommen werden kann. Wiederum die deutsche Strafrechts- . Wissenschaft wird in erster Linie dazu berufen sein, das > Werk weiter zu fördern, den Bau zur Ausführung zu brin gen. Indessen das deutsche Volk hat hierbei durch feine be rufenen Kräfte wichtige Handlangerdienste zu leisten, und nur durch sein einmütiges Zusammenwirken mit den Ver tretern der Wissenschaft wird die aroße nationale Aufgabe ihrer glücklichen Lösung entgegengeführt werden Knnen. in Ordnung gehalten, aus sich selbst entwickelt und k gebieterisch eine Aufklärung von der dazu berufenen Stelle, der finanziellen Selbständigkeit zugesührt werden I Wir hoffen, daß diese nicht auf sich warten lassen, sondern kann. Die deutsche Äolonialpolitik wird unter allen Umständen auS diesem Rechenschaftsbericht eines avmini- trativcn GenirS vieles lernen können. Es wird daher nicht möglich sein, die Anschuldigungen Sir Fredericks einfach bei seite zu legen; denn sie scheinen, im Zusammenhang« ge lesen, keineswegs hetzerischen Absichten zu dienen, sondern wollen sich der Darlegung der besonderen Schwierigkeiten widmen, unter denen die Verwaltung NigerienS zu arbeiten hatte. Die gravierendsten Stellen des Berichtes sind die folgenden: „Sir Frederick berichtet, wie die Abschaffung der Sklaven jagden zu einem Aufblühen des Handels der Eingeborenen und ihrer Steuerkrast führte. Er schildert, wie die Städte Bauchi und Zaria ein regeres Wirtschaftstreiben ausweisen und im Sultanat Sokoto die Bevölkerung von den Städten auf das Land zurückzuwaudern begonnen hat, da sie sich dort wieder sicher fühlten. Es habe sich sogar eine an dauernde eingeborene Einwanderung in britisches Gebiet nach Sokoto über die französische und nach dem Sultanat Bornu über die den tsche Grenze eingestellt. Sir Frederick begründet diese Erscheinung da mit, daß „Sklavenjagben unter der britischen Herrschaft nicht erlaubt sind" und fügt hinzu, sie trete auf, obwohl die Steuern in vollem Umfange durchgesetzt werden. Nur in Bornu habe man den Durchgangshandel mit Sklaven nicht völlig verhindern können. Er fährt dann wörtlich fort: „Es existiert ein sehr lebhafter Sklavenhandel durch Bornu-, Hunderte von Sklaven werden auf deutschem Gebier gekauft, namentlich in den Märkten von Dikwa und Mandara lwo deutsche Beamte ihren Sitz haben), und durch Britisch-Bornu zum Verkaufe nach Kabib auf französischen Boden gebracht. Dieier Platz ist eine von den jüngst unter der vorjährigen anglo- französischen Konvention von England an Frankreich abgetretenen Städten, und ist seit der Abtretung ein großer Sklavenmarkt geworden. Ein vom Residenten nach Kabi entsandter Agent zählte 33 auf offenem Markt zum Verkauf gestellte Sklaven, er traf 22 aus ihrem Marsche dorthin, und ein krelischer Händler von Lagos berichtet, daß er einen blühenden Sklavenhandel in Zinder sah, aus dem ein reicher Tripolitaner große Gewinne macht. Einige Sklaven wurden auch in den heidnischen Distrikten von Gongola gekauft und nach dem Iran- zösischen Gebiet gebracht. Urteile von steigender Schwere sind gegen abgefaßte Sklavenhändler gefällt worden und alle möglichen Anstrengungen wurden gemacht, um diesen Handel zur Einstellung zu bringen. Sticht weniger als 174 Sklaven wurden im ersten Viertel;ahr !906 befreit. Das Heim für befreite Sklaven in Bornu ist mit befreiten Kindern überfüllt und wird erweitert: wir haben eS sogar nötig gesunden, ein Dorf für erwachsene befreite Sklaven einzurichtrn. Der Verdienst ans dem Sllavenhandel ist so groß, daß ich sürchte. Laß trotz unserer Anstrengungen und trotz deS Risikos, das wir übernehmen, er fortdauer» wird, wenn nicht die Deutschen und Franzosen durchSchluß der Sklaven märkte mitwirken wollen." Die „DmeS" bemerkten dazu, daß in ausfallendem Kon trast zu der Haltung der deutschen und französischen Behörden der Eifer und die Loyalität stehe, dessen sich die eingeborenen Herrscher bei der Mitarbeit zur Ab schaffung des Sklavenhandels