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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 15.04.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-04-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070415020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907041502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907041502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-04
- Tag1907-04-15
- Monat1907-04
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Umgebung die «gespaltene Petitzeile 25 Pf^ finanzielle An zeigen 30 Pf., Reklamen 75Ps.; von auswärts 30 Ps., Reklamen 1 M.; vom Ausland 50 Ps., sinanz Anzeigen 75 Pf., Reklamen 1.50 M. Inserate ».Behörden im amtlichen Teil 40Pf. Beilagegebühr 4 M. p. Tausend exkl. Post gebühr. GeschästSanzeigen an bevorzugter Stelle im Preise erhöht. Rabatt nach Taris. Frstrrteilte Aufträge können nicht zurück- gezogeu werden. Für das Erscheinen an bestimmten Tagen und Plätzen wird keine Garantie übernommen. Anzeigen - Annahme: AugustuSplatz 8, bet sämtlichen Filialen u. allen Annoncen- Expeditionen des In- und Auslandes. Haupt-Filiale Berlin: EarlDuncker.tzerzgl-Baqr-Hosbuchhandlg., Lützowstraße 10 (Tel. Vl, 4603). 101. Jahrgang. Vas Neueste vom Lage. (Di« nach Schluß der Redaktion eingegaugeneu Depeschen stehen auf der L. Sette des HauptblatteS^ MtntsterkrisiS in Vaden? AuS Karlsruhe wird uns geschrieben: Bon einer „latenten Ministerkrisis in Baden* wissen die „Leipz. Neuesten Nachrichten* gar seltsame Dinge zu künden, denen unverdientermaßen auch in badischen Blättern Be achtung geschenkt wird. Unter scharfen Ausfällen auf den Ministerpräsidenten Freiherrn v. Marschall wird da erzählt: Herr Dr. Schenkel, der letzte liberale Minister, müsse seine „verdienstvolle, ausgezeichnete VerwaltungStätigkeit* vorzeitig beschließen nud werde durch den gemäßigt konservativen Ober direktor des Wasser- und Straßenbaus Freiherrn Heinrich v. Bodman ersetzt werden. Vielleicht falle auch der Staats minister Freiherr v. Dusch, worauf dann Freiherr v. Mar schall zum Staatsminister reif sei. Als Iustizminister käme entweder Ministerialdirektor Hübsch oder auch Freiherr ».Marschall in Betracht. Im letzteren Falle dürste der badische Gesandte in Berlin Graf Berckheim Minister des Auswärtigen und BerkehrSminister werden. Wie wir auf Grund bester Informationen mit Bestimmtheit versichern können, handelt es sich hier lediglich um ein Phautasiegebilve. Vater des Gedankens ist Wohl der Wunsch gewisser preußischer Agrarierkreise, denen Herr Dr. Schenkel aus verschiedenen Gründen unbequem ist, neuerdings u. a., weil er in der Frage der Schiffahrtsabgaben im wohl verstandenen Interesse des badischen Landes nicht diejenige Gefügigkeit betätigt, die von Berlin aus gewünscht würde. Darum der scheinbar zugunsten deS Herrn Dr. Schenkel ein tretende Krisenartikek, ausgerechnet in dem Organe des Herrn Dr. Liman, das schon so häufig als Ablagerungsftäte ge hässiger Angriffe gegen den badischen Hof gedient halt.