Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 29.08.1905
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-08-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19050829013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1905082901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1905082901
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1905
- Monat1905-08
- Tag1905-08-29
- Monat1905-08
- Jahr1905
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
BezugS-PreiS 0» b« Honpterpedttt« «da da« AnSgab» -ell« ,b,ed,It: otateliLdrttck , d«1 portmalt«« täglicher tjnfteltn», in» bau» ^l S.7L Durch dt» Poft bezog« für Deutsch» land «. Oesterreich vierteljährlich 4^0, für die übrig« Länder laut Zettnug-prri-ltst«. Liese Lu»«« kostet auf «llro Vahuhöt« and III ^lu I bet d« 8ellungS-Berküulcro I * Nebottto» «»» Er»r»tttom 1ÜL Fernsprecher 223 JodanntSgassr st^ Hstststr-Ktl»«» Drr-bem Marieusiraß» -4 (8««fprrcha Ami i Slr. 1718^ vaupp-FtUnU Berit»: TiNtlLlncker, Herzu l-Boyr^ofbachhimdlaG Lützowmah« iO t8«»Ivrecha Ami VI Nr. IMS). Morgen-Ausgabe. KiMer TllMM Handelszeitung. ÄmlsSlatt des Lönigk. Land- «nd des Äönigl. Amtsgerichtes Leipzig, des Aales «nd des Nolizeiamtcs der Ltadt Leipsig. An zeigen-Pret- die bgespaltene Petitzeile 2S Familieu- und Stellen-Anzeigen 20 Finanziell» Anzeigen, HejchüstSaazelgea «ter Lrxt oba an besonderer Stell« «ach Daris. Die -gespaltene Reklamezril» 7L^ rlunabmeichiust lstr Unzetgea: Abrnd-Lusgabe. ourmMag« »0 ll-r. M argen-«nsgaber »achmtttag« 4 Uhr. Anzeigen jinb stet» nn dir Expedition z» richt«. Extra-Veilage» cnn» «u da Marge». Ausgabe) nach beioadera Berrtnbarn»^ Lie OppeltNaa ist wochentags »nnnterbroch« geöffnet «» früh 8 bi» abend» 7 Uhr. Druck and Verlag von «. «al» in Letpztg «Iah. Dr. B, Si. L W. lkliakhordN HerauSgeberr vr. Victor Mt»kharvt. Ztr. W. Dienstag 29. August 1905. 99. Jahrgang. Vas Aicdtigrlr »sm Lage. * Die am Montag vormittag auf der Reede von Swinemünde eingetroffene aktive deutsche Schlacht flotte wird die Reede voraussichtlich heute wieder verlassen. * Für die Dauer der Unruhen in Ostafrika ist bei dem Allgemeinen Marine-Departement deS Reichs-Marine- Amts, Leipziger Platz 13, ein Zentral-Nachweile-Bureau eingerichtet, an das alle Anfragen über in Ostafrika befind liche Angehörige der Marine zu richten sind. * Auf Grund neuen anonymen Briesmaterials hat da» Landgericht Detmold erkannt, daß der Antrag der Frau Krach t,daS Verfahren wie der auf zu nehmen, berechtigt ist. (S. Vermijchles.) * Bis jetzt sind auf russischen Flößen im Weichsel gebiet 7 Personen an asiatischer Cholera erkranlt. Drei Fälle verliefen tödlich. (S. Beimijchtes.) * Der König der Hellenen ist gestern von Aix-les- BainS nach ParrS abgereist. * Neber da» russische Gouvernement Kowno ist für einige Zeit der Zustand deS verstärkten Schutzes verhängt worden. vir «irsbenar kntartung ster knglänäer «nü ihre folgen. Don einem sehr geschätzten medizinischen Mitarbeiter wird uns geschrieben: Welchen großen Einfluß die Entartung eines Volkes auf seine Gesundheit haben kann, darüber sind wir uns m Deutschland klar, denn wir wissen, daß es eine große Reihe von Krankheiten gibt, deren Entstehung auf eine von den Eltern oder Voreltern ererbte Krankheitsanlage zurückzuführen ist. Natürlich läßt sich eine solche An lage, sowie ihre Entstehung und Ausbildung durch Be folgung zweckmäßiger Verhaltungsmaßregeln scvon bei- zeiten bekämpfens weshalb man bei den Kindern an fangen muß, für eine verständige Kräftigung und Ab härtung des Körpers zu