befleißigte. Ueber das Verhältnis der weißen Residenten in Nigerien zu den eingeborenen Herrschern und Richtern spricht sich Sir Frederick sehr hoffnungsvoll auS: „Die Anschauung, daß ein wirkliches und echte- gegenseitiges Vertrauen allmählich und sicher zwischen den Regierungsvertretern und den eingeborenen Emiren und Richtern im Entstehen begriffen ist, kann meines Dafürhaltens nicht als unan gebracht bezeichnet werden. Wir verdanken es dem rückhalt losen Enthusiasmus und der Hingabe an ibre Ausgabe seitens der Residenten." Er stellt diese Erfahrung in Gegensatz zu den deutschen Methoden und bezieht sich dafür auf Aeuße« rungen deS deutschen Leutnants Nitschmann gegenüber dem Residenten in Zola. Diese Stelle lautet: „Weiße Beamte", sagte er, „sind nur im Lande, um über den deutschen Inter essen zu wachen. Die Fulani-Häuptlinge find völlig ohne Kontrolle und haben Freiheit, ihre eigenen Methoden anzuweuden. Solange sie die Deutschen in Ruhelasten, können sie Leute töten oder ins Gefängnis stecken, können sie nach Belieben Städte in Brand flecken und ihre Raubzüge werden nicht ge hindert. Deutsche Beamte sollen keine richterlichen Besugniffe haben, und sie senden jeden Gesetzesübertreter, einschließlich europäischer Händler und Reisender, zu dem Häuptling, damit er nach seinem Geiallcn mit ihnen versahre. St« stellen sich, als ob sie den Sklaoenraub verhindern, aber es gibt keine Einmischung in den Sklavenhandel und Sklaven werden offen zum Verkaufe ausgestellt. Roch weniger werden Sklaven jemals von den Be amten befreit. Es gibt unregelmäßige Requisitionen von Getreide und Vieh, aber keine formell geregelt« Besteuerung. Das Resultat dieser Zustände ist für die Uola-Provinz recht schlimm Lu ¬ der Mitteilung deS Leutnants Nitschmann geht klar hervor, daß die Deutschen ihre Verpflichtungen unter der Brüsseler Akte sicht in demselben Sinne, wie wir, auslegen." E« geht jedenfalls aus dem Berichte Sir Fredericks schon da« klar hervor, daß Leutnant Nitschmann sich nicht so ge äußert haben kann, wie der Resident in Aola ihn verstanden haben will, oder daß er mißverstanden worden ist. Die Dar stellung der deutschen Steuer- und VerwaltungSpraxiS ist einfach lächerlich. Damit werden aber die amtliche» Behauptungen de« britischen High CommissiouerS nicht auS der Welt geschafft, wenn man auch der Verwunderung Ausdruck geben kann, daß ein so hoher Verwaltungsbeamter solchem Gerede in Staat«- dolumente Eingang verschafft und noch dazu so heikle, inter- natiooale Verpflichtungen berührende Schlüsse daran knüpft. Besonder- diese Schlußfolgerungen, aber auch die übrigen . ganz positiven Behauptungen über die Existenz von Sklaven- I markten aus deutschem Gebiet, die der High Commissioner > größtenteils uuter eigener Verautwortuvg aufstellt, heische» BeznaS'PreiS für Leipzig und Vororte: In der Haupt- ExpedUion oder deren Ausgabestellen ad- grholt monatlich: Ausgabe >4 (1 mal täglich) 70 Pf-, Ausgabe 8 <2 mal täglich) 80 Pf» bei Zustellung in- Hau» Ausgabe X 80 Pf., Ausgabe 8 1 Mart. Durch unsere aus wärtigen Ausgabestellen und durch Vie Post bezogen (1 mal täglichjinnerhalbDeuIichlandS monatlich 1 Maik ausschl. Bestellgebühren, für Oesterreich-Ungarn 5 L 45 l> vierteljährlich, die übrigen Länder laut ZeitungspreiSliste. Diese Nummer kostet aus « äs 4N ? allen Bahnhöfe» und bet III 71^1 de» Zeitung».Verkäufern I* NeSattiou und Erpedtltour Johaunisgaff« 8. Telephon Nr. 153, iltr. 222, Nr. 117L. Berliner Nedatttoas-Bureau: Bali» 7, Prinz Louis Ferdinand: Straße L Telephon I, Nr. 9275. -für das Ericheioea m» bestimmten Lagen u. Plätze» wird kri»e Garantie übernommen. HmUtt-Fillale Berlin: LarlDu»cker.Herzgl.Bayr.Hofbuchhaudlg„ Lützowitraße 10 lTelrphon VI, Nr. 46034 Nlial-Srpedttion:LreSden,Mariellsrr.S4. 3« 30« tSL38 iS SSL )N7S8 l» 47V »SSSS »029 7 S0« 4 Vit , ztnt- »lledek >«os«d. ooooo ltaaten ilaeNv. ia ti»-
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