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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.05.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-05-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040521020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904052102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904052102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-05
- Tag1904-05-21
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Abend-Ausgabe u».8N S8. Jahrgang. Nr. 257. Sonnabend den 21. Mai 1904. - LS00 '0 Feuilleton y. «I ravft« I» ivurou I«,«. la »alr — LM >0 U»tU- wok von »4 <>»«> r» » »«vto, »Uo <ir,t vou kort U»m- tobsr^ Io ci«r kr.wäso » t'orc-or i»U» 0«r k»ot« U» k«, 0Lr- Form getrieben, als die daneben stehenden. Auch sonst, in der Gezweigbikdung erschien er von diesen verschieden, und bei näherem Hinblick ward dem Beschauer offenbar, warum. Der Busch war ursprünglich gleich den übrigen okuliert gewesen, doch sein aufgepfropftes Edelreis ver- gangen und aus der Nährwurzel ein Wildlingswuchs uachgewnchert, dessen Zweige keine Rosen, sondern nur Dornen trugen. Starke Kraft treibenden Dostes aber barg er augenscheinlich in sich, denn seine Schößlinge griffen drangvoll nach Luft und Licht um, nahmen nicht minder als ihre vornehmer verbliebene Umgebung voll auch ein Naturrecht auf ihr Dasein und Emporringen in Anspruch. Die folgten damit dem allem Leben mit. gegebenen Trieb, der in Tamms Garte», wie nicht häufig sonstwo, eine Freistatt sand, von keinem Zwang gefesselt, einen zum Aufstrcben aus der Niedrigkeit angeborenen Kraftwillen zur Geltung zu bringen. Jo, ein ähnliches Gefühl mochte wohl ein zur Iibc-rtinitn<; Gelangter, der römische Freigelassene in sich getragen haben, der plötzlich keinen Herrn und Aufseher mehr besaß, allein dem eigenen Wunsch und Willen anheim gegeben war. Dieter kam's beim Umhermandern zum Be- wußtwerden, seit beut' vormittag stehe er aus gleicher Kreiheitsstufe mit dem Herrn von Petzvld, als Student, dem keiner mehr vorschreiben könne, was er zu tun und. zu lassen habe. Niemand mar befugt, ihm de» Eintritt in eine Wirtschaft, in irgendmelche» Hau», da» ihn zur Ge. fichtigung lockte, zu untersagen, wegen der Nichtbeachtung irgendeines Verbotes eine Drohung oder Strafe über ihn zu verhängen. Zweifellos war da» der von der Natur für den Menschen bestimmte, einzig feiner wttrdige Instand. Aber wa» wollte und wünschte er denn eigentlich, und welchen Gewinn brachte es ihm ein, nach seine» Beließen »iin und lassen zu können? Ihn befiel eine wunderliche Empfindung, die Freiheit nehme sich von weitem ander- aus, als wenn omn zu ihr hin, in ihren Besitz gelange. Um wirklichen Wert zu Haden, mußte sie die vorher vom Zwang versagte Möglichkeit der Erreichung eines inneren Verlangens, eines Lebenszweckes und -Zieles gewähren, das sich nicht auf etwas Gleichgültiges und Nichtige- richtete. Ibn wandelte ein lmlber Lachreiz aus der Vor stellung an, der Hauptunterfchied zwischen dem Gestern und dem Heute, die wesentlichste Errungenschaft dieses Tages bestehe für ihn darin, daß er scheulos jede Wirt schaft besuchen dürfe. Wenn das einen Gewinn aus machen sollte, hätte er einen Drang danach in sich tragen liche Kabincttsordre vom 16. d. M. seiner Stellung als Kommandeur der Schutztruppe in Deutsch- Südwestafrika enthoben und » la -wir« derselben ge stellt. Er führt aber das Kommando noch weiter bis zur Ankunft des Generals v. Trotha, dem er dann das Kommando der Schutztruppe an Ort und Stelle übergibt. General von Trotha hatte am Donnerstag vor feiner Ab reise nach Hamburg eine längere Unterredung mit dem Reichskanzler. Der Typhus in der Kolonne Glasenapp. Das Nachrichtenwesen über die Vorgänge in Deutsch. Südwestafrika will sich trotz aller berechtigten Kritik der Presse nicht bessern. Man ist jetzt wieder auf den „L.