sorgen. Den Emfluß der Heirat erkennt inan auch ohne weiteres daraus, daß durch die sogenannten Verwandtenehen gewisse erbliche Anzügen und erbliche Fehler ausgebildet und fortgepflanzt werden. Ganz besonders brennend scheint die Frage der Entartung für die Engländer geworden zu sein, »vorüber wir uns nicht zu wundern brauchen, wenn wir ihre Politik ins Auge fassen. Tie Gelehrten des Landes tun daher nur ein gutes Werk, wenn sie auf die Folgen der drohenden Entartung des Inselvolkes aufmerksam machen. Aus den Ausführungen von Dr. George Clifton geht hervor, daß in medizinischen Kreisen eine gewisse Furcht besteht, das englische Volk könne, weil es schwächer wird, anderenVölkern nicht genug Widerstand leisten. Er weist darauf hin, daß früher stets der Schwächste dem Stär keren weichen und zu Grunde gehen mußte. Jetzt iedoch haben wir Gesetze, welche alle Menschen in Schutz nehmen, so daß allmählich die Entstehung einer schwächeren Art von Menschen möglich ist, die, weil ge setzlich sanktioniert, eine zunehmende Quelle der Gefahr für die Allgemeinheit werden muß. Jeder, der mit dem Irrenwesen, mit Gerichtshöfen oder mit den Er ziehungsvorständen zu tun hat, muß nach ihm fühlen, daß, wenn nicht bald etwas dagegen geschieht, dis Degeneration in England schwerlich verhütet werden kann. Weist Dr. Clifton daher auf den Ernst der Frage hin, so liegt es nicht allzu fern, daß ein anderer, Dr. Rentoul, als Ab- hülfe dagegen Maßnahmen vorschlägt, die in ihrer Strenge und Härte an die in Sparta üblichen erinnern. Sie sind um so bedeutsamer, weil sie zugleich einen der artigen Eingriff in die persönliche Freiheit des Einzelnen bedeuten, wie man es gerade in England nicht für mög lich halten sollte. Eine Erklärung dafür kann man nur darin finden, daß man die Gefahren der Volksgesund heit durch fehlerhafte Ralsenzllchtung nirgends so scharf beurteilt, wie gerade in jenem Lande. Darum ist auch die Forderung verständlich, daß niemand, möge er ge sund oder krank fein, ein Recht hat, kranke Kinder zu zeugen; jedes Kind hat vielmehr das Recht, gesund zu sein. Die „kommende Rasse" muß also bei der Wahl der Ehen ins Auge gefaßt werden, nicht aber die setzt beim Abschließen der Ehen geltenden Rück sichten, die sich in den allermeisten Fällen mehr auf die Dermögensverhältnisse als auf die Gesundheit der Nach- kommenschaft beziehen. Die zwei Fragen, welche er auf- stellt, sind: „Kann die körperliche und geistige Zucht der zukünftigen Rasse verbessert werden?" und „Was rechtfer tigt es, gewiss e'n Entarteten das Heiraten zu erlauben?" Die Antworten zeigen, wie rücksichtslos Verzugehen man in dieser Weise gesonnen ist. Tas Gesetz soll bestimmen, daß jeder, der zu heiraten beabsichtigt, sich einer gründlichen Unter- suchunq durch einen Arzt zu unterziehen hat, und dieser muß ein Zeugnis vor der Hochzeit darüber ausstellen, ob der Ehekandidat geistig und körperlich gesund ist. Weiter soll, wenn ein Beamter die Erlaubnis zur Heirat gibt oder die Eheschließung selbst vornimmt, ohne daß ein Gesundheitszeugnis vorgelegt ist, der Schuldige bis zu 10 000 Geldstrafe oder 10 Jahren Gefäng nis bestraft werden. Eine ganz tolle Forderung aber ist die dritte, daß nämlich Personen, welche dieses Gesundheitszeugnis nicht bekommen, aber trotzdem heiraten wollen, einen Nachweis erbringen müssen, daß sie utwermögend sind, eine Nachkommenschaft zu er zeugen. Ja, er scheint sogar, wie aus seiner zuiy Schluß gegebenen Beschreibung chirurgischer und anderer Maß- nq-men, um Entartete zeugungsunfähig zu machen, her vorgeht, nicht