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Dresdner Journal : 30.06.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-06-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-190206305
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-19020630
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-19020630
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1902
- Monat1902-06
- Tag1902-06-30
- Monat1902-06
- Jahr1902
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- Dresdner Journal : 30.06.1902
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O148 1902 Montag, den 30. Juni nachmittags. ve„,«»retr: Beim Bezüge durch dl« . ^«schtst-Kek iuuer^s» WM Journal HerauSgegeben von der König!. Expedition de» Dresdner , Dresden, Zwingerstraße 20. — Fernspr.-Anschluß Nr. 1295. Erscheine«: Werktag« nachm b Uhr. Mrd Zuracksendung der für die Schristleitung bestimmten, aber voa dieser nicht eia» geforderten Beitrüge brau» Frucht, io ist da« Postgeld beizusügea. «»ktUdtguNgsgedsthre»: Die Aelle kleiner Schrift der 7 mal gespaltenen Ankündi- gu na« Seite oder deren Raum do Pf. Bei Tabellen- und Ziffernsad d Pf Ausschlag für die Aelle Unter« Re- dukiwnSstrich (Eingesandt) di« Texizeile mittler Schrift oder deren Raum dv Ps. Gebühren - Ermäßigung bet öfterer Wiederholung Annahme der An-eigen bi« mittag« 12 Uhr sür die nach« mittag« erscheinende Nummer. Bestellungen aus dar Dresdner Journal für das dritte Vierteljahr werden in Dresden-Altstadt in unserer Geschäftsstelle (Zwingerstraße 20), in Dresden - Renstadt in der Hofmusikalienhandlung von Adolf Vraner (F. Plöt ner), Hauptstraße 2, und bei Hrn. Albert Grunert lF. u. M. Geißler- Nachs.), Bautzner Sttaße 63, zum Preise von 2 «I, SV '«genommen. Bei den Postaastalte» im Deutschen Reiche be- vägt der Bezugspreis für diese Zeit s st». Ja der näheren und weiteren Umgebung Dresden- gelangt da- Dresdner Joarnal noch am Abend zur Lu-gabe; so in den Ortschaften deS oberen Elb- thaleS bi» Schaudao, in denjenigen de» unteren LlbthaleS bis Meitze» und in den an der Thara»dter and Radeberger Linie gelegenen Orten. Wo in den sorgedachten Orten die Blätter den Beziehern nicht mehr zugetragen werden, wollen sich letztere mit der Post wegen AbholenS in- Einvernehmen setzen. Geschäftsstelle de» Vresdaer Zourual». Amtlicher Teil. Dre-dea, 30. Juni. Ihre Königl. Hoheit die Frau Gräfin von Flandern ist am vergangenen Sonnabend Abend 6 Uhr 32 Min. von Dresden wieder abgereist. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, den Oberamtsrichter bei dem Amtsgerichte Dresden Oberjustizrach Julius Woldemar Dilrisch auf sein Ansuchen in den Ruhestand zu versetzen und dem AmtSgerichtSrath bei dem Amtsgerichte Dresden vr Arthur Georg Weltz den Titel und Rang eine» Oberamtsrichters zu verleihen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem Ministerialdirektor und Vorstande der I. Abtheilung im Finanzministerium, Wirklichen Ge heimen Rath vr. Diller die nachgesuchte Versetzung in den Ruhestand zu bewilligen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, den zeitherigen Ober bürgermeister von Plauen i. V. vr. Schröder unter Verleihung deS Titels und Ranges eine» Geheimen RatheS zum Ministerialdirektor im Finanzministerium zu ernennen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem Mitaliede der Generaldirektton der Staats- eisenbahnen, Geheimen Finanzrache Heydenreich die nachgesuchte Versetzung in den Ruhestand zu bewilligen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, den Oberzollinspektor und Vorstand deS Haupt- zollamteS Leipzig I Oberzollrath Welcker zum Finanzrache in Gruppe 1 der IV. Klasse der Hofrang ordnung und Mitaliede der Zoll- und Steuer- Direktion und den Juristische^HülfSarbeiter bei der Zoll- und Steuer-Direktion Finanzassessor vr. jur. Flemming zum Oberzollinspektor und Vorstande de» Hauptzollamtcs Pirna zu ernennen. Mit Allerhöchster Genehmigung sind der Ober- Zollinspektor und Vorstand de» HauptMamteS Zittau Böttner in gleicher Eigenschaft zum Hauptzollamte Leipzig I und der Oberzollinspektor und Vorstand de» HauptzvllamteS Pirna Meyer in gleicher Eigen schaft zum Hauptzollamte Zittau versetzt worden. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem Vorstände der hauptzollamtlichenZollabfertigungS- stelle Steuerinspektor Steinert in Leipzig bei seinem Uebertritte in den Ruhestand den Titel und Rang eines KommissionSracheS zu verleihen. Se. Majestät der König haben dem Präsidenten des LandesmedicinalkollegiumS Geheimen Rath vr. mrck Günrher die nachgesuchte Versetzung in den Ruhestand unter Ernennung zum Ehrenmitgliede diese- Kollegiums Allergnädigst zu bewilligen geruht. Se. Majestät der König Haden Allergnädigst ge ruht, den Oberarzt an der Landesonstalt zu Groß schweidnitz vr. weck. Julius Alexander Krell zum Direktor der genannten Anstalt mit dem Diensttitel Medizinalrath in der IV. Klasse der Hoftangordnung zu ernennen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem Lehrer an der Bangewerkenschule zu Leipzig Friedrich Richard Töpel den Titel Professor zu verleihen. Dresden, 24. Juni. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der ordentliche Professor an der hiesigen Technischen Hochschule geheimer Hofrat vr. Adolf Stern daS ihm von Sr. Königl. Hoheit dem Großherzog von Sachsen-Weimar verliehene Komthurrreuz deS Großherzogl. Sächsischen Hau-orden- der Wachsam keit oder vom weißen Falken annehme und anlege. Ernennungen, Versetzungen rc. im öffentl. Dienste. I» GeschäftSberetche des MtniftertnmS des Kultus und öffentlichen Unterrichts. Au besetzen: die zweite ftänd Lehrerstelle in Dorschemnitz Koll : die oberste Schul behörde. 1200 M Grundgehalt, 200 M peis Zulage, 110 M. f. d. Fortbildungsschul- u bb M. f. Turnunterricht, sowie fr. Wohnung. Musik. Bewerber werden bevorzugt. Gesuche m. Zeugnissen u. Militäran-wei« bis IS. Juli an Ve,irkSschul- tnspeklor Schulrat vr. Winkler, Freiberg. nichtamtlicher Teil. Die Ernenerung des Dreibundes. Die in der Sonnabendnummer unseres Blattes unter Drahtnachrichten bereit- kurz gemeldete Er neuerung deS Dreibundes darf mit der größten Genugthuung begrüßt werden, denn dieser wichtige Vorgang bedeutet nicht nur die Fortsetzung der bis herigen freundschaftlichen Beziehungen zwischen den zunächst beteiligten Mächten, sondern auch die Fort ¬ dauer der europäischen Friedenspolitik, deren segens reiche Wirkungen nun seit über 30 Jahren bestehen. Die Leser deS „Dresdner Journals ' wissen, daß eL für un» nie einen Augenblick zweifelhaft war, daß diese Erneuerung deS DreibundvertcageS, und zwar in der bisherigen, unveränderten Form erfolgen werde. Der leitende Staatsmann des Deutschen Reich ist zu diesem Erfolge seiner auswärtigen Politik von Herzen und um so mehr zu beglückwünschen, weil e- nicht ar Leuten gefehlt hat, die, sei es au- Unver stand oder böSwllligerweise, mit allen Mitteln be müht waren, die nunmehr erfolgte Erneuerung deS Bündnisvertrages zu vereiteln. Es ist bekannt, daß in Italien eine starke, bis in die Regierung hinein vertretene Parte» vorhanden ist, die lebhaft auf eine Annäherung an Frankreich drängte au- Gründen, die teil- auf wirtschaftlichem Gebiete lagen, zum andern Teil in gewissen Sympathien oder in der Vorstellung wurzelten, daß eine Besserung des Ver hältnisses zu Frankreich Italien eine Verminderung deS Aufwandes für feine Wehrkraft gestatte. Auf der anderen Seite haben in Oesterreich tschechische und slawische Elemente keine Mühe gescheut, um in die freundnachbarltchen Beziehungen des Kaiserstaats zu dem verbündeten Deutsch land einen Riß zu bringen, u..d auch in Ungarn giebt eS ja wohl Gruppen, denen die Annäherung an daS republikanische, für bedürftige Politiker zugänglichere Frankreich willkommener ist als der feste Anschluß an Deutschland, der der Monarchie diesseits wie