-A." angewiesen, um zu erfahren, daß der Typhus beim Detachement Glasenapp, das sich noch in Otjihae- nena befindet, bis jetzt noch nicht zumStillstand gekommen ist. Auf die Verwendung des Detachements im Felde ist, wie derKorrespondent des Blattes behauptet, nicht mehr zu rechnen. Auch die Verwendung der ge sunden Mannschaften der Etavpenlinie ist wegen der Derseuchungsgefahr ausgeschlossen. Wenn eine solche Nachricht wichtig genug ist, um durch das offiziöse Wolf- sche Bureau weiter verbreitet zu werden, so sind die ihr zu Grunde liegenden Tatsachen auch gewiß wichtig ge- nua, um die Kosten für ein direktes amtliches Telegramm zu rechtfertigen. Um so mehr muß es aber befremden, daß der amtliche Nachrichtendienst beharrlich versagt und sich selbst damit das denkbar traurigste Zeugnis ausstellt. „Habicht" durch „Vineta" ersetzt. Da das veraltete kleine Kanonenboot ..Habicht" augenblicklich repariert wird und außerdem unter den jetzigen UnMnden unzulänglich erscheint, wird der große geschützte Kreuzer „Vineta" nach den südwestafrika- nischen Gewässern abgehen. 794,— «doUiusr aus, um den Feind zu beunruhigen und im geeigneten Augen blick die einzelnen Schiffe anzugreifen. Der Kreuzer „Nowik" verließ den Hafen, um nötigenfalls die Torpedoboote zu unter stützen, und die Kreuzer machten Da^pf auf. Während dessen näherten sich vom Meere her fünf japanische Kreuzer, die aus allen großen Geschützen ein Feuer auf die Torpedoboote er öffneten. Diese kehrten unbeschädigt zurück. Das beschädigte Panzerschiff verschwand inzwischen am Horizont mit den Kreuzern, die ihn vor der Verfolgung schützten. Nachts wehte eine frische Brise. Am Morgen des 16. Mai näherten sich drei feindliche Torpedoboote der Unglücksstätte, gegen die der Ad miral den Kreuzer „Nowik" aussandte, worauf sie sich ins Meer zurückzogen. Das in der Kerrbucht gesunkene Schiff ist nach den Schornsteinen und nach dem Mastkorb auf dem Fock mast zu urteilen, die bei geringem Wasserstande sichtbar sind, anscheinend ein Kreuzer. Bei dem Versuche, in der Kerrbucht zu landen, haben, wie berichtet wird, drei Torpedoboote, welche die Landung decken sollten, Beschädigungen durch die russische leichte Artillerie erlitten. ^»rt Arthur. „Daily News" meldet aus Tschifu vom 20. d. M., daß dort um IOV2 Uhr vormittags eine heftige Ex plosion aus der Gegend von PortArthur gehört wurde. Demselben Blatte wird aus Tokio von gestern gemeldet: Sobald die Vorbereitungen beendet sind, werden die Japaner den Angriff auf Port Arthur versuchen. Die Belagerungsgeschütze sind noch nicht in ihre Stellungen gebracht worden: auch werden die zum Sturm auf Port Arthur bestimmten Truppen noch verstärkt werden müssen. Man ist zwar überzeugt, daß der Angriff große Verluste erfordern wird, aber man glaubt, noch größere Verluste an Menschenleben ersparen zu können, wenn man die Befestigungen unschädlich macht, zumal das Vorhandensein unbeweglicher Minen eine stete Gefahr bildet und ein heroisches Vorgehen er fordert. Der Untergang de» „Hatsnse" wird von russischer Seite folgendermaßen geschildert: In der Nacht auf den 20. Mai traf mit der Post ein Bericht von