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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.02.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-02-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190202268
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19020226
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19020226
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-02
- Tag1902-02-26
- Monat1902-02
- Jahr1902
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.02.1902
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Bezugs «Preis 1« der Hauptexpedition oder den im Stadt« bezirk und den Bororten errichteten Aus gabestellen ab geholt: vierteljährlich 4.80, — zweimaliger täglicher Zustellung ins Haus 8.80. Durch die Post bezogen für Deutschland u. Oesterreich: viertrljährl. ^l 8. Man abonnirt ferner mit entsprechendem Postaufschlag bei den Postanstalten in der Schweiz, Italien, Belgien, Holland, Luxem burg, Dänemark, Schweden und Norwegen, Rußland, den Donaustaaten, der Europäischen Türkei, Egypten. Für alle übrigen Staaten ist der Bezug nur unter Kreuzband durch die Expedition dieses Blattes möglich. Nedaclion und Expedition: IohanntSgasse 8. Fernsprecher 18Ü und 222. Alfred Hahn, Buchhandlg., UntversttätSstr.3, L. Lösche, Katharinenstr. 14, u. Köuigspl. 7, Haupt-Filiale in Serlin: Königgrätzerstraße 116. Fernsprecher Amt VI Nr. 3393. Nr. 1V3. MpMer Tageblatt Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes und Polizei-Amtes der Ltadt Leipzig. Anzeige« «Preis die ögespaltene Petitzelle 25 H. Reklamen unter dem RedactionSstrich (4 gespalten) 75 H, vor den Familiennach- richten (6 gespalten) 50 H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 25 H (excl. Porto). Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung 80.—, mit Postbeförderung 70.—. Aunahmeschluß für Anzeigen: Abend-AuSgabe: Bormittags 10 Uhr. Morgen-AuSgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig Mittwoch den 2>. Februar 1902. 96. Jahrgang. Geldsammlungen bei Beamten. Lö Es wird ein Erlaß der kaiserlichen Ober-Post- Lirection Posen an die ihr unterstehenden Postämter be kannt gemacht, in -em die Vorsteher dieser Aemter ersucht werden, zu Gunsten -es in der Provinzialhauptstadt zu er richtenden Bismarckdenkmals „bei -em Nachgeordneten Personal und den Postagenturen das Interesse für die Lache erneut anzurcgen". Dieser Vorgang erinnert an einen ganz ähnlichen Vorfall, der vor etwa Jahresfrist an die OeffenUichkcit gelangte und ein nichts weniger als erfreuliches Aufsehen machte. Damals wurde zu Gunsten des von -er Armee zu errichtenden Moltke-Denkmals bei den activen Officieren und -en Offtcieren des Bcurlaubtenstandes das Geld in einer Weise gesammelt, das der Einfachheit halber gleich angegeben wurde, wie viel jeder Offtcier passender Weise beizusteuern hätte. Waren Bismarck und Moltke wirklich Männer, für deren Ehrung in dieser Weise Geldbeträge gesammelt werden müßten und dürften? Man wird diese Krage am leichtesten beantworten können, wenn man sich darüber klar zu werden sucht, wie wohl die Männer selbst, denen die Ehrung zu Thetl werden soll, sich dazu gestellt hätten. Und da sei be sonders auf Moltke hingewiesen, der sicherlich an jene Zeit gedacht hätte, in -er er als Leutnant in ihrer Schlichtheit