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02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 12.08.1903
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-08-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19030812026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1903081202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19030812
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1903081202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1903
- Monat1903-08
- Tag1903-08-12
- Monat1903-08
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Aukw8rti,e Aut- trägc nur oeaen Borausbetaliiung. veleoblittler werde» mit lo Pta. berechnet. Sernlvrechantchlub: Rslläv L ILubried -- l Kn lcg! esc KM X Vai8vnIlLU88lrL88v 27. «r. 222. Littst»,l' Eisenbahnunglück in Paris. Neueste Dmhtberichte. .s ' VPttssU. Verhandlungen. „Fra Diavolo". ! Mittwoch, 12. August 1803. Wir machen unsere teser in den Vororten besonders darauf aufmerksam, daß die Abendausgaben "L» unseres Blattes, welche ihnen noch an demselben Tage zugestellt werden, zum Unterschiede von anderen Dresdner Abendblättern, «Ik bis »MiliG l »hi Mckiiüe» iMligni Mckitiittii«»«Dttstkli ml! Wslüiiris. einschließlich der Berliner Börsenberichte, enthalten. Eisenbahnunglück in Paris. Paris. Im Stadl bahntunncl ist gestern abend ein Zug in Brand geraten. Zahlreiche Personen sind durch Rauch erstickt. Bis heute morgen 6 Uhr wurden 56 Leichen heraus geschasst. darunter 44 meist dem Arbeiterslande angehörcndc Männer, sonne 10 Frauen und 2 Kinder. — Ein weiteres Tele gramm meldet: Ein leerer Wagen eines Stadtbahnzuges im Pariser Stadtviertel Menilmantanl sing abends Feuer, wodurch die elektrische Beleuchtung verlöschte. Ter folgende Zug. angcsiillt mit Reisenden, muhte wegen des Feuers und Rauches anhalten. Tie Reisenden fluchteten, aber der Rauch war so dicht, daß viele erstickten. Dichter Rauch entströmte dem Bahnhose, um den eine beträchtliche Menge sich angesammclt hatte. Föns Personen, die dem Ersticken nahe waren, wurden gerettet. Nach Angabe der Feuerwehrleute stehen in dem Tunnel drei ausgebrannte leere Waggons und ein vierter, der mit Toten angcfüllt ist. Des Weiteren liegen folgende Meldungen vor: Hegen 8 Uhr abends ging ein leerer Zug, der einen anderen leeren Zug schleppte, nach der Wagenremise der Place de la Nation. In der Nähe der Station Mönilmontant gerieten diese beiden Fuge in Brand. Der Maschinist und das übrige Zugpersonal konnten sich jedoch rechtzeitig retten. In demselben Augenblicke tras aber ein mit zahlreichen Reisenden besetzter Zug aus der Station Conronnes ein. 'Der Maschinist dieses Zuges stopple, da die Linie blockiert ivar. Sofort war der Zug in dichten Rauch gehüllt, und cs entstand eine furchtbare Panik unter den Reisen- «1. besonders, als nach ein bis zwei Minuten das elektrische Licht erlosch Die Reisenden, über 200 an der Zahl, suchten einen Aus gang. Das Bahnpersonal bemühte sich zwar, den Reisenden einen Weg zu zeigen, aber es scheint, dah es sich wegen der ent- "blichen Verwirrung kein Gehör verschaffen konnte. Die Rettung war wegen des den Tunnel füllenden dichten Rauches ungeheuer schwierig. Es vergingen Stunden, ehe die Feuerwehr in den Tunnel eindringen konnte. Anfangs glaubte man, daß niemand das Leben emgebüßt habe. Gegen Mitternacht verbreitete sich jedoch das Gerücht, daß von den 200 Reisenden sich kaum die Hälfte habe retten können und die übrigen Reisenden erstickt seien. Der verwundete Maschinist des in Brand geratenen Zuges er klärte, er glaube, oer Brand sei dadurch verursacht worden, daß sich ein Metallbestandteil von dem Motorwagen gelöst habe und auf die Schienen gefallen sei, wodurch ein Kurzschluß entstanden sei. Tie Gnttopcrchahülle der Lcitungsdrähte habe sich entzündet und der Holzboden des Wagens habe Jener gefangen, das rasch