* Wechsel in der Münchner Nuntiatur? Monsignore Caputo, päpstlicher Nuntius in München, wird in Rom erwartet. Es heißt, er soll abberufen werden und ein Bistum erhalten, da er sich in der Diplomatie wenig fähig gezeigt habe. Die preußische Mädchenschulreform. Im preußischen Abgeordnetenhaus erklärte heute Kultus minister Dr. v. Studt: Ich habe dem hohen Hause eine Mitteilung über die geplante Reform der höheren Mädchen schulen zu machen. Schon am 23. und 24. Januar ist hier über eine Sachverständigenkonfcrenz gehört worden, die den Plänen der Verwaltung zu meiner Freude zugestimmt hat. Im Lehrplan soll auf die Verstandesbildung mehr Gewicht gelegt werden durch größere Betonung der Grammatik und der Mathematik. Die Fortbildungsanstalten sollen direkt an die Lehrpläne der höheren Lehranstalten anschließen. Im Lycenm soll Hauswirtschaftslehre und Kinderfürsorge gelehrt werden. Das sind für die Mädchen neue Unterrichtsgegen stände. Am Schluß des vierten Jahres soll die Abschluß prüfung stattfinden. Eine neue Prüfungsordnung soll den Lehrgang abschließen. Eine Erleichterung für die Universi tätsbildung konnte aber nicht gegeben werden. Wir hoffen, in der Frage der Mädchcncrziehung einen guten Schritt vorwärts zu kommen. Nationalliberaler Zentralvorstaud. Der neu gewählte Zentralvorstand hielt gestern seine erste, sehr zahlreich besuchte Sitzung ad, der auch der Senior der Partei, Abgeordneter Exzellenz Hobrecht, beiwohnte. Nach den ernstlichen Bc- grüßungsworten des bisherigen Vorsitzenden Bassermann konstituierte sich der Zentralvorstand. Durch Zuruf wur den die bisherigen Vorsitzenden: Bassermann (1. Vor sitzender!, Dr. Friedberg als besten Stellvertreter und Dr. G e i g e r - Erlangen wiedergcwählt. Die Wahl des Geschäftssührenden Ausschusses ergab die Wiederwahl der bisherigen Mitglieder: Abg. Bartling, Abg. Dr. Blankenhorn, Generalsekretär Breithaupt, Abg. Frhr. Hehl zu Herrnsheim, Abg. Dr. Hieb er, Abg. Junghenn- Hanau, Abg. Dr. Krause, Abg. Graf Oriola, Abg. Dr. Paaiche, Abg. Schiffer, Abg. Dr. Semler und Geheimrat Simon. Dem Geschäftsführen- dcn Ausschuß gehören weiterhin an die drei Vorsitzenden des Zentralvorstand-s: Bassermann, Dr. Friedberg und Dr. Geiger-Erlangen. Alsdann erfolgte die Zu wahl einer Reihe vorgeschlagener Herren aus den Landcs- und Provinzialorganisationen in den Zentralvorstand. An der Diskussion über den zweiten Punkt der Tagesordnung: Organisationsfragen und Erledigung darauf bezüglicher Be- schwerden beteiligten sich die Zentralvorstandsmitglieder Professor Dr. Leidig, Dr. Fischer, Abg. Dr. Fried berg, Oberbürgermeister Dr. Struckmann, Dr. Kahl, Dr. Vogel, Abg. Prinz Schönaich-Car ol ath, Abg. Schmieding, Calmann, Regierungsrat Dr. Poens- gen, Abg. Bassermann, Schäfer, Abg. Dr. Hieber und Abg. B e ck - Heidelberg. Angenommen wurde, wie schon kurz gemeldet, der Antrag des Geschäftsführenden Aus schusses: „Der Zentralvorstand spricht die Erwartung aus, daß nationalliberale Vereine, insbesondere Arbeiter-, Jugendvereine usw., nicht ohne vorheriges Benehmen mit der Organisation des Reichstagswahlkreises und ihrer be reits vorhandenen lokalen Organisationen begründet wer den." Andere Anträge wurden dem Geschäftsführenden Aus schüsse zur weiteren Behandlung überwiesen oder zurück gezogen. — Ehe die Versammlung zum 3. Punkt der Tages ordnung: Jahresbericht, überging, widmete der Vorsitzende Bassermann dem dahingeschiedenen Mitgliedc des Zentral vorstandes, dem 90jährigen Veteranen der nationalliberalen Partei, Geheimrat Tomrich, einen warm empfundenen ehrenden Nachruf. Der Jahresbericht bietet eine erschöpfende Darstellung oer regen Tätigkeit, die die nationalliberale Pariei im verflossenen Jahre 1906 entfaltet hat. An der sich an den Jahresbericht anschließenden politischen Aussprache beteiligten sich die Herren Professor Moldenhauer, Dr. Becker (Hessen), Abg. Dr. Hieber, Abg. Haar mann und Generalsekretär Peter. Mit dem Dank für die opferwillige Tätigkeit des Zentralvorstandes und der Partei schloß Abg. Dr. Friedberg (als stellvertretender Vor sitzender! die