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02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 17.06.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-06-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19040617021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1904061702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19040617
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1904061702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1904
- Monat1904-06
- Tag1904-06-17
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Au kündiannae» aui derVnvaNeiie Zeil» » Via.: di« rivaluae Zeile »ui Leu leite bo Via., alb Einaeiandr Zeile so Pia I» Nummern nach So»»- und Aeirrtaar» i ival»,c Otcundccilc so Via. aui Vrivalieile «o Pia. Sivallige Zeile aui Terlieiie und ai) Einaeiandl so Pia. Auswümae dcui - traae nur ,eaen BoranSdemiilnua. BeieablLtter werde» m» tO Pia- derechnei. yernivreckanicklub: Amt l Rr. U uiw Rr. ÜVS«. III „SmiM »«liMiiii I» IÜVl888It IklAÜLll 8VN Häl Hk »rxxvii» uuä "HWU (l » N «L n >» t »« c I> » Itlii illiniiillu^ ! (6urt iinibboi, ««iusvu, IllvstEL» Xu. l ^ New-Dvrker Bcandlatastrophr. Russisch-japanischer Krieg. Neueste Drahtberichte. Hvsnnchrichlen. Getichtsverhaiid- b-LS'ch-K.v«» vIlkikl. lungcn. Pommernbantprozetz. »Kater Lampe". Berliner Leben. Frauenkongretz. Freitag, 17. Juni 1904. Rewyorker Brand-Katastrophe. Die Svtastrophe in ihrer entsetzlichen Grütze, die ^ Hunderten von deutschen Kindern das unschuldige Leben kostete, erweckt in Deutschland das grützte Mitgefühl mit den bemit leidenswerten Opfern der tückilchen Elemente, die sich vereinigten, um das grausomite Werk der Vernichtung blühender Menschen leben zu vollenden. Wie bei dem Brande des Chicago« Theaters sind auch diesmal wieder fast ausschließlich Kinder und Frauen bei dem entsetzlichen Unfall ums Leben gekommen, ohne daß es möglich gewesen wäre, ihnen Hilfe und Rettung zu bringen. BiS abends tlhr waren 306 Leichen geborgen, voch schätzt man die Zahl der Opfer auch jetzt noch auf 1000. Die aus Ncwvort vorliegenden näheren Meldungen lauten: Der Veronügunigsdampser „General Slokum", auf dem sich an 1600 Ausflügler von der deutsch-lutherischen St. Martinsschule befanden, geriet auf dem East Rwer, gerade als er durch die Hüllenpforte dampfte, wo zu beiden Seiten steile Felsen jede Landung verhindern, in Brand, der im Speisesaale ausgebroclren war. Die Feuersbrunst griff mit solcher Schnelligkeit um sich, datz kein Boot herabgelassen werden konnte. Unter den un- glücklichen Passagieren brach eine furchtbare Panik aus. Hcrz- zerreitzende Szenen spielten sich ab. Viele Mütter sprangen mit ihren Kindern auf dem Arme ins Wasser und ertranken, Hunderte verbrannten auch lebendig^ Auf die lauten Notsignale des brennen den Dampfers kamen Schleppdampfer zu Hjjlfe und schleppten ihn nach der North-Brothers-Jnjel. Das Verdeck des Dampfers brach aber zusammen, che er die rettende Insel z» erreichen ver mochte, und mehrere Hundert Personen auf dem Berdeck stürzten in die glühenden Flammen. Mehrere Hundert Leichen sind be reits an den Strand gespült, viele sind agnosziert war- den. Die meisten Verunglückten gehüren dem kleinen Bürger- und Handwerkerstande Newyorks an. Ucbcr die E n.t stehungs- ursache des Brandes verlautet, datz eine Gruppe von Aus- flüglern Eier auf einer Spiri^uslampe gekocht habe. Die Lampe fiel um und verursachte die Katastrophe. Ein Privattelegramm des„Verl. Lok.