um sich gegriffen bade. Bis 7 Uhr früh sind 82 Tote aus dem Tunnel geborgen, darunter 61 Männer, 17 Frauen und 4 Kinder. Ter Polizei präfekt erklärte, es befänden sich noch Leichen im Tunnel: er schätzt die Zahl der Ilmgekommenen auf 90. Die aus dem Stadtbahn tunnel heransgcschafsten Leichen sind schrecklich entstellt, von Rauch geschwärzt und deuten aus einen schweren Todeskampf- Schrecken erfüllt die große Menge, die den Tunncleingang umsteht. Im ganzen sind bisher 84 Leichen aus dem Tunnel zu tage gefördert. Die meisten Verunglückten hielten krampshast das Taschentuch in der Hand. Ihre Gesichter waren rot aufgedunsen und von dem heißen Dampf versengt, der noch in den Morgen stunden den Tunnel erfüllte und das Arbeiten der Feuerwehr erschwerte. 40 Opfer wurden in die Morgue gebracht, 44 in die Kaserne de la Eitä. Von der ungeheuren Volksmenge, welche sich schon den ganze» Morgen vor den Zugängen der Morgue und der Kaserne de la Eita drängle, werden Gruppen von je zehn Personen in die Säle eingelassen, wo sich herzzerreißende Szenen abspielen. Um 10 Ubr waren mehrere der Opfer von ihren An gehörigen wieder erkannt. Der Polizeipräsckt traf alsbald per sönlich in der Morgue die nötigen Anordnungen für die Beerdigung der rekognoscierten Leichen. Gegen IOV2 Uhr erschien Minister- Präsident Eombes in Begleitung des Polizeipräsckten Löpine in der Morgue und dann in der Kaserne de la Eitö. Neueste Drahtmeldnngen von: 11. August. Helsingb 0 rg. Der Kaiser an Bord der „Hohenzollern" Passierte heute früh den Öresund mit den Begleitschiffen „Nymphe" und „Slcipncr". Kronborg wechselte Salut. Breslau. Die KaiIer > n ist heule vormittag 9 Uhr nach Posen abgercist. Zur Verabschiedung hatten sich ans dem Bahn- Hofe eingesundcn der kommandierende General von Woyrsch, Ober vräsidialrat Michaelis, der Schloßhauptmann Graf von Carmer, sowie der stellvertretende Polizeipräsident Regierungsrat Degner. Polen. Die Kaiserin ist um 11 Uhr vormittags hier eingetroffen und am Bahnhöfe von dem kommunoierenden General v. Stülpnageh dem Fcstuiigskommandanten Hoher v. Rotenhelm, dem Oberpräsidenken v. Waldow, dem Regierungspräsidenten v. .Hellmann und dem ersten Bürgermeister Wilms empfangen worden. Die Kaiserin unternahm sofort eine Rundfahrt durch die Stadt, insbesondere durch die vom Hochwasser betroffenen Stadt teile. Dem Wagen der Kaiserin voraus fuhren der Polizeipräsi dent und der erste Bürge,meisier; dann folgte die Kaiserin mit der Palastdame Gräfin Keller und dem Oberpräsidenten- Im dritten fahrt durch die Stadt begab sich die Kaiserin zum Frühstück nach dem Generalkommando, auf dem ganzen Wege von der Bevölke rung jubelnd begrüßt. Um 3Vs Uhr fand eine Sitzung des Provinzialhilfskomitees und des Vorstands des Vaterländischen Frauenvereins statt. Swinemünde. Heule früh sind im Hafen, nahe dem Bollwerk, ein Fischer aus Ahlbeck und sein Sohn ertrunken. Letzterer war vom Docstegel über Bord geschleudert worden, und der Vater war ihm nachgcsprunaen, um ihn zu retten. Thorn. Der Feuerwerks-Leutnant Beutel vom Artillerie- depot Maricnburg wurde während eines schweren Gewitters auf dem hiesigen Schießplätze mit seinem Pferde vom Blitz er schlagen. Wien. Der Deutsche Verein für Thon-, Cement- und Kalkindustric, etwa 300 Personen, darunter viele Tomen, der zur Besichtigung der Stadt und von Werke» in der Umgebung hier cingetrosscn ist, wurde heute abend im Rat banse durch de» Vizebürgermeisler Strohdach feierlich beprüßi. Bei dem Festmahl, das sich anschloß, brachte Vizebürgermeisker Strohdach einen begeistert aufgcnoiiimcncn Trinklvruch ans die verbündeten Monarchen. Kaiser Wilhelm und Kaiser Franz Joses, aus. Der Vorsitzende des Vereins dankte mit einem Trinksprnch ans Wien. An den denischen »nd österreichischen Kaiser wurden Huldiguiiastelegrciinme abgcsandt. Ischl. König Kar 01 von