vor gewaltsamen polizei-chirurgischen Ein- griffen, die sich auf den Körper der Betroffenen selbst er strecken, zurückzuschrecken. — Als Ursache für die Zu nahme der Geisteskranken in England, auf die man noch nicht genügend acht gegeben hat, wird ange geben: Die Auswanderung eines gesunden Stcimmes in andere Länder und das Zurückbleiben der Entarteten, dann aber auch die Einwanderung von ausländischen Geisteskranken, Verbrechern, Armen und sonstigen Minderwertigen. In Bezug auf die zweite Ursache bat Amerika und Kanada schon seit einer Reihe von Jahren Schutzmaßrcgeln ergriffen. Es sind in Amerika während der letzter: 12 Jahre aus dieser Klasse festgehalten und wieder fortgeschafft worden: 52 Idioten, 208 Irrsinnige, 32 422 Arme, die wahrscheinlich der Oeffentlichkeit zur Last gefallen wären, 5529 Kranke mi.t allerlei ekel erregenden oder ansteckenden Krankheiten, 127 Ver brecher, 117 Prostituierte, 1 Anarchist und 7 Polyga- misten. Schärfere Maßregeln, als die englischen Gelehrten, die natürlich mehr als wir Ausländer die geistige und körperliche Kraft ihrer Landsleute zu beurteilen in: Stande sind, Vorschlägen, können wir uns auf diesem Ge biete kaum denken, es sei denn, daß auch noch die Forde rung aufgestellt wird, ähnlich wie in Sparta, kranke und lebensunfähige Kinder gleich nach der Geburt aus der Welt zu schaffen. Jedenfalls dürfen wir sagen, daß w'r in Deutschland derartige Bestimmungen noch nicht nötig haben, wenngleich es ja wünschenswert wäre, we^in beim Abschließen unserer Heiraten auf den Geiundhoits. zustand der Eheschließenden mehr Rücksicht als früher genommen würde. Es würde sicher manches Unglück in den Ehen vermieden werden, wenn den Aerzten eine as- setzlich weitergehende Befugnis eingeräumt würde, als sie jietzt haben. — Vor allem aber sehen wir an den krankhaften Bestrebungen, unter allen Umständen mit Frankreich in Verbindung zu treten, daß man in Eng land selbst die praktischen Folgerungen aus den Fest stellungen der Gelehrten zu ziehen gewillt ist. ver -lstlrtanO in Ziiamrtalriira. Verlustliste. Ein Telegramm aus Windhuk" vom 12. August meldet: Im Gefecht südwestlich von Gaobis ge fallen: Reiter Otto Hesse, geb. zu Groß-Wait - schcn, früher konigl. sächs. 6. Feldartillerie Regiment Nr. 68; verwundet: Major Oskar Traeger, geb. zu Bojanowo, früher Füsilier-Regiment Nr. 40, leicht, Streifschuß an der linken Hohlhand, .Hauptmann Maximilian v. Zwehl, geb. zu Jork i. H., früher Infanterie-Regiment Nr. 71, leicht, Schuß durch den kleinen und den Ringfinger der rechten Hand, Reiter Eduard Horn, geb. zu Leipzig, früher 5. Garde- Regiment z. F., schwer, Schuß in die Beugesehne des linken Fußes; Reiter August Lippemeier, geb. zu Lückenberg, früher Infanterie-Regiment Nr. 98, schwer, Schuß durch drei Finger der rechten Hand; Gefreiter Otto Brunner, geb. zu Hofolding, früher königl. bayer. 2. Chevauleger-Regiment, leicht, Streifschuß am Mittelfinger der rechten Hand, Reiter Bernhard Minne, geb. zu Diepenau, früher Infanterie-Regi ment Nr. 74, leicht, Fleischschuß in den rechten Oberarm und Prellschuß an die Stirn. Ferner ist Reiter Wilhelm Steinke, geb. zu Regenthin, früher Grenadier- Regiment Nr. 8, am 24. August im Lazarett Swakop- mund an Typhus gestorben. ver rurrirch-Iapanirchr Weg. Die Aonserenz. Aus Portsmouth meldet das Bureau Reuter: Bei einem Interview bestätigte Witte, daß Takahira um die Vertagung der Konferenz nachgesucht habe, weil keine neue Instruktionen von Tokio eingetrofsen seien. Witte habe bereitwillig zugestimmt. Takahira sagte, da