-Anz." sagt: Im Augen blick des Ausbruchs der Katastrophe ordneten sich die kleineren Kinder gerade zu einer Defilierung an Bord mit ihren Fähnlein. Diese Aufstellung trug zu der rapiden Erfüllung des entsetzlichen Schicksals der eng aneinander geschlossenen, von Qualm umhüllten, jäh hinsinkenden armen Kleinen bei. Die in Trauer versetzten Familien gehören der Mebrzahl nach der Handwerkerklasse und der kleineren Geschäftswelt an. Bootsmann Warrington er- zählt, er wollte dem brennenden Schiffe nahen, wurde aber offenbar wegen des an Bord herrschenden Qualmes nicht be merkt und konnte während der Weiterfahrt wahrnehmen, daß die Rettungsboote des „General Slokum" alle verkohlt waren. Auf der North-Brother Insel wurden die ersten Agnoszierungen vor- genommen. Eine Familie verliert fünf, eine andere vier Kinder. Eine Gruppe, bestehend aus 18 Personen, wurde unterhalb der cingestürzten Trevpendccke erstickt aufgefundeu. Ein Sonderdampser ging nach der North-Brother Insel ab. Seine Rückkehr wurde von einer enormen Menge erwartet. Herzergreifend war die angstvolle Erwartung der aus den Werkstätten und Magazinen heroeigeeilten Männer, die den Polizeichn immer wieder fragen, ob die Liste der Geretteten noch nicht ausgestellt sei. Russisch-japanischer Krieg. DaS russische Wladiwostok-Geschwader ist in seinem kühnen Unternehmen, im Rücken der japanischen Flotte und der in Korea gelandeten Armeen die Westküste Japans zu verheeren, nicht lange ungestört geblieben. In der Tiujchima-Stratze, dem östlichen Teile der Meerenge zwischen Japan und Korea, ist es einem japanischen Geschwader gelungen, das russische, das angeb lich aus dre' Schissen besteht, zum Gefecht zu stellen. Es liegt darüber folgende Meldung vor: Yokohama, 15. Juni. Tie japanische Flotte, die auf die Mchricht von dem Erscheinen eines russischen Geschwaders in den japanischen Gewässern sich eilends aus die Suche begab, hat die feindlichen Kriegsschiffe in der Tsuschima-Stratzc angetrofsen und zum Gefecht gezwungen. Der Ausgang des Kampfes ist zur Stunde noch unbekannt. Weiter wild gemeldet: Petersburg. Wie Generaladjutant Kiiropatkin unter dem gestrigen Datum meldet, wurden aus russischer Seite im Kampfe beiWasangou am 14. Juni 24 Offiziere und 311 Mann ge tötet. An Verwundeten verlor das 1. Schützenregiment 12 Offi ziere und 200 Mann, die erste Artillerie-Brigade 6 Offiziere und 50 Mann. Tie Nacht zum 15. Juni verlief ruhig. Siegen 2 Uhr morgens hatte die Vorpostenkette aus dem rechten russischen Flügel ein kurzes Scharmützel. Um halb 6 Uhr morgeüs begann auf dem linken russischen Flügel eine Kanonade. Schon früh 5 Uhr bemerkte die Kavallerie des rechten Flügels bedeutende feindliche Streitkräfte südlich von Tafanschin. Javanische Infanterie er- öfsnete ein Feuer auf die russische Kavallerie, die sich auf den Höhen zwischen Tafanschin und Lunkoo befand. Der Feind stand an einem Waldrande etwa 2 Werst von diesen Höyen entfernt. Gegen halb 7 Uhr morgens machten die Japaner in einer Stärke von etwa einem Regiment Infanterie mit Kavallerie aus diesem Walde einen Vorstotz zwischen Tafanschin und Lunkoo. Inzwischen war die Kanonade aus dem linken russischen Flügel lebhafter geworden. Um halb 7 Ubr ging General Baron Stackelberg mit einem Teile seiner Streitkräfte unter Umgehung des rechten feind lichen Flügels in der Richtung auf Tasanwozen und Gouin zum Angriff vor, einen anderen Teil seiner Truppen schickte er ge-en die Front der Japaner. Gegen 10 llhr morgens entwickelte der Feind gegen den rechten russischen Flügel etwa eine Brigade Infanterie mit einer Batterie und Kavallerie und machte nach Zurückdrängun g der russischen Kavallerieabteilungen den Versuch, über Lunkoo den rechten Flügel der russischen Stellung zu um- gcl>eu. Um dies zu verhindern, zog