geradezu rührende Briefe an seine Mutter schrieb, wie er die Nächte hindurch arbeiten müsse, um sich nothwendige Equipirungsstücke anschaffen zu können. Wenn man dem armen Leutnant v. Moltke damals einen Thaler zu einem Denkmal für die großen Männer jener Zeit, etwa für Stein oder Scharnhorst oder Blücher, im Wege sanften Zwanges abgenommen hätte, so würde er sich sicherlich mit offenem Mißbehagen darüber ausge sprochen haben. Der arme Leutnant und der unbemittelte Beamte existiren heute gerade noch so wie damals, denn wenn auch die Gehälter aufgcbcssert worden sind, so hat sich in dem selben Maßstabe die Lebensführung verthcuert. Nicht nur der Unterbeamtc und der Subalternbeamte, sondern selbst der höhere Beamte muß, wenn er von Haus aus unver mögend ist und eine starke Familie hat, mit jeder Mark rechnen, um nicht in Schulden zu gerathen. Denn er mutz sich, abgesehen von den laufenden Ausgaben für sich und seine Familie, bemühen, noch einen Betrag für eine Lebensversicherung oder eine Stcrbecasse bei Seite zu legen, denn was der Staat für die Wittwen und Hinter bliebenen selbst hochgestellter und gut besoldeter Beamten giebt, ist kaum ausreichend, um vor dem Verhungern zu schützen. Wir wollen mit alledem nicht sagen, daß Beamte und Officiere für patriotische oder wohlthätige Zwecke unter keinen Umständen etwas geben sollten oder könruen, son dern wir erheben nur Einspruch dagegen, daß ^ie ihnen vorgesetzten St:llen sic „anregen", für solche Zwecke etwas zu opfern. Es muß ihnen vollständig überlassen bleiben, ob sic sich bei derartigen Gelegenheiten bctheiligcn wollen. Wenn beispielsweise ein Vismarck-Dcnlmal in der Pro vinz Posen errichtet werden soll, so wird ja zweifellos von dem Eomito für dieses Denkmal in allen Zeitungen der Prornnz bekannt gegeben, an wen Zahlungen für den Denkmalsfonds zu leisten sind. Ebenso wie der Kauf mann Müller in Posen oder der Rentier Lehmann in Bro.nberg sich nicht noch besonders „anregen" läßt, an diese Stelle einen Beitrag zu senden, ebensowenig bedarf der Postbeamte, dessen wirthschaftliche Lage ein Oufer für patriotische Zwecke erlaubt, eines derartigen Anspornes; der aber, der durch einen solchen Sporn sich nüthigen läßt, über seine Kräfte hinaus zu gehen, wird weder seiner Behörde dankbar dafür sein, noch ein begeisterter Herold der Denkmalszwccke werden. Für die Behörde liegt also schlechthin keine Veranlassung vor, in diese durchaus private und ihr Ressort nicht berührende Angelegenheit sich einzumischen. Wir brauchen kein Wort darüber zu verlieren, wie uns ein Bismarck-Denkmal gerade in der Provinz Posen, wo eine solche Verkörperung des deutschen Gedankens von günstigstem Einflüsse sein könnte, erfreuen würde. Aber gerade dort muß das Denkmal, um ein Wort Jbsen's zu brauchen, „in Schönheit" errichtet werden. Schon die Vor stellung ist widerwärtig, daß ein Wahrzeichen der Liebe und der Verehrung nur mit Hilfe halb unfreiwilliger Bei- träge aufgerichtet werden könnte, und vollends peinlich ist das Bewußtsein, daß die Gegner des DeutschthumS aus der Herbciziehung solcher Hilfe Anlaß und Recht zu der Behauptung erhalten würden, der Pole brauche zur Bei steuer für polnische Nationaldenkmäler nicht angctriebcn zu werden und dürfe mithin in der Anschauung der Ober- Postdirection in Posen, ohne sanften