Tagung. «aeta. Alle italienischen Blätter bringen überaus sympathische Artikel zu der bevorstehenden Begegnung des Königs Viktor Emanuel mit König Eduard und sprechen dabei zum Teil die Erwartung aus, daß diese Zusammenkunft das Geaen- I stück zu den Konferenzen in Rapallo bilden möge. Der Be ¬ gegnung der Könige wird auch der Minister des Aeußeru, Tittoni, beiwohnen. — Damit ist der politische Charakter der Begegnung mit hinreichender Deutlichkeit ausgesprochen. Es wäre ja auch lächerlich, mit übergroßer Geflissent- lichkeit einen familiär-intimen Charakter in den Vorder grund rücken zu wollen. Andererseits wirkt die nervöse Aengstlichleit, mit der in Deutschland vielfach die Reisen deS Königs Eduard verfolgt werden, auch nicht gerade herz erfrischend. Wir glauben, daß die italienische Politik vorder hand festgelegt ist, und daß Treulosigkeiten, wie zu Algeciras, nicht wieder vorkommen werben. — Daß es in Italien viele Gegner des Dreibundes gibt, ist nicht von heute. Auch gestern hat sich wieder einer laut gemacht. Eine dreibundseindliche Rede hielt der radikale Abgeordnete Rocussie, Direktor des „Secolo", vor seinen Wählern. Er unterzog die auswärtige Politik Italiens einer scharfen Kritik, erklärte seine Sympathie zu dem Vorgehen Clemenceaus in Frankreich und drückte sein Bedauern aus über die mißliche Lage, in welcke Italien durch sein Verhältnis zum Dreibund geraten sei. Vor allem sichere der Dreibund keineswegs Italien gegen die Gefahr der österreichischen Politik, ebenso wurde der allseitig zu billigende Vorschlag Englands auf Einschränkung der Rüstungen von Deutschland bekämpft, wie ja der Deutsche Kaiser der Religion der Kraft huldige. Tittoni habe trotz seines von der Kammer gegebenen Versprechens nach der Unterredung in Rapallo sich entschlossen, dem deutschen Standpunkt beizutretea, zur Schmach für die Politik Italiens. — Es ist bedauerlicb, daß der Telegraph das Gewäsch jedes obskuren Oppositionsredners überhaupt wiedergibt. Finnland. Die russische Regierung ist beunruhigt wegen der poli tischen Lage in Finnland. Der von Revolutionären ein geleitete Waffenlchmuggel bat so große Dimensionen ange nommen, daß Blockaden beschlossen worden sind. Der General gouverneur von Finnland ist in Petersburg eingetroffen, um Bericht zu erstatten und neue Instruktionen zu empfangen. — Es ist recht bedauerlich, daß die so sympathische nationale Bewegung Finnlands jetzt in das sozialdemokratische Fahr wasser hineingerät. Ter FriedenSzustand iu der Mantschurei ist völlig hergestellt. Die Räumung der Mantschurei durch die russischen uud japanischen Truppen ist beendet, nur Ersen bahnwachen sind noch dort. Die chinesische Verwaltung ist wieder eingeletzt. Chinesische Truppen wurden nach Heilung- kiaug entsandt, um die bisherigen russischen Truppen zu er- letzen. Man beabsichtigt, dorthin eine beträchtliche Anzahl gut ausgebildeter Truppen zu stationieren. Japanische Flotte. In Kure ljapanische Provinz Hiroschimcfi ist heute das neue Schlachtschiff „Aki" glücklich vom Stapel gelaufen; es heißk, daß es mit Turbinen ausgestattet fei. Selbstmord. Der Inhaber der Leipziger Bankfirma Schnoor L Co., Paul Gerhardt, hat sich entleibt. Näheres im Han delsteil. poliliscves. Falsche Tlüposittoncu. Die „Konservative Korrespondenz* kritisiert eine Aeußerung des Abg. Bassermann über eine etwaige Vertagung der Session. Die Darlegungen des Abg. Bassermann gingen nun dahin, daß er zunächst beklagte, daß keinerlei sozial politische Gesetzentwürfe iu dieser Session vorgelegt sind. Er dachte dabei