Präsident Roosevelt den Zusammentritt der Friedenskonferenz veranlaßt habe, so fühlten sie sich aus Achtung vor Roosevelt verpflichtet, in der Frage des Abschlusses der Arbeiten nicht zu vorschnell zu sein. Takahira fügte hinzu, die Lage sei nicht hoffnungslos, aber doch beinahe hoffnungslos. Wie verlautet, haben die Dele gierten sich dahin geeinigt, daß keine Sitzung stattfinden solle, bis Japans Antwort auf die Erklärung, die als Ruß lands Ultimatum betrachtet werden kann, eingeganaen sei. Die Konferenz wird also möglicherweise ntcht vor Mitt- woch oder Donnerstag wieder zusammen treten. Das Gerücht, Prä ident Roosevelt habe neuer dings nochmals auf den Kaiser von Japan einzu wirken versucht, erhält sich hartnäckig. Die „New Aork Tri büne" versichert bestimmt, daß Präsident Roosevelt dies wirk- sich getan habe. — Dem „L.-A." wird aus Portsmouth depeschiert: Der japanische Delegierte Takahira ließ sich um 9 Uhr abends mit seinem französisch sprechenden Sekretär un erwartet b e i W i t t e m e ldc n, der ihn sofort empfing und Pokotilow holen ließ. Die vier blieben 25 Minuten zusammen. Hinterher sagte Witte: „Takahira teilte mir mit, daß eine von Komura aus Tokio erwartete Depesche noch nicht einqegangen sei, und daß er deshalb Vorschläge, die für Montag anberaumte Sitzung auf Dienstag zu vertagen, falls inzwischen die Antwort nicht eingehe. Ich stimmte dem Vor schläge zu." Takahira wurde befragt, ob die Japaner doch noch neue Vorschläge zu machen hätten; er antwortete „nein", fügte aber nach einer Pause hinzu: „Noch nicht". Daraus beklagte sich Takahira, daß die Japaner vorüber gehend die Sympathie der öffentlichen Mei- nung Amerikas verloren hätten. Er hoffe, daß diese »ich ihnen wieder zuwende, wenn man begriffen haben werde, daß die Japaner auch, während sie schwiegen, so ge handelt haben, daß jedermann ihnen zugcstehen müsse, Recht und Billigkeit seien auf ihrer Seite gewesen. Nachdem Roosevelt den endgültig ablehnenden Bescheid aus Petersburg empfangen hatte, ließ er in Tokio dies mit dem Bemerken mitteilen, daß man dort vielleicht noch mit einem neuen Vor schläge den Abbruch der Verhandlungen verhüten könne. Der ,Lrmes"-Vcrtreter in Portsmouth berichtet über die Lvnnabendsitzung. Di« Japaner schienen einen neuen Vor schlag zu erwarten, die Russen aber verhielten sich passiv. Die Halste von Sachalin und keine Entschädi« gung, sagten sie, sei ihr letztes Wort. Dle letzten Weisungen «es Zaren, die dessen Antwort an Roosevelt nntteilt, befand sich schon Frsibag in den Händen der rüjlsi- schen Bevollmächtigten. Eine hochgestellte russische Autorität vezweiselte, daß selbst ein neuer japanischer Vorschlag die Lage ändern könne. Es sei möglich, daß Groß britannien seinen) Ein/sluß auf Japan zugunsten des Friedens ausübe, nachdem die Verlängerung des an gl o-japanischen Bündnisses vor etlichen Tagen unterzeichnet worden sei. Der Korrespondent ver- sicherte daraus, daß die englische Regierung sich jeder Pression auf Japan entha ten habe. „Ich weiß," erwiderte daraus der Russe, ,,ich gelhe noch weiter. Ich glaube, daß Englands Ansichten nicht ohne Einfluß auf Peterhos gewesen sind, so whr England auch Alliierter Japans in Asien ist, so hat es doch in Europa andere und schwerer wiegende Interessen, und wie feindlich es auch gegen Rußland gesinnt gewesen sein mag, so kann es doch nicht wünschen, Rußland über einen Punkt hinaus geschwächt und das europäische Gleich, gewicht für immer gestört zu sehen. England hat sich mit unserem Alliierten Frankreich befreundet, um die Balance, besonders