Druck werde für ein Bismarck-Denkmal zu wenig einkommen, einen Be weis dafür erkennen, wie viel fester, tiefer, opferwilliger und edler das polnische Nationalgefühl sei als das preußisch-deutsche. Sprechen mithin wirthschaftliche, politische und Ge- schmacksgrtinde gegen den Erlaß der kaiserlichen Ober- Postdirection in Posen, so ist wohl auch mit Recht zu er warten, daß der Reichskanzler und preußische Minister präsident, dem man wirthschaftliche Einsicht und politische Klugheit von allen Seiten zugesteht, guten Geschmack wenigstens von keiner Seite abstreitet, Gelegenheit nehmen werde, allen Reichs- und preußischen Staats behörden jenen Erlaß zur Nachahmung nicht zu empfehlen. Der Krieg in Südafrika. „Edinburgh Evening News" schreiben: Die großen Anstrengungen Lord Kitchcner's, um General De Wet zu sangen, sind jämmerlich mißglückt. Wir sind heute noch nicht dem Ende des Krieges näher, als vor einigen Monaten. Die Boercn haben das heldenhafte Schauspiel wiederholt, welches einst vor 800 Jahren von den Nieder länder« und Spaniern aufgefübrt wurde, Ger-Le rvle damals wurden vom Angreifer die Kräfte des Gegners unterschätzt. Auch damals lachten die spanischen Generäle — Leute von der Sorte eines Cecil Rhodes — über die lumpigen Bürger, die es wagen wollten, gegen die ruhm vollen Waffen Spaniens Widerstand zu leisten. Man glaubte den Krieg in wenigen Wochen beendet, und in der That ließ man sich durch anfängliches Glück dazu verleiten, verfrühte Siegesfcstc zu feiern. Ebenso sieht es auch in diesem Kriege ans. Wie oft ist in der englischen Presse erklärt worden, daß -er Krieg so gut wie zu Ende sei! Wir Alle erinnern uns an die Behauptung deS „Scotsman": im September würde kein Boerencommando mehr im Felde sein. Einige Tage vor Weihnachten noch brachte dieses Blatt Nachrichten, denen zufolge De Wet's Lage sehr mißlich sei. Wie De Wet diese Nachricht Lügen strafte, hat er uns am Weihnachtstage bewiesen. Einen ganzen Monat hindurch wurde uns erzählt, daß für De Wet keine Möglichkeit des Entkommens vorhanden sei er wäre von allen Seiten durch Blockhäuser einge schloffen. Wie hat sich der Mann aber doch durchgeschlagen? Das britische Volk ist eben so furchtbar leichtgläubig, und nimmt Alles, waS ihm die Presse auftischt, als baare Münze. Wir haben von vornherein betont, daß wir einem lang dauernden Kriege entgegengehen werden, der schließlich in einen Rassenkampf ausarten werde. Wir fechten gegen ein Volk, welches vielleicht vorübergehend unter jocht werden kann, aber niemals auf die Dauer sich unter unsere Herrschaft beugen wird. Wir bekämpfen die helbcn- mllthigen Abkömmlinge von einem Heldenvolk. Schaut in die Geschichte der Belagerung von Leyden, da könnt ihr den Geist erkennen, der in der holländischen Rasse lebt. — Diejenigen, die da glauben, die Boeren würden sich unterwerfen, vergessen die Geschichte vom Kriege mit Spanien und von dem Aufstande gegen die Einverlei bungsgelüste Napoleon's, als er sich — gerade wie Eng land augenblicklich — die Rolle eines aufgeblasenen Dic- tators der Welt anmaßte. Deutsches Reich. Berlin, 25. Februar. (DteLagederArbeiter- schäft und die Socialbemokratie.) Aus einer Statistik der reichsten Leute Preußens glaubt die „Sächs. Arbeiterzeitung" den Schluß ziehen zu dürfen, daß der wirthschaftliche Aufschwung