jenseits der Leitha einen starken Rückhalt giebt. Es ist eine bemerkenswerte Thatsache, die nach mancher Richtung hin zu denken giebt, daß die Gegner des Dreibundes in Italien wie m Oesterreich-Ungarn zum weitaus größten Teile auch Gegner der Monarchie sind. Jenen Leut.n namentlich galt in der Rede, mit der der Reichskanzler am 8. Januar auf die Ausführungen des Grafen Stolberg antwortete, die Bemerkung, „daß der Dreibund für uns nicht mehr eine abso lute Notwendigkeit ist." Dieser Satz ist allem An scheine nach im Auslande besser und richtiger ver standen worden als in Deutschland, denn als Graf Bülow zu Ostern nach Venedig kam, fand sich als bald der italienische Minister de- Auswärtigen, Hr. Prinetti, bei ihm ein, und man darf wohl mit einiger Sicherheit annehmen, daß der Deursche Reichskanzler die Zustimmung Italiens von Venedig mit nach Wien nahm. In Wahrheit liegen die Hauptschwierigkeiten innerhalb des Dreibundes in einem gewissen Interessengegensätze zwischen Italien und Oesterreich-Ungarn, von denen ja auch neuer dings wieder die Rede gewesen ist. Die geschickte Hand de- Grafen Bülow scheint sich auch in dieser Beziehung bewährt zu haben, und als der Reichs kanzler von seiner Osterreise wieder in Berlin ein traf, durfte die Ei Neuerung des Dreibundes wohl als gesichert gelten. Der Dreibund ist in der That nicht ein auf einsettigen Vorteilen einer einzelnen Macht beruhendes Verhältnis, sondern er gründet sich auf wirklich gemeinsame Interessen. Ueber seinen Charakter hat sich noch jüngst im Reichstage der Reichskanzler und nach ihm in den österreichischen Delegationen Graf GoluchowSki sowie in der italienischen Kammer Minister Prinetti so mnweideutia ausgesprochen, daß eine falsche Auslegung von vornherein al- aus geschlossen gelten muß. Der Dreibund ist lediglich ein Verteidigung^bund, er vereinigt die drei großen europäischen Mittelmächte nicht zu irgend einem Unternehmen, das auf Angriff und auf Landnwerb irgend welcher Art abzielt, er hat vielmehr aus schließlich die Wahrung deS ungestörten Besitz standes der drei Mächte zum Ziele Ihm fehlt jede Spitze gegen irgend eine ausländische Macht, insbesondere eine Spitze gegen Rußland; er sieht nur Möglichkeiten von Angriffen vor, die um so sicherer ausbleiben werden, ze fester die drei Mächte zusammcnhalten und diesen Zusammenhalt während einer langen Reihe von Jahren bewähren. Er dient nicht den Tinzelmteresfen einer dieser drei Mächte, er hat ausschließlich ih.e Gesamtinteresfen im Auge; deshalb wird er auch so lange in Kraft bleiben, als diese Gesamtinteresfen in der gemeinsamen Bewahrung und Sicherung des europäischen Frieden- sich ver einigen. Keine der beteiligten Mächte hat ihm größere Opfer zu bringen, als die andere. Roch Anfang diese- Jahres hat Graf Bülow im Reichstage mit allem Rachdruck erklärt, daß der Dreibund feinen Teilnehmern keinerlei lästige Ver pflichtungen auserlegt, sie insbesondere nicht ver pflichtet, ihre Land- und Seestreitkräfte auf einer be- snmmteu Höh- zu ha ten. Er steht vielmehr jedem Teilnehmer am Dreibunde frei, seine Land und Seestreitkiüfte herabzusetzen, wann er will und wie er will; und ohne den Dreibund würde der eine oder andere seiner Teilnehmer sogar zu stärkeren militärischen Anstrengungen und größeren militäri schen Aufwendungen genötigt sein als jetzt, wo er Mitglied einer starken Gruppe ist. Die Beurteilung, die der Reichskanzler nach den vorstehenden Ausführungen dem Dreibundvertt age zu teil werden läßt, entspricht genau derjenigen, die der große erste Kanzler des Deutschen Reiches im 29. Kapitel deS 2. Bande- seiner „Gedanken und Er innerungen" mitteilt. Es heißt dort, daß eine „Ab machung mit Oesterreich nur dann eine wesentliche Garantie des europäischen Friedens und der Sicher heit Deutschlands biete, wenn sie den Zweck hätte, den Frieden mit Rußland nach wie vor sorgfältig zu pflegen". Wir sind der festen Zuversicht, daß