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Dresdner neueste Nachrichten : 19.07.1938
- Erscheinungsdatum
- 1938-07-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id490223001-193807193
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id490223001-19380719
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-490223001-19380719
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner neueste Nachrichten
- Jahr1938
- Monat1938-07
- Tag1938-07-19
- Monat1938-07
- Jahr1938
- Titel
- Dresdner neueste Nachrichten : 19.07.1938
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Dienstag, 19. Zull 1938 46. Jahrgang ütn^eiaennreiie' Grundpreis: »l« ispaküge mw-Zell« im All» 2—2 : »eigenteil 14 Rps.,Steff«ngesuch« und privat, Jamilienanieigea a Ztpf„ die 7» ww breite auo-Zetl« im L r x t t»l l 1,10 IM. Nachlaß nach Malltaffei l «der Meng,«staffel v. Lrlefgebühr für Ziffer- anzelgen Zo Tips. ausscht. Porto. Zur Zeit Ist Antelgenpniolist« Nr. 6 gültig. Mllschrist: Dresden «Postfach « Fernruf: onsverkedr Sammelimmmer 21601.Fernvettehr 27981-27983 « relegramme: neueste Dresden«poMe«: Dresden 2060. 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Die Tudetrndeutsche Partei «klärt hierzu, daß bei der Ausnahme der Beziehungen zwilchen der Regierung und -er Sudrtendeutschen Partei strengste Diskretion über die besprochene Ma» lerie vereinbart wurde. Diese Bereiubarung sei von selten der SdP. bisher nicht durchbrochen worden. Da »rr Inhalt dcö in der sranzösischen Preffe verössent» lichten Memorandums den Tatsachen entspricht, konnte es nur durch eine Indiskretion der Regie» rung in die ausländische Preffe gelangt sein. TaS Memorandum, daS a»S vierzehn Punkten beliebt, bat nach einer aus dem „Tempö" stammen- »en lleberschung folgenden Inhalt: Punkt 1: Herstellung der Rechtsgleichheit Tie Gleichheit der Individuen vor dem Gesetz ge- Uzt nicht. Dashalb wird gesordert, dab Berfassungs- zeiltze den Völkern und Volksgruppen die gleichen kniwicklungsinöglichkeiten sichern. Nicht Vorherrschaft des einen Volkes über daS andre, Umbau des Staa- US ist daher eine unausweichliche Notwendigkeit. Tiefer Umbau muh seinen AuSgang von den beiden Grundelcmcntcn des Staates nehmen: der Bevölke rung nnd dem Siedlungsgebiet. Punkt 2: Garantie des demokratischen Prinzips der Bolkssouveränität Tie Rechtspersönlichkeit des Staates setzt die Rechtspersönlichkeit der Völker und Volksgruppen, die sie bilden, voraus. Die Grundrechte der Völker müssen lein: »> das Recht des Volkes, über seine Angelegen heilen zu entscheiden: Kl der gleiche Anteil jedes Volke» an der Leitung tes Ltaales; e> Schuh gegen die Entnationalisierung; <ii das Recht zum völkischen Bekenntnis, ohne Ein schränkung und daS Recht, die Volksgemeinschaft zu pllegen. Punkt 8: DaS neue national,regionale Statut Ten Völkern mub ein territoriales Wirkungsgebiek dort eingcränmt werden, wo es ihnen von der Natur gegeben wurde lLebenSraum). Deshalb soll das Staats gebiet in ein tschechisches, deutsches, slowakisches usw. eingetcilt werden. Die nationalen Minderheiten tu den einzelnen Siedlungsgebieten sollen geschützt werden. Bei der Feststellung der Bolksgrenztn mub das Unrecht gutgrmacht werden, das dem deut schen Volk seit 1S18 zugefügt wurde. Punkt 4: Anwendung dieser Reformpriuzipie« aus die Gesetzgebung und Verwaltung Tas tschechische und deutsche Volk sollen das Recht haben, selbst ihre nationalen und territorialen Be dürfnisse sestzusetzen, wobei sie mit den Gesamt- inieltssen des Staates in Einklang gebracht werden müssen. Die Selbstverwaltung der Ge meinden soll in dem Umsange hergestellt werden, wie sie 1818 bestanden hat. Die nationale Selbstver- waliung erstreckt sich insbesondere aus diePolt»ei, die nationalen Kataster, die Namensänderung, Schulcrziehung, vormilitärische Erziehung, aus die Finanzselbstverwaltung, das Recht, ErgänznngS- sieuern einzuhrben und daS Recht, Arbeitslager zu errichten. Die Angelegenheiten, die den ganzen Staat betreffen, sind der Nationalversammlung und der Siaatsrcgterung vorbehalten. Punkt 8: Die Teilung der gesetzgebende« Gewalt Es soll zwei gesetzgebende Instanzen geben: »j die Nationalversammlung, dj der Landtag jedes eiuzelue« Volkes. Innerhalb der Nationalversammlung bilden die Angehörigen eines Volkes eine nationale Kurie. Die Vertreter der einzelnen Völker, in den natio nalen Kurten vereinigt, bilden den Landtag jedes ein zelnen Volke». Di« Landtage sind zur Gesetzgebung aus jenen Gebieten zuständig, die der Selbstverwal- iung Vorbehalten- wurden. Gegen die Beschlüsse der Landtage kann bi« Nationalversammlung oder der Präsident der Republik Vetq «inlegen. Wenn aber der Landtag einen BeharrungSbeschluß saht, tritt da» Landtagsgesetz dennoch in Kraft. Die Landtage Festlicher Empfang in Sonlogne Die politisch« Bedeutung des Besuchs — Chamberlain: „Keine neuen Bindungen" Telegramm unsres Korrespondenten 8t. London, IS. Juli Heute 8,05 Uhr haben der König und die Königin von England den Viktoriabahnhos in Loudon verlassen, um sich zu beyr Staatsbesuch nach Parts zu begeben. Unter dem Donner beS Königssaluts der Festung Dover verlieh das Königspaar um 11 Uhr an Bord der Jacht „Enchantrek" den Hasen. Die 5. Zerstörer flottille gab bis zur Mitte des Kanals der „Enchan- treß" daS Ehrengeleit. Dann übernahmen französische Kriegsschiffe die Eskorte. Auster den Kriegsschiffen hatte die britische Luftflotte 18 Flugzeuge des 217. Ge schwaders zum Geleit zur Verfügung gestellt. Im Ge folge des KönigspaareS befindet sich u. a. der englische Außenminister Lord Halifax. Um 12.40 Uhr traf daS englische KöntgSpaar in Vou- logne ein. Während der Ehrensalut der SchissSgcschittze ertönte und die SchiffSkapellc die englische National hymne spielte, fand die Enthüllung deS Denkmals zur Erinnerung an dir erste englische Truppenlandung im Jahre 1814 statt. Am Fust des Denkmals standen Marschall Pstain und Marschall Lord Eavan. Nachdem dir „Enchantreß" aügrltgt hatte, begab sich der französisch« Außenminister Bonnet an Bord und begrüßte daS KöntgSpaar im Namen de» fran zösischen Volkes und der Regierung. Kurz nach 18 Uhr fuhr daS KöntgSpaar nach Paris weiter. Der ge samte Verkehr aus der Strecke Boulogne—Parts ist eingestellt und alle Bahnhöfe sind geschloffen worden. Die ganze Strecke steht unter schärfster militärischer und polizeilicher Bewachung. Alle englischen Zeitungen sind voll von Berichten auS Paris über die Vorbereitungen zu dem Besuch und stier« in ihr«« Leitartikeln erneut dir englisch» französische Freundschast. Die „Times" haben eine Sondernummer über Frank reich herausgegeben. „Daily Telegraph" erklärt u. a., man sollte eS nicht für möglich halten, dast die politischen Zwecke deS Besuchs irgendwo nicht ver standen würden. In erster Linie würden die Ereignisse in Paris eine Demonstration und ein neues Frcund- schastSversprechcn zwischen zwei Nationen sein, die in den letzten Jahren durch die Gemeinsamkeit der Ge fühle und der Interessen einander nähcrgeriickt seien. In zweiter Linie — und bas sei in letzter Konsequenz noch wichtiger — würden sie zu der Ueberzcugung führen, dast sich aus dieser Freundschaft eine starke Grundlage für den Frieden ergeben könnte. Aus keiner von beiden Seite» wünsche man, dast diese Freundschaft, die gegenseitige Garantien in sich schließe, exklusiv s<ü. „Daily Ervrest" begrüßt die Reise des Köuigo- paarcs nach Frankreich, siihrt dann aber u. a. ans, draußen la ueredie Gefahr. Tie Oessentlichkeit müsse davor gewarnt werden. , Frankreich wünsche ei« Militärbündnis mit England. Männer des öffentlichen Lebens förderten und unter stützten diesen Wunsch. Winston Ehurchill, der Haupt- besürwortcr beS Planes, sei aus dem Wege nach Paris. Mahnend sährt das Blatt fort: „Hütet euch vor diesem Bündnis uud vor irgendeinem andern Militärbünd nis. Nur um unS selbst und unser Empire zu ver teidigen, laßt unS in den Krieg marschieren." „Daily Mail" schreibt, durch den Königsbesuch in Frankreich würden die gegenseitige Freundschaft und die Zusam menarbeit, die gegen niemand gerichtet seien und lediglich von der Sache des Friedens geleitet würden, noch mehr gefestigt werden. Ministerpräsident Chamberlain erklärte gestern aus eine Ankrage im Unterhaus, daß sein Briefwechsel mit dem sranzösi schen Ministerpräsidenten Daladicr an sich privater Natur sei. Er könne aber mitteilen, daß er erneut daS enge Einvernehmen zwischen der englischen und der sranzösischen Regierung bestätigte. Auf eine er gänzende Anfrage «eilte Chamberlain mit, daß in dem Bricswechsel keinerlei neue Bindungen eingegaugen worden seien. haben auch da» Recht der GesetzeStntttattve in der Nationalversammlung. Punkt l>: Reformen aus dem Gebiet der vollziehende« Gewalt Im gesamten Staatsgebiet soll die vollziehende Ge walt nach wie vor vom Präsidenten der Republik und der Regierung ausgeübt werden. Daneben sind noch RepräsentantenberVölker vorgesehen. Diese Sprecher der einzelnen Nationalitäten sind von Amts wegen Mitglieder der Regierung. Sie be dürfen jedoch nicht des Vertrauens der Nationalver- sammlung. Neben dem Sprecher steht das Selbst- v e r wa ltun gS d i re kto r i u m. Der Sprecher wird von den Abgeordneten seines Volke» auf sechs Jahre gewählt. Der Sprecher muß vom Präsidenten der Republik bestätigt werden. Verweigert der Präsi dent die Bestätigung, so findet eine Neuwahl statt. Wird dieselbe Person zum Sprecher wiedergewählt, bedarf sie keiner Bestätigung mehr durch den Präsidenten der Republik. Die Sprecher der Volksgruppen sind Mit glieder beS Obersten Rates der Stantsverteidtgung: Punkt 7: Neuorganisation -er Verwaltung Folgende Ministerien sind aufznlassen: Schulwesen, soziale Fürsorge, Gesundheit und Unifikation. Ihre Kompetenz geht auf die Selbstverwaltung der einzelnen Völker über. Beim Ministerpräsidenten oder beim Innenministerium ist «ine Sektion zu er- richten, die für die den einzelnen nationalen Gruppen gemeinsamen Angelegenheiten zuständig sein und das Aussichtsrecht deS Staates über dte Volksgruppen auS- üben wirb. Dte übrigen Ministerien, mit Ausnahme des Außenministeriums, Verteidigung»- und Finanz ministeriums, sind in nationale Sektionen zu gliedern. Punkt 8: Staatsbeamtenproblem Im Siedlungsgebiet eines Volkes dürfen nur Angestellte reschästigt werden, dte der Ration diese« Volkes angehören. In der Zentral» verwalt»«« und in alle« St«rlcht»«ge« des Staa, te», die «tcht national sanktioniert sind, ist da» Prinzip der Propvrtivnalitilt anzuwenden. Punkt2: DI« RechtSorganisatio» Die Obergrrtchte und da» Oberste Gericht sind tnuattvual« Sektion»«»« gliedern. Punkt 10: Sprachrecht Der Staat spricht die Sprache seiner Bür ger. Tie höheren Verwaltungsbehörden sprechen die Sprache der niederen Verwaltungsbehörden. Für Prag soll eine besondere Regelung erfolgen, die dem Cha rakter Prags als der allen Nationalitäten gemein- samen Hauptstadt nach außen hin zum Ausdruck bringt. Punkt 11: Wichtige Einzelsragen Die öffentlichen Unternehmungen und alle vom Staate kontrollierten Betriebe sind in nationale Ab schnitte zu gliedern. DaS bezieht sich insbesondere aus dte Nationalbank, auf das Pressebüro und den Rundfunk. Punkt 12: Finanzverwaltung Im Staatshaushalt ist der Anteil der eiuzclnen Nationen nach einem Schlüssel scstzulcveu, der durch llcbereinkommen zwischen den nattonalen Kurien in der Nationalversammlung ermittelt wird. Dieses Anstetlnngsprogramm bedarf der Znstimmung deS Präsidenten der Republik. Bei der Festsetzung dieses Schlüssels ist das deutsche Volk zu begünstigen, damit so die Ungerechtigkeiten wiedergutgemacht wer den, deren Opfer es bisher gewesen ist. Punkt 18: Durchsührung dieser Grundsätze Der U mbau des Staates ist, soweit SS möglich er scheint, durch Verfass» ngsgesetze burchzusühren. Punkt 14: Wiedergutmachungen Durch besonder« legislative und administrativ« Akte ist den Deutschen Wiedergutmachung auf folgende« Ge« bieten zu leisten: Bodenreform, Universttätsgesetze, Minderheitenschule, Legionärgesetze. * Die von der tschechisches Preffe für Montag ange» kündigte Sitzung -es Ministerrates unter dem Vorsitz deS Staatspräsidenten Dr. Benrsch ha« nicht stattgefun« den. Vs hat den Anschein, daß eS noch nicht gelungen ist, die Schwierigkeit«,, innerhalb der RegierungS» Mehrheit so weit zu bereinige», »aß der Ministerrat die Beratungen über da» Rationalitätenstatut sortsetzen könnte. Am Montag tagte lediglich der politische Ministerausschuß. IStehe auch di« Meldung auf Seite S) Mische Könige in Paris Von unserm 8t.«korrespondeuten London, 17. Juli Ost im Lause der Geschichte haben englische Könige dem gegenüberliegenden Frankreich Besuche abgestattct. Und ost hat die Bedeutung der Königobcsuchc sich ge ändert. Im Mittelalter wurden die Jnleiherrscher kaum als Fremde empfunden. Tie Nachfolger Wil helms des Eroberers kamen vielmehr als Herzöge der Normandie und Aquitaniens. Sie hatten Ansprüche ans den französischen Königsthron. Soweit Historiker sich bemühen, geschichtliche Erinnerungen einer Nation nachzuempsindcu nnd nachzuzeichnen, sind sie geneigt, einen Besuch Heinrichs V- im Jahre 1420 als den ersten hinzustellen, der von einem „fremden" Souverän abgestattct wurde. IM Jahre später kam Heinrich VIII. als Letzter einer langen Reihe nach Frankreich. Es dauerte dann 3M Jahre bis zum nächsten Königs besuch. Und es war sehr harmlos, als die junge Königin Viktoria 1813 nach Frankreich fuhr. Ihre Gedanken waren mehr bei den Vorzügen der franzö sischen Küche als bei der hohen Politik. Unserm 20. Jahrhundert blieb es Vorbehalten, zwei Besuche englischer Könige in Paris zu erleben, die man gemeinhin, um ihre tragische Bedeutung zu kennzeichnen, als „historisch" bezeichnet. Der eine war die Reise Eduards VII. 1803, die der Anstalt zur Entente Cordmle mar, und der zweite die Reffe Georgs V. im April 1814, die letzte Zweifel über die Politik deS den König begleitenden Außenministers Grey beseitigte, als dieser in geheime englisch- russische Flottenbesprechungen aus französischen Wunsch einwilligte. Der jetzige König wirb von einem Außenminister begleitet, dem eine mißtrauische: gcivordene Welt doch weniger Mißtrauen entgegenbringt. Sicherlich besteht heute weniger Anlaß als vor dem Kriege, in dem Be such eines englischen Königs in Frankreich ein drama tisches Ereignis zu sehen. Wenigstens fordern die Ab sichten der englischen Regierung nicht dazu heraus. Aber die Reise ist doch als Demonstration wichtig genug, um als Anlaß zu dienen, sich des heutigen eng lisch-französischen Verhältnisses bewußt zu werden. Die VorkricgSentente besteht nicht mehr. Nach dem Kriege versuchte Frankreich zunächst, von England und den Vereinigten Staaten eine Garantie seiner Sicher heit zu erlangen. DaS scheiterte. Frankreich empfand daS als seine erste und größte Nachkriegsniedcrlagc, als einen „Betrug" um seinen Siegespreis. In Lo carno erlangte es eine abgcschwächtc Form der Garan tie durch England und Italien, die ein gleiches Ver sprechen an Deutschland gaben. Der Vorsprung Frankreichs vor Deutschland und damit die Ursache für die Entwertung Locarnos als Friedenskaklor war dte Entmilitarisierung deS Rheinlands. Als Frank reich diesem Vorteil den weiteren des Militärbünd nisses mit Sowjetrußland hinzusügtc, forderte es zu einer Korrektur der unhaltbaren Lage heraus, die der Führer durch die Herstellung der Wehrhoheit tm Rheinland vornahm. England ließ alles geschehen. Erst von diesem Punkt aus begann eS selbst zu handeln, nnd zwar in einem Sinne, der vielleicht die merkwürdigste und verhäng. niSvollstc Reaktion ans eine politische Entwicklung der Nachkriegszeit darstellt. Statt zn erklären, daß Frank reich sich die letzten Ansprüche ans Garantien verscherzt habe, wandelte eS die paritätische Garantie, die im Loearnovcrtrag immerhin bestanden halte, in eine ein seitige englische Garantie zugunsten Frankreichs um. Deshalb haben die englischen Zeitungen ganz recht, wenn sie heule schreiben, die alte Entente Cordiale set tot, dafür bestehe setzt aber ein viel engeres Ver hältnis zwischen England und Frankreich. Wie ver- hängnisvoll eS ist oder werden kann, geht aus der Erklärung Chamberlains am 24. März hervor, Eng land beabsichtige zwar nicht, Frankreich ohne weitere» zu Hilfe zn kommen, wenn Frankreich auf Grund andrer Bündnisse in einen Krieg verwickelt werde, die Macht der Tatsachen könne aber stärker sein als die Absichten der englischen Regierung. Englands Interesse an Frankreich ist so groß, daß eS sich sogar eines Teiles der Entscheidungsfreiheit darüber, ob und wann eS augreisen will, begeben hat. In englischen Angcn, und so cmpsindct Europa, hat sich Frankreich ans dem Bundesgenossen Englands in einen Schntzstaat Englands, in ein großes Gelände, verwandest, das England verteidigt, als wäre e» sein eigenes. Inzwischen haben ans Grund der nach dem Zusammenbruch von Locarno getroffenen Verein- barnngen umfangreiche militärische Besprechungen stattgesunden. Man mag elnwenden, dies« Andeutungen feien zn düster. ES brauche alles gar nicht so weit zn kommen. DaS mag richtig sein. ES ist aber nicht unsre Aufgabe oder die irgendeines andern Zeitgenossen, sich -an Prophe-eiungen Httanzuwagen. Unsre Ausgabe ist
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