an die vielen neuen Abgeordneten, welche tatendurstig und arbeitslustig in den Reichstag eiutrateu, und nun ihre Tage dahiufließeu sehen, ohne sich in Kommissionen betätigen zu können; die Kritik dieser Abgeordneten ist keine freundliche, uud mit Recht. Wie denkt die Regierung die Erledigung der großen Serie von Gesetzen, welche angeküudigt worden sind? Vor November tritt der Reichstag nicht wieder zusammen, dann ergießt sich systemlos ein Füllhorn von Gesetzentwürfen über daS Haus, und kaum ist dann die nötige Anzahl von Kom missionsmitgliedern aufzutreiben. Der Staatssekretär be klagt, daß der Reichstag das von ihm vorgelegte Material nicht erledigte; aber daran trägt doch eine falsche Disposition die Schuld. Mindestens ein Teil der Gesetze, die in den Kommissionen der vergangenen Tagung schon durchberaten waren, konnte vorgelegt, nach erfolgter erster Lesung an die Kommissionen verwiesen und für die zweite Lesung im Plenum vorbereitet werden. Mit diesen zwei Lesungen konnte im Oktober oder November der Reichstag beginnen. Allerdings, dann müßte statt Schluß eben Vertagung ein treten. Das scheint nun nicht beliebt zu werden, und wenn dabei die Fortdauer der Freifahrt der Abgeordneten infolge eiugetretrner Vertagung eine Rolle spielen sollte, so hat Abg. Bassermann diesen Gesichtspunkt als einen kleinlichen bezeichnet. Es ist sehr bedauerlich, daß an dem Widerspruch der verbündeten Regierungen die Ausdehnung der Freifahrt auf daS ganze Jahr gescheitert ist. Es würde wohl nur von Nutzen sein, wenn Vie Abgeordneten in ihren Ferien sich beispielsweise den Osten unseres Vaterlandes ansehcn und ihre Kenntnis dadurch zu bereichern vermochten. Wie falsch disponiert wird, beweist, daß die Beamten versorgungsgesetze noch in dieser Session zur Vorlage kommen und doch wohl auch verabschiedet werden müssen; ein Schluß der Session vor Pfingsten ist demnach ausgeschlossen, und doch läßt man dann die vielen Wochen, welche in Kom- missionsberatuvgen ausgenützt werden konnten, ungenützt ver streichen. * t-ll Die Kiautschau-Tenkschrist, die dem Reichstage am Sonnabend zugegangen war, behandelt die Entwicklung des Kiautjchaugebictes vom 1. Oktober 1905 bis 1. Oktober 1906. Nach dieser Denkschrift nahm die Entwicklung des Schutz gebietes einen ruhigen und stetigen Fortschritt. Die Kolonie fielst im Zeichen des wirtschaftlichen Aufschwunges, was man in erster Linie der Verwaltung zu verdanken hat, die nicht sprunghaft, sondern gleichmäßig und stetig in ihren Maß nahmen vorging. Erfreulich ist auch das Zusammenarbeiten der staatlichen Organe mit den Vertretungen der wirtschaft- lichcn Interessengruppen. Die Einnahmen sind um 37 Pro;, von 1001170 auf 1370 485 Zl gestiegen, der Wert des Tsingtauer Handels von 32,4 auf 39,4 Millionen Dollars. Der Schiffsverkehr von Tsingtau hat um 56 000 Tonnen zu- Feuilleton. i Es ist besser, es geschehe dir unrecht, als die > Welt sei ohne Gesetz. Deshalb füge sich jeder > dem Gesetze. d Gott, wenn wir hoch stehen, ist alles; stehen > » wir niedrig, so ist er ein Supplement unserer > Armseligkeit. ! » l Ich denke immer, wenn ich einen Druckfehler ! sehe, es sei etwas Neues erfunden. > * > > In jeder großen Trennung liegt ein Keim von > i Wahnsinn; man muß sich hüten, ihn nachdenklich , u auszubrüten und zu pflegen. u Bescheidenheit gehört in gute, geschlossene Gesell- ! " schäft. Schon in größerer Sozietät steht das > f Unbescheiden immer im Vorteil; aber Derbheit, > f ja Grobheit gehört in eine Volksversammlung, wo dec Pöbel mitreden will, und den man