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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.10.1898
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-10-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18981010013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898101001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898101001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-10
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Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung SO.—, mit Postbeförderung 70.—. Anzeiger. Ittttsvlatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Rathes und Notizei-Ämtes -er LtadL Leipzig. Montag den 10. October 1898. Annahmeschluß für Anzeigen: lllbend-Auögabe: Vormittag» 10 Uhr. Morgen.Ausgabe: Nachmittag» »Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet» an d-« Expedition zu richten. Druck und Verlag von <k. Polz in Leipzig 92. Jahrgang. Städtebilder aus Sachsen. Döbeln. Nachdruck »erdolkN. L Auf eine mehr als neunhundertjährige Vergangenheit vermag die Stadt Döbeln zurückzublicken. Die älteste Urkunde über Döbeln stammt aus dem Jahre 981. Die Geschicke, die uns« deutsches und engeres Vaterland in diesem langen Zeit räume trafen, hat Döbeln in allen seinen wechselnden Formen mit durchlebt. Manches traurige Verhängniß, aber auch manch freudiges Ereigniß sahen die Bürger Döbelns an sich vorüber ziehen, durch Macht zum Licht stieg Döbeln zu seiner jetzigen Bedeutung empor, so daß es jetzt eine Zierde in dem blühenden Kranze sächsischer Städte geworden ist. Die Geschichte derStadt Döbeln ist interessant, da sie zugleich die Geschichte des Burgwartsbezirks Döbeln bildet. In einer Urkunde, ausgestellt von der kaiserlichen Kanzlei in Wallhausen, wird Döbeln ausdrücklich als kaiserliches Castell und Burgwarte bezeichnet. Erwähnte Urkunde datirt vom 21. Juli 981, sic bestimmte, daß Doblin (Döbeln) fortan bezüglich des Eigenthums- und Nutzungsrechts dem Kloster Memleben an der Unstrut zugehöre, im Uebrigen aber blieben die Bewohner Unterthemen der Markgrafen von Meißen. Um 1015 ward DöbelnLehngutderAbteiHersfeld, um das Lehnsrecht der Aebtr scheinen sich aber die Markgrafen von Meißen wenig gekümmert zu haben, denn sie verkauften im 14. Jahrhundert Döbeln und traten bezüglich desselben zu den Bischöfen von Meißen in «in neues Lehnsoerhältniß. Das ging so zu. Im Jahre 1385 befand sich Markgraf Wilhelm I. in Geldverlegenheit, deshalb verkaufte er unterm 23. Juni Haus und Stadt Dobelyn mit Mannschaften und allem Zubehör nebst 123 Schock und 53 Groschen Jahresrente von der Stadt Dresden für zusammen 5000 Schock Groschen an den Bischof und das Capitel zu Meißen. Der Verkauf war auf Wiederverkauf abgeschlossen worden, so daß nach sechsmonatlicher Kündigung die Markgrafen das Recht haben sollten, nach Rückzahlung der 5000 Groschen Döbeln wieder in ihren Besitz zu bringen, doch davon ist Näheres aus der Urkunde nicht ersichtlich; wohl aber scheinen die Bischöfe von Meißen diese Summe dem Markgrafen ganz oder doch wenigstens theilweise erlassen zu haben, da er sich um das Hochstift große Verdienste erworben, unter der Bedingung, daß er Döbeln von dem Hochstift Meißen zu Lehn nehme. Durch die Reformation kam dieses Lehnsverhältniß ins Wanken durch die Kapitulation, die Kurfürst August unterm 10. und 20. Oktober 1581 mit dem Bischöfe und Domkapitel zu Meißen schloß, nach welcher zunächst für seine Person Kurfürst August zur