Kontreadmiral Witthöfft ein, wonach am 15. Mai drei feindliche Panzerschiffe und drei Kreuzer am Morgen, von Osten kommend, sich zeigten. Von Liautischan und vom Goldenen Berge aus folgte man ihren Bewegungen. Nachdem die Schiffe Port Arthur passiert hatten, wandten sie sich nach Osten und begannen scheinbar eine neue Schlachtordnung ein zunehmen, als unter dem Vorderteile des dritten, eines mit zwei Schornsteinen versehenen Panzerschiffes, Typ „Fuji", eine Explosion bemerkt wurde. Das Panzerschiff stoppte, neigte sich auf die rechte Seite und fuhr, aus dem Vorderteile große Dampfwolken ausstoßend, weiter. Zwei Kreuzer näherten sich ihm sofort, und auf dem Goldenen Berge bemerkte man, daß sie Kutter aussetzten. Gleichzeitig näherte sich ein anderes mit drei Schornsteinen versehenes Panzerschiff, Typ „Schiki- schima", dem Orte der Havarie, und unter seinem mittleren Teile explodierte eine Mine. Hierauf fand eine zweite Ex plosion statt, die der des „PetropawlowSk" glich. Nach einer Minute sank das Panzerschiff. Das dritte Panzerschiff fuhr in die See hinaus, während die Kreuzer auf der Unglücksstätte verblieben. Admiral Witthöfft sandte sechzehn Torpedoboote Vie lvadl Sarrermannr. Die Reichstagsstichwahl in Frankfurt a. O. hat erfreu licherweise mit einem Siege Bassermanns ge endet. Er ist mit 14 388 Stimmen gegen den Sozialisten Braun, der 11 882 Stimmen erhielt, gewählt worden. Der Sozialdeinokrat hat demnach 4S9 Stimmen mehr erhalten als in der Hauptwahl. Die Zunahme der Basser- mannschen Stimmen um 2650 diirfte hauptsächlich auf die Bündler und Antisemiten zurückzuführen sein, die in der Hauptwahl 2847 Stimmen für v. Jagwitz abgaben. Damit haben sic einigermaßen wieder gut gemacht, was ste mit der Aufstellung der Sonderkandidatur v. Jagwitz gesündigt hatten. Die Sozialdemokraten haben ihre Niederlage redlich verdient, und alle Versuche Bebels und anderer Größen der Partei, die Mandatsverluste der letzten Zeit gewisser maßen als eine Naturnotwendigkeit hinzustellen, der keiner- lei Bedeutung beizumessen sei, sind nichts als Verlegen- heitsphrassn. Man braucht sich nur das Triumphgeschrei vorzustcllen, das einqetreten wäre, wenn die Genossen in den Nachwahlen gesiegt hätten, um das zu erkennen. Mit Bassermann zieht einer der fähigsten Männer der nationalliberalen Partei wieder in den Reichstag ein, der solche Leute dringend nötig hat, um sein Niveau einigermaßen zu halten. Hoffentlich ist Herr Bassermann inzwischen auch seiner Velleitäten ledig geworden, die ihn s. Z. veranlaßten, in Konzessionen an den Ultramon- tanismus nichts Bedenkliches zu finden und dadurch dein Zentrum die schärfsten Waffen in die Hand zu drücken. Bassermann bat damals ein gut Teil Sympathie bei seinen besten Freunden eingcbiißt. Wir hoffen, in Basser mann nicht nur den guten Kopf und glänzenden Redner, sondern auch den festen Liberalen begrüßen zu können. ver ffulttanö Orr Herero. Gsnvernenr Leutwein. Der Gouverneur für Teutschsüdwestafrika, Oberst Leutwein, ist nach dem „Militärwochenblatt" durch kaiser- >0 s » !0 .5 »0 viiod«. ! SkbO vaz AiAtigrte vom Lage. * An der Universität Freiburg i/Br. wurde als 2000. Student der Mediziner Kurt Polenz aus Nossen i/S. immatrikuliert. * Die En thebung Leutweins vom Posten des Schutz- truppenkommandeurS wird amtlich bekannt gegeben. (S. Aufstand d. Herero.) * Das Attentat auf die Festung Kronstadt stellt sich jetzt dar als eine Brandstiftung durch bestochene russische Beamte. (S. Pol. TgSsch.i - * Roosevelts Wiederwahl zum Präsidenten der nordamerikanischen Union erscheint gesichert. (S. Ansl.) »0 v Wger TaMall Anzeiger. Amtsblatt -es Königlichen Land- und -es Hönigtichen Amtsgerichtes Leipzig, -es Rates nn- des Votizeiamtes -er Lta-1 Leipzig. 1100 I»ll, uv<t ' vün«r. gils gewesen, die eigentlich einen weiblichen Namen führen müsse, und er hatte ihr schon seit Fahren für sich den leicht abgeänderten „Amclla" beigelegt. Allmäh lich war sic dadurch für ihn zu etwas besonders Reiz vollem, in ihrer Blüte und Benennung Poetischem ge worden, er wartete jährlich auf ihr Erscheinen, be grüßte freudig die Entfaltung ihrer ersten Knospen, und sie verschönte ihm das schwermütige Hinschwinden der sommerlichen Welt. Ebenso hatte sie auch schon ge standen, als Apollo, sein Goldgespann über ihr fort- lenkend, auf sie herabgeschaut, die Augen des Dichters der Aeneis hatten auf ihr geruht, und manchmal war die lebhafte Einbildungskraft des einzigen Besuchers in Tamms Garten bei ihrem Anblick von einem Gefühl an gerührt worden, als sei sie dessen gedenk, trage heimlich noch die Erinnerung daran in ihren Sternkelchen. Auch heute war der alle Sonnengott hier gegen wärtig, übersloß am herbstlichen Tag alles mit noch sommerwarmem Strahlenglanz; eine schöne, ruhvolle Boschwichtung legte sich daraus auf die Sinne und die Seele. Kein Lusthauch rührte die Blätter, so lag diese Einsamkeit wie immer in unbewegter Stille: einzig ein Laufkäfer lief goldgrün flimmernd über einen der Gänge, und als der langsam Umherschreitende an den Platz mit der großen schwarzen Glaskugel kam, spiegelte aus ihr ein ihm unbekannter, sich regender, kleiner Heller -Schein zurück. Den Kopf umwendend, erkannte er dann, was es sei: eine schneeweiße Katze hatte sich hereingeschlichen, stand, zum Wegsprung halb zusammengcduckt, in einiger Entfernung hinter ihm und sah ihn erwartungsvoll au» grünschillernden Augensternen an. Vermutlich lauerte sie auf einen Bogel oder eine MauS, doch war von seinem Fußtritt aufgescheucht worden: von Unwillen gefaßt, daß sie raubsüchtig den Frieden de- Gartens stören wolle, hob er einen kleinen Stein auf, warf nach ihr, und nun schnellte sic sich mit einem Satz ins Gebüsch. Fhm allein gehörte die schweigsame Welt hier, so daß er sich befugt fühlte, was seinem Empfinden in ihr zuwider lief, daraus zu verjagen: sein Weitergehen brachte ihn zur Pavillon runde, wo die Pimptnellrosen aufgeblüht waren, Büsche anderer Art dagegen zeigten noch, wie stets um diese Jahreszeit, einige allerdings nicht mehr zur Entfaltung gelangende Knospen. Unter ihnen fiel ihm heut' zum ersten Male einer auf, der ohne solche dastanb: durch vieljährige Gewöhnung hatte er sich Kenntnis der Pflan- zenmerkmale angesammelt und nahm jetzt gewahr, daß der knospenlosr Strauch nicht Blätter von der nämlichen ver turrircb-japanftcbr ffrieg. Die Operationen in -er Mantschurei. Wie Generaladjutant Kuropatkin aus Liaujang be richtet, begann eine Kosakcnabteilung am 18. Mai um 8 Uhr morgens in einer bergigen Gegend nördlich von Fönghwangtschöng ein Gefecht mit einer Abteilung der japanischen Vorhut, das bis 2*/2 Uhr nachmittags dauerte. Der Gegner wurde auf einer Ausdehnung von 20 Werst nach und nach aus vier Stellungen zurück- gedrängt. Die Verfolgung der japanischen Abteilung wurde bei Dadiandsi, etwa 18 Werst nördlich von Föngh wangtschöng, anfgegcben. Sechs Kosaken wurden ver wundet. Im Tale des Zaohe bis zu dem nach dem Tschangulinpaß, 25 Werst nördlich von Fönghwang- tschöng führenden Wege