Baron Stackelberg um halb 1 Uhr seine Reserven von Ssissan vor. Tie gesamte Streit macht der Japaner, die inzwischen bedeutende Verstärkungen heran gezogen batten, betrug um diese Zeit mehr als drei Divisionen. Petersburg. Der Kommandeur des 17- Armeekorps Bilderl'ng ist gestern mit seinem Stabe aus Moskau nach dem KriegSichauplatze abgereist. Köln. Die „Köln. Ztg." meldet aus Tokio von gestern: Drei russische Kriegsschiffe, die in der Stratze von Duschima kämpften (vielleicht das Wladiwostok-Geschwaders wurden vom Admiral Kamimura aufgebracht. Neueste Drahtmeldringer» vom 16. Juni. Homburg v. d. H. Der kallerliche Sonderzng ist 8 Uhr früh hier eingetrvffen. Zum Empfange war der Oberbürgermeister anwesend. Nack kurier Begrüßung fuhr das Kaikerpaar durch die reich geschmückte Luffensiratze. von einer groben Menschenmenge lebhaft begrübt, zum Königl. Schlosse, wo das Frühstück ein genommen wurde. Nach dem Frühstück begab sich das Kaiserpaar znr Saalburg. Homburg v. d. H. Die Reihenfolge der Fahrer bei dem morgigen AutvmobilrennenumdenGordon-Nennet t- Preis ist jetzt wie folgt festgesetzt: Jenatzy (Deutschland), Edge lEnglands, Warden iDesterreichj, Cagno (Italien), Thöry (Frankreich), Ha-utvast (Belgien), Baron de Caters (Deutschland), Girling (England), Werner (Oesterreich), Storno (Italien), Salleron (Frankreich), Augu-rcs (Belgien), Ovek (Tcntichlauds. Jarrotl (England). Braun (Oesterreich), Lancia (Italiens, Rangier (Frankreichs, Baron de Erawhez (Belgien). Der Vertreter der Schweiz, Dusaux, startet nicht. Frankfurt a. M. Der „Franks. Ztg." wird aus Triest von gestern gemeldet: Gegen den Grvtzkausmann Morpnrgo wind, beule miltng tu einem israelitischen Wohltätigleitsvereine ein Attentat verübt. Ter 40jähriae Markus Hana aus Korsn ei schien niit einem Levantiner, um Mvrvurgo um eine Unterst»»«»» zu bitten. Unbemerkt trat dann Hann i» ein Nebenzimmer und verletzte Mmvnrgv mit einem dieikanligen Dolch einen Stich in die rechte Seite, worauf er mit seinem Komplizen flüchtete, jedoch aus der Straße sestgenonimen wurde. Morpnrgo ist schwer der letzt. Er behauptet, datz er das Opfer eines gedungenen Mörder gewoiden sei. da er im VerleumdungSprozetz gegen „Jl Sole" als Zeuge ausgetreten sei. Frankfurt a. M. Die „Franks. Ztg." meldet ans Paris von gestern: Zwischen der Bongue de Paris et des PatzS bas und dem venezolanischen Bevollmächtigten ist ein provisorische-:. Protokoll über die Modalitäten einer Konverstonsanlethe und deren Garantien unterzeichnet worden. Prag. Ter Landtag ist heute vertagt worden. Paris. Bei seiner Vernehmung vor der Kommission zur Untersnchnng der Kartäuser-Angelegenheit präzisierte der Ministerpräsident seine in der Kammer über diese Sache ab gegebenen Erklärungen und legte ausiührlich die bekannten Tat sachen dar. Der Ministerpräsident wirs dann die Unrichtigkeit der gegen seine» Sohn Edgar erhobenen Beschuldigung nach. Schritte m der Angelegenheit unternommen zu haben und zeigte, daß Lagrave sich der Verwerflichkeit des Auftrages nicht bewutzt ge wesen sei. mit dem er an den Generalsekretär des Ministeriums des Jnnein Edgar Combes betraut war. Lagrave habe Edgar Eombes mitgeteilt, daß eine andere Person ihm einen Auftrag zu übermitteln habe, ohne icdoch selbst einen solchen zu haben. Millerand, der daraus vernommen wurde, erklärte, die Kartäuser- Angelegenheit sei ebenso verwickelt wie unwichtig. Chabert habe keine Beziehungen zu dieser Sache. Millerand bemerkte sodann, datz er von der zwei Millionen-Angeleaenheit erst durch die Mit teilungen Lagraves Kenntnis erhalten habe. Als Lagrave ihm an- kündigte, datz er Edgar Combes