Regierung des Hochstifts gelangte. Das Jahr 1581 ist also als der Zeitpunkt anzusehen, von welchem ab Döbeln wieder unter die Herrschaft säch sischer Fürsten kam. In dem Zeiträume von 1300—1581 traf Döbeln manch widriges Geschick; Krieg und Kriegsgeschrei erschallte wiederholt in seinen Mauern und in seiner Umgebung. DaS Jahr Die Ztadtobligation. Humoreske von Loui» Coudurier. Deutsch von Fritz Bussermann. Nachdruck verbot«» I. Herr P. P. P. Hurlet jun-, Nachfolger seines Vaters, ist unter den Drogisten des Bezirks Montorgueuil am vortheil- haftesten bekannt. Da der liebenswürdige Titel „jun", mit dem er sich in rein geschäftlichem Interesse schmückte, über seine Persönlichkeit und sein Alter irrige Ansichten erwecken könnte, so constatiren wic, daß er das Vorgebirge der schlechteren Hoffnung, nämlich die Fünfzig, mit vollen Segeln bereits umschifft hat. Er bleibt aber nach wie vor Hurlet „jun.". UrbrigenS ist er etwas Bessere» äl» ein gewöhnlich« Drogist. Er ist ein Erfinder. Die Menschheit verdankt ihm ein noch wenig bekanntes pharmaceutischeS Product, rin Zahnwasser, daS ihm Ehre und Geld eintragen soll, und dem er den schönen Namen „Malvalin" verliehen hat. Bi» jetzt hat da» „Malvalin" seinem Erfinder zwar kostbare Dankesbezeigungen, besonders von Seiten eine» hervorragenden Mitgliedes der Akademie der moralischen Wissenschaften, ein getragen, doch um ein Product dieser Art mit großer Reklame zu lanciren, braucht man viel Geld und Herr Hurlet hatte krins, denn der Handel mit heilsamen Kräutern war mehr aromatisch al- lucrativ. „Ach", sagte er eine» Tage» zu seiner Wäscherin, der Wittwe Gömisson, die ihm seine Wäsche zurückbracht«, „wenn ich nur 25 000 Franc- auftreiben könnte, um mein Malvalin zu lanciren — noch vor Ablauf eine» Jahre» würde ich dem glücklichen Darlecher 50 000 zurückzahlen!" „Das wären ganz hübsche Zinsen", bemerkte Madame Gömisson wohlgefällig; „ckber so viel Geld ist schwer aufzutreiben; «S wird Einem jetzt so schwer gemacht, «» zu verdienen! . . . Sehen Tie mich zum Beispiel an, Herr Hurlet, Sie wissen, wie ich mich seit dem Tode meines Seligen, — jetzt sind'» zehn Jahre — abschinde. Und wissen Sie, wa» ich seitdem habe dei Seite legen können?" Hurlet schüttelte den Kopf. „Na, sehen Sie, Herr Hurlet, e» ist nicht zu glauben, waS e» einer Frau, die ihren Lebensunterhalt verdienen will, schwer wird, sich durchzuschlagen! . . . Sie mögen mir glauben oder nicht, aber ich habe, weil ich noch für drei Töchter zu sorgen habe, nur 500 Franc» sparen können! — Dafür habe ich eine Obligation der Stadt Paris von 1885 gekauft. . . . Einer gewinnt ja doch immer, nicht wahr?" „Allerding»", versetzte der Drogist philosophisch, „leider ist «» immer «in Anderer!" „Dann um so schlimmer, aber man hat di« Hoffnung, und dmm -ab« ich auch «in« so schön« Nummrrr 56 058." 1292 verwickelte die Döbelner Burgherren mit dem böhmischen Grafen Smildoninsky in eine Fehde, wobei Burg und Kirche in Trümmern gelegt wurden, so wenigstens berichtet die Chronik, urkundliche Unterlagen zu dieser Fehde fehlen. Kaum hatte sich Döbeln von diesem Unglücke erholt und die Gebäude in schönerer Gestalt aufgeführt, als 1333 eine verheerende Feuersbrunst Alles wieder in Schutt und Asche legte. Unter der Regierung der drei Markgrafen Friedrich, Balthasar und Wilhelm hatten sich in Döbeln die Staupitze festgesetzt. Sie hatten nicht nur eine Hofstätte in der Stadt, sondern auch Wohnsitze auf dem Staupitz- berge und