in der Zeit von 1895 bis 1900 der Arbeiterschaft im Grunde ge nommen gar nicht zu Gute gekommen sei. Das Dresdner Socialistenblatt behauptet zunächst, die unbestreitbar höheren Lohnsummen, die der Arbeiterschaft in dieser Periode zugeflossen sind, seien meist Las Resultat von Ueberstunden. Damit geräth die „Sächs. Arbeiter zeitung" in direkten Gegensatz zu der Auffassung des OrgansdersocialdemokrattschenGewerk- schäften Deutschlands. Denn letzteres hat am 14. Januar 1901 u. A. ausgeführt: „Ihre (der Gewerk schaften) Presse hat schon seit 1898 auf die langsam be ginnenden . . . Zeichen des Umschwungs aufmerksam ge macht und ihre Verbände haben die angestrengtesten Ver suche gemacht, um die Lage der Arbeiter angesichts der kommenden Krisis zn sichern. Wo Lies nicht durch innere Einrichtungen geschehen konnte, die dem Arbeiter während der Arbeitslosigkeit einen größeren Rückhalt an der Or ganisation verschafften, da wurde durch Verkürzung der Arbeitszeit und Verweigerung der Ueberstunden arbeit der... Uebcrhastung bei Erledigung vorhandener Aufträge entgegengewirkt und durch Kampf um Lohnerhöhung der Arbeiter gegen den kommenden Rückschlag widerstandsfähiger gemacht." — Aus dem Vorstehenden ergicbt sich, was die Behauptung der „Sächs. Arbeiterzeitung", daß die höheren Lohnsummen meist das Resultat von Ueberstunden seien, auf sich hat. Nicht weniger unbegründet ist die weitere Behauptung desselben Blattes, der Mehrverdienst der Arbeiter sei durch die gesteigerten Lebensmittclpretse bis auf -en letzten Groschen weggefressen worden und am Ende der Prosperitätsperiode seien die Proletarier genau so bettel arm wie vordem. Auf die Uebertreibung, die in diesen Angaben enthalten ist, wirft eine Nachricht aus derselben Nummer der „Sächs. Arbeiterzeitung" ein charakteristisches Licht. Jene Nachricht betrifft die Entdeckung eines scheußlichen Verbrechens, dem imJanuar 1900 der 35jährtge Fabrikwächter Pratsch in Göbtau zum Opfer gefallen ist; er wurde von dem damaligen Straßenbahnwagenführer Lerch wegenseinerErsparnisse,dietneiner Sparcasseneinlage von 12 50 und in einemBankguthabenvonllOO^be standen, ermordet. Daß dieser unglückliche Fabrikwächter nicht der einzige Angehörige der Arbeiterklasse war, der Er sparnisse machen konnte, leuchtet ohne Weiteres ein. Zahlenmäßig wird diese Thatsache durch die Spar» cassen statt st tk in vollem Umfange erhärtet. In Preußen betrug der Etnlagenbestand der Sparkassen im Jahre 1895 4345 Millionen Mark, im Jahre 1896 4656 Millionen Mark, im Jahre 1897 4968 Millionen Mark; darunter betrug die Zahl der Einleger bis 60 im Jahre 1895 1 972 184; im Jahre 1896 2 067980; im Jahre 1897 2 164 621. In wie erheblichem Maße bei den aufgeführten Einlagen Ersparnisse der ärmeren und minderbemittelten BolkSclaflen in Frage kommen, geht aus der großen Zahl der kleinen Einlagen in Preußen hervor. Noch deutlicher beweist dies die bayerische Statistik über den Beruf der Gparcaffeneinleger für die Jahre 1896 und 1897; danach gehören 63 Procent aller erwachsenen Neueinleger der Classe der Angestellten und Arbeiter an. Eine solche er- erfreuliche Entwickelung aber war möglich, weil die LebenSmittelpreise durchaus nicht in dem Grade eine Steigerung erfahren haben, wie die „Sächs. Arbeiter zeitung" es darstellt. Das Brod allerdings