anfsuchen wolle, um diesen davon zu unterrichten, habe er. Millerand, die Sache für sehr harmlos angesehen und ihr leine Wichtigkeit beigemessen. Um Mitternacht schloß daraus die Kommission ihre Sitzung. Bern Im Ständerat brachten 4 Mitglieder eine Inter pellation ein betreffend den Anschlag aus den russischen Gesandten. Kopenhagen. Der Großkaufmann Augustin Gamel. der mehrere Polarexpedltionen, darunter die von Fridtjof Nansen durch Grönland und Kapitän Hogards Eismeerexpeduion auS- rüstete, ist heute vormittag hier gestorben. Kvnstantinopel. Ein vorgestern aus Musch eingetroffe nes Telegramm besagt, daß vom 25. Avril bis zum 29. Mai d. I. im Bezirk Sassun 3000 armenische Männer, Frauen und Kind« getötet. 50 armenische Dörfer zerstört und in der Stadt Musch 31 Armeniern gehörende Läden demoliert worden seien Die Zahl der in Musch befindlichcn Flüchtlinge beläuft sich auf 4000, die nahezu ohne alle Lebensmittel seien. Obne das Dazwischentikten des französischen Konsuls in Musch wäre es zu einer givtzen Metzelei in der Umgebung der Stadt gekommen. Im Sandichak Musch sollen aber die Grausamkeiten gegen die Armenier fortdauern. Der armenisch'-gregoiinnische Patriarch Ormonivn protestierte sehr energisch gegen diese Zustände. Athen. Kammer. Auf eine Anfrage von Delyannis er klärt die Regierung, es sei nur eine vorläufige Tatsache, datz die Knust und Wisfenschaft. s* Mitteilung aus dem Bureau der Königlichen Hof theater. Da «sonntag, den 19. Juni, die Königl. Hof- theaterg es ch lassen bleiben, so findet der Vorverkauf sür die Montags-Borstellungen bereits Sonnabend, den 18. Juni, während der üblichen Kassenstnnden statt. — Im Opern- bause wird Sonnabend, den 18. Juni, Mozarts zweiaktige Oper „Die Za über flöte" gegeben. Die Partie der Pamina singt zum ersten Male Frl. Rast. -f* Resldenztheatcr. Eigentlich hätte man gestern im Rcsidcnz- theat« sehr traurig sein sollen, trotzdem man während des ganze» Abends daS Lachen nicht verlernte. Man gab eine vieraktige Komödie — „Kater Lampe" nennt sie sich —. die von einem Dramatiker henührt. der (xider frühzeitig verstummt ist: Emil Rosenow. WaS hätte - diesen Gedanke» konnte wohl kein kritischer Hörer angesichts des großen und ehrlichen Erfolges von sich weise» — anS dieser offensichtlichen, starken Begabung werden können, wäre sie der deutschen Lustlpirlbühne »nr ein paar Jahre noch erhalten geblieben! Man sage nicht: „Kater Lampe" ist ein neuer, ein anderer „Biberpelz", mag auch diese oder jene Aentzer- lichkeit eine frappante Aehnlichkeit zwischen Hauptmann und Rosenow erkennen lassen. Die Komödie gewinnt bei näherem Studium eine durchaus eigene Phhsiognomie von so stnnpathisch charakte ristischen Zügen, daß man geneigt ist. das Werk in der ganzen Art seiner Aufmachung über den „Biberpelz" zu stellen: eher ist an die wunderbar kräftige Art von Kleists „Zerbrochene» Krug" zu denken, mit dem „Kater Lampe" die Sicherheit des szenischen Auf baues bei aller Umständlichkeit in der behaglich breiten Milieu schilderung gemein hat. Ei»S bat der demokratische Rosenow vor dem aristokratischen Hauptmann in jedem Falle voraus: die Ehr lichkeit seiner Satire, die keineswegs auf eine Verspottung der Be hörden hinausläuft, wie man bei oberflächlichem Hinsehen denken könnte, sondern in eine durchaus berechtigte, überaus lustige Pnsifllerung von dörflichen Zuständen ausklingt, die den Kleinen wie Groben in der Gemeinde kräftiglich etwas am Zeuge flickt, ohne damit etwa zu verletzen. Dazu »st der Humor RosenowS »u treuherzig und kräftig, stet von aller Effekthascherei, wie sie in der Herbeiführung forciert komischer Situationen