überschreien > > oder selbst schweigen und sich nach Hause drücken > muß > Ungedruckte Sprüche Goethes > aus dem soeben erschienenen 21. Band der „Schriften der u Deutschen Goethe-Gesellschaft". < Den Manen eine» grehen Mathematiker». Von Dr. Georg Biedenkapp sBerlins. Sie ist nicht volkstümlich, die Mathematik, obwohl ivenig- stens ihre elementaren Gebiete bei richtiger Anleitung und geschickter Erregung des Interesses zur Volkstümlichkeit wie geschaffen wären. Denn welche Wissenschaft ist auch nur an nähernd so klar und logisch durchgearbeitet wie die elemen tare Mathematik? Und welche gibt ein so herrliches Spiegel bild von der Verfassung des menschlichen Verstandes wie sie? Und wie wohltätig würde es aus das gesamte Denken des Volles wirken, wenn statt des vielen Nippens an allerlei Halbwissen einem jeden zur Pflicht gemacht werden könnte, ssch auch noch über die Schlüe hinaus mit dem strengsten Wissen weiter zu belassen? Es ist ja freilich nicht zu leugnen, daß auch viel Unfug mit mathematischer Scholastik getrieben wurde, daß große Techniker, wi« die beiden Stephenson, ein Borsig uni Edison ihre Erfindungen ohne nennenswerte I mathematische Kenntnisse machten und sich höchst abfällig! über die Mathematiker ausließen, — worin sie jedoch im Un- f recht waren. Aber ihre Unpopularität, den Mangel an einem Jugendbuch«, das von großen Mathematikern wie von großen Erfindern berichtet, hat diese herrlichste unter den Wissenschaften nicht verdient. Wenn wir uns daher an seinem 200 Geburtstags eines Leonharo triller erinnern wollen, so geschehe es mehr deshalb, weil er auch ein inter- cssantcr Mensch war, als darum, daß er seinen Namen un löslich mit der Geschichte der Mathematik verknüpfte und 32 Quartbände, 13 Oktavbände nebst 700 Abhandlungen hinter lassen hat. Ihm war das beneidenswerte Glück zuteil ge worden, den Menschen neue Gesetze und Gebiete zu er schließen. Vollendete Künstler und unübertreffliche Dichter gab es schon vor dreitausend Jahren; aber damals gab es noch leine Vollsudeten Mathematiker, lvenn auch Köpfe, die schon damals den Geheimnissen der Zahl und der Raumverhält nisse nachgingen. Unter diesem Gesichtspunkte darf man die Rolle, zu der ein Leonhard Euler ausersehen war, auf dem Gebiete der höheren Mathematik Neues zu schaffen, be neidenswert finden. Man köunte es für seltsam erachten, daß Euler, der am 15. April 1707 zu Basel das Licht der Welt erblickte, gerade eines Pfarrers Sohn war, bedächte man nicht, daß im acht zehnten Jahrhundert überhaupt noch häufig Theologie mit exakter Forschung, und sogar mit maschinenerfimderischer Technik oft genug im Bunde austrat. So war z. B. Priestley, ein Bahnbrecher der Chemie, auch ein gewaltiger Theologe vor dem Herrn, die Theologen Cartwright, FiÄen, Dunker, Bell, Malling-Hansen waren technische Ersinder. Auch Les berühmten Linmä Vater war Theologe, genau besehen aber bestätigt sich bei Euler wie bei Linne dennoch das Wort, daß der Apfel nicht weit vom Stamme fällt, desgleichen die Er fahrung, daß der halbe Ruhm eines großen Mannes auf dl« sorgfältige Erziehung durch den Vater zu buchen ist. Der Pfarrer Linne war auch ein eifriger Blumenzüchter uno übertrug die Liebe zur Botanik auf den Sohn, und der Pfarrer Euler war ein tüchtiger und leidenschaftlicher Mathe matiker, der gleichfalls seinen Sohn früh in diese Wissenschaft eiwwachsen ließ. Basel ist die Stadt, die einst aus den Nieder landen die Familie Bernoulli in ihren Schoß ausgenommen u.'d sich dadurch zum Geburtsort einer ganzen Reihe be- deutender