und im Tale des Aiho auf der Straße Saimadsa-Kuandiansian bis Diendsialindsa ist der Gegner nicht gesehen worden. Eine japanische Es kadron, die am 17. Mai aus Kuandiasian nach Saimadsa ausrückte, drängte eine russische Streiswache bei Chaoge, 15 Werst von Kuandiansian, zurück. Diese entfernte sich ohne Verluste. Am 15. Mai näherte sich eine japanische 2000 Mann starke Jnfanterieabteiluny Salidsaipudsa, kehrte aber eiligst nach Fönghwangtschöng zurück. Am 16. Mai wurde das Dorf Salidsaipudsa von einer ja panischen Kavallerieabteilung geräumt. lieber den Abzug und die Rückkehr der rus sischen Truppen in Niutschwang verlauten fortwährend widersprechende, verwirrende Nachrichten. du meinst, weil die ewige Seligkeit das Beste ist, Ohm Krischan. Darin muß ich dir als künftiger Pastor recht geben: aber sonst —Er wußte nicht recht, wie er seinen Satz beendigen wollte: der alte Gesell nickte einmal mit dem grauen Kops und sagte: „Fa, die ewige Seligkeit, das ist die ewige Ruh'. Laß sein." Da klang aus der Linüenholzschen Wohnung doch schon die Efscnsglocke herüber und ließ den Gerufenen bereitwillig Folge leisten. Zuweilen konnte man Christian Latwescn treffen, daß sein Reden sich anhörte, als ob's nicht ganz richtig in seinem Kops aussähe. * * * Uebrigens sah es auch im eigenen Kops Dieters heut ein bißchen verworren aus, der Tag hatte ihm mehrfach Unerwartetes und nur halb Begriffenes gebracht, dessen Zurechtlegung seinem Nachdenken nicht recht glückenwollte, und außerdem fühlte er sich, einer Angleichung gemäß, zu der ihm seine klassische Bildung verhalf, etwas wie ein Freigelassener des römischen Altertums, der zunächst nicht wußte, was er mit seiner unbeschränkten Freiheit anfangen solle. So zog'S ihn am Nachmittag mit einem starken Drang dorthin, wo er von frühauf immer einen Antäusboden für Ungewißheit oder Nkutlosigkeit in seinem Innern gefunden, und ein sicheres Borgefühl lag in ihm, er werde aus Tamms Garten anders als er hineingehe, rnit -der Aufhellung eines Dämnrerungs- zustandeS seines Empfindens zurückkommen. Während der letzten Wochen hatte die Lchulprüfung ihm keine Muße zum Besuch des Gartens gelassen, das stellte sich, als er durch die Lücke der alten Buchenhecke eingetreten, auch deutlich vor seine Augen. Seitdem er nicht mehr hier gewesen, war der Herbst buntfärbend über das Laub der Bäume und Sträucher gegangen, die Blumen lagen zu meist verwelkt oder entkräftet umgvsunken, nur die Vir- gilsastcr beendete jetzt den müden Sommerreigen. Sie stand an manchen stellen mit ihren dichtgedrängten, eigenartig grauen, bläulichen und rötlichen Schein ver mischenden Blicken noch schlank aufrecht, überall von emsigen, den letzten Honig auffuchenben Bienen um schwärmt, deren Klügelzittern die Lust mit einem ganz leisen, nur dem aufhorckxnden Ohr vernehmbar werden- den Ton durchsetzte. Dieter wußte, woher sie ihren Namen trage, daß der römische Dichter sie gekannt und in seinen Bucoltca-Gesängen »melius, wahrscheinlich nach ihrem häufigen Vorkommen an dem italienischen Kluß Mello benannt habe: darau» war dem Gymnasiasten die Vorstellung erwachsen, ste sei eine Lieblingsblume Vir- Tamms Garten. Roman von Wilhelm Jensen. Nachdruck verboten. Als Dieter heimgekommen, fragte seine Mutter, wie'S voraus zu erwarten gewesen, nicht nach dem von ihm mitgebrachten Abgangszeugnis. Sie war mit Wichtige rem in ihrem Kramladen beschäftigt, und der Tag hatte fstr sie nichts von außergewöhnlicher Bedeutung an sich, höchstens insoweit als ihr Sohn