der neube siegelte Bündnisvertrag wie bisher in segensreichster Weise wirken wird; er bietet eine neue, zuverlässige Gewähr für die Erhaltung des VölkersriedenS in Europa dar. Zur Ausgestaltung des Zolltarifs. Denjenigen Politikern gegenüber, die nicht müde werden, zu behaupten, daß Deutschland in der Aus gestaltung deS Zolltarifs in fchutzzöllnerifcher Richt ung dem Auslände voranaehe, wird in einem in Conrads Jahrbüchern veröffentlichten Aufsatze über die künftigen deutschen Handelsvertragsverhandlungen eine kleine Zusammenstellung der entsprechenden Vorgänge in andern Ländern cntgegengehalten, die erkennen läßt, wie wenig berechtigt der gegen Deutschland erhobene Vorwurf ist. Nachdem betont worden ist, daß Deutschland seine Zölle im auto nomen Tarife mit wenigen Ausnahmen auf dem Stande von 1879 gehalten und einen ansehnlichen Teil von ihnen in den Handelsverträgen der 90er Lunst und Wissenschaft. Neue Romane. II. Der historische Roman taucht, abgesehen von dem KiiegSroman der Gebrüder Marguerite, in der ganzen Flut neuer Romane nur vereinzelt auf. Ja, die heitere Geschichte von Wilhelm Bölfche, die sich „Der Zauber de« König« ArpuS" nennt (Dresden und Leipzig, Verlag von Karl Reißner, 1902) und die in zweiter Auflage vorliegt, könnt« man eher al« ein« ver gnügliche Parodi« auf den historischen Roman betrachten, denn al« solchen selbst. Der Verfasser hat recht, wenn er im Vorwort der zweiten Auslage meint: „Die Sache ist, ob in deiner alten Scherzgeschichte irgendwo, sn's auch tropfendünn, ein Quentchen Poesie sitzt, di« küßt, sonst ist e« nicht wer», die Motten und den Ramsch- Staub davon »u klopfen", und er hat doppelt recht mit dem Zusatz«: „ES giebt «ine gewisse psychologische Wahrheit auch im historischen Stil, im Dialog, die über der Maskerade steht" Nicht«destsweniger bleibt ein Unterschild zwischen dem freien und individuell wechselnden Ausdrücke lebendiger Gestalten au« irgend ein«r Z«it und meinet halben also au« der Z«it de« Imperator« Titu« und dem burschiko« übermütigen Tone dieser heiteren Ge schichte. Schon die Erfindung, daß der Sabiner Wein st ut«besitz«r FuScu« und der römische Ritter Faustinu« nach der römisch-germanischen Grenze bei Moguntiacum auSziehen, um bei den wild«n Chattrn ein Dutzend Krüge de« germanischen Königötrank«, eine« wunderbaren Met«, zu erbeuten, und nach vielen Abenteuern al» Schwäger, al» Gatten der Schwestern Camilla unv Lucilla, von denen die letztere sogar einige Zeit unter d«m Namen Frieda als germanische Priesterin gewaltet hat, gen Rom heimkehren, rückt den „Zauber des König« ArpuS" ziemlich nah« an Scheffel« „Pumpus von Pe- rusia" und ähnliche Gebilde feuchter Fröhlichkeit heran. Da aber der rasch vorwärts drängende Ton deS echten Fabulisten, der über alle Steine der Unmöglichkeit, durch all« Dornhecken der Unwahrscheinlichkeit fortreißt, durch die Geschichte hindurchgeht, die fraglichen Einfälle der Bölscheschen Erfindungskraft wenigsten« durchaus ergötzlich sind, so läßt sich „Der Zauber de« König« ArpuS" gut lesen und birgt auch, um mit dem Verfasser zu reden, rin Quentchen Poesie Bi« die Ausfahrt der Römer nach dem KönigStranke des Chattenlönigs, wegen zunehmender „tvwperanov" in Deutschland, völlig un verständlich wird, mag noch manches Jahr und Jahr zehnt vergehen. Einen anderen Ton schlägt Johanne« Dose in „Frau Treue", Geschichten aus der Geschichte (Leipzig, Sächsischer Volksschrrftenverlag), an. Seine Geschichten au« der Geschichte spielen im alten Hadertzlebener Herzog«- Hause, da« Herzog Johann von Hadertleben 1559 er richtete, aber im siebzehnten Jahrhundert, zur Zeit der schwedisch.dänischen Kämpfe unter Karl Gustav und nach dem DreißigjährigenKriege Seine Heldin ist Eleonore von Eisen berg, die Tochter de» Hadertlebener Apotheker«, di« in ihren Tagen mancherlei Li«be und Leid erfährt Der schwedische Leutnant Anker wird um. ihretwillen er schossen, dem wackeren