unsere links rheinischen Schwanknachbarn seit Jahr und Tag kultivieren. Datz eS ln der Komödie nicht ohne Urbertreibungen abgebt, daß der Autor hier und da ein Wort fallen lätzt, was tendenziös klingt oder wenigstens so auSgelegt werden kann, tut nicht» zur Sache, ja mutz dem Satiriker als sein gutes Recht nachgesehen werden. Und noch ein«: daS Stück ist durchaus anständig. Rosenow zeigt, datz man lustig sein kann, ohne mit den ach I so beliebten Buhnenzötlein ein übteS Spiel zu spielen. Ganz bemerkenswert ist da» dramatisch« Geschick des Autor», daS sich bei all' seiner Gewissenhaftigkeit in der Milieuschilderung glänzend in der ge schickten Führung der tragenden Szenen vewährt In dieser Hinsicht ist der dritte Aufzug Rosenow ani besten geglückt. Er bringt die Berspeisnng des .Kater Lampe", der als Hasenpfeffer verzehrt wird vor, den Talmlgrötzen der Gemeinde, die als Hüter des schuldigen Tieres bestellt sind. daS einem armen Holzschnitzer- Gesellen getrört. Dieses Festmahl in der Hütte des Gemeinde- dienerS Seifert, eines pflichttreuen Idioten, der nur ans Anraten seiner bratenlüsternen Frau mit den, amtlichen Gemeindeschwert der armen Katze, pardon! dem armen Kater, den Garaus gemacht hat, ist so geschickt vorbereitet, in allen, selbst den kleinsten Einzelzügen so minutiös treu und echt geschildert, datz die zwerchfellerschütternde Wirkung sich ganz von selbst einstellt. Daß nach diesem dritten Aufzuge der dramatische Atem Rosenow auch im Schlutzakte nicht ausacht, datz er hier durch eine glückliche Wendung — er läßt den armen Gesellen eine Erbschaft machen, sodatz dieser in der Lage ist, den auf Gemeindckosten verpfleg ten, leider aber schon verspeisten Kater einzulösen. — der Komik des Stoffes noch neue Zufuhr bringt, macht dem Erfinöertalent Rosenow» alle Ehre. Von seinem Bühnengeschick gibt schließ lich die Rollenökonomie beredtes Zeugnis, die eine stattliche Reihe dankbarer schauspielerischer Ausgaben ins Treffen führt. Freilich sonderlich schwer sind diese nicht, wie denn jedes Dialekt stück sich ziemlich leicht spielt, wofern nur die Mundart halb wegs korrekt getroffen wird. Die Aufführung von gestern abend war im großen und ganzen sehr gut, vor allem temperament voll und lustig, ab und zu fast zu lustig, wenigstens zu laut, zumal an den Aktschlüssen, die so wie so vom Autor schon reichlich genug mit Lärm und Trubel ausgesta^et sind. Der Dialekt, d. h. das Sächsisch des stachen Landes, nicht die eigentlich vorgcschriebene erzgevirgische Mundart, wurde — selbstverständlich! — mit wenigen Ausnahmen ausgezeichnet beherrscht und gab der Aufführung von vornherein etwas Echtes und Ursprüngliches. Von den einzelnen Mitwirkenden verdienen wegen guter, zum Teil trefflicher Leistungen die Herren Friese (Gemeindediener Seifert), Braun- stein (Gemeindesürstand Ermischer), Gähd (Landbriesträger Ulbrich), Witt (Bezirksgendarm Weigel), Opel (Holzdreher- meister Schönherr), Schrotky (Geselle Neumerkel) und Bayer (Spielwarenverleger Nenbert), neben den Damen Kronthal, als Frau Gemeindefürstand brillant in Haltung und Gebärde, Bohl mann (Frau Nenbert), HänsellFrau Seifert), Münch- Heim (Frau Schönherr), Sander (Magd Maari) und Hick- mann (Frau Ulbrich) nachdrückliche Anerkennung. Die Auf nahme der von Herrn Direktor Witt sehr lebendig inszenierten Novität war ungemein freundlich, ja glänzend, sodatz die Haupt darsteller an den einzelnen Aktschlüssen nicht oft genug vor der Gardine erscheinen konnten, um für den ebenso reichen, wie herz lichen Beifall dankend zu quittieren. Der Repertoirforgen dürste man nach diesem großen und echten Erfolge für eine