dem Reichenstein, dem jetzigen Burgstadel. Als 1415 Dietrich von Staupitz am Fastnachtstage widerrechtlich den Besitzer des Schlosses Kriebstein, Dietrich von Beerwalde, ver trieb, kam Friedrich der Streitbare als Lehnsherr herbei und strafte den frechen Staupitz, wobei wahrscheinlich die Veste auf dem Reichenstein zerstört ward. Zur Niederwerfung der Hussitenin Böhmen mußte Döbeln auch eine Anzahl Streiter stellen, es erhielt aus der Stadtcasse jeder geharnischte Mann wöchentlich 15, «in Schütze 10 und ein Fußknecht 6 Groschen. Nach der blutigen Niederlage bei Aussig wurde in Sachsen ein Heer aufgebracht, um dem Einfalle der Hussiten vorzubeugen, zu diesem mußten die beiden Städte Leisnig und Döbeln fünf zehn Reuter stellen. Doch die wuthschnaubenden Hussiten drangen in Sachsen ein und auch Döbeln mußte ihren Zorn fühlen; im Januar 1430 erschienen sie vor Döbeln und, wie es in einer alten Chronik heißt, ließen sie nicht einen Stecken Holz von der Stadt stehen. Die Pest suchte 1439 und 1440 die Stadt und Um gebung in schrecklicher Weise heim, ganze Orte wurden entvölkert und noch lange sprachen Kind« und Kindeskinder von dem großen Sterben. Im Bruderkriege verheerten und plünderten die böhmischen Söldnerschaaren Döbeln auch, doch muß sich die Stadt bald wieder erholt haben, denn schon 1455 war sie in der Lage, dem Kurfürsten 500 rheinische Gulden leihen zu können. In diesem Zeiträume ward die Stadt Döbeln auch vielfach von großen Bränden heimgesucht, hauptsächlich 1456 und 1488, wo die ganze Stadt in Feuer aufging und 13 Menschen mit verbrannten, außerdem kamen noch Brände vor 1463, 1474, 1507 und 1515. Der letzte große Stadtbrand hat am 21. Juni 1730 stattgefunden. In den Kämpfen, die zwischen Herzog Moritz von Sachsen und dem Kur fürsten Johann Friedrich stattfanden, hatte Döbeln ebenfalls schwer zu leiden, bald mußte es Moritz Streiter stellen oder Kriegssteuern zahlen, bald plünderten die Heere des Kur- fürstm die Stadt. Zum Zuge nach Magdeburg 1550 mußte Döbeln dem Herzog Moritz 150 Mann stellen und im März 1552 wieder 40 Mann zum Zuge nach Innsbruck. Dem Herzog Moritz dankt die Stadt drei Freistellen in der Landesschule zu 'korta. dos ?kaadrecht auf dem städtischen Grund und Boden, sowie die Bestätigung de» Kirchmeßjahrmarktes. In der zweiten Hälfte Les 16. Jahrhunderts traten diePest und andere Seuchen in Döbeln wieder in erschreckender Weise auf. Während sonst in der Parochie nur 150 Todesfälle zu verzeichnen waren, starben 1568 an der Pest 302, die Ge- „Die Nummer muß nicht nur schön, sie muß auch gut sein, Madame Gömisson! DaS ist die Frage; rstut is Ide gusstion, Wie Shakespeare sagt." H. Einige Monate nach dieser denkwürdigen Unterhaltung be merkte Herr Hurlet, als er seine Zeitung durchflog, die Ver» loosungstadelle der Werthbbligationen von Paris 1885, und er konnte kaum einen Schrei der Ueberraschung unterdrücken, als er entdeckte, daß die Obligation Nr. 55 055 mit 150 000 Francs gezogen worden war! Die Nummer der Madame Gömisson! Diese Laune des Schicksals! — Hurlet war geblendet. Allerdings waren 150 000 Francs bei dem augenblicklichen Werth des Geldes noch kein Reichthum, selbst nicht in den Augen eines Mannes, der stets rm Drogenhandel gelebt hat; aber wie schön konnte man damit das „Malvalin" lanciren und es millionenweise durch die ganze Welt versenden! Die Frau Wittwe Gömisson «schien wieder in dem Laden der Rue du Petit-Lion, und zwar in Begleitung ihrer mageren drei