Han« Hoyer, der um sie wirbt, muß sie einen Korb, mit „Schwesterlirbe" gefüllt, »eichen, BoquSlaw Tehki, den sie liebt, ist Pole und Katholik, sie entsagt ihm, bleibt ihm aber treu, und nachdem siebzehn Jahre in« Land gegangen sind, kehrt er al« oeradlchiedrler Hauptmann Tetten, der inzwischen auch zum evangelischen Bekenntnis übergetreten rst, zu ihr zurück, und sie sieht Spätrosen blühen. Gestalt, Farbe, Hauch diese« kleinen Roman« mahnen etwa» an die Erzählungskunst August SperlS; die schlichte Vortrag«, weise ist nicht ohne Reiz, aber freilich beruht ihre Wirkung fast ebensoviel auf dem erbaulichen als auf dem eigentlich poetischen Element der Erzählung Weitau« die größte Zahl der Romane stellt irgend ein Stück Leben der Gegenwart dar, denn der Episoden- roman, der meist nur «ine erweiterte, mit allerhand Milieu ausgedehnte Novelle ist, behauptet sich im Vordei- grunde aller erzählenden Produktion. Für scher ächere,mlttle»e Talente, deren Ledenskre,» eng, deren schöpferische« Ver mögen beschränkt ist, hat diese Abart de» Raman«, die dazu für „spezifisch mosern" gilt, einen gewissen Vorteil Da» Weltbild de« alten Romans brachte jenen Talenten die Gefahr, in leeren Stellen, in unbeseelten trivialen Gestalten die Dürftigkeit ihrer Welteindrücke, die Platt heit ihre» Gefühl« zu verraten Der Episodenrcman läßt sich umgekehrt aufputzen Im engsten Raum kann da und dort ein Schiebefenster geöffnet, rin Guckloch aufgethan werden, durch da« man einen Streifen Wolke oder Wald sehen kann, der sür «ine Welt gilt In dieser Kunst der täuschenden Perspektive entwickeln nament lich nns«re Erzählerinnen erstaunliche Gewandtheit, man glaubt in einzelnen dieser Romane wirklich große Lebens fragen behindelt, allgemeine Lebensgefitze ausgesprochen zu sehen, während r» sich zumeist um ein AlltagLschicksal, noch dazu ohne lyprsche Bedeutung, hendelt Aber die Dachluke, nach der wir über die Gestalten hinweg starren sollen, fehlt nicht leicht Gleich der erste Roman au« weiblicher Feder, den ich zur Hand nehme: „Ein Moderner" von Klau« Rittland (Elisabeth Hemroth; Berl»«, F Fontane u Co, 1902), »st »m Grunde nur eine Novelle, in der ein Assessor Alexander Schirmer, der Sohn «ine» Stettiner Großkaufmann» und Krösu«, der ein wenig Malcrtalrnt hat, es nicht zum Künstler und zum Gewinn einer tüchtigen, frischen, talentvollen Frau, als welche die Malerin Erdmute Lentz geschildert wird, bringen kann Die Begebenhriten ver laufen einfach genug, aber klar überzeugend, zwischen Stettin und MiSdroy, die vielbewunderte Modernität deS jungen Junsten und seine Scheinbedeutung wird mit guter Beobachtung auf ein winzige« Etwa« zurück- geführt: „Eigentlich ragte Sascha in dem, waS er redete und that, durch,»« nicht über die Freunde hervor. Er stapfte in denselben ausgetretenen Gleisen Aber mit Ekel; da« war ver Unterschied." Der Roman überzeugt un« vollkommen, daß Sascha nicht der Mann ist, au« eigener Kraft ein neue« Leben zu beginne« und sich Erdmute» Liebe zu bewahren. Amr er überzeugt uns keineswegs, daß da» alleinige Heil der Welt in der Ausübung der Kunst beruhe, und e« dünkt uns weit schlimmer, daß Alexander Schirmer nicht da» Zeug zu irgend einer kraftvollen Pflichterfüllung und Thätipkett hat, al« daß er nicht unter die Münchner Sezessionisten geht. Der Mangel an Blut und Mark, die klägliche Abhängigkeit von der Mode und der Meinung einer Gesellschaft, deren Jämmerlichkeit er selbst vollkommen durchschaut, sind sein Unheil, nicht aber der Verzicht auf seine Malerzukunst Die richtigen Linien dev poe tischen Bilde» sind in falsche Beleuchtung gerückt, zwischen dem Leben und dem Künstlerleben ist ein künst licher Gegensatz geschaffen — Kräftiger und mit besserer innerer Berechtigung sucht der Roman „Der Gott überwinder" von Gertrud Franke-Schieorlbein (Berlin 1902, F Fontane u Comp s au« einem Einzel-
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