gegen Deusichland, zu halten. Eng land weiß, daß, wenn Deutschland auch nicht sein Feind ist, es Absichten bat, die Englands Stellung im europäischen System bedrohen. Alle diese und noch mehr Gründe machen den Frieden ebenso wichtig für England wie für Rußland, ob beide das zugesteben oder nicht, sie haben gemeinsame Interessen, die für Frieden plädieren." Vom Ariegrfchauplatz. Gin Mitarbeiter der „Times" drahtet aus dem Haupt quartier Oyamas vom 25. August. Es sind vollaut Be weise vorhanden, daß die japanischen Vorberei tungen nicht erschlafft sind, so lange aber der Ausgang der Friadensunteryandlungen zweifelhaft ist, wird kein Vor stoß stattfinden. Bleiben die Unterhandlungen ergebnislos, so werden die japanischen Heere durch Anwendung einer überraschenden „unorthodoxen" Taktik verzweifelte An strengungen machen, um den Russen einen Entschei- dungsrampf aufzunötigen. Der Berichterstatter be zweifelt indes, daß beträchtliche Fortschritte in diesem Jahre noch möglich seien. Amerikanische Missionare an -er japanischen Front. Wie es scheint, hat die von der amerikanischen Missions gesellschaft „The Poung Men s Christian Association" aus gehende Missionstätigkeit, oder richtiger ausgedrückt, das von 'hr besorgte Liebeswerk im Felde die Billigung und Unter- siützung der japanischen Militärbehörden qewonnen. Von da an bis zu dem stolzen Ausruf eines amerikanischen Bischofs, von dem die „Sunday School Times" vom 12. August be- ricbtet: „Die Fronttätiakeit der christlichen Association junger Männer hat die javanische Armee erobert", ist noch ein weiter Weg. Wenn man den Bericht der orthodoxen Philadelphiaer Wochenschrift genau lieft, so kommt eigentlich nicht mehr heraus, als daß die höchsten japanischen Militärbehörden cs gern sahen, wie die kleinen japanischen Soldaten das Papier der amerikanischen Mifsionsaesellfchast ver- schrieben, sich an ihren Oefen wärmten, sich von den ameri kanischen Barbieren Kopf und Gesicht säubern ließen, den amerikanischen Tee tranken und die frommen gestifteten Bäder ausbadeten. Ja auch der Umstand, daß die Musikbedürftigen und musiktüchtigen kleinen Japs christliche Hymnen auf dem Marsch sangen und sich mit Bibeln in japanischer Sprache beschenken liehen, kann man vorsichtiger weise noch nicht als Gewinn für das Christentum ansehen. Bibeln als Geschenk annehmen, ist auch ein bekannter chine sischer Sport. Vor einigen Jahren waren die amerikanischen Missionen überglücklich, daß die Bibelderteilung in China so getvaltigen Umfang annahm. Die Folgen zeigten sich am nächsten 4 Juli, an welchem Tage in Amerika unglaubliche Mengen chinesischen Feuerwerks verpufft werden. Die chinesischen Feuerwerksabrikanten brauchen dazu sehr viel Papier; und der größte Teil der von den Missionen gestifteten Bibeln ist als „Firecracker-Hülle" aus China nach seinem Ur sprungsland zurückgewandert. Es gehört schon die Naivität oder die Anmaßung der amerikanischen Missionare dazu, um aus diesen Momenten eine große christliche Bewegung in Japan vorruszusagen. Deutsches Keich. Leipzig, 28. August. * Die feindlichen Genossen-Brüder. Die Fehde zwischen der „Leipz. Volksztg." und dem „Vorwärts" wird heute von ersterem Blatte fortgesetzt, aber in mil derem Tone, als man nach dem ersten Artikel erwarten konnte. In der Hauptsache drehen sich die heutigen Aus lassungen um die bekannte Vollmarschc Depesche an dis „T. R.", sowie um die gehässige Bezeichnung, die dis „Leipz. Volkztg." auf den Abg. Eugen Richter ange wandt hatte. Das hiesige Sozialistenorgan sagt darüber: Erst zehn oder zwölf Tage später, als die „Köl nische Zeitung" die Parteipresse aufforderte, unfern aus Richter angewandten Ausdruck zu verleugnen, druckte der „Vorwärts" — das einzige von allen Parteiblättern — diese Aufforderung nach und ent sprach ihr, indem er unfern Ausdruck mißbilligte, ohne seinen Lesern auch nur eine Silbe über den Tatbestand mitzuteilen, der uns veranlaßt hatte, Herrn Richter so zu nennen, wie wir ihn genannt haben. Wir haben uns nicht über die Mißbilligung des „Vorwärts" an sich beschwert, denn hätte er sie aus eigner .Kraft pro duziert, so wäre er in seinem Rechte gewesen, das wir ihm nicht bestreiten können und wollen. Wir haben uns nur darüber beschwert, daß der „Vorwärts" auf Verlangen eines gegnerischen Blattes seine Miß billigung austprach, wobei es vollständig gleich gültig ist, ob sie an sich berechtigt war oder nicht. Dieses Verfahren des „Vorwärts" stellten wir auf eine Linie mit Vollmars Depesche an die „Tägliche Rundschau", wobei wir jedoch nicht verfehlten, zu be merken, daß Dollmars Fall noch schlimmer liege. Die „Leipz. Volksztg." gibt dann die Auslassungen des „Vorwärts" darauf wieder, bezeichnet sie als „eine wissentliche Entstellung des Sachverhalts" und wirft dem „Vorwärts" vor, daß er den Punkt, um den sich der ganze Streit drehe, einfach verschweige. Dieser Haupt punkt bestehe aber darin, daß der „Vorwärts" auf Ver langen eines gegnerischen Blattes seine Mißbilligung ausgesprochen habe. Nach einer längeren Auseinander- setzung, worin die „Leipz. Volksztg." ihr Verhalten in dem Falle Bebel-Eugen Richter zu verteidigen sucht, macht sie dem „Vorwärts" zum Vorwurf, er babe über den Eintritt des Genossen Hönisch in ihre Redaktion un richtig berichtet und seine falsche Mitteilung nicht korri giert, trotzdem er von dem hiesigen Parteiorgan darauf aufmerksam gemacht worden sei. Vertin, 28- August. * vom Raiserpaar. Der Kaiser und die Kaiserin kehrten im Laufe des Sonntag-Nachmittag- nach dem Neuen Palais zurück und unternahmen später mit den Prinzen Eitel Friedrich und August Wilhelm einen Spaziergang durch Sansiouci und die neuen Anlagen beim Belvedere. Montag früh unternahmen der Kaiser und die Kaiserin einen gemein samen Spazierritt. Der Kaiser hörte sodann die Vortrage des Chefs des Zivilkabinerts Wirkl. Geh. Rats Dr. v. Lucanus und des Stellvertreters des Chefs deS Marinekabinetts Kapitäns z. S. v. Krosigk. Am Dienstag wird das Kaiserpaar um 11 Ubr 35 Minuten vormittags mittels Sonderzuges auf dem Personenbahnhöfe in Stettin eiotreffen und sich sofort nach der Vulkan-Werft begeben, wo Punkt 12 Uhr der Stapellauf des Dampfers „Kaiserin Auguste Viktoria" vor sich gehen wird. Nach der Rückkehr in die Stadt beab sichtigt der Kaiser einer Einladung des Olfizierkorp» des Königsregiments zum Frühstück rm Kasino ru folgen. Wie verlautet, wird die Kaiserin den Taufakt selbst voll ziehen, während der Hamburger Bürgermeister Dr. Burchard die Taufrede hält. Die Abreise des Kaiserpaares von Stettin nach Potsdam ist auf 3 Uhr 40 Minuten nachmittag« fest gesetzt. Demnach scheint eine Fahrt des Kaiser- nach Swine münde zur Besichtigung deS gestern dort vor Anker ge gangenen britischen Geschwaders nicht geplant zu sein. * Telegrammwechsel zwischen dem Kaiser und dem Prinzregenten von Bayern. Aus Anlaß der Besich tigung der Kavallerie-Division v im Sennelager durch den Kaiser, an der auch die beiden bayerischen Ulanen- Regimenter teilnahmen, hat zwischen dem Monarchen und dem Prinz-Regenten Luitpold von Bayern ein Depeschenwechsel stattgefunden. Der