der Aussicht auf eigene Einnahme um einen Schritt näher gekommen: mit einem sonstigen Unterschied zwischen dem, was er bisher auf dem Gymnasium betrieben und was er nun auf der Universität weiterlerncn mußte, verknüpfte sie keinen Gedanken, beides lag gleicherweise außerhalb ihres Be griffsvermögens und Interesses. Bis zum Mittagessen dauerte es noch eine Zeitlang, so ging er. aus der Stubenenge wieder hinaus, nach der anderen, von dem Dorfttschler eingenommenen Halbfette des Hauses. Hier stand Krischan Lattvesen, der alte Gesell, den er ans frühester Kindheit her von immer gleichem Aussehen kannte, auf dem Kleinen Hofplatz an einem halben Dutzend von Brettern hvbelnd. Der hielt in seiner Arbeit an, wnßte, >vas sich an dem Tag für seinen jungen Hausgenossen begeben, und begrüßte ihn: „Bist du fertig mit deiner Schule, Dieter, und soll's auf den Paster zugehen? Na, laß sein." Die beiden letzten Borte fügte er fast ständig hinter etwas von ihn. Ge sprochenen drein, ohne sich bewußt zu sein, daß er damit verhochdeutscht seinen Namen wiedcrgab, denn, „lat' wesen" besagte das nämliche auf plattdeutsch, und sein Vorfahr mochte einmal nach diesem Spruch, den er ebenso im Munde geführt, seinen Namen "bekommen haben. Dieter hatte sich immer zu ilnn.Hingezogen gefühlt und von je mit dem Alten, der cs nicht weiter, als zum Ge sellen gebracht, aus vertrautem Kuße gestanden; froh gemut antwortete er: „Ja, ich bin zum letzten Male aus der Schultür herausgegangen. Was machst du da, Ohm Krischan ?" — „Was Gutes, 'nen Sarg." — ,^Fst -er was Gutes?" — ,^a, -aS »oste, was der Sobel kann. Laß sein." Das ging dem Hörer nicht ein, so daß er ent- gegnete: „Den Sarg braucht einer doch erst, wenn er — In militärischen Kreisen erklärt man sich die augen scheinlich unsicheren oder unschlüssigen russischen Be wegungen in der Weise, daß man den Zeitpunkt zum Rückzüge auf Liaojang zu spät gewählt, und dann beim Abzüge in dieser Richtung den Weg bereits von den Japanern gesperrt gefunden und deshalb wieder die alten Quartiere ausgesucht habe, in der Absicht, mit den dortigen Vorräten sich so lange wie möglich zu halten. Nach russischer Meldung sind in Niutschwang die schweren Geschütze aus den Forts entfernt und, wie es heißt, nach Haitscheng gebracht worden. Eine Feldbatterie ist in Niutschwang eingetroffen Die Russen versichern, sie würden in wenigen Tagen dort 3000 Mann haben. Die Japaner sind Herren der Eisenbahn südlich von Wafang- tien. Die russischen Abteilungen auf dem Wege zwischen Niutschwang und Wafangtien sind nur gering, sie be stehen nur aus Patrouillen. Fast alle Telegraphendrähte längs der Eisenbahn sind zerrissen: der Militärtelegraph von Niutschwang nach Port Arthur arbeitet noch, aber die Japaner lesen, wie es heißt, die auf ihr expedierten Telegramme mit Hülfe von Induktionsapparaten. „Daily Telegraph" berichtet aus Mukden vom 19. Mai: Eine starke japanische Streitmacht rückt auf Mukden in der augenscheinlichen Absicht vor, die Rück- zugslinie der Russen abzuschneiden. — Nach einer weite ren Meldung des „Daily Telegraph" aus Niutschwang machten die Russen eine geschickte strategische Umgehungs- bewegung, wodurch die vorgeschobene Stellung der Ja paner im Osten von Liaojang bedroht und die Japaner gezwungen wurden, sich auf Fönghwangtschöng zurück zuziehen. Aus Shanghai erhält der „Daily Telegraph" die Meldung, die russischen Truppen hätten Kaopantse ge räumt und sammelten sich nunmehr bei Fukurnen, 150 Kilometer nordöstlich, um dort als Stütze einer neuen russischen Operationsbasis in Kaiyuan und Tie- ling zu dienen, wo die von Liaojang und Mukden fort geschafften Vorräte an Proviant und Munition angesam melt würden. Gerüchtweise verlaute, es seien 10 000 Mann nach Kaiping vorgeschoben worden, um die Ja paner aufzuhalten, während man die Befestigungen von L.aojang verstärke. BezugS-PreiS i» der HauptrxveLitioil oder deren Ausgabe stellen abgeholt: vierteljährlich ^4 3.