Rumänien ist um 10 Uhr vor mittags nach Gastcin abgcreist. R 0 in. Als der Papst heute morgen vor einer großen Zabl Andächtiger die Messe zelebrierte, wurde er infolge der schlechten Luft, die i» der ungenügend gelüsteten Kapelle herrschte, von einem leichten Unwohlsein befallen, konnte jedoch nach einer kurzen Ruhe die Kapelle verlassen und ln seine Gemächer zurückkehre». Ein Arzt aus Venedig, der zugegen war, stellte fest, daß es sich nur »in ein vorübergehendes Unwohlsein handelte, das von den Anstrengungen der letzten Tage herrühre. Rom. Heute früh kurz »ach 5s>> Uhr wurden in Bari zwei wellenförmige Erdstöße verspürt, deren zweiter der stärkere war. Auch in Milazzo, Messina, wurde das Erdbeben wahrgcnommen. In Syrakus erfolgte 5 Uhr 38 Minuten früh ein Erdstoß mit dumpfem Getöse, dein drei Minuten später ein zweites, mehrere Sekunden anhaltendes Beben folgte. Auch in Taranto, Stabio und Eastellainarc wurden heute früh Erdstöße verspürt. Fortwährend lausen Meldungen von Erdbeben ein, so aus Scgni und der gaiizen Provinz Lccce. Rom. Aus Neapel. Catania und säst dem ganzen ösüichcn Sizilien werden Erderschütt er» »gen gemeldet. In Mineo sProvin^ Catanias liefen die Bewohner schreiend auf die Straßen. Einiae Häuser wurden beschädigt. Petersburg. Ein Telegramm des russischen Botschafters in Konslantinopel vom 9. d. M. meldet: Aich Befehl des Sultans erschien Prinz Achmed Effendi, ein S-ohn Abdul Hamids, in der russischen Botschaft, um die tiefe Bestürzung und das Be dauern auszudrücken, welches die Ereignisse in Mo-nastir beim Sultan hervorgerufen hätten. Der Prinz ersuchte den russischen Botschafter, de» erneuten- Ausdruck dieser Gefühle zur Kenntnis des Kallers zu bringen. K 0 n st antin 0 p el. Nach Berichten aus Saloniki verlautet daselbst, daß sich die Telegraphen, und Bahnbeschädiguugen wieder holt haben und daß die mit der Reparatur beschäftigten Arbeiter bedroht werden. 'Der Zuzug zu den Insurgenten dauert fort. Viele junge Bulgaren werden vermißt. Die Banden äschern die Ernte ein. General-Inspekteur Hilmi-Pascha und der Oberbefehlshaber Omer Ruschdi -Pascha haben Saloniki in der Richtung nach Monastir passiert. Konstantlnopel. In Monastir ist daS Standaeri 4 t ziilammengetreten, um den Mörder Halim und seine Komplizen abzuurteilen. Der zum interimistischen Bali von Monastir er nannte General Hussein Hilmi Pascha wird auch seine Stellung als Generalinspekteur behalten. Sidneu. Drei deutschen Zimmerleuten, die mit dem Danipser „Gera" des Norddeutschen Lloyds hier eintrafen und der Chillagon-Eompany vertraglich verpflichtet sind, wurde die Erlabnis zur Landung untersagt, folaMe die Untersuchung darüber schwebt, ob sie geübte Arbeiter im Sinne der Aste sind, die geübte Arbeiter, die bereits vor ihrer Ankunst in Australien einen Arbeitskontrakt mit einer australischen Firma abgeschlossen haben, von der Landung ausschließt. GuenosAyres. Der hiesige deutsche Gesaitdte v. Wangen- heim ist gestorben. OertlicheS und Sächsische». Dresden- 11. August. —* Se. Majestät der König hat der Tochter des Direktors der Ingenieurschule in Zwickau, Irl. Kirchhofs, welche Sr. Majestät beim Besuche der Jngenicurlchule eine Blnmenspende überreichte, eine goldene Brosche mit Nomenszug und Krone übersenden lassen. — Aus gleicher Veranlassung ging der lOiährigen Johanna Klein stück, Tochter des Kantors Klrinstück in Lichtensee. im Auf träge des Königs durch das König!. Kämmereramt ein goldenes Kunst und Wissenschaft. f* König! Hofover. Nachdem der Venusritter Tannlikiuser den Spielplan »ach sechswöchentlicher Panfe wieder eröffnet, er- i'chien gestern als zweiter, ans der Sommerfrische Heimgekehrter, der elcgaitteste und liebenswürdigste aller Räuberhauotlente, Anders -Fra Diavolo". Aber auch er ivar. gleich seinem Vor- kiüiigcr. wie aus einigen leicht bemerkbaren Schwankungen in den