Mathematiker uud Physiker gemacht hat, die alle den Namen Bernoulli trugen. Schon der Vater Euler war ein Schüler eines Bernoulli gewesen und der Sohn, unser Leonhard, wurde alle Sonnabende von Johannes Bernoulli ringelnden, um sich über Zweifel und Fragen mathematischer Natur aufklären zu lassen. Diese Einladungen waren dem Jüngling ein Sporn, schon möglichst selbständig auf die Lösung entstandener Zweifel zu kommen. Aber Leonhard Euler batte nicht nur einen Mathematiker zum körperlichen und einen noch bedeutenderen Mathematiker zum geistigen Vater. Auch seine beiden Freund«, Söhne Bernoulffs, waren I eifrige Mathematiker. Diese auch, auf die damals in Peters- I bürg begründete Akademie der Wissenschaften berufen, be- ! wirkten, daß auch ihr junger Freund in jenem halb barbarischen Norden, der übrigens ganz zivile Preise zahlte, Stellung und Auskommen fand. Schon mit sechzehn Jahren hatt« Leonhard Euler die Magisterwürde errungen, indem er in lateinischer Sprache eine Vergleichung der Cartesianischen mit der Newlonia- nischen Naturphilosophie vortrug. Kurze Zeit hatte er sich mit theologischen und orientalischen Studien befaßr, und es ist sicher, daß er, der wie Gauß, Großmann, Poung und Hertz auch für Sprachen begabt war, als Philologe Bedeutendes geleistet haben würde, — vermochte er doch die ganze Aeneis des Vergil von Anfang bis zu Ende auslvendig herzusagen, wo- bei er im Geiste jede Seite deutlich vor sich sah uud auf jeder Seite den ersten und letzten Vers an»ugeben wußte. In Petersburg nahm Euler, da politische Verschiebungen «inge- treten waren, für den Augenblick mit der Stelle eines Schiffs leutnants vorlieb, Lis ihm mit der Thronbesteigung der Kaiserin Anna eine Professur für Physik zuteil wurde. Warum aber war er aus seiner Vaterstadt weggezogen? Gewiß war er erst 20 Jahre alt, aber doch eine geistige Kragi, wie die Berufung nach Petersburg bewies. Nun, Euler hatte in Basel buchstäblich „den Kürzeren" gezogen, denn bei der Beiverbung um eine Professur entschied das Los zu feinen Unguusten. Im Jahre 1735 sollten gewisse astronomische Tcffeln berechnet werden. Die Mathematiker der Petersburger Aka demie verlangten dazu eine Frist von einigen Monaten, über der 28jährige Euler erbot sich, die Rechnungen binnen drei Tagen auszuführen. Er hielt Wort, ab«r die Anstrengung warf ihn aufs Krankenlager, von dem er sich nur unter Ver lust des rechten Auges erhob. Trotzdem erschien im nächsten Jahre ein zweibändiges Werk über die Mechanik, das die Er rungenschaften der Infinitesimalrechnung verwertete und Eulers Namen zu einer europäischen Berühmtheit erhob. Die Kaiserin Anna, mit deren Thronbesteigung auch Euler in eine sichere Stellung gelangt war, starb 1740. Nach ihrem Tode finden wir es begreiflich, daß Euler einem Rufe Folge leistete, der von dem großen, oben zur Regierung gelangten Preußenkönige Friedrich den. Zweiten an ihn erging. In den Jahren 1741—1766 gehörte Euler der Berliner Akademie der Wissenschaften an, seine fltatschlägc und Gut achten wurden bei dem Ban des Havel-Oder-Kanals, bei der Ausbeutung des Schönebeckfihcn Sälzwerkes, bei der Anlage der Wasserwerke in Sanssouci und zu Lotterie- oder sonstigen finanziellen Plänen cingeholt. Die Königin-Mutter kam ihm auks leutseligste entgegen und Friedrich sand mitten im Kriegslager Zeit, ein Billett an den großen Mathematiker zu senden, des Inhalts, daß Eülers Wünsche tunlichst Berück- sichftgung erfahren wllten. Im Verkehr bei Hose erwies sich der Gelehrte, von Rußland her an äußerste Vorsicht und Zu