Weile auf der Circusstratze überhoben sein; und daS ist in diesem Falle auch der Kritik so unlieb nicht. Berliner Leben. L. Berlin, 18. Juni. DaS Berliner Stratzenbild ist in den letzten Tagen durch den hier tagenden Internationalen Frauenkongretz, der Ver treterinnen dcS weiblichen Geschlechts aus fast allen Kulturländern der Welt nach der deutschen Reichshanptstadt geführt hat, um einige anmutige, aber auch um manche groteske Erscheinungen be reichert worden. Früher hielt man sich nur an dergleichen Äcutzer- lichkeiten und beurteilte noch ihnen die Frauenbewegung über haupt. Heute ist der Spott gegenüber den gewaltigen Erfolgen der Frauen auf zahlreichen Gebieten der menschlichen Betätigung längst verstummt, und man hütet sich, sür Ausschreitungen einzel ner Glieder eine gewaltige Bewegung verantwortlich zu mache», die immer mehr ihre Daseinsberechtigung erwiesen und auch den Widerstrebenden mindestens Achtung abgcnötigt hat. Freilich, manche Gestalten, die den alten Posscntypus der ..cmanzipienen Frau" drasiisch verkörpern, lassen die Vorsicht begreiflich cr- ichcinen, die seitens der Vorgesetzten Behörde, unserer löblichen Polizei, geübt worden ist. Man erinnert sich des unliebsamen Aufsehens, das vor einiger Zeit während eines FraucnkongreffeS in Weimar die polizeiliche Sistierung einer bekannten Frauen rechtlerin erregt hat, die durch ihre Halo männliche Kleidung einen von der modernen Kultur noch unberührten Polizcimann der Goethestadt zu allerhand schlimmen Gedanken Anlaß acgebcn hatte. Damit sich derartiges nicht in Berlin während des Inter nationalen Fraucnkonarcsscs wiederhole, soll, wie uns glaub würdig berichtet wurde, vorher allen Stratzcnschutzniännern Berlins die gemessene Weisung zugcgangcn sein, sich in den nächste» Wochen durch keine noch so stark von der Schablone ab weichende weibliche Erscheinung aus dem Scclcnalcichgcwicht bringen zu lassen und sich namentlich vor Verhaftungen derartiger auffallender Gestalten ohne die zwingendste Notwcndigkeit zu hüten. Das ist nicht etwa ein Scherz, sondern es ist uns wirklich als Tatsache mitgeteilt worden, -tun, inzwischen wird wohl der Augenschein gelehrt haben, datz diese Vorsicht etwas übertrieben gewesen ist. Die paar emanzipierten Weiber, die ihren Ehrgeiz darein setzen, mit halbreifen Bürschchen verwechselt zu werde», verschwinden vollständig in den Scharen ernster, auch in ihrer Kleidung nicht irgendwie auffallender Mädchen und Frauen, unter denen viele den handgreiflichen Beweis liefen,, daß man für die Hebung und Entwicklung des weiblichen Geschlechts eifrig und erfolgreich arbeiten und dennoch Sinn und Geschmack sür weib liche Toilettcnkünste betätipen kann. Es gibt unter den Kongretzbesucherinncn eine Fülle schöner und anziehender Damen, die cs durchaus nicht verschmähen, ihre natürlichen Reize durch eine tadellose Kleidung zu heben, und die jedem Ballsaalc zur Zierde gereichen würden. In dieser Hinsicht tun sich allerdings die Enaländcrinnen und Amerikanerinnen hervor, während unsere lieben Landsmänninnen mehr zu den oben gekennzeichneten Aus schreitungen neigen. 'Doch gibt es auch unter ihnen zahlreiche Exemplare, die sich mit Geschmack zu kleiden verstehen, und namentlich das ehedem vielgeschmähte, aber sicher ungemein prak tische Reformkleid durch eine wahrhaft künstlerische Farben abtönung und geschickt zusammengestellten Aufputz zu Ehren zu bringen wissen. Den Vogel schoß aber auch in dieser Hinsicht eine reizende Amerikanerin ab, d:e am Begrützungsabend ein Resormgewand trug, das allgemeine Aufmerksamkeit und Bv-
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