Loli und im Ensemble hervocging, im Geiste und Gedanken noch mehr in den Ferien als aus der Bühne, so daß eine völlig ab gerundete Vorstellung nicht ganz zu stände kam. Im allgemeinen durste man indes mit dem Abende zusrieden sein, denn vor allem war es die König!. Kapelle unter Hoslavellmeister Kutzschbach, die des graziöse Werk mit Bravour und spielender Leichtigkeit bewäl tigte. während die Damen Nnst. v. Chavanne, sowie die Herren Gieder. Erl und Wächter in ihren gewohnten Rollen der Zerline. der Lady und des Lord und dem unverwüstlichen Räuberpaare meist vollkommene und brillante Spielovcrtypen darboten. Neu im Ensemble war Herr Otto, der sich in der Titelrolle als jüngstes Hofopcrnmitgltcd vorstellte. Seine Begabung zur Bühne hat er gelegentlich seines Gastspiels als Turriddu und Manrico gleich vorteilhaft schätzen lassen, wie die starken und unverkenn baren Schwächen klar bervortratcn. Zweifellos verfügt er über Mittel, die der Beachtung wert scheinen, die vorläufig aber als hcrvoiragcnd nicht zu bezeichnen sind. Jedenfalls ist die Stimme noch nicht genügend ousgcbildet; sie klingt dick und schwerflüssig und entbehrt des Glanzes und Schmelzes, die man besonders an einem Fra Diavolo nur schwerlich misse» kann. Wohl hört man in Herrn Otto einen Sänger mit scheinbar genügendem Organ, aber mit einer Stimme, die. stark von baritonalem Beiklang be einflußt und mit etwas gutturalem Schatten belegt, von keiner ausgesprochenen Art ist. Aus diesem Glinide spricht das Organ im Piano auch nur schwer und schwerfällig an und entbehrt der Leuchtkraft und der Tragfähigkeit im Ensemble. Wie weit hier eine VewollkommiiiUig zu erzielen sein wirb, mag die Zukunft lehren, vorläufig klingt die Stimme ziemlich reizlos. In der Dar stellung gibt Herr Otto noch viel zu viel ans Aenkerlichkeiten. auf «ne scheinbar schnell angelernte, der natürlichen Charakterisierung nicht geeignete Mimik und Gestik, die. wie es namentlich im Spiel während der Szene und Arie des dritten Aktes bemerkbar wurde, eher an das Operetlenhaste, als an das feine Spielover genre gemahnt. Infolgedessen ging die Eleganz, die Ritterlich keit und Noblesse der Figur, die gerade in diesen Eigenschaften aus das Stärkste hervorzutreten hat, nicht unwesentlich verloren. Man kann daher nur wunschcn. daß Herr Otto tn Zukunst mehr hält, als er gegenwärtig verspricht. ü. 8t. -f* Die Dresdner Liedertafel ist wieder ohne Dirigen ten, da der bisherige Leiter Herr Tonkünster Werschinger die Niederlegung seines Amtes schriftlich und ohne jede Be gründung dem Vorstände angezeigt hat. ch* 'Der Majestätsbeleidigungsprozeß gegen T 0 lst 0 i. Zu der morgen vor der Fericnstrastammer inLeipzig stattfindendcn Verhandlung wegen der in einer russischen Aus gabe der Tolstoischen Schrift „Du sollst nicht töten!" enthaltenen Beleikiguna Kaiser Wilhelms II. telegraphiert dein „B. T." ein Leipziger Korrespondent: Es handelt sich in dem Prozeß nur um ein sogenanntes objektives Strafverfahren, das heißt, der Prozeß endigt nicht mit einer Freisprechung oder Verurteilung eines Angeklagten, fondern lediglich mit der Frei gabe oder der Einziehung und Unbrauchbarmachung der frag- sichen Druckschrift. Der Leipziger Verleger Eugen Diederichs, in dessen Händen nicht das Verlagsrecht dieser Ausgabe der Tolstoischen Broschüre, sondern allein die Generalvertretung des Tschertkowschen Verlags der russischen Originalausgabe liegt, kommt als Angeklagter nicht in Frage, sondern lediglich als „Ein ziehungsinteressent": dos heißt, er hat sich unter Umständen ge fallen zu lassen, daß die in seinen Händen befindlichen Exem- plare der Broschüre konfisziert werden. Die Abschnitte der russischen Ausgabe der Tolstoischen Broschüre, die das Verfahren veranlaßt haben, beziehen sich aus die Wilhclmshavener Rede Kaiser Wilhelms bei der Verabschiedung der China-Truppen, ins