rückhaltung im Gespräche gewöhnt; darüber berragt, erklärte er, er komm« aus einem Lande, „wo man gehängt würde, wen« man spräche". Trotzdem zog es den Gelehrten, als Ver änderungen in der Berliner Akademie bevorganden, wieder nach der Hauptstadt an der Newa, zumai dort mit Katharina Ik eine Herrscherin auf den Thron gekommen war, die ibm die günstigstem Aussichten eröffnete Versorgupg feiner Lr«i Söhn« und hohes Gehakt, Friedrich der Große machte Euler Schwierigkeiten, zumal einer von dessen Söhnen im preußischen Heere diente; doch sehen wir 1766 een Ge lehrten wieder an der Newa. Hier verlor er nun auch Len Gebrauch des anderen Auges und so war er von 1766 bis 1783, seinem Todesjahr, ein blinder -Mann, ohne indessen aufzuhören, mathematisch und schriftstellerisch tätig zu fern. Jetzt kam ihm jein ausgezeichnetes Gedächtnis zu statten. Als er seinen Enkeln Unterricht in der Mathematik erteilte, berechnete er in einer schlaflojen Nacht, um geeignete Bei- spiele zum Wurzelausziehen zu haben, sämtliche ersten sechs Potenzen der Zahlen von 2 bis 19 und vermochte die gefunde nen Zahlen noch mehrere Tage danach herzusagen. In seinem Zimmer lag stets auf einem großen Tische eine ebenso große Schiefertafel; auf ihr pflegte er eine Skizze seiner Gedanken zu entwerfen, und dann kamen jüngere Mathematiker und führten die Arbeit im einzelnen aus. Im Jahre 1783, am 18. September, erlag der greise Denker einem Schlaganfall, während er mit seiner Familie am Teetisch saß. Er batte dreizehn Kinder, von denen ihn aber uur drei Söhne über lebten. Einer von ihnen wurde ebenfalls Mathematiker und Astronom, der zweite Avzt, der dritte Soldat. Euler hat sich nicht für zu gut gehalten, neben seinen hoch wissenschaftlichen Arbeiten auch eine „Anleitung zur Algebra" zu verfassen; sie wird jedem, der sich dieses Gebiet aneignen will, heute noch bessere Dieirste leisten als ungezählte Leit fäden. An die Tochter des Markgrafen Brandenburg- Schwedt sind die drei Bände der „Briefe am eine deutsche Prinzessin über verschiedene Gegenstände der Physik und Plülosophie" gerichtet, die man heute noch mit wahreiH Ver gnügen und mit großer Belehrung lesen wird, denn hier gibt ein großer Denker ein Muster von populärer Darstellung verschiedener Gebiete der Physik und Philosophie. Die Elek trizität wind darin schon durchgängig als eine Erscheinung erklärt, die ebenso wie das Licht den Aether zum Träger hat und auf Ausgleichungen gestörten Gleichgewichtes beruht. Man begreift nicht, wenn man diese ausgezeichneten Dar legungen lieft, warum sich die Menschheit gefallen läßt, daß solche durch ihre Klarheit und Tiefe vvrtr«flicben Schriften unter einem Wüste von ungezählten Lehrbüchern und Populärdarstellungcn begraben werden, die bei weitem nicbt das bieten, was schon längst besser gesagt ist. Im Zeitalter der Aufklärung war Euler übrigens noch gottes- und offenibarungsgläubiq; selbst lvährend seines Auf enthaltes in der Residenz des königlichen Atheisten veröffcnt- lichte er eine Widerlegung der Olegner der Offenbarung und zerpflückte die Leibnizsche Momrdenlehre mit vernichtender Schärfe. U Au» dem Leipziger Arrnstverein. H. Otto Hierl-Deronco, dessen Werke den ganzen Obcrlichttaal des Kunstvereins füllen, Hot um die Entwick lung der Münchner Kunst historische Verdienste: denn er ist einer der Mitbegründer der Sezession. Die Kollektivaus stellung seiner Werke gibt zwar einen hinreichenden Ueber- blick über die Stärke und die Grenzen seines Talentes, aber
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