Töchter, al» Hurlet auftauchte und um eine Privat unterredung bat, die ihm sofort bewilligt wurde, und zwar be- schied ihn die waschbeflissene Wittwe in ihre Wohnung, wo sie ihn in ihrem Hinterstübchcn empfing. Nach einer kurzen Einleitung ging Hurlet zur Sach« über, sprach von der Bitterkeit de» einsamen Leben» im Gegensatz zu den reinen Freuden der Familie, pries die äußeren Reiz« der Madam« Gömisson, sowie ihre inneren Tugenden und bat die verdutzte Wäscherin um die Ehr«, ihr unter der Garantie des Maire» de» zweiten Arrondissement» seinen Namen anbietrn zu dürfen. „Ich hege diese Idee schon seit sehr langer Zeit, Madame Gömisson", fügte er in überzeugtem Ton« hinzu. „Mr haben über viel« Dinge dieselben Ansichten; Sie sind eine unvergleich liche Hausfrau und werden der Schmuck und der Trost meiner öden Häuslichkeit sein. Mein kleines Geschäft geht nicht allzu schlecht, wie würde e» erst gehen, wenn mir «ine Gefährtin, wie Sie, zur Seite stände! Und übrigens habe ich di« so überaus richtige Bemerkung Scribr'S nicht vergessen: „Wehe dem Manne, der allein steht!" Madame Gömisson, di« auch schon ihren fünfzigsten Frühling hatte blühen sehen, war nie sehr hi-bsch gewesen, dafür trug sie kokett auf dem Kinn und den Wangen ein« nette Anzahl von Erhöhungen, die mit kleinen, nicht übermäßig anheimelnden Haarbüscheln geschmückt waren, außerdem schrieb sie ihren Augen, di« übrigens recht gewöhnlich grau waren, einen ganz unwider stehlichen Reiz zu. — Sie zierte sich und spielt« — allerdings nur schwach — die Ueberrascht«. Dann meinte sie, sie gehöre nicht mehr der ersten Jugend an und hätte nie daran gedacht, sich wieder zu ver- heirathen. Hatte sie doch drei große „Töchterchen", von denen die älteste bereit» in» zwanzigste Jahr ging! Da» war da» Einzige, wa» sie ihrem Gatten mitbringen konnte. Eine schwere Last! Bi« Frauen für einen einzigen Drogisten! Hurlet zeigt« sich chevalerrSk. Er hatte auf Alle» eine Ant wort. .Madame Gömisson batte drei Töchter? Um so besser! so war seine Familie schon fix und fertia! — Kein Geld? O, sammtzahl der Todten betrug 418 Personen; 1580 starben an der Pest 235,1584 535, 1585 925; 1586 reichte der bisherige Gottes acker nicht mehr aus, um die Leichen zu bergen. Besonders stark wüthete die Pest in den Jahren 1611 und 1612, ebenso 1637, im Jahre 1612 starben in Döbeln an der Pest 1129 Personen, auch die angenommenen Pestbarbiere erlagen der Seuche. Unter der Regierung des Kurfürsten Vater August und seiner Nachfolger Christian I. und II. hatte Döbeln verhältnißmäßig ruhigeZeiten , nur ein einziges Mal ward es zur Lieferung herangczogen. Es war dies im Jahre 1567, als Vater August den Grimmenstein bei Gotha belagert«. Zur Belagerung mußte Döbeln zur Ausfüllung der Gräben von jedem Gebräude «inen Sack liefern, was 900 Stück ausmachte. Hieraus ersieht man, in welch' schwunghafter Weise zu Ende des 16. Jahrhunderts die Brauerei in Döbeln betrieben ward. Der Stille aber folgte alsbald der Sturm. Der Alles ver heerende Dreißigjährige Krieg suchte auch Döbeln schwer heitn. Zu Anfang September 1620 mußte es eine Anzahl Mannschaften zur Belagerung von Bautzen stellen und für deren Löhnung besorgt sein. Da alle Cassen leer waren, entnahm der Rath das nöthige Geld der Stipendiaten-Casse und machte eine Anleihe bei dem Amtsschösser Horn. Nachdem sich Kurfürst Johann Georg I. mit Gustav Adolf verbunden hatte, hatte die Stadt durch die Kaiserlichen schwere Bedrückungen zu erleiden. Zuerst gelangte Holke mit seinen Reitern an, als er abgezogen war, kamen Kroaten, die Döbeln und Umgebung auf jede erdenk liche Art plagten. Unheilbringend war der Spätherbst des Jahres 1634. Am 19. October kamen 1000 Mann Reuterei und er preßten 700 Thal« Brandschatzung, am nächsten Tage über listeten sie die Stadt und plünderten und sengten. Mit reicher Beute beladen zogen sie am 21. October ab nach LeiSnig. Bereits am 22. October kam ein neuer Schwarm, um Döbeln abermals zu plündern. In welch' unnobler, ja gemeiner Weise die Schweden hausten, davon berichtet die Döbelner Chronik Folgendes: „Am 8. Januar 1637 kamen 200 schwedische Reiter von Leisnig nach Döbeln her, begehrten Einlatz, wurden aber abyewiesen. Nun hatte sich der Oberst von Bock auf Rittmitz in Döbeln eingemiethet. Dieser ging hinaus, um sich das Streif corps anzusehen, in dem Commandirenden desselben erkannte er einen alten Bekannten, der sich mit ihm auf da» Freundlichste unterhielt und ihn bestimmte, die Bürgerschaft zu überreden, daß sie die wenigen Mann für ein« Nacht beherberge. Man öffnete wirklich die Thore und ließ die Schweden ein; kaum hatte der Oberst von Bock seinen alten Bekannten auf das Beste bewirthet und dieser nebst seiner Mannschaft sich durch Speise und Trank gestärkt, so kamen noch 200 feindliche Soldaten in die Stadt. Nun fühlten sich die Schweden so stark, daß sie ihr Vorhaben nicht länger verhehlen. Der Oberst von Bock war der Erste, der sein Röcklein ausziehen mußte, und über die ganze Stadt er ging eine furchtbare Plünderung, zumal Abend» acht Ilhr noch ein drittes schwedisches Corps ankam, das ebenfalls nicht leer auS- gehen wollte." Die Plünderung setzte sich auch in den nächsten Tagen fort, so daß viele Bewohner bis auf das Hemd auS das Geld macht nicht glücklich, wie Bossuet sagt, wenigstens könnt« man ihm dann nicht vorwerfen, seine Frau nicht um ihrer selbst willen genommen zu haben! Während er sich in leidenschaftlichen Versicherungen erging, quälte ihn ein schrecklicher Zweifel; er fragte sich, ob die Wittwc nicht vielleicht unglücklicherweise ihre kostbare Obligation ver kauft hatte. Um sich davon zu überzeugen, fuhr er in fröhlichem Tone fort: „Und dann überhaupt . . . Sie sagen, Sie haben nichts? . . . Sie haben doch 500 Francs; das sind noch 500 Francs zu viel, denn ich möchte Sir ganz ohne Geld haben! . . . Sie allein! Das genügt! wie MoliSre so schön sagt." „Ach, Sie sprechen von meiner armseligen Obligation, von meiner Nummer 55 055?" fragte die Wittwe. „Na, Sie brauchen nicht zu befürchten, daß sie 'rauskommt, die Nummer!" Hurket's Herz schlug heftig. Sie hatte die herrliche Obli gation noch immer, und ein Zweifel war nicht möglich! es war Nr. 55055! Da er sich auf die Notiz einer Zeitung nicht der lassen wollte und einen Druckfehler befürchtete, so war der Drogist, bevor er sich zu der Wittwe begab, in das Bureau des Rathhvuses gegangen, wo man ihm bestätigte, daß die Obligation Wirklich gezogen worden war. Ueberglücklich beschleunigt« er die Angelegenheit nach Kräften. Wozu Zeit verlieren? Kannte man sich nicht schon seit langen Jahren? Er regelte also schnell alle Formalitäten der Ehe, die in kürzester Frist gefeint werden sollte. Die Wittwe sollte ihr« Wasch- und Plättanstalt auf der Stelle aufgeben. Hurlet zeigte sich gleichzeitig beredt und zärtlich, und als er endlich von seiner Zukünftigen Abschied nahm — diese Zu künftige gehörte allerdings zum größten Theile der Vergangenheit an — rief er: „Auf Wiedersehen also! Wir sind für einander geschaffen, denn, wie Victor Hugo schon so schön gesagt hat: „DaS Herrlichste, das uns Vie Liebe schuf. Da» ist und bleibt ein glücklich Ehepaar!" III. Die Hochzeit des Herrn Pierre Prudent Philibert Hurlet jun-, Drogisten, mit Frau Wittwe Catharine Gömisson, geborener GraSdeplanche, wurde mit äußerst geschmackvoller Ein fachheit gefeiert. Hurlet jun. strahlte. Er hatte die Sache sozusagen mit fliegenden Fahnen durchgeführt. Wär« die Wittwe scharfsichtig gewesen, hätte sie erfahren, daß der Zufall sie bereichert habe, so hätte st« vielleicht gezögert, ihre drei Töchter, die an Häßlichkeit rivalistrten, hätten sie gezwungen, ihnen «ine Ausstattung, eine Mitgift zu geben und sie zu verheirathen. So aber war Alle» nach Wunsch gegangen. Der triumphirende Drogist hatte sich so geschickt benommen, daß die Wittwe ihre Stadtobligation nicht hatte zu verkaufen brauchen, « hatte ihr ein« Summe von 1000 Francs aufgedrungen, die zur Bestreitung der hochzeitlichen Ausgaben bestimmt war, denn er wollte nicht — wie er so schön sagte — daß die Obligatton, di« „edle Frucht d«S Schweiße-" seiner zukünftigen Lebenigefährtin in di« schnödrn Hände gleich- gütiger Menschen kommen sollte. „Dieser Rententitel", hatte er poetisch hinzuaefügt, „ist Ihr Ruhmestitel, bewahren wir ihn al» einen kleinen Familienlchatc." geplündert wurden. Endlich erlangte die Stadt von dem Obersten Georg von Dobritz Sauvegarde gegen Zahlung von 8000 Thalern in gesetzten Fristen, drohte aber, das Kind im Mutterleibe nicht zu verschonen, wenn die Zahlungen ausblicben. Noch toller trieb es der s ch w e d i s che O b e r st P f u h l in den Jahren 1640 und 1641. Nachdem er mit seinem Corps sich in Döbeln vierzehn Tage gütlich gethan hatte, erpreßte er beim Abschied« noch 2000 Thal« Geld für sich, für jeden seiner Soldaten 10—20 Thaler und außerdem nahm er noch für 800 Thaler Tuch und Stiefel mit. Am Neujahrstag 1641 er preßte er abermals 1500 Thaler; um die Summe aufzubringen, mußte die ganze Nacht hindurch die Glocke auf dem Rathhause geläutet werden. Auch der Nordische Krieg brachte für Döbeln manche- Ungemach, besonders drückend war das Jahr 1706, als Karl XII. mit seinem Heere selbst nach Sachsen kam. Am 17. September 1706 kamen 1000 Mann Schweden an, die nach vier Tagen von 1000 anderen abgelöst wurden, die aber noch 500 Pferde mit sich führten. Der Aufwand für diese Einquartierung betrug 50000 Gulden, zudem waren noch 20 000 Gulden an Kon tribution aufzubringen. Als der König Karl XII. mit seinen Großen in Leisnig Hof hielt, mußte Döbeln und Umgebung be deutende Lieferungen von Proviant und Fourage dahin leisten. Die Schlesischen Kriege und der Sieben jährige Krieg berührten Döbeln oft in recht empfindlicher Weise. Der erste Schlesische Krieg spielte sich weit abseits von Döbeln ab, dahingegen machte sich der zweite recht fühlbar. Im Jahre 1745 erfolgte der Rückzug der sächsischen Armee durch Döbeln, er brachte starke Einquartierungen, Verpflegung von Ver wundetcn und Erkrankten mit sich. Als die Preußen ein- marschirten, wurden den Bürgern hohe Contributionen aufgelegt. Besonders schwer hatte Döbeln und Umgebung im Sieben jährigen Kriege zu leiden. Gleich von Beginn rückte ein preu ßisches Infanterieregiment ein und von nun ab hörte die Ein quartierung monatelang nicht auf. Von 1756 bis 1757 hielten in Döbeln 2200 Preußen Winterquartier, außerdem mußten noch 200 Kranke und Verwundete verpflegt werden. Die zweite Hälfte des Jahres 1757 gestaltete sich noch kriegerischer. Es gc lang einer Abtheilung österreichischer Husaren, das Döbelner Magazin wegzunehmen und bei Leisnig einige preußische Ab (Heilungen aufzuheben. Nun aber rückten starke preußische Hecreskörper heran, so daß in Döbeln fast jedes Haus mit 40 bis 50 Mann Ein quartierung belegt ward. Mitte September gelang es ösle. reichischen Husaren, in Döbeln eine preußische Kasse wegzu nehmen, aber trotzdem blieben die Preußen in Besitz der Stadr und bezogen hier die für die Ansässigen so lästigen Winter quartiere. Auch das Jahr 1758 brachte der Bürgerschaft viele Lasten, da die Truppendurchmärsche anhielten -n) besonders viele Artillerie mit vielen Pferden unterzubringen war. In den Jab ren 1759 und 1760 stand Döbeln bald unter österreichischer, bald unter preußischer Herrschaft. Beide requirirtcn und fouragirten in schonungsloser Weise in und um Döbeln, zudem suchten sich Gelegentlich sprach er sogar davon, das Papier einrahmen zu lassen. Er selbst hatte die berühmte Obligation während des E>n zuges seiner besseren Hälfte gesehen; mit seinen Blicken Hatt er das wunderbare Papier, dieses Symbol seines Glückes, beließ äugelt. „O Malvalin", sagte er sich, „Traum meines Lebens! Endlich wirst Du zur Wirklichkeit werden!" Er kannte die Reserve, die sich ein Mann von Tact unv Geschmack in Geldfragen den Frauen gegenüber auserlegen muß. Indessen drei Tage nach der Hochzeit konnte er es nicht m-lw aushalten, er betrachtete zärtlich sein« Lebensgefährtin und sagt- mit süßem Lächeln: „W«nn Du wüßtest, was ich heute Nacht geträumt habe..." „Na, was hast Du denn geträumt?" fragte Madame Hurle: und zeigte in holdem Lächeln die vier Zähne, die ihr noch ge blieben waren. „Daß unsere Stadtobligätion mit einem großen Gewinn gezogen worden ist!" Die „junge Frau" zeigte ein mattes Lächeln und hauch:- mit leisem Tone: „Blödsinn!" Hurlet tätschelte ihr die Hände wie einem recht artigen kleinen Mädchen und fügt-pfiffig hinzu: „He, he, he! man kann nicht wissen ... ich habe noch ganz andere Dinge gcträum:, die in Erfüllung gegangen sind!" „Ah bah!" fuhr Madame Hurlet fort, „neulich war ir> in schöner Aufregung . . . denk' Dir blos, mein« Numm. 55 055 war mit dem großen Loose herausgekommen . . . Abc. es war ein« Ziehung der Obligationen von 1885 . . ." „Nun, und?" „Nun, und die meinige ist vom Jahre 1875 ... ich irre mich nämlich immer in der Jahreszahl! " P. P. P. Hurlet juv. fühlte, wie di« Erde sich unter seinen Füßen öffnete. Bleich, mit mechanischem Schritte holt« er au» dem Schrank, in dem sie ruhte, die Obligation und la» an ihrem Kopfe em setzt die Worte: „Stadt PariS-Gemeindcschuld von 1875"! Beinahe wäre er in Ohnmacht gefallen. Sein ganzes Gebäude von Ruhm und Vermögen brach zu sammen und erdrückt« ihn. Seine Augen trübten sich, und das Maloalin entfloh wi- ein großer goldener Vogel mit raschen Flügelschlägen ins Weite Weite, Weite.. . . Eine sanfte Liebkosung entriß ihn seiner Bestürzung nno er vernahm wie in einem Traum bas klangvolle Organ der Er- wittwe Gömisson, die ihm zärtlich zuflüsterte: „Woran denkst Du denn? Na, komm doch schon. Lasten wir di« Kindereien! — Du hast ganz Recht gehabt, als Du mich daran erinnertest, daß daS Geld nicht glücklich macht, wi der — der Dingkda so schön gesagt hat. . . . Apropos, w-r hat es doch noch gleich gesagt, mein Puttchen?"
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