besondere auf die Aeußerung: „Pardon wird nicht gegeben!", und außerdem auf die bekannte Berliner Rekrutenvereidigungsrede, in der der Kaiser es- als Pflicht der Soldaten bezeichncte, im Not- falle auch auf Vater und Bruder zu schießen, um den König zu schützen. Herr Diederichs vermochte dem Untersuchungsrichter den Nachweis zu liefern, daß er der russischen Sprache ganz und gar nicht mäcksiig sei und von dem Inhalt jener Abschnitte also keine Kenntnis haben konnte. — An Leipzig vermutet man, daß die Einleitung des Verfahrens auf eine Denunziation strebsamer russischer Diplomaten in Berlin zurückzusühren ist. Zur Geschichte der Ansichtspostkarte. Schon zu Anfang des vorigen Jahrhunderts konnte man die Vorläufer der heutigen Ansichtspostkarte finden, die in Gestalt von Stamm- und Gedcnkbnchblättern aus Knpferdrnckpapier verkauft wurden. Ein Verleger, Mederhold in Göttinnen, »vor auf den Gedanken gekommen, von den Hauptstädten und ven schcnswürdig. sten Punkten Deutschlands eine größere Serie Bilder, etwa in Form unserer Postkarten, in der Art unfertigen.zu lassen, daß auf ihnen noch Raum zum Beschreiben frei blieb. Diese Karten wurden mit einer Widmung versehen und bei Gelegenheit den Freunden oder Verwandten als Andenken überreicht. Durch die Post konnten die Blätter als Karten nicht versandt werden, sie mußten in einein Umschlag mit Adresse der Post übergeben werden. Dies waren die Vorläufer der Ansichtspostkarte, diese selbst wurde im Jahre 1875 zuerst gedruckt. Der Ursprung der Karte ist interessant. Der Oldenburger Kalender „Der Volksbotc" hat den wohlbcgrnndctcn Anspruch er hoben, der Erfinder der Ansichtspostkarte zu sein, und es ist ihm sogar möglich, genau den Tag zu nennen, an dem die erste derartige Karte das Licht der Welt erblickte, es war der 7. Oktober 1875. Die Veranlassung dazu gab eine Rbeinrcü'e, die der Hofbuchhändler und Herausgeber des „Volksboten A. Schwartz mit dem Pfarrer Rüth ge aus Pleizenhoim und Bonkdircstor Lüpke aus Meiningen machte. Eines Tages unternahmen sie eine Fahrt, auf dem Dompstr „Germania", bei ' ^ ^ ' seine Maschine untauglich gesetzt werden mußten. A mächtigen Pfirsichbowle in heiterster Stimmung gefeiert und zur Erinnerung an diese fröhlichen Stunden der nach dem guten Eng- höllcrwein genannte „Enghöllerbund" gestiftet und verabredet, in regelmäßige Korrespondenz miteinander zu treten. Aber nur Herr Schwartz hielt Wort, so daß er. um von seinem geistlichen Freunde eine Antwort zu erhatten, auf die originelle Idee kam, aus einem nr Postkarte hergcrichtcten Karton einen Abzug von einem kleine» ssubltzschen Originalholzschnitt, der im „Volksboten" das Lied „Fnnstnalhundcrttaiisend Teufel" illustrieren sollte, machen zu lassen und mit einer lateinischen Mahnung versehen, am 7. Oktober 1875 seinem Freunde zu übersenden. Was alle vorher obgesondtcn Mahnungen nicht vermocht hatten, erreichte diese. Sofort erhielt der Erfinder dieser hübschen Idee eine Antwort, in der ihm volle Anerkennung ausgesprochen wurde. Herr Schwartz ließ nun aus feinen Holzschnittvorräten eine Serie von 25 Abzügen zusammen- stellen, die im Herbste im Handel erschien und der im nächsten Friikjahre eine zweite z»m Preise von 50 Psg. folgte. Es waren dies also die ersten >m Handel vorgekommenen Anfichts- Postkarten. Fünf Jahre vorher hatte der Verleger Schwartz ein- mal schon eine ähnliche Karte mit einem steinen Solbatenbildchen und einem launigen Berschen an seine Schwiegereltern in Magde burg, wo diese sich kurze Zeit aushielten, gesandt. ,Eine sogenannte Bilderpostkarte, eine mit einer Handzeichnuna verichene Karte, wie ähnliche nachiveislich vom Kriegsschauplätze 1870/71 mit humoristischen Handzeicknungen schon verschick worden sind, hatte Herr Schwartz zur Zeit des Krieges einmal al» -Bier-
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