—, bet zweimaliger täglicher Zu ste Nu na in« Han« 8.75. Durch die Posi bezogen für Deutsch land u. Oesterreich vierteljährlich 4.50, für die übrigen Länder taut ZeitvngSpreiSlist«. MetzetN»«: Johannisgafir 8. Sprechstunde: 5—6 Uhr Nachm. Fernsprecher: 153 Vrpetzttt»«: JohanmSgasse 8. Fernsprecher: 222. KtltalerpeptNoneu: Alsr«dtzayu,BuchhundIg.,llniversitSt-str.S (Feruspr. Nr. 40461 L Lösche, Katharinen- straß« 14 (Fernsprecher Nr 2935- u. König»- Platz 7 «Fernsprecher Nr 75051 Haupt-Atltirlr Dresden: Narienstrah« 34 (Fernsprecher Amt 1 Nr. 17131 Haupt-KUtale Berlin: TarlDuackrr, Herzgl-BayrHofbuchbaodlg., Lützowstraße 10(FernsprecherAmtVI Nr.4603.) Anzeigen-Preis die 6gespaltene Petitzeile 28 Reklamen unter dem RedaktionSstrich (4 gespalten) 75 nach den Familiennach- richten 6 gespalten) 50 Tabellarischer und Ziffern!atz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Lssertenannahme 25 Extra-Beilagen gesalzt), nur mst der Morgen. Ausgabe, ohne Postbeförderung 60.—, mit Postbesörderung 70.—. Annahmeschlutz »ar «uzet,ein Abend-Ausgabe: vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: nachmittags 4 Uhr. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richte». Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet vou früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von G. Poft tu Leipzig (Juh. vr. B., R. L W. «iiukhardtl politirchr Lagerrc-au. * Leipzig, 21. Mai. Die preußische Konfessionsschule. Die Haltung der nationalliberalen Partei Preußens io der «chulfrage wird in der Presse breit erörtert, und nun ist auch noch etwas eingetreten, was den allzu staatsmännische» Parteipolikikern hoffentlich sehr unangenehm sein wird: Sie werden in den „Kerl. Pol. Nachr." verteidigt. Das Schwein- burgsche Organ rekel dabei vom „Rummel der linksnational liberalen Schwarmgeister". Wie lieblich muß Vieser Ton den Ohren der preußischen Kompromißler klingen! Unseren Standpunkt zu der Angelegenheit können wir in wenigen Worten formulieren. Wir erblicken in dem Anträge des Abgeordneten Hackender^ einen Abfall von den wesent lichsten und wertvollsten Prinzipien des Liberalismus. Die Grundsätze, von denen die Schule geleitet wird, gehören für uns nicht zu den „Dingen, die wechseln", wenigstens nicht, sofern nicht mit geologischen Zeiträumen gerechnet wird. So lange eine deutsche Kultur existiert, so lange wird es Männer geben, die gegen den Versuch kämpfen, sie „konfessionell z« durchdringen". Religion ist uns Privatsache; nicht in dem Siune der Sozialdemokratie, die damit lediglich eine verächtliche Gleichgültigteit gegen jedes metaphysische Bedürfnis aus drücken will, sondern vielmehr in demjenigen Sinne, in welchem auch Luther und Schleiermacber diesen Satz billigen könnten." Religion ist uns tiefes inneres Erleben und als solches streng geschieden von der Welt der exakte» «oo/LvLr vrdoton.) 1 > Urtoi ölMö H S4S0 > la Som- L»r»ovl: dot »o-Uim»- Ststün, ib», vov >r: ,S«c- s, ,kr<ar w/->) von >0» v»oi» »»«dnrL- vv, ,So- ?/b) voo Ouooooat
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