ist im Ganzen seit 1895 theurer geworden. Aber daß der Preisunter schied keineswegs sehr erheblich ist, lehren die nachstehen den Angaben. Das Gewicht des 50-Pfennig-Brodes be- trug in Berlin während der Jahre 1895 bis 1900 : 2,42, 2,89,2L4, 1,99,2,07 und 2,09 Kilogramm. Was die übrigen hauptsächlichsten Nahrungsmittel anbelazjgt, so ergeben die Preise des Jahres 189V, die wir hier als Beispiel im Augenblick heranzuziehen vermögen, im Vergleich mit dem Vorjahre folgendes Bild: billiger waren 1899 Eßkartoffeln 5,4 Procent, Speisebohnen 3,8 Procent, Schweinefleisch 3,6 Proccnt, Speck 1,2 Procent, Schweine schmalz 0,6 Procent. Denselben Preis wie im Jahre 1898 hatten Roggen und Rindfleisch im Kleinhandel. Theurer waren Linsen um 0,2 Procent, Erbsen um 0,4 Procent, Hammelfleisch um 0,8 Procent, Eßbutter um 1,4 Procent, Kalbfleisch um 1,5 Procent und Eier um 2,8 Procent. Angesichts dieser statistisch festgestellten Zahlen ist die Behauptung der „Sächs. Arbeiterzeitung", daß der Mehrverdienst der Arbeiter durch die gesteigerten Lebens mittel bis auf den letzten Groschen weggefressen sei, nicht haltbar. Auf die gesteigerten Wohnungspreise allein eine derartige Wirkung zurückzuführcn, ist aber ebenfalls nicht angängig. * Berlin, 25. Februar. (Geschäft und Politik.) Die Berliner Mäntelconfectionäre haben anscheinend in diesem Jahre kein gutes Geschäft in England gemackt, wenigstens klagt der „Confectionär", Grossisten und Fabrikanten, die seil Jahren ein sehr bedeutendes Geschäft mit England machen, versicherten nach der Rückkehr von ihrer letzten Englandreise, daß das Geschäft noch nie so schlecht gewesen wäre. Be stellungen hätten sie gar nickt oder nur in sehr geringem Maße erhallen, weil von oben (?) her die strikte Parole auSgegeben worden sei: „No 6eimun gooäs'' — „Kauft keine deutschen Maaren!" Wenn der „Confeclionär" das bedauerlich findet, io ist dagegen nichts zu erinnern. Wohl aber dagegen, daß er die englische Abneigung gegen deutsche Maaren auf die „unfreundliche antienglische Haltung eines großen TheileS der deutschen Presse und deS deulschen Volkes" zurücksührt und allen Ernstes verlangt, daß „die Feindseligkeiten gegen Eng land eingestellt" werden, damit der deutsche Handel nicht noch weitere unermeßliche Verluste erleide. Es fehlt nur noch, daß der „Confeclionär" dem Reichskanzler Herrn Chamberlain gegenüber den Mund verbietet! Mit Recht wird das Verlangen deS Blattes von der „Kreuzztg." folgendermaßen gekenn zeichnet und zurückgewiesen: „Die Abneigung der Engländer gegen deutsche Maaren ist nicht neu. Schon zu Anfang der achtziger Jahre machte sich eine Agitation in dieser Hinsicht bemerkbar und führte zum Erlaß des englischen HandelS- markenichutz-GesetzeS von 1885 mit dem „maäo Lu Oormaozi", daS die deutschen Maaren auf den englischen Märkten brandmarken und womöglich zurückdrängen sollte. In dessen hatte weder die Agitation, noch dieses Gesetz den gewünschten Erfolg. Wenn gegenwärtig in Eng land wirklich eine neue und schärfere Abneigung gegen den Kauf deutscher Maaren hervortreten sollte, so ist sie nicht von deutscher Seite verschuldet worden. In der Beurthel- lung deS grausamen Vernichtungskrieges der Engländer gegen die Boeren steht die öffentliche Meinung in Deutschland mit ihren Organen nicht allein. Sie befindet sich in