Kaiser telegra phierte: «Prinz-Regent von Bayern München-Krünn. Ich habe heute Deine Kavallerie-Briaaoe im Divr- sionsverbande gesehen und muß Dir meine volle Aner- kennung und meinen Dank dafür um so mehr aus sprechen, als ich dadurch Gelegenheit fand, mein Ulanenregiment hier begrüßen zu können. Ich bin überzeugt, daß solche gemeinsamen Uebungen der vaterländischen Wehrkraft nützlich sind. Wilhelm." Der Prinz-Regent dankte in nachstehendem Tele- gramm: „S. M. Wilhelm II., Deutscher Kaiser, König von Preußen, Wilhelmshöhe. Empfange meinen herzlichen Dank für Dein liebenswürdiges Telegramm, dem ich zu meiner großen Freude und Genugtuung entnehme, daß die bayerische Ulanenbrigadc bei den jüngsten Uebungen im Divisionsverbande Deine Anerkennung gefunden hat. Dein Ulanenregiment wird es als eine beson dere Auszeichnung empfunden haben, unter den Augen seines kaiserlichen Chefs eine Probe seiner Kriegstüchtigkeit ablegen zu dürfen. Jagdhaus Fischbach, 24. August 1905. Luitpold. * Die Unruhen in Deutsch-Lstasrika. Ein Telegramm des Gouverneurs Grasen Götzen vom 27. August meldet, daß die Unruhen beiManemorango im Be zirk Dar-es-Salaam sich als wenig nachhaltig erwiesen haben und durch das rasche Eingreifen der Polizeitruppe unterdrückt worden sind. In Manemorango bleibt ein Polizeiposten. Ter Gouver- neur bestätigt ferner die durch den Kommandeur des „Bussard" bereits übermittelte Nachricht von dem siegreichen Gefecht des Oberleutnants zur See Paasche am mittleren Rufidji-Fluß. Nördlich von Shende in den Matumbi-Bergen nimmt die Ervedition ihren Fortgang. Leutnant Lindeiner hatte drei Stunden westlich von Kilwa gegen eine größere Anzahl von Aufständischen ein Gefecht. Die Aufständischen hatten schwere Verluste, diesseits keine Ver lüste. Der Aufstand hat sich, nach einer Meldung des Bezirksamts Lindi, auf den nördlichen Teil des Lindi Bezirkes ausgedehnt und zwar infolge Verhetzung der Bevölkerung durch Kilwaleute. Eine unmittelbare Be drohung der Stadt Lindi selbst, wie sie nach dein Telegramm des Kommandeurs des „Bussard" vom 25. befürchtet werden mußte, scheint nach dem Telegramm des Gouverneurs bisher nicht vorzuliegen. * Die Erhebungen über die Fletschnot, die vom Land- wirtichaftsminister angeordnet worden sind, beschränken sich, wie die „Allg. Fleischerztg." aus amtlicher Quelle erfahren haben will, nur auf die Stadt Frankfurt a. M., von wo bekanntlich berichtet worden war, daß dort in der letzten Zeit 33 Fleischerläden infolge der Viehteuerung hätten geschlossen werden müssen. — Justizminister Dr. Schönstedt ist vom Urlaub nach Berlin zurückgekehrt. — Zu den bevorstehenden Pückler - Prozessen finden jetzt fortgesetzt Vernehmungen vor dem Untersuchungsrichter in Berlin statt. Am 26. September wird gegen den Grasen Pückler wegen Anreizung zum Klassenhaß, begangen durch eine Rede in Bernan, verhandelt werden. Umfangreicher wird aber rin darauffolgender großer Prozeß sich gestalten, der dem Grafen wegen seiner letzten Berliner Reden und vor allem der auf den Straßen verteilten Flugblätter gemacht wird. Es handelt sich hier nm vier vom Graten Pückler verfaßte Flugschriften „Die Hyänen de- Schlacht feldes", „Die Totengräber des Mittelstandes" nfw. Diese soaenanntrn Reden sind nur zum Teil wirtlich gehalten worden, einige hat der Graf nur al- Flugblatt verbreitet. Um die Drucker und Berbreiter srslzostellen, werden die Vorsiand-mitalieder der „Pückler-Bereinigung" vernommen, ohne daß bisher ein Resultat erzielt wurde.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite