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Dresdner Journal : 16.02.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-02-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188702160
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18870216
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18870216
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1887
- Monat1887-02
- Tag1887-02-16
- Monat1887-02
- Jahr1887
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- Dresdner Journal : 16.02.1887
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1887. Mittwoch, den 16. Februar, abends. O38 lr» I»,»« : ISbrUob 18 bt»rb ziibrlicb: L »»rb V0 t'k. Nummern -10 kk ä«vt»el»eu Neickv» tritt?o,t- uv6 8to^p«l»u»«NI»b LnkNllaixnnMßxvdNIlrvii, ?Sr ck»n k»nw »ivsr ^»xpittteusn 2«il« ^I«iv«r 8ebrist ?0 ?s vnt-r . i:>n«s-»o>!t" äi« 2eil» KV kk. 8»j 1'»d»U«a- u. LiN«r»»»t» «vttpr. Lr»vll«la«o» rK^lieU mit itanmLw« dar 8om»- imä k°«i»rt»^» »bvoö». DreÄmrÄmmml. Lvo»dw« 70» LoNNocklssuvss«» »QiMRrt»» Fr Lran-irtrtt«', OommimwQLr ck» I>re»6ii«r 1ouiD»I»; LEdorz - >»rN» Visa - I-stpitU ». U : //«aLrnrtrin F VvA/rr, 8«rN»-Vt«»-L»»d»rU. kr»<k-l,«i »i,-?r»o!ltor1 ». U.-USacd»: ?»!t» 1-«orIo»-L»rl>Q-kr»ll>lk«rl » N Da«b« F (Ä8«rUo' /nvaticke—cka-tt, Sr.m.o: F Le^tott«,' Lr»,I,a: I,. Furrau <Fm,i FatxU^-, SdrUti i (r. ^ac-i/okAer,- N»i>Lor«r: O. U»U« ». » F. Larct F Oo. Für die Gesamtleitung verantwortlich: Gtto Nanck, ssrofeffor der kitteratur- und Kunstgeschichte. Ner»a,xed«r« kvoml Nrpküitioo cle» Or«,ckver Vrv»ü«o, 2«lll8«r»lrL»»« Ko. >0. ÄmtliLer Ttil. Bekanntmachunü, betreffend die Gewährung von Beihilfen aus der Friedrich-Wilhelmstiftung für den Kurort Marienbad in Böhmen. Aach 8 4 und 5 des Statuts über die vorgedachte Stiftung ist das Finanz-Ministerium berechtigt, alljähr lich bis Ende März drei Personen, welche die Marien- bader Heilquellen und Bäder gebrauchen wollen, aber die Kosten einer solchen Kur auS eigenen Mitteln nicht zu tragen vermögen, zu Gewährung von auS Stif- tungsmitteln zu bestreitenden Beihülfen, welche statutenmäßig entweder in freier Wohnung oder einer Geldunterstützung oder beiden zugleich bestehen können, bei dem Vorstande der Stiftung zu präsemiren. Zu dem Ende werden diejenigen zum Ressort de» Finanz Ministeriums gehörigen Beamten, welche zum Gebrauche einer Kur in Marienbad in diesem Jahre eine solche statutenmäßige Beihülfe zu erhalten wün schen, hierdurch aufgefordert, ihre dieSfallsigen Gesuche längstens bis zum 15. März ds» IS. anher einzu- reichen. Dresden, den 10. Februar 1887. Finanz-Ministerium, von Köuneritz. Aekannlmachttng. Nachdem in der für unbemittelte Fräulein» von Elterlein und eventuell von Stieglitz er richteten Stiftung eine Stelle zur Erledigung gekom men ist, so wird solches nach 8 9 der Stiftung mit der Aufforderung an Alle, welche Ansprüche an die Stiftung haben, (worüber die Bekanntmachung vom 27. November 1-60 in diesem Blatte da- Nähere ent hält) sich binnen acht Wochen von heute an bei dem unterzeichneten Ministerium zu melden, hierdurch bekannt gemacht. Dresden, den 28. Dezember 1886. Ministerium deS Lullus und öffentlichen Unterrichts. v. Gerber. Fiedler. MMmllichkr Lei!. Geographische Wachrichten. Dublin, 16. Februar. (Tel.d.DreSdn. Journ.) Uuweit Ballycar in der Grafschaft Clare wurde gestern abend aus einem Hinterhalte auf einen Gerichtsvollzieher und zwei Polizisten geschossen. Alle drei wurden verwundet, ersterer tödlich. Die Thäter find noch unermittelt. Konstantinopel. 16. Februar (Tel. d DreSdn. Zourn.) In einer gestrigen Beratung zwischen den Vertretern der Pforte und den bulgarischen Dele gierten soll hinsichtlich der Zusammensetzung der Regentschaft ein Einvernehmen dahin erzielt worden sein, da- die Regentschaft aus Ltambuloff, Zankoff und einer dritten durchaus neutralen Persönlichkeit bestehen solle, über die man sich später einigen würde. Gleichzeitig wäre auch die Ernennung eine- neuen Kriegtminiftert im Privzipe zugestanden. Dresden, 16 Februar. Die ZentrumSpartei vor der Reichstagswahl. DaS große Rätsel, dessen Lösung uns die nächsten Tage dringen werden, bietet die Stellung der Katho- Feuilleton. L. Hoftheater. — Neustadt. — Am 15. Febr. „Der schwarze Schleier*. Schauspiel in 4 Akten von Oskar Blumenthal. DaS Verdienst, in diesem Stücke ernste Fragen der Gegenwatt zu würdiger Behandlung herauSge griffen und sie von lebensfähigen, oft trefflich gezeich neten Gestalten, denen allerliebste Episodenfiguren zur Seite stehen, durch Handlung und Betrachtung zum Lntlrag bringen zu lassen, macht sich unverkennbar bei allen Unbefangenen mehr und mehr geltend DiefeS Verdienst ist ganz dazu geeignet, dem Verfasser selbst zu tüchtigen Bestrebungen Mut und Anregung zu verleihen. Bielen Anteil hatte an dieser wohlthuenden Wir kung unsere Dresdner Aufführung; sie thut, was nicht immer und überall geschehe« kann, sie stellt den sach lichen Inhalt und die Absichten de- Autor- in- beste Licht. Noch mehr Kürzung de- Texte- wird aller dings diese» gute Ziel direkter erreichen lassen und noch etwa» anderes dürfte dazu beitragen, das Publi kum gleich zu Anfang, wo Orientierung so nötig ist, klarer mit dem dramatischen Gegenstand bekannt zu machen. Was unserer Vorstellung zur raschen Er reichung diese» Zwecke» fehlt, ist ein langsamere», lau teres und deutlichere» Sprechen im Beginn und wäh rend der Gericht»szene. Der Landgerichtsrat Hartung (Hr. Busse) möge sich diese Aufgabe angelegen sein lasten, in »weiter Linie auch der Staatsanwalt (Hr. Georgi). liken zur SeptennatSfragc Wird das Zentrum noch im stände sein, die Vertretung der Katholiken im Reichstage darzustellen, oder werden die Glaubens genossen deS vr. Windthorst sein und seines Anhangs Thun von sich ablehnen? Vielfach ist diefeS schon geschehen; auch in unserem heutigen Blatte findet man wieder eine Kundgebung von 36 Angehörigen des ka tholischen rheinischen Adels, welche zur Gründung einer katholischen konservativen Partei auffordern. Wohl nie war die Lage eine so merkwürdige. Ter Papst, der mit den katholischen deutschen Kaisern des alten deutschen Reiche» in ständiger Fehde lebte, der den Hohenstaufen gegenüber ein Bundesgenosse der Welfen war, steht im jungen deutschen Reiche auf Seiten des protestantischen Kaiser-, er erklärte sich gegen den wclfischen Zentrumsmann vr. Windthorst; Wlndthvlst aber und sem Zentrum sind die Bundes genossen der Demokratie. Ist es da nicht selbst verständlich, daß in katholischen Kreisen lebhafte kon servative Bestrebungen erwachen? Ein Münchner Mitarbeiter der „Kölnischen Zeit ung" macht darauf aufmerksam, daß die beiden Strö mungen der Zentrumspartei in geographisch scharf umgrenzten Gebieten auftreten. „Aus dem angeblich von mehr als 100 Geistlichen unterzeichneten Aufrufe der Zentrumspartei in Bayrisch-Schwaben scheint her- vorzugehen, daß die Klerikalen in diesem ganzen Re gierungsbezirke bloß Septennatsgegner al» Kandidaten aufgestellt haben, während sich andererseits sämtliche sieben Zentrumskandidaten Niederbayerns, also de», jenigen Regierungsbezirkes, wo Bucher» geistiger Ein fluß am stärksten wirkt, für die Politik der freien Hand erklärten. Wem es gelänge, die so sehr viele tüchtige Ele mente umschließende, aber von Windthorst in den Sumpf des Vernein ns gelockte Partei oder wenigstens einen Teil derselben auf den Pfad der frohen Mitarbeit an den großen Zielen unseres Volkes zurückzuführen, dem könnte ganz Deutschland einen Lorberkranz weihen; die Geschichte würde mit Recht von ihm behaupten, daß er sich um sein Vaterland woblverdient gemacht habe. Daß der Frhr. zu Franckenstein weder durch geistige Begabung, noch durch Charakterstärke zu dieser erlösenden Rolle berufen war, kann heute für nieman den mehr zweifelhaft sein. Selbst Leute, die sich Franckensteins Freunde nennen, wagen sein Verhalten in der vielbesprochenen Verheimlichungsfrage blo» da mit zu entschuldigen, daß der persönlich ehrenwerte Mann in dieser Angelegenheit wie in so mancher an dern blos eine Figur in der Hand des verschlagenen Herrn und Meisters gewesen sei. Wer eine Zer trümmerung des Zentrums wünscht, mag mit Francken stein als Führer zufrieden sein, aber um die Partei zu jener Stellung zu führen, wie sie sogar der Papst wünscht, wie sie erst recht jeder Deutsche, der von Vaterlandsliebe beseelt ist, wünschen muß, dazu hätte Frhr. zu Franckenstein denn doch etwas selbständiger und wohl auch etwas taktvoller auftreten müssen. Als eigentlicher oder wenigstens vorwiegender Beweggrund der Verheimlichung wird angeführt, daß, wenn man den ersten Papstbrief der Partei mitgeteilt hätte, ihre Einigkeit in die Brüche gegangen wäre. Das ist ja aber jetzt blos aufgejchoben, nicht aufgehoben." Das Wiener „Fremdenblatt" weist angesichts der Militärvorlage darauf hin, wie das Bewußtsein der Notwendigkeit eines starken Heeres in Deutschland derartig tief Wurzel gefaßt habe, daß die feindlichen Parteien daran scheitern müßten. Das Blatt sagt: „Die deutsche Nation ist eine zu militärische Nation, das Bewußtsein der absoluten Notwendigkeit, das ReichS- heer in einer auch dem mächtigsten Gegner imponierenden Stärke zu erhalten, ist zu festgewurzelt im Volke, als daß die Erkenntnis eines faktischen Heeresbedürfnisses die Massen kalt lassen, als daß man sich der Gefahr ver schließen könnte, welche eine geschwächte oder auch nur Im besten Sinne deutlich, fesselnd und durch Charakterwürde bedeutend spricht und spielt in dieser Szene der Verteidiger (Hr. Porth), wie denn diese ganze Rolle in allen ihren mannigfachen, feierlichen wie gemütlichen Seelenstimmungen eine vollkommene Durchführung findet. In dieser Scene beginnt denn auch in vorzüg lichster Weise das Wirken zweier anderer Hauptkräfte der Darstellung, Frl. Ulrichs und Hrn v.d. Osten». Der Künstlerin Seelengemälde der Gräfin Ottilie ge hört zu den schönsten und harmonievollsten Leistungen ihrer letztverflossenen Bühnenthätigkeit. Um die Ent sagung und beharrliche, Leben und Hoffnung fast ab tötende Schwermut dieser Unglücklichen glaubhaft zu machen, hat Frl. Ulrich den einzig richtigen Weg ein- gesrblagen, der hier offen liegt: sie zeichnet den Lha- takter geistig und zugleich konventionell so vornehm und zugleich so resigniert und passiv, wie er nur ge dacht werden kann. Da» thut sie mit einer wunder baren Feinheit deS Künstlertakle» und mit jener In tuition de» Talent-, die e» vermag, der Lokalsarbe und Individualität eine» dramatischen Gegenstände» sofort gerecht zu werden. Auch Hr. v d. Osten hat seinem Brügge viel mehr Kolorit zu geben verstanden, als man gewöhnlich in der modernen Schauspielkunst bei deren täglichem Verkehr mit Schablonenbildern zu erwarten hat. Er aab dem Stimmungswandel in feiner Rolle vollsten Ausdruck und seine Sprache über zeugte durch innere Bewegung. Höchst erquicklich wurde von Hrn. Bauer und von Frl Diacono die trefflich geschriebene Episode de» Pärchen» Hagedorn-Clarisse vorgefühtt. Diese Beiden entledigten sich vorzüglich danken»wett der in ihrer Entwicklung stagnierende deutsche Armee für den Frieden und die Sicherheit Deutschlands herauf beschwören müßte. So verliert der Anhang der deutsch- freisinnigen Partei bereits sichtlich an Zahl und Be- geisterung; es ist kein frischer, dem Siege zustrebender Geist, der ihre Reihen erfüllt, gute und gesinnungS- treue Männer verlassen diese Reihen oder erklären, in diesem Falle, in der Frage des Septennats ihr Votnm nicht an Fraktionsbeschlüsse zu binden. Diese Stim mung greift in Kreisen um sich, auf die man selbst im Regierungslager kaum zählen mochte. Moritz Mohl, der 86jährige süddeutsche Politiker, allezeit ein starrer Partiknlarist, erklärt öffentlich den Entschluß, sich für den SeptennatSkandidaten an die Urne führen zu lasten. In Elsaß-Lothringen vertreten die Abge ordneten Baron Zorn-Bulach und Grad die Septen- natSidee und scptennatSfreundliche Kandidaten wagen sich neben den Protestmännern an die Oberfläche; in Württemberg verlieren die Demokraten Terrain an die „deutsche Partei" (vereinigte Nationalliberale und Frei konservative), in Baden haben SeptennatSkandidaten gute Aussichten, und im Zentrum regt sich's mächtig »u Gunsten einer Sache, für welche der Papst selbst sein mächtige» Wort einlegt * „Die Situation de» Zentrum» in dieser bedeutungs vollen Zeit ist ernst und bedenklich für die ganze Partei. Wenn die Führer der Fraktion heute noch dem Oberhaupte ihrer Kirche gegenüber an der starren Negation festhalten und jeder positiven Reichspolittk ent- gegenarbeiten, so setzen sie sich in Widerspruch zu ihrem eigenen Existenzprinzip Ist das Zentrum in der That, was es so oft erklärt hat, eine kirchliche Par tei, hat es bisher so oft die Autorität des Papstes in Fragen angerufen, so hat es heute kein Recht, sich gegenüber der päpstlichen Intervention ablehnend zu verhalten, die Wünsche Leos XÜl mit wohlklingen den Phrasen hinwegzueskamotieren und subtile Unter scheidungen zwischen religiösen und polnischen Ange legenheiten anzustellen, die es bisher niemals gekannt hat. Gerade das Zentrum ist am wenigsten dazu be rufen, sich heute skeptisch gegenüber dem päpstlichen Einflüsse auf innere deutsche Angelegenheiten zu ver halten und in einer des Reiches Sicherheit betreffen den Militärfrage seine volitische Selbständigkeit zu be tonen. Wenn der Vatikan für das Septennat eintritt, so entspricht diese Patteinahme an sich — man mag darüber urteilen wie immer — jedenfalls besser dem Charakter der katholischen Kirche, einer dem Staate und der staatlichen Autorität freundlichen Institution, al- die Haltung des mit Sozialdemokraten in einer Reihe kämpfenden „katholischen" Zentrums Und, wie fest auch die Organisation der Partei, wie ehern ihre Disziplin sein möge: der Thatsache jenes päpstlichen Einflusses kann sie sich auf die Dauer und in ihrer Gesamtheit nicht entziehen. Es ist kaum mehr zweifel haft, daß die Kampfweise des Zentrums den Inten tionen des Vatikans längst nicht mehr entspricht; er hat auf friedlichem, diplomatischem Wege weit mehr erreicht als die katholisch-klerikale Kampfpartei mit Schwert und Knüttel. Schon haben deutsche Bischöfe, hervorragende katholische Männer offen ihre Stimme für das Septennat erhoben, eine starke Anzahl von Zentrumstandidaten, namentlich in Bayern, äußert un zweideutig eine gleiche Neigung, die Bevölkerung aber wird unter dem Eindrücke des päpstlichen Wunsches, der sich ja mit den klar geäußerten Hoffnungen des Kaisers deckt, dort, wo sie die Situation klar crfaßt — ihren Abgeordneten die Mahnung zum Kampfe gegen das Reich auf den Weg nach Berlin nicht mitgeben. So sehen wir es „bröckeln" im Heere der Septennatsgegner; macht dieser Ab bröckelungsprozeß bis zum 2l. Februar Fortschritte, dann wird dem Deutschen Reich zweifellos die Gefahr auswärtiger Verwicklungen gemindert, der Aufgabe, einen Teil der erheiternden, erfrischenden Wirkung des Stückes zu übernehmen. In diesem Ge biet war auch diesmal Hr. Klein thätig. Sein Eng länder Ettonville ist geradezu eine kleine Schöpfung deS reizendsten Episodenspiels zu nennen; sie könnte an sich schon hinreichen, dem Stücke Besucher zuzu führen. Auch Hr. Jaffv, der als vr. Menck die unsitt lichen Standpunkte und Schachzüge de» parlamen tarischen Parteiwesens zu vertreten hatte, stellte seinen Vertreter dieser Infamien mit sprechender Leben»- treue dar. O. B. DienStaa, den 15. Februar, fand im Saale de» Gewerbehauser da» fünfte philharmonische Konzert unter Leitung de» Hrn. I. L. Nicod^ statt. Da» Pro gramm enthielt drei Neuigkeiten, denn der Rakoczy marsch wurde bereits von Berlioz selbst hier zur Auf führung gebracht. Unter ihnen war die musikalisch gehaltvollste unstreitig die Symphonische Suite in vier Sätzen für Orchester von I. L. Nicod '. Talent voll, interesfant und anziehend in orchestral gedachter Erfindung und mit künstlerischem Ernst und tüchtigem technischen Können in Durchführung der Motive auch in ihren Pattien strengeren Stils ausgearbeitet, ent wickelt sie in allen Sätzen natürlichen melodischen Fluß, warme Empfindung und anqestrebte Vertiefung deS GedankcngangeS, hält sich frei von der Sucht nach forcierten Effekten und erkünstelter Geistreichigkeit und wahrt sich in Behandlung und klarer formeller Ge staltung Selbständigkeit. Die Instrumentation ist fein sinnig, wohlklingend und geschmackvoll, ohne präten- ttüsen Aufwand von Mitteln, verzichtet inde» teilweise Ausblick auf einen inneren langwierigen Versassung»- streit erspart werden; dann wird das Reich, gestutzt auf eine stetig und dauernd gestärkte Armee, im Voll- bewußtsein seiner Kraft auch dem deutschen Volte ver mehrte Bürgschaften zu bieten vermögen für seine Sicherheit, vermehrte Aussichten auf die Erhaltung des Friedens!* Wir erwarten un» für heute von der beginnenden Trennung innerhalb dX Zentrum» nicht zu viel. Der Gedanke ist zu rasch aufgetaucht und die beiden Briefe deS Kardinals Jacobini haben noch nicht nachdrücklich genug gewirkt. Gewiß aber erscheint es un», daß sich in allen einsichtigcn Elementen der ZentrumSpartet und bei den deutichen Katholiken überhaupt mehr und mehr der Gedanke Bahn brechen muß, daß die heutige Vergesellschaftung des Zentrums mit der freisinnigen Partei und der Sozialdemokratie eine unnatürliche, den eigenen Interessen verderbliche ist. Mehr und mehr wird die von den katholischen Edelleuten Rheinland-Westphalens angeregte Gründung einer katholisch konservativen Partei Boden gewinnen. Der kirchliche Friede, dessen völliger Abschluß bevorsteht, erheischt auch eine loyale Haltung der Katholiken gegen Kaiser und Reich. Lagesgeschichte. * Berlin, 15. Februar. Die von verschiedenen Blättern gebrachte Meldung, eS stehe anläßlich der Reichstagswahlen eine Kundgebung Sr. Majestät des Kaisers bevor, wird von der .Nordd. Allg. Ztg.* in bestimmtester Weise als unrichtig bezeichnet. Ihre Kanerl. und Königl. Hoheiten der Kron prinz und die Kronprinzeisln empfingen heu:e den von Rom hier eingetroffeuen Kaiserlichen Botschafter am italienischen Hose v. Keudell. Gestern fand bei dem Fe'dmarschall Grafen v. Moltke eine größere militärische Tafel statt, zu welcher die Chess der in Beilin domizilierenden Generalstäbe und einige Spitzen der Generalnät Ein ladungen erhalten hatten. Ter Gesundhenszupand de» Feldmarjchalls ist, wie bemerkt wurde, ein ganz vor- trefflicher. In einer am gestrigen Tage unter dem Vorsitz des Staatsministers, Staatssekretärs de» Innern v. Bötticher, abgehaltenen Plenarsitzung genehmigte der Bundesrat dem Anträge Preußen» entsprechend, die Anwendung der im 8 -8 de» Gefetze» gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Soz aldemokratie vom 21. Oktober 1878 vorg-sehenen Maßnahmen für die Städte Stettin, Grabow a. O und Altdamm, sowie für die Amtsbezirke Bredow, Warsow, Scheune und Finkenwalde. Außerdem wurde in dieser Sitzung dem Gesetzentwurf für Elsaß-Lothringen betreffend die Vor mundschaften die Zustimmung erteilt. In den Bundesrat wurde, wie die ,N. Pr. Ztg." meldet, als stellvertretender Bevollmächtigter Preußen» der UnterstaatSjekretär Magdeburg im Handels ministerium berufen. Die Vorgänger des Unterstaats sekretärs in seinem jetzigen Amte, v. Möller und vr. Jakobi, waren wirkliche Bevollmächtigte; da aber jetzt nach der vor einigen Monaten erfolgten Ernennung des Staatssekretärs Grafen Herbert v. Bismarck die Preußen zukommende Zahl von 17 Bevollmächtigten erreicht ist, so konnte der Unterstaatssekretäc de» Handelsministeriums nur Stellvertreter werden. Die heutige Sitzung des Herrenhauses war durch die Anwesenheit des Ministerpräsidenten Fürsten v. Bismarck merkwürdig Den Gegenstand der Ver band! ungen bildete der Gesetzentwurf betreffend die Leistungen der Volksschulen. Die 88 1 und 2 stan den zur Verhandlung. Mitglied v. Kleist-Retzow begründete feinen AbLn- derungSantrag, welcher bezweckt, daß bei Schulbauten und der- zu sehr auf Mannigfaltigkeit de» Kolorits und einzelne wirkungsvoll hervortretende Züge und Steigerungen de» instrumentalen AuSdi ucks. Auf die verschiedenen Sätze welche sämtlich durch die erwähnten gehaltvollen und individuellen Eigenschaften den gewinnendsten Eindruck machten, spezieller einzugehen, würde zu weit führen. Doch sei z B hingewiesen auf die kunstvolle mit geistiger Feinheit ausgearbeitete Schlußvariation in Nr 3, in der sich Violine und Klarinette konzertierend in der Stimmführung ablösen, auf da» Präludium, besonders in seinem Mittelsatz, und auf die originellen Motive deS Scherzo und deS Schlußrondo», für die nur ein zu langes Verweilen in der Ausarbeitung ge fährlich wird Goldmark» Ouvertüre „Penthesilea* — wohl die längste aller vorhandenen Ouvertüren — und Rubinstein» Charaktergemälde „Iwan IV. der Grausame" beein trächtigten den Genuß in diesem Konzerte in unge wöhnlichen Grade, um so mehr, da man von so ve- deutenden Talenten das Gegenteil erwartet. Gold marks Ouvertüre haben wir wohl nur als eine große symphonische Orchesterstudie au» jugendlicher Zeit de» Komponisten zu betrachten, die später zum Druck ge- langte; „Iwan der Grausame" gehört zu jenen miß lungenen Werken des produktion-reichen Rubinstein die den Wert und Reiz seiner gelungenen um so schätzenswerter machen. Daß beide Werke so begabter Komponisten musikalisch interessante und geistreich« Einzelnheiten enthalten, ist selbstverständlich. Sehr willkommen war da» Auftreten de» Hrn. Professor» CH. Davidoff au» St. PtterSburg, de» seit längerer Zeit bekannten Bioloncellvirtuosen ersten Range». Erin Ton ist nicht groß, aber schön i«
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