Ueber- einstimmung mit der öffentlichen Meinung der gesammten Culturwelt außerhalb Englands. Von diesem Standpuncte kann die deutsche Presse unmöglich abgeben, nur damit einige Mäntelconfectionäre wieder bessere Geschäfte mit England machen können. Auch ist es eine Pflicht der deulschen Presse wie der deutschen Politiker überhaupt, gewisse Ver dächtigungen und Entstellungen, die von englischer Seite kommen, gebührend zurückzuweisen. Rücksichten auf geschäft liche Beziehungen können dabei unmöglich genommen werden. Das wäre eine nationale Erniedrigung, und diese würde die Engländer erst anrcizen, die Maaren eines Volkes zu boy- cottiren, das keinen Sinn hat sür seine nationale Würde. DaS Verlangen des „Confeclionär" erklärt sich aus der nationalen Geschlechtslosigkeit derjenigen Kreise, die hinter ihm stehen. Selbst in einem jüdischen Staate würde eö auf daS Nachdrücklichste zurückgewiesen werden." * Berlin, 25. Februar. Ueber Bentilattvns- einrichtungen in Restaurationsräumen hat der preußische Minister des Innern folgenden Er laß an die Regierungspräsidenten gerichtet: „Es ist neuerdings zur Sprache gekommen, daß immer noch, selbst in vielen größeren Städten, Restaurativnsräume hergcstellt werden, die jeder geeigneten Ventilativnsvvr- richtung entbehren, obwohl in ihnen täglich die Ansamm lung zahlreicher Menschen stattfindet. In 8 3 der durch die Run-vcrfügung vom 26. August 1886 mitgetheilten Anforderungen, die in baulicher und gesundheitlicher Be ziehung an die Gast- und Schankwirthschaftcn zu stellen sind, ist darauf htngewiesen, daß die Gastzimmer außer mit Fenstern, die einen hinreichenden Zutritt von Luft und Licht unmittelbar von der Straße oder vom Hofe aus gestatten, auch, so weit nöthig, mit sonstigen zur Her stellung eines genügenden Luftwechsels erforderlichen Einrichtungen versehen und überhaupt ihrer ganzen An lage nach so beschaffen sein müssen, daß sic die mensch liche Gesundheit in keiner Weise gefährden. Es wird er sucht, diese Vorschriften den Conccsstonsbehörden in Er innerung zu bringen. Die Herstellung von Lüftungs vorrichtungen, welche durch natürliche Temperatur differenz — auch ohne schädlichen Zug zu verursachen — wirken, könnte ohne nenncnswcrthe Belastung der die Conceffton Nachsuchenden stets vorgcschrteben werben. Inwieweit die Anbringung von Vorrichtungen, welche durch besonders erzeugten Wärmeuntcrschied oder durch mechanische Kräfte wirken, zu fordern ist, wird in jedem einzelnen Falle unter Berücksichtigung der Zweckbestim mung der Räume und der etwa zur Verfügung stehenden «etrtebskraft zu prüfen sein." — Zur Nachahmung cm- pfohlen! (-) Berlin, 25. Februar. (Telegramm.) Gestern Nach mittag unternahmen der Kaiser und die Kaiserin einen gemein- samen Spaziergang im Tbiergartrn. Gestern Abend speiste Se. Majestät beim Officiercorps deS Regiments GardeS du Corps in Pot-dam. — Heute Morgen promenirte der Kaiser im Thiergarten, empfing im königlichen Schlosse den Bild- Hauer Rohloff und hörte die Vorträge des Cbef- deS MilitarcabinetS und de» Chefs deS AdmiralstabeS der Marine. Um 12'/. Uhr nahm der Kaiser militärische Meldungen entgegen. Zu einer Frühstückstafel beim Kaiserpaar anläßlich de-Geburtstages vr« König- von Württemberg waren außer den Damen und Herren vom Dienst geladen Erbprinz und Erbprinzessin Wied, der württembergische Gesandte Frhr. v. Varnbühler, General major v. Marchthaler, die BundeSrathSmitglieder Präsident v. Schicker, Geh. KriegSraih v. Schaefer, Departementsdireclor v. Schneider, zum Militärcabinet commandirter königl. württembergischer Flügeladjutant v. Grävenitz, ferner der Oberstkämmerer, die drei CabinetschefS, der Reichskanzler, der Staatssekretär des Auswärtigen Amts, der Einführer des diplomatischen CorpS und Hofmarschall Frhr. v. Reischach. — Die neue deutsche Briefmarke mit dem Bilde der Germania, welche zum 1. April von der ReichSpost- verwaltung in Gemeinschaft mit der württembergischen Post verwaltung eingeführt wird, zeigt in ihrer endgiltigen Gestalt einige wesentliche und charakteristische Unterschiede von der jetzt in Geltung befindlichen Marke. Die Worte „Deutsches Reich", die an Stelle des jetzigen Aufdrucks „Neichspost" treten, gehen über den ganzen unteren Theil der Marke weg. Dadurch ist eine andere Anordnung der Um rahmung des Bildes der Germania in ihrem uuteren Theile notwendig geworden. Wie jetzt schon bei den höheren Werthen ist bei der neuen Ausgabe daS Markenbild von einem weißen Nahmen umsäumt, der das Bildniß mehr zur Geltung bringt. Die Zeichnung der neuen Marke ist bedeutend feiner und klarer. Für die neue Ausgabe mußten selbstverständlich vollständig neue Slvcke hergestellt werben. Die Zahl der nothwendigen Platten gebt in die Tausende. Die Werth zeichen und die mit Werthstempel versehenen Formulare sind jetzt bis auf einen kleinen Rest vollständig hergestellt. Es waren inSzesammt 37 verschiedene Sorten anzufertigen. Die Gesammtstückzahl der Werthzeichen und Ganzsachen, die noth- wendig sind, um mit der Ausgabe im Reichspostgebiet und in Württemberg beginnen zu können, beträgt über I V, Milliarden, ihr Verkaufswerth etwa 150 Millionen Mark. („Nat.-Ztg.") (D vromberg, 25. Februar. (Telegramm.) Der Ge meindevorsteher von Ojazanowo bei Labischin, Albert Ormina, der wegen Beleidigung deS deutschen Lehrers Kühn angeklagt war, weil er in einer an die Regierung gerichteten Beschwerdeschrift behauptet hatte, daß Kühn die Schulkinder mißhandle, wurde heute von der Strafkammer des hiesigen Landgerichts freigesprochen. Der Staats anwalt batte drei Monate Gesängniß beantragt. * Dessau, 24. Februar. Der anhaltische Landtag ist beute Mittag hier zusainmengrtreten und vom Staat-minister vr. v. Koseritz im Auftrage des Herzogs mit einer Ansprache eröffnet worden. In der letzteren wurde betont, daß das Ergebniß des Rechnungsjahres 1900/01 wiederum sehr günstig gewesen sei, denn es wurde ein Ueberschuß von nahezu 90 000 erzielt. 600 000 Mehrertrog der in staatlichen Besitz befindlichen Salz- bergwerke find dem Reservefonds der Salzwerke zugeführt worden; der Rest, welcher hauptsächlich auf Mehreinnahmen aus Forsten, Steuern und Gebühren beruht, ist der Ueberschußverwaltung zu geflossen. Der Haushaltsetat für 1902/03 bietet ein weniger er freuliches Bild. Bei dem Antheil an den Reichssteuern ergiebt sich ein Ausfall von 150000 .^k, und im Etat der Salzwerke mußte der Ueberschuß um 60 000 geringer angenommen werden. Der Etat der Staatsschuldenverwaltung hat durch die Anleihe sür Len Schacht VI bei Güsten eine Verschlechterung von 43 000-/L erfahren. Der Mehrbedarf der Unterrichtsverwaltung betrügt fast 79 000 In Folge dessen mußten zur Ausgleichung der Einnahmen und Ausgaben 20 Einheiten Einkommensteuer in den Etat eingestellt werden, während in den letzten Jahren 16 Einheiten zur Erhebung kamen, und die Beschränkung auf 20 Einheiten war nur dadurch möglich, daß die außerordentlichen Ausgaben aus daS Nothwendigste bemessen und eine zur Erhöhung der Gehälter der Volksschullehrer bestimmte Vorlage für dieses Jahr zurückgestellt wurde. An Gesetz entwürfen werden angekündiqt: Abänderung des Gesetzes über die Verwaltung des Staatsschujdenwesens, Abänderung des Jagd« Polizeigesetzes, anderweit« Besteuerung der Wanderlager, die Haltung von Zuchtstieren n. A. betreffend. (Hall. Ztg.) * Dortmund, 24. Februar. Unter dem Vorsitz deS Ober präsidenten haben hier mehrere Hundert Personen aller Stände auö Westfalen einen westfälischen Verein zur Förderung des KleinwohnungSwesenö ge bildet. („Köln. Ztg.") * Gotha, 25. Februar. Der Regent wird sich morgen, einer Einladung des Großherzogs von Weimar folgend, nach Weimar zum Besuche begeben. v. Weimar, 26. Februar. Im Landtage wurde gestern der von der Linken, einschließlich der Notionalliberalen, eingebrachte Antrag auf Zulassung gedruckter Stimmzettel bei den Gr« meindewahlen berathen. Der Abg. vr. Kiel begründete den Antrag und sprach sich gegen die jetzt nothwendige Anwendung ge schriebener Stimmzettel aus. Das Wahlgeheimniß sei dadurch, be- sonders in kleinen Gemeinden, gefährdet, weil ost die Handschriften einzelner Wähler beim AuSzählen erkannt würden. Auch sei dir Anwendung geschriebener Stimmzettel eine Belästigung der Wühler. Die conservativen Abgeordneten Reichmutd und v. Boyneburgk sprachen gegen den Antrag, der an den Ausschuß sür Verwaltungsgesetzgebung verwiesen wurde. — Ein von den Nationalliberalcn, Freisinnigen und Socialdrmokraten eingebrachter Antrag fordert eine Abänderung des Landtag-Wahlgesetzes dahin, daß sür alle Wahle» daS allgemeine, gleiche geheime und di recte Wahlrecht elngrführt wird. Jetzt gehen die fünf Abgeordneten der Höchstbesteuerten und die fünf der Großgrundbesitzer aus directen, die 23 allgemeinen Abgeordneten aus indirekten Wahlen hervor. Weiter verlangt der Antrag, daß den größeren Gemeinden aus je 10 000 oder mindesten» je 15000 Einwohner die Vertretung durch je einen Abgeordneten ge währt werde. 2. Greiz, 24. Februar. Um den in der Presse auf getauchten falschen Berichten über den Ausstand ent- gcgcnzutretcn, hat -er Fabrikanten verein fol gende Erklärung erlassen: Die Schließung der Betriebe ist erfolgt auf Grund seit 1890 bestehender bindender Abmachungen, nachdem bei einem Mitglied des Vereins die Arbeit niedergclcgt worden und seitens des Vereins nachgewicscn war, daß das betreffende Mitglied bezüglich der Löhne seine Verpflichtungen erfüllt, daß aber auch nach eigener Aussage der Arbeiter auf Befragen Unparteiischer nach keiner Richtung hin Anlaß zu Klagen vorlag. Bekannt war, daß vvn Seiten der Leitung der Lohnbewegung ein planmäßiger Boykott -er einzelnen Vereinsmit glieder ins Ange gefaßt war für den Fall, daß die Ar beitseinstellung beim ersten Mitglied von Erfolg be gleitet war. Es ist den Arbeitern das weitgehendste Entgegenkommen